Impuls der Woche

Hier finden Sie die bisherigen Impulse:
Lasst uns gute Straßen bauen!

 

Jesus fordert uns dazu auf, alle Wege zu guten Straßen werden zu lassen. Doch was sind gute Straßen und was definiert sie? Bei einer kurzen Recherche bin ich auf das Gute-Straßen-für-alle-Gesetz des ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club) gestoßen, welches die folgenden Ziele verfolgt:

„Neue Ziele für das StVG (Straßenverkehrsgesetz):

  • Vision Zero, keine Verkehrstoten, als oberste Zielsetzung: Das Verkehrssystem muss menschliche Fehler ausgleichen und ungeschützte Verkehrsteilnehmer*innen aktiv schützen.
  • Gleichstellung aller Verkehrsarten: Bisher hatte der Autoverkehr oberste Priorität, künftig sollen Bus, Bahn und Rad- und Fußverkehr besonders berücksichtigt werden.
  • Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschutzziele: Bisher waren nur die Flüssigkeit des Kfz-Verkehrs und die Gefahrenabwehr Gesetzesziele.
  • Nachhaltige Stadt- und Verkehrsentwicklung als Ziel: Damit sollen Kommunen die Möglichkeit bekommen, Maßnahmen zur Vermeidung von Autoverkehr zu ergreifen und Anreize für umwelt- und klimafreundliche Verkehrsmittel zu setzen.
  • Flächendeckende Parkraumbewirtschaftung: Wird das freie Parken für Kraftfahrzeuge eingeschränkt, lässt sich Platz für Fuß- und Radverkehr gewinnen.“ (https://www.adfc.de/artikel/das-gute-strassen-fuer-alle-gesetz)

 

Natürlich lässt sich nicht alles auf die Aussagen und Vorstellungen Jesu beziehen, aber ich finde es wirklich interessant, wie gut übertragbar die Ziele doch sind. Zusammengefasst lässt sich sagen: „Gute Straßen für alle“ bieten Sicherheit und Komfort für alle, sie sind keine reinen Verkehrsflächen, sondern attraktive Lebensräume mit wenig Lärm, guter Luft und viel Platz für aktive Bewegung und sie gewährleisten eine möglichst hohe Mobilität mit wenig Verkehr. Lasst uns an solchen guten Straßen bauen und zwar für alle Menschen – und dazu passend im Advent:

 

„Advent ist keine Einbahnstraße, und vor allem ein Abenteuer.“ (Gotthard Fuchs)

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

Lk 3, 1-6: Johannes der Täufer

1 Es war im fünfzehnten Regierungsjahr des Kaisers Tiberius. Pontius Pilatus verwaltete als Statthalter die Provinz Judäa; Herodes Antipas herrschte über Galiläa, sein Bruder Philippus über Ituräa und Trachonitis und Lysanias regierte in Abilene;

2 Hannas und Kajaphas waren die amtierenden Hohepriester. Da erging in der Wüste der Ruf Gottes an Johannes, den Sohn des Zacharias.

3 Er machte sich auf und zog durch das ganze Gebiet am Jordan. Überall forderte er die Leute auf: „Denkt um, werdet neue Menschen und lasst euch zum Zeichen dafür von mir taufen! Und eure Sünden sind vergeben!“

4 So erfüllte sich, was im Buch des Propheten Jesaja steht: „Eine Stimme in der Wüste ruft: ‚Macht den Weg frei für den Herrn! Räumt alle Hindernisse weg, damit er kommen kann!

5 Jedes Tal soll aufgefüllt, jeder Berg und Hügel abgetragen werden, krumme Wege sollen begradigt und holprige Wege zu guten Straßen werden!

6 Dann werden alle Menschen erleben, wie Gott Rettung bringt!‘“

Da kommt uns einer entgegen…

 

Der Advent beginnt – die Geburt Jesu kündigt sich an und wir dürfen uns auf Weihnachten freuen. Das Fest des Friedens und der Versöhnung, welches wahre Ruhe in unsere Herzen bringen möge – ohne vor der Wirklichkeit zu fliehen oder Schwierigkeiten zu verdrängen.

Wenn wir uns ganz darauf einlassen, werden wir womöglich mit der eigenen Wahrheit konfrontiert. Alles, was uns ausmacht und in der Vergangenheit geschehen ist, – positive Erfahrungen, aber auch Verletzungen und Konflikte – mag uns hochkommen und bewusstwerden, genauso wie die Dinge, die uns aktuell beschäftigen.

 

Vielleicht ist der Advent eine Zeit des Ausschöpfens und Zulassens, eine Zeit der innerlichen Vorbereitung in großer Vorfreude auf die Begegnung mit dem Christuskind. Weihnachten bedeutet für mich, dass wir die Last eines ganzen Jahres vor die Krippe legen dürfen – in der Erwartung, dass uns ein Licht aufgehen möge. Das Vertrauen zu haben, sich Gott ganzheitlich hinzugeben und ihm wirklich alles hinzulegen, wird uns Erfahrungen der Verwandlung und des Heils schenken – wenn wir es denn für möglich halten und zulassen können.

 

Vielleicht gelingt es sogar – trotz oder gerade wegen der trubeligen Vorweihnachtszeit – im Advent regelmäßige(re) Gebetszeiten in den Alltag zu integrieren und Gott noch mehr Möglichkeiten zu geben, in uns und auf unser Leben einzuwirken bzw. uns die Chance zu geben, ihn noch stärker zu spüren und in und um uns wahrzunehmen.

Die Stille des Gebets ist konfrontierend und sicherlich nicht immer angenehm, aber es ist doch stets eine wundersame Erfahrung, wenn alles, was hochkommt, Heilung findet in Gott und wir es bei ihm ablegen dürfen.

 

Das gewählte Bild ist eine private Aufnahme vom Christus Salvator in der Moritzkirche in Augsburg. Diese Jesus-Darstellung hat mich zutiefst berührt und symbolisiert in so eindrucksvoller Weise, dass Jesus uns mit offenen Armen entgegenkommt und wir auf ihn zu eilen dürfen. Und seine Umarmung ist mehr als einladend finde ich!

In Vorfreude auf Weihnachten ist diese Vorstellung im Advent sogar noch intensiver.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

Lk 21, 25–28.34–36: Richtet euch auf: Eure Rettung ist nahe

25 „Dann werden Zeichen an Sonne, Mond und Sternen sein, und auf der Erde Angst und Panik der Völker angesichts der Sturmfluten des Meeres. 26 Sie erwarten ohnmächtig vor Angst, was noch über den Erdkreis kommen soll. Denn sogar die Kräfte des Himmels geraten durcheinander. 27 Und dann wird man den Menschensohn in den Wolken kommen sehen, mit göttlicher Macht und in großer Herrlichkeit. 28 Deshalb: Wenn sich dies alles ereignet, richtet euch auf und erhebt eure Häupter, denn die neue Welt Gottes ist nagekommen.“

Bleibt wachsam und betet!

34 „Fühlt euch nicht zu sicher! Passt auf, dass euch nicht das Verlangen nach Wohlstand und die Gier nach Luxus – auch nicht die Sorgen des Alltags – ablenken und jener Tag überraschend vor euch steht wie eine Falle! 35 Denn er wird über alle auf der Erde hereinbrechen. 36 Bleibt also wachsam und hört nicht auf zu beten, damit ihr alles übersteht, was auf euch zukommt, und ihr vor den Menschensohn treten könnt.“

Nach der Wahrheit streben…

 

Vor 60 Jahren bekam der US-amerikanische Bürgerrechtler Martin Luther King den Friedensnobelpreis. Bei der Verleihung sagte er: „Ich weigere mich zu glauben, der Mensch sei lediglich Wrack- und Strandgut im Strom des Lebens. Ich weigere mich, die Ansicht zu übernehmen, die Menschheit sei so tragisch der sternenlosen Mitternacht des Rassismus und des Krieges verhaftet, dass der helle Tagesanbruch des Friedens nie Wirklichkeit werden könne. Ich weigere mich, die zynische Meinung zu übernehmen, eine Nation nach der anderen müsse eine militaristische Stufenleiter hinabsteigen bis in die Hölle thermonuklearer Vernichtung. Ich glaube, dass unbewaffnete Wahrheit und bedingungslose Liebe das letzte Wort in der Wirklichkeit haben werden.“

 

Diese Worte Martin Luther Kings erinnern mich beinahe an Jesu Worte im heutigen Evangelium – vielleicht anders ausgedrückt und in ein neues Zeitalter versetzt und angepasst. Spannend finde ich die Wortwahl von „Wirklichkeit“ – für mich klingt es so, als würde Martin Luther King damit die himmlische Welt bezeichnen, die im Idealfall schon auf Erden einen Hauch von Gottes neuer Welt erahnen lässt.

 

Weise mir, Herr, deinen Weg, dass ich wandle in deiner Wahrheit! (Psalm 86, 11)

Dieser Psalmvers kam mir dazu passend durch die Losungen unter die Finger und ich habe ihn ab sofort in meine täglichen Gebetszeiten aufgenommen. Es steckt alles drin, gebündelt in einem Satz und einer Bitte – alles, was ich tue und alle Wege, die ich einschlage, mögen in deiner Wahrheit sein oder sich ihr zumindest annähern können.

 

Und wenn wir auf diesen Wegen bleiben, verspricht uns Jesus:

Ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen. (Joh 8, 32)

 

Martin Luther King hat dies erkannt und sich mit seinem ganzen Leben bis zuletzt für die Gerechtigkeit und Gleichberechtigung aller Menschen eingesetzt. Lasst uns unseren Träumen Taten folgen lassen, Zeichen der Wahrheit setzen und Werkzeuge dieser Hoffnung werden. Wie lebt es sich besser als in der wahren Freiheit Gottes?!

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

Joh 18, 33b–37:

33b Pilatus fragte Jesus: „Bist du der König der Juden?“

34 Jesus entgegnete: „Bist du selbst auf diesen Gedanken gekommen oder haben es dir andere über mich erzählt?“

35 „Bin ich etwa ein Jude?“, fragte Pilatus. „Die führenden Männer deines eigenen Volkes haben dich hergebracht. Was also hast du getan?“

36 Jesus antwortete: „Mein Königreich gehört nicht zu dieser Welt. Wäre ich ein weltlicher Herrscher, dann hätten meine Leute für mich gekämpft, damit ich den mächtigen Männern unter den Juden nicht in die Hände falle. Aber mein Reich ist von ganz anderer Art.“

37 Da fragte ihn Pilatus: „Dann bist du also doch ein König?“ Jesus antwortete: „Ja, du hast recht. Ich bin ein König. Und dazu bin ich geboren und in diese Welt gekommen, um ihr die Wahrheit über Gott zu bringen. Wer bereit ist, auf diese Wahrheit zu hören, der hört auf mich.“

Trübe Seele – starker Geist!

 

Gerade an diesen grauen Novembertagen fällt es häufig schwer, eine positive Stimmung und Haltung zu bewahren. Auch wenn es keinen expliziten Grund oder Auslöser gibt, geschieht es vermehrt in dieser Zeit, dass sich eine Schwere auf die Seele legt und die Stimmung trübt. Vielleicht sind es Emotionen der Trauer und Traurigkeit oder der Niedergeschlagenheit und Hoffnungslosigkeit. Zeitweise überwiegen sie und lassen die momentane Phase als trostlos erscheinen.  Ich selbst kenne diese Zeiten auch. Sicherlich finde ich sie nicht wünschens- und erstrebenswert, aber ich kann ihnen durchaus etwas Positives abgewinnen. In dieser Melancholie bin ich nämlich häufig sehr sensibel oder sogar dünnhäutig und das hat zur Folge, dass ich besonders zugänglich für das Spüren der Nähe Gottes sein kann. Gebete sind intensiver, vielleicht sogar tränenreich(er), aber genauso tiefgreifend ist der Trost, den ich durch Jesus erfahre. Dieses Empfinden erdet mich und macht mich dankbar für diesen bedingungslosen Rückhalt und Zufluchtsort. Interessanterweise legt sich die schwere Stimmung auch im Laufe des Tages – vor allem, wenn es Richtung Nachmittag geht und die Dunkelheit hereinbricht. Denn auch in der Dunkelheit ist zwar einiges bedrohlicher, aber auch die Nähe Gottes für mich noch spürbarer. Diese Erfahrung spiegelt sich sehr eindringlich in den Worten des Paulus im Brief an die Gemeinde in Korinth wider:

Aber er hat zu mir gesagt: »Meine Gnade ist alles, was du brauchst! Denn gerade wenn du schwach bist, wirkt meine Kraft ganz besonders an dir.« Darum will ich vor allem auf meine Schwachheit stolz sein. Dann nämlich erweist sich die Kraft von Christus an mir. Und so trage ich für Christus alles mit Freude – die Schwachheiten, Misshandlungen und Entbehrungen, die Verfolgungen und Ängste. Denn ich weiß: Gerade wenn ich schwach bin, bin ich stark. (2. Korintherbrief 12,9-10)

 

Wo können wir dich, Jesus, tiefer erleben als in unseren Tiefen?

Deine Kraft in unserem Schwachsein, Dein Zuspruch in unserer Mutlosigkeit

Deine Hilfe in unserer Bedürftigkeit, Deine Fürsorge in unserer Verletzlichkeit.

Oder wie die Malerin Paula Modersohn-Becker in ihrem Brief vom 12. Februar 1901 schrieb: Traurig sein ist etwas Natürliches. Vielleicht ein Atemholen zur Freude.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

Mk 13, 24–32: Retter und Richter

24 „Aber dann, nach dieser großen Schreckenszeit, wird sich die Sonne verfinstern, der Mond wird sein Licht verlieren, 25 die Sterne werden aus ihrer Bahn geschleudert und die Kräfte des Weltalls geraten durcheinander. 26 Dann werden alle den Menschensohn in Herrlichkeit und göttlicher Macht in den Wolken des Himmels kommen sehen. 27 Er wird seine Engel aussenden und sie werden Gottes Auserwählte aus allen Teilen der Welt zu ihm bringen. 28 Ich will euch das am Beispiel des Feigenbaums erklären: Wenn seine Zweige saftig werden und Blätter treiben, dann wisst ihr, dass es bald Sommer ist. 29 So ist es auch, wenn all diese Ereignisse eintreten. Dann könnt ihr sicher sein, dass das Kommen des Menschensohns unmittelbar bevorsteht. 30 Ich versichere euch aber auch: Noch ehe diese Generation vergeht, wird dies alles geschehen. 31 Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber sind für alle Zeiten gültig und vergehen nie. 32 Niemand weiß, wann das Ende kommen wird; weder die Engel im Himmel noch der Sohn Gottes. Den Tag und die Stunde kennt nur der Vater.“

Sie hat sich selbst verschenkt!

 

Beim Lesen der Bibelstelle „Das große Opfer der Witwe“ muss ich immer wieder an ein Erlebnis in der Kindheit als Sternsingerin denken. Wir gingen von Tür zu Tür und kamen in ein großes Hochhaus, in dem viele Menschen die Tür lieber nicht öffneten, als sie uns Sternsinger durch den Türspion sahen. Dahinter habe ich gar keine Ablehnung vermutet, sondern vielmehr eine Scham gespürt, die die BewohnerInnen daran hinderte, uns aufzumachen. Denn es schien ein sehr armes Haus zu sein und die prekären Lebenssituationen waren recht offensichtlich. Ein Mann öffnete dann doch und hörte sich unseren Gesang und die Segenswünsche an. Er äußerte, dass er leider wirklich nicht viel Geld zur Verfügung habe und es ihm leid tue, dass er nicht mehr geben könne. Er reichte uns einen 5-Euro-Schein und ich war total baff, weil es aus meiner Sicht absolut nicht wenig und insbesondere für ihn wahrscheinlich richtig viel Geld war.

 

Passenderweise ist morgen am 11.11. (falls Sie den Impuls direkt am Sonntag lesen) das Martinsfest, an dem wir des Heiligen Martin gedenken, der seinen Mantel mit einem frierenden Bettler teilte. In der Nacht träumte Martin von dem Bettler und erkannte in ihm Jesus am Kreuz, der zu ihm sagte: „Was du dem Bettler gegeben hast, hast du mir gegeben.“

 

Sich selbst verschenken ist die höchste Form der Liebe! So erlebe ich die drei genannten Personen – den Herrn am Dreikönigsfest und die Witwe vielleicht noch eher als Sankt Martin tatsächlich.

 

Ich finde es wirklich beeindruckend, dass gerade die Armen bereit sind, viel abzugeben. Es erscheint mir fast so, als hätten sie im Leben gelernt, dass uns das Wesentliche und wirklich Lebenswichtige geschenkt wird. In diesem Vertrauen leben sie – natürlich auch gezwungenermaßen im Angesicht ihrer Lebenssituation und Lebensumstände – und oder dennoch erfahren sie eine ganz andere Art von Reichtum. Sie lehren uns das Leben zu genießen und wenn gefeiert wird, dann wird alles hergegeben, was gerade möglich ist und zur Verfügung steht. Das ist ganzheitliche Hingabe und ein Sich-selbst-Verschenken, um des Reiches Gottes willen. Wessen Ehre könnte im Himmel größer sein?!

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

Mk 12, 38-44: Die Heuchelei der Schriftgelehrten

38 Die vielen Menschen im Tempel hörten Jesus gespannt zu. Und er fuhr fort und warnte sie: „Hütet euch vor den Schriftgelehrten! Sie laufen gern in langen Gewändern herum und genießen es, wenn die Leute sie auf der Straße ehrfurchtsvoll grüßen. 39 Beim Gottesdienst in der Synagoge beanspruchen sie die Sitze in der ersten Reihe und bei allen Festen wollen sie die Ehrenplätze einnehmen. 40 Sie verrichten lange Gebete und tun, als ob sie sehr fromm wären; in Wirklichkeit aber sind sie Betrüger und bringen hilflose Witwen um ihren Besitz. Gott wird sie zur Verantwortung ziehen.“

Das große Opfer der Witwe

41 Jesus setzte sich nun in die Nähe des Spendenkastens im Tempel und beobachtete die Leute, die ihre Gaben einwarfen. Viele Reiche spendeten hohe Beträge. 42 Dann aber kam eine arme Witwe und warf zwei der kleinsten Münzen in den Opferkasten. 43 Da rief Jesus seine Jünger zu sich. „Ich versichere euch“, erklärte er ihnen, „diese arme Witwe hat mehr gespendet als alle anderen.“ 44 Die Reichen haben nur etwas von ihrem Überfluss gegeben, aber diese arme Frau hat mit ihren letzten Münzen sich selbst verschenkt.“

Vom Feind zum Freund

 

Das Evangelium spricht diesen Sonntag unter anderem von der Nächstenliebe. Zufällig bin ich auf die folgende Geschichte gestoßen, die ich dazu einfach sehr passend finde:

 

Es war einmal ein König, der seinem Feldherrn den Befehl erteilte, seine Feinde zu vernichten. Wie vom König befohlen, rüstete der Feldherr seine Armee und zog in das feindliche Gebiet. Nachdem viele Wochen vergangen waren und der König keinerlei Meldung vom Kriegsverlauf erhielt, wurde er immer ungeduldiger. Schließlich sandte der König einen Boten hinterher, der Erkundungen einholten sollte. Als der Bote das feindliche Gebiet passierte, traf er auf ein Lager, aus dem schon von Weitem das fröhliche Treiben eines Festes zu hören war. Gemeinsam an einem Tisch fand er dort den Feldherrn und seine Soldaten zusammen mit des Königs Feinden. Der Bote ging zum Feldherrn seines Königs und stellte ihn zu Rede: „Du hast deinen Befehl nicht ausgeführt! Du solltest die Feinde vernichten. Stattdessen sitzt ihr zusammen und feiert!“ Der Feldherr nahm den Vorwurf ganz gelassen entgegen und sprach: „Ich habe den Befehl des Königs sehr wohl ausgeführt. Ich habe die Feinde vernichtet – ich habe sie zu Freunden gemacht!“    (Aus: Losungen für junge Leute 2024: 31. August 2024)

 

Nächstenliebe schließt die Feindesliebe mit ein und der Feldherr hat diese Feindesliebe im höchsten Maße gelebt und ausgestaltet. Auch wenn es dem König missfiel, ist es doch eine große Freude für unseren himmlischen und wahren König.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

Mk 12, 28-34: Was ist das erste Gebot?

28 Ein Schriftgelehrter hatte ihrem Gespräch zugehört und war von der Antwort, die Jesus den Sadduzäern gegeben hatte, sehr beeindruckt. Deshalb fragte er ihn: „Welches von allen Geboten Gottes ist das erste?“ 29 Jesus erwiderte: „Dies ist das erste Gebot: ‚Höre Israel! Der Herr ist unser Gott, der Herr allein. 30 Ihn sollt ihr von ganzem Herzen lieben, mit ganzer Hingabe, mit eurem ganzen Verstand und mit all eurer Kraft.‘ 31 Das zweite Gebot ist: ‚Liebe deinen Nächsten, wie du dich selbst liebst!‘ Es gibt kein anderes Gebot, das wichtiger ist als diese beiden.“ 31 Darauf meinte der Schriftgelehrte: „Meister, du hast ganz recht. Es gibt nur einen Gott und keinen anderen neben ihm. 33 Ihn sollen wir lieben von ganzem Herzen, mit unserem ganzen Verstand, mit ganzer Hingabe und mit aller Kraft. Und auch unsere Mitmenschen sollen wir so lieben wie uns selbst. Das ist mehr als alle Opfer, die wir Gott bringen könnten.“ 34 Jesus fand, dass dieser Schriftgelehrte ihn verstanden hatte. Deshalb sagte er zu ihm: „Du bist auf dem rechten Weg und nicht weit von Gottes neuer Welt entfernt.“ Von da an wagte niemand mehr, Jesus weitere Fragen zu stellen.

Dein Vertrauen hat dich geheilt!

 

Jesus heilt einen Blinden – doch was bedeutet es, blind zu sein?

Ich denke dabei nicht nur an die physiologische Erblindung, die ein vermindertes Sehvermögen oder den vollkommenen Sehverlust zur Folge hat, sondern auch an die verminderte Wahrnehmung. Es gibt Wirklichkeiten, die wir sehen, während wir für andere blind sind – teils bewusst durch Verdrängung, aber teilweise auch unbewusst.

 

Wie oft bin ich blind gegenüber dem, worauf es ankommt? Blind für das, was von mir gefordert wird oder was mich wirklich weiterbringt? Konflikte und Schwierigkeiten werden gerne vermieden oder sogar totgeschwiegen, um sich keinen unangenehmen Situationen auszusetzen. Dabei möchte Jesus doch Freiheit für uns – er hilft uns durch Herausforderungen hindurch, die uns letztlich weiterbringen und Heilung schenken.

Der Blinde im Evangelium gibt alles, um Jesus zu begegnen und es hält ihn nicht auf, dass andere ihn davon abbringen und ihn zum Schweigen bringen möchten. Sein Vertrauen hat ihm geholfen, nicht nachzugeben – trotz Scham vor den anderen.

Dieses Vertrauen ist es, dass uns die blinden Flecken nimmt und uns ermutigt, das Wagnis oder vielmehr die Wagnisse im Leben anzugehen – egal wie konfliktbehaftet und unberechenbar sie sein mögen.

 

Besonders eindrücklich finde ich, dass der Blinde seinen Mantel wegwirft und somit noch entblößter vor Jesus steht. Damit meine ich keine anstößige Situation, sondern ein unendliches Vertrauen in Jesus, dass den blinden Mann sozusagen nackt auf ihn zugehen lässt. Er schmeißt sein letztes Hemd weg und setzt alles auf Jesus.

Dieser Mann vereint so viele Lebenswirklichkeiten: Er ist blind und leidet unter dieser Behinderung, die ihn auch in die Einsamkeit stürzen kann. Er ist arm, vermutlich auch wohnungslos, bettelt und ist vielleicht sogar verschuldet. Und: er ist Mensch und dazu noch ein tief gläubiger Mensch, der seine Kraft aus der Beziehung zu Jesus schöpft und darin Heilung findet. Er lässt sich durch die Wirklichkeit von Gott umarmen.

 

All diese Lebenswirklichkeiten sind Inhalt unserer aktuellen Monatsreihe „Gott umarmt uns durch die Wirklichkeit“, die noch bis Ende Oktober Angebote für Sie bereithält.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

Mk 10, 46-52: Ein Blinder wird geheilt und geht mit Jesus

46 Schließlich hatten Jesus und seine Jünger Jericho erreicht. Als sie die Stadt wieder verlassen wollten, folgte ihnen eine große Menschenmenge. Am Weg saß ein Blinder und bettelte. Es war Bartimäus, der Sohn des Timäus. 47 Als er hörte, dass es Jesus von Nazaret war, der vorbeikam, begann er, laut zu rufen: „Jesus, du Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir!“ 48 „Halt den Mund!“, riefen die Leute ärgerlich. Aber er schrie nur umso lauter und immer wieder: „Du Sohn Davids, hab doch Erbarmen mit mir!“ 49 Da blieb Jesus stehen: „Ruft ihn her zu mir!“ Sie liefen hin und sagten zu ihm: „Komm, steh auf! Jesus ruft dich.“ 50 Da warf Bartimäus seinen Mantel weg, sprang auf und kam zu Jesus. 51 „Was willst du von mir?“, fragte ihn Jesus. „Meister, ich möchte sehen können!“ 52 „Sei beruhigt“, antwortete Jesus, „du sollst sehen können! Dein Vertrauen hat dich geheilt.“ Sofort konnte der Blinde sehen. Er schloss sich Jesus an und folgte ihm auf seinem Weg.

Wem gehören die Ehrenplätze?

 

Es erscheint beinahe kindisch, dass die Jünger Jakobus und Johannes sich bereits große Gedanken um die Ehrenplätze rechts und links neben Jesus machen und diese einnehmen möchten. Allein die Bezeichnung „Ehrenplätze“ klingt etwas hochgestochen und vor allem sehr komfortabel und nobel. Jesus macht ihnen schnell klar, dass die vermeintlichen Ehrenplätze nicht viel mit Genuss und Ehre zu tun haben, sondern Mitleiden und Lebenshingabe bedeuten. Es ist eine Ehre, den Menschen und somit Gott zu dienen und an seiner Neuen Welt mitzubauen. Doch es bleibt mehr oder weniger offen, was die beiden Jünger sich unter dieser Ehre vorstellen.

In meinem Kopf entstehen Bilder der Erhöhung und damit einhergehend eine Herabsetzung anderer Menschen. Jesus identifiziert den Wunsch der beiden Jünger als Gefahr des Machtmissbrauchs. Wer von oben regiert und/oder sich sogar selbst über andere stellt, kann nicht mehr auf Augenhöhe mit seinen Mitmenschen sein und neigt zu Unterdrückung, Egoismus und Rücksichtslosigkeit.

Diese Gedanken und dieses gesellschaftliche Weltbild stellt Jesus komplett auf den Kopf, indem er sagt: „Wer groß sein will, der soll den anderen dienen, und wer der Erste sein will, der soll sich allen anderen unterordnen. Auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich bedienen zu lassen. Er ist gekommen, um zu dienen und sein Leben zu geben, damit alle Menschen aus der Gewalt des Bösen befreit werden.“

 

Er beschreibt das komplette Gegenteil von dem, was die Jünger Johannes und Jakobus sich wünschen. Sind vermeintliche Ehrenplätze überhaupt erstrebenswert?

 

Jesus sagt ganz klar „Nein!“ – es sei denn, es wird als Ehre verstanden, den Menschen zu dienen und an Gottes Neuer Welt mitzuarbeiten. Nicht von oben herab, sondern auf

Augenhöhe und in bewusster demütiger Haltung allem Leben gegenüber zu handeln, das ist der Lebensstil, den Jesus sich von uns wünscht und der uns in ein erfülltes Leben und darüber hinaus in die Ewigkeit zu führen vermag.

Es ist ein Wagnis, den menschlich-irdischen Wünschen zu widerstehen. Doch ich glaube: es lohnt sich! Wir wollen ja nicht allein oben auf dem Baum sitzen (siehe Foto).

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

Mk 10, 35-45: Streit um die Ehrenplätze

35 Da kamen Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, zu Jesus und sagten: „Meister, kannst du uns nicht einen Wunsch erfüllen?“ 36 „Was wollt ihr von mir?“, fragte sie Jesus. 37 „Wir möchten gern die Ehrenplätze rechts und links neben dir einnehmen, wenn du jetzt deine Königsherrschaft antrittst.“ 38 „Ihr wisst ja gar nicht, was ihr da verlangt!“, antwortete Jesus. „Könnt ihr denn auch das schwere Leiden tragen, das auf mich wartet? Könnt ihr euer Leben geben, so wie ich es hingeben muss?“ 39 „Ja, das können wir!“, erklärten sie, ohne zu zögern. „Ihr werdet tatsächlich leiden und euer Leben geben müssen“, sagte Jesus zu ihnen. 40 „Aber trotzdem kann ich nicht bestimmen, wer einmal die Plätze rechts und links neben mir einnehmen wird. Darüber bestimmt Gott.“ 41 Als die anderen der Zwölf von dem Wunsch des Johannes und Jakobus hörten, waren sie empört. 42 Da rief Jesus alle zusammen und sagte: „Ihr wisst, wie die Machthaber der Welt ihre Völker unterdrücken. Wer die Macht hat, nutzt sie rücksichtslos aus. 43 Aber so ist es nicht unter euch! Wer groß sein will, der soll den anderen dienen, 44 und wer der Erste sein will, der soll sich allen anderen unterordnen. 45 Auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich bedienen zu lassen. Er ist gekommen, um zu dienen und sein Leben zu geben, damit alle Menschen aus der Gewalt des Bösen befreit werden.“

Ein Ding der Unmöglichkeit

 

‚Unmöglich‘ – und das auch noch in Anführungszeichen – lässt mich mit sofort an die Doppeldeutigkeit dieses Wortes denken. Einerseits meine ich damit das Gegenteil von möglich und andererseits den Ausspruch „Das ist doch unmöglich!“ – in dem Sinne, dass das Verhalten anderer als unanständig, störend oder anstößig beurteilt wird. Bei mir im Kopf entsteht dabei das Bild, dass Kinder sich nicht benehmen und Quatsch machen.

Und so lese ich auch den letzten Satz Jesu im heutigen Evangelium „Für Menschen ist es unmöglich, aber nicht für Gott. Bei ihm gibt es kein ‚Unmöglich‘.“ (Mk 10, 27b)

 

Es gibt nichts, was für Gott unmöglich ist – alles kann sein und werden – und gleichzeitig gibt es keine Tat und kein Verhalten, dass Gott als unmöglich verurteilt. Was auch immer wir Menschen tun, egal wie sündhaft und falsch und hasserfüllt – er vergibt und zeigt uns einen neuen, anderen Weg (zurück) zum Leben. Dabei kommt auch die Aussage des evangelischen Theologen und Widerstandskämpfers im Zweiten Weltkrieg Dietrich Bonhoeffer sehr passend zur Geltung: Gott hasst die Sünde, aber liebt den Sünder! Wir dürfen und können immer wieder umkehren zu Christus und uns in seine liebenden Arme begeben, die uns nicht loslassen und Geborgenheit schenken. Unser unmögliches Verhalten wird durch seine Grenzenlosigkeit und nicht existente Unmöglichkeit liebevoll aufgefangen.

 

All diese Gedanken sollen uns natürlich nicht in Passivität verleiten, sondern vielmehr Mut schenken, Dinge anzugehen und im Vertrauen auf Gott das Leben anzupacken. Selbst den absurdesten Ideen und Plänen eine Chance zu geben und Situationen, die ausweglos und unmöglich erscheinen, nicht mit Resignation zu begegnen, das ist die Ermutigung, die Gott uns zuteilwerden lassen möchte. Nehmen wir Herausforderungen an, lassen wir uns auch im Falle des Scheiterns und des Verlustes nicht entmutigen. Fragen wir Christus in diesen Momenten und im Gebet, ob er nicht noch eine Idee für uns hat! Dieser Gedanke findet sich auch im ausgewählten Bild. Ein kleiner Mensch versucht den viel zu hohen Telefonhörer zu ergreifen und schafft es auch. Somit ist der Weg frei, um bei Gott einen (Not-)Ruf abzusetzen.

 

Thale Schmitz

 

 

Evangelium:

 

Mk 10, 17–27: Die Reichen haben es schwer, in Gottes neue Welt zu kommen

17 Als Jesus weitergehen wollte, lief ein Mann auf ihn zu, warf sich vor ihm nieder auf die Knie und fragte: „Guter Meister, was muss ich tun, um echtes Leben zu bekommen?“ 18 Jesus entgegnete: „Weshalb nennst du mich gut? Gut ist nur Gott, sonst niemand. 19 Du kennst doch seine Gebote: Du sollst keinen Mord begehen! Du sollst keine Ehe zerstören! Du sollst nicht stehlen! Sag nichts Unwahres über deinen Mitmenschen! Du sollst nicht betrügen! Ehre deinen Vater und deine Mutter!“ 20 „Meister“, antwortete der Mann, „an diese Gebote habe ich mich von Jugend an gehalten.“ 21 Jesus sah ihn an und begann ihn lieb zu gewinnen: „Eins fehlt dir noch: Verkaufe alles, was du hast, und gib das Geld den Armen; so wirst du in Gott einen Reichtum gewinnen, der niemals verloren geht. Und dann komm und folge mir nach!“ 22 Über diese Forderung war der Mann tief betroffen. Traurig ging er weg, denn er war sehr reich. 23 Jesus sah seine Jünger der Reihe nach an und sagte: „Wie schwer ist es doch, in Gottes neue Welt zu kommen!“ 24 Die Jünger waren bestürzt über diese Worte. Deshalb betonte er noch einmal: „Ja, für Menschen, die viel besitzen, ist es fast unmöglich, dieses Ziel zu erreichen. 25 Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass Menschen, die an ihrem Reichtum hängen, in Gottes neue Welt kommen.“ 26 Darüber erschraken die Jünger noch mehr und fragten sich: „Wer kann dann überhaupt gerettet werden?“ 27 Jesus sah sie ernst an: „Für Menschen ist es unmöglich, aber nicht für Gott. Bei ihm gibt es kein ‚Unmöglich‘.“

Worauf schauen, wenn die Wellen kommen?

 

Eben noch auf dem Wasser gelaufen,

Jesus entgegen,

doch plötzlich schweift sein Blick zur Seite,

zu den riesigen Wellen rechts und links.

Sein Blick bleibt hängen bei den Problemen, Sorgen, Unmöglichkeiten

und in dem Moment kommt Panik auf!

Alles wächst ihm über den Kopf.

Er fühlt sich bedroht, überrollt,

überfallen von der Angst,

die alles Gute übermalt,

er versinkt und erinnert sich im letzten Moment an den,

auf den er geschaut hatte,

bis die hohen Wellen seine ganze Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben.

Er erinnert sich an den, der nur darauf wartet,

ihn aus den Fluten zu ziehen.

 

(Text aus den Losungen für junge Leute der Herrnhuter Brüdergemeine vom 16. September 2024)

 

Evangelium:

 

Mk 10, 13-16: Jesus und die Kinder

 

13 Einige Eltern brachten ihre Kinder zu Jesus mit der Bitte, ihnen die Hände aufzulegen. Die Jünger aber fuhren sie hart an und wollten sie wegschicken.

14 Als Jesus das merkte, wurde er zornig: „Lasst doch die Kinder zu mir kommen und weist sie nicht ab! Denn für Menschen wie sie ist Gottes neue Welt bestimmt.

15 Hört, was ich euch sage: Wer sich Gottes neue Welt nicht schenken lässt wie ein Kind, der findet nicht hinein.“

16 Dann nahm er die Kinder in seine Arme, legte ihnen die Hände auf und segnete sie.

Wir sind eins!

 

Das Lesen des Evangeliums löst in mir alte Kindheitserinnerungen aus. Ich musste an den Disney-Film „König der Löwen“ denken, indem es grob gesagt um eine gesellschaftliche Ordnung in der Tierwelt Afrikas geht. Das Lied „Wir sind eins!“ stammt aus dem zweiten Teil („König der Löwen 2“) und darin erklärt der König und Löwenvater Simba seiner Tochter Kiara, dass sie ein Teil des ewigen Kreises ist, zu dem alle Geschöpfe gehören. In dem Lied heißt es u.a.:

Aber eins ist gewiss, dass hier niemand einsam ist, nein mit uns bist du niemals allein. Ja, wir stehn dir zur Seit, bis in alle Ewigkeit. Wir sind mehr als wir sind, wir sind eins. Ewigkeit, Ewigkeit, wir sind eins. Ewigkeit, Ewigkeit, wir sind eins.

Ohne die christliche Intention des Produzenten oder Ideengebers zu kennen, kann es doch sehr gut auf die Situation der Jünger bezogen werden. Sie gehen davon aus, dass einige Menschen nicht zu ihnen gehören, weil sie sie nicht kennen. Das Lied oder der Film gehen vom Gegenteil aus: alle Tiere und Geschöpfe gehören zusammen und sind eins bis in alle Ewigkeit – diese zeitenlose Perspektive wird ebenfalls einbezogen.

Vielleicht geht diese Haltung in die Richtung Jesu, der den Jüngern entgegensetzt, dass alle Menschen zu ihnen gehören, die sich nicht gezielt und bewusst dagegen entscheiden: Wer nicht gegen uns ist, der ist für uns. (Mk 9,40)

Bei der Suche eines passenden Bildes habe ich als Schlagwort bzw. Schlagwörter „wir sind eins“ eingegeben und bin auf das gewählte Bild gestoßen. Sehr interessant finde ich den menschlichen Fingerabdruck, der die Weltkarte in sich erahnen lässt. Es schließt Natur, Tierwelt und die allumfassende, ewige Verbundenheit der ganzen Schöpfung Gottes ein. „Wir sind eins“ in Jesus Christus und er hält die Türen offen für alle Menschen, die zu ihm kommen wollen. In der Übersetzung „Das neue Testament in der Sprache unserer Zeit“ heißt es: Alle Menschen, die mir der Vater gibt, werden zu mir kommen, und keinen von ihnen werde ich zurückweisen. (Joh 6, 37)

Und das ist auch der große Wunsch Jesu und das Ziel von Gottes neuer Welt – dass alle Menschen gemeinsam die Welt gestalten, gemeinsam leben und zwar in Frieden und Wohlwollen zueinander. Wenn keine/r mehr gegen den Anderen ist, dann kann diese neue Epoche anbrechen – dann ist Gottes neue Welt auf der Erde gegenwärtig.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

Mk 9, 38-48: Zu Jesus gehören – aber ganz

38 Da wandte sich Johannes an Jesus: „Herr, wir haben einen Mann getroffen, der in deinem Namen böse Geister austrieb. Aber wir wollten ihn daran hindern, weil er nicht zu uns gehört.“ 39 „Das hättet ihr nicht tun sollen!“, erwiderte Jesus. „Denn wer in meinem Namen Taten der Vollmacht vollbringt, kann nicht gleichzeitig schlecht von mir reden. 40 Wer nicht gegen uns ist, der ist für uns. 41 Ich versichere euch: Wenn euch jemand auch nur mit einem Schluck Wasser erfrischt, weil ihr zu mir gehört, wird er dafür belohnt werden. Darauf könnt ihr euch verlassen! 41 Wer auch nur einen von diesen Menschen, die wie ein Kind an mich glauben, zum Bösen verführt, für den wäre es das Beste, mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer geworfen zu werden. 43 Wenn deine Hand dich zum Bösen verführt, dann hau sie ab! 44 Es ist besser, du kommst verstümmelt in das ewige Leben als mit beiden Händen in das unauslöschliche Feuer der Unterwelt. 45 Wenn dich dein Fuß zum Bösen verführt, dann hack ihn ab! 46 Es ist besser für dich, mit nur einem Fuß bei Gott zu sein, als mit beiden Füßen geradewegs in die Unterwelt zu marschieren. 47 Wenn dich dein Auge zum Bösen verführt, dann reiß es heraus. Es ist viel besser, einäugig in Gottes neue Welt zu gelangen, als mit zwei gesunden Augen schließlich in die Unterwelt geworfen zu werden. 48 Denn dort wird die Qual nicht enden und das Feuer nicht verlöschen.“

Sei kein Teufel – gib dich hin!

 

Ich kenne es nur zu gut: Wenn mir etwas Angst macht, reagiere ich erstmal mit Abwehr. Ich möchte es nicht wahrhaben und rede es klein bzw. rede mir ein, dass es sicherlich nicht so kommen wird. Man soll doch auch nicht vom Schlimmsten ausgehen oder Mal doch den Teufel nicht an die Wand! Genau das tut auch Petrus – als Mensch wie wir und in einer Situation höchster Bedrängnis. Es ist doch eine schreckliche Vorstellung, dass ein guter Freund und großes Vorbild sozusagen planmäßig getötet werden wird und nichts dagegen getan werden kann.

Aber was tut Jesus?! Er benennt genau dieses Verhalten als teuflisch und spricht Petrus sogar direkt an mit den Worten: „Tritt hinter mich, du Satan! Dir geht es nicht um den Willen Gottes, du denkst nur, was Menschen wollen!“ (Mk 8, 33b)

In solcher Not und Angst den Willen Gottes im Fokus zu haben und das eigene Befinden zurückzustellen, ist eine wirklich große Aufgabe und auch Anforderung. Das Gottvertrauen auch in diesen Momenten zu bewahren und überhaupt aufzubauen, ist wohl das Ziel, welches im irdischen Leben immer eine Herausforderung bleiben wird.

 

In dem zweiten Satz Jesu steckt eine Gebetshaltung, die mir sehr wichtig geworden ist und mein Glaubensleben in besonderer Weise geprägt hat: „Nicht mein, sondern dein Wille geschehe!“ (Lk 22, 42) Diese Worte betet Jesus im Garten von Gethsemane am Abend vor seinem Leiden. Es ist eine große Hingabe, in diesem Sinne zu beten. Denn ich möchte gewisse Dinge erhoffen und wünsche mir Veränderungen. Doch ich überlasse es Gott, ob es sein Wille ist und vertraue auf die Richtigkeit seines Handelns. Es ist wirklich schwierig, den eigenen Kopf und vielleicht sogar die Sturheit im Wissen um das Beste loszulassen und ganz auf ihn zu vertrauen. Wir dürfen jedoch erkennen – auch durch viele Geschichten in der Bibel und Glaubenszeugnisse heute –, dass er um das Beste für uns weiß und uns in ein Leben in Fülle führen will. Auch wenn wir so manchen Kontrollverlust dabei zulassen und den eigenen Dickkopf ausschalten müssen, um in dieses Vertrauen hineinzuwachsen.

 

Auch wenn es unglaublich schwierig ist, die Angst zu überwinden, wird es sich lohnen. Und was sowieso immer gilt: Wir können nicht tiefer fallen als in seine gütigen Hände!

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

Mk 8, 27–35: Wer ist Jesus? / Jesus spricht zum ersten Mal von seinem Tod

27 Jesus und seine Jünger kamen nun nahe an die nördliche Grenze Israels, in die Dörfer bei Cäsarea Philippi. Auf dem Weg dorthin fragte er seine Jünger: „Für wen halten mich die Leute eigentlich? Was sagen sie über mich?“

28 Die Jünger erwiderten: „Einige meinen, du seist Johannes der Täufer. Andere halten dich für Elija oder für einen der Propheten.“

29 „Und für wen haltet ihr mich?“ Da sagte Petrus: „Du bist der von Gott gesandte Christus!“ 30 Jesus befahl seinen Jüngern, mit keinem Menschen darüber zu reden.

31 An diesem Tag sprach Jesus zum ersten Mal von seinem Tod: „Der Menschensohn wird Vieles erleiden müssen. Er wird von den führenden Männern des Volkes, den Hohepriestern und Schriftgelehrten verurteilt und getötet werden müssen. Aber am dritten Tag wird er von den Toten auferstehen müssen.“ Ganz offen sagte er das vor seinen Jüngern. Da nahm ihn Petrus beiseite und redete heftig auf ihn ein, um ihn von diesen Gedanken abzubringen.

33 Aber Jesus wandte sich um, sah die anderen Jünger an und rief: „Tritt hinter mich, du Satan! Dir geht es nicht um den Willen Gottes, du denkst nur, was Menschen wollen!“

Gemeinsam statt einsam!

 

Im Dialog mit seinen Mitmenschen zu sein – mit ihnen zu sprechen und sich auszutauschen – bereichert das Leben ungemein. Die Gespräche können an-, aufregen oder uns ganz unberührt lassen, aber sie bringen uns immer weiter und liefern Erkenntnisse. Die Stimmen verschiedener Menschen zu hören und darauf zu reagieren sowie Veränderungen wahrzunehmen und einzuordnen, gehören zum gemeinsamen Miteinander.

Für eine taubstumme Person ist diese Ebene zwischenmenschlicher Kommunikation verschlossen. Womöglich fühlt es sich sehr einsam an und dieses Gefühl wird auf dem gewählten Foto auf gewisse Weise spürbar – auch wenn es in der Umgebung eines taubstummen Menschen viele Mitmenschen gibt. Der Zugang über die Sprache ist verschlossen und der Dialog fehlt.

 

Jesus heilt einen taubstummen Mann im Evangelium, indem er seine Finger in die Ohren des Mannes legt und seine Zunge berührt. Die wundersame Wirkung dieser Handlung ist für den Betroffenen und die umherstehenden Personen definitiv überwältigend. Sie können die Erfahrung kaum für sich verarbeiten und sehen sich sozusagen gezwungen, darüber in den Dialog zu gehen und anderen davon zu erzählen. Dabei missachten sie Jesu Redeverbot, doch das Mitteilungsbedürfnis ist zu groß. Selbst wenn das Wunder ausgeblieben wäre, stelle ich mir vor, dass die Berührungen Jesu bereits eine besonders intensive Erfahrung für den taubstummen Mann gewesen wären. Denn er kann weder sprechen noch hören, was die Sinneswahrnehmung im Berühren und Spüren vermutlich intensiviert. Da ist jemand, der ihn ganz aufmerksam wahrnimmt und seine Schwachstellen ansieht und sogar berührt. Vielleicht war dies ein im wahrsten Sinne des Wortes so berührendes Erlebnis, dass den Glauben an Jesus entfachte und so zur Voraussetzung und Notwendigkeit des Wunders wurde. Jesus und der taubstumme Mann erleben das Wunder gemeinsam. Es fällt mir schwer, eine richtige Vorstellung davon zu bekommen, was diese gewaltige Veränderung bzw. Öffnung für diesen Menschen bedeuten muss. Er findet sich in einer völlig neuen Welt wieder, die ihn aus der Abschottung heraus in die laute Welt manövriert, die sicherlich erst einmal auch sehr reizüberflutend gewesen sein muss.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

 

Mk 7, 31–37: Ein Taubstummer kann wieder hören und sprechen

 

31 Von Tyrus aus ging Jesus in die Stadt Sidon und von dort wieder an den See von Galiläa, mitten in das Gebiet der Zehn Städte.

32 Dort brachte man einen Taubstummen zu ihm mit der Bitte, ihm die Hände aufzulegen.

33 Jesus führte den Kranken von der Menschenmenge weg. Er legte seine Finger in die Ohren des Mannes und berührte dessen Zunge mit Speichel,

34 sah auf zum Himmel, seufzte und sprach: „Effata!“, das heißt: „Öffne dich!“

35 Im selben Augenblick konnte der Taubstumme hören und sprechen.

36 Jesus verbot den Leuten, darüber zu reden. Aber je mehr er es ihnen verbot, desto mehr machten sie es bekannt.

37 Denn für die Leute war es unfassbar, was sie gesehen hatten. „Es ist einfach großartig, was er tut!“, erzählten sie überall. „Selbst Taube können wieder hören und Stumme sprechen!“

Regeln sind doch menschengemacht!

 

Ich halte mich sehr ungern an Regeln! Nicht weil ich aufmüpfig sein will, aus der Reihe tanzen oder Aufmerksamkeit erregen möchte – und auch nicht, um aus Prinzip zu handeln oder dagegen zu sein. Nein, mich stören einfach menschengemachte Regeln, die nicht meinen Werten entsprechen und/oder sogar eine – aus meiner Sicht – sehr zweifelhafte Sinnhaftigkeit aufweisen. Dabei möchte ich nicht verleugnen, dass es natürlich sehr viele sinnvolle Regeln gibt, die richtig und wichtig sind für den Umgang miteinander oder einfach pragmatisch notwendig sind (wie z.B. Verkehrsregeln, Schulregeln). Was mich jedoch stört ist, dass Regeln teilweise einfach hingenommen werden, ohne sie persönlich und individuell zu reflektieren und wenn notwendig/angemessen, infrage zu stellen.

Im Evangelium geht es darum, dass die Pharisäer und Schriftgelehrten sehr kritisch anmerken, dass die Jünger Jesu aus ihrer Sicht unrein essen, da sie die Hände nicht waschen und weitere Reinheitsvorschriften der jüdischen Tradition nicht beachten. Jesus reagiert sehr deutlich und beschreibt sie als scheinheilig, denn in seinem Verständnis und in seiner Vorstellung von Gottes neuer Welt machen keine Reinheitsregeln rein. Der Mensch kann nicht durch Kontrolle bzw. Art und Weise seiner Nahrungsaufnahme rein werden. Viel ausschlaggebender ist, was aus ihm in Form von Worten und Taten herauskommt. Handeln mit Herz und die situationsspezifische Verhaltensweise zu hinterfragen, statt einfach blind den Regeln und Vorschriften Anderer zu folgen, erachte ich als sehr wichtig und richtig. Sicherlich passieren auch so Irrtümer und Fehleinschätzungen, aber die Unterscheidung der Geister in jeder individuellen Situation und immer wieder neu kann uns nur weiterbringen glaube ich.  In vielen anderen Erzählungen fasziniert mich die konsequente Inkonsequenz Jesu – er gibt uns auch Gebote und Regeln mit auf den Weg, aber dennoch entscheidet und handelt er individuell – sozusagen in Rücksprache mit Gott, wie es die Situation und der einzelne Mensch erfordert.

Dabei muss ich auch an den Ausspruch von Petrus und den Jüngern vor dem Hohen Rat denken, der sie auffordern will, die Lehre Jesu nicht weiter zu verbreiten:

 

„Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

Mk 7, 1–8.14–15.21–23: Was ist rein – was unrein?

1 Eines Tages kamen Pharisäer und Schriftgelehrte aus Jerusalem zu Jesus. 2 Dabei entdeckten sie, dass einige seiner Jünger das Brot mit unreinen, das heißt mit ungewaschenen Händen aßen. 3 Die Pharisäer und alle Juden essen nämlich erst dann, wenn sie sich die Hände sorgfältig gewaschen haben, so wie es den Überlieferungen ihrer Vorfahren entspricht. 4 Auch wenn sie vom Markt kommen, essen sie erst, nachdem sie sich nach bestimmten Regeln gewaschen haben. Es gibt noch viele solcher Vorschriften, die sie streng beachten, wie etwa bei der Reinigung von Trinkbechern, Krügen und Töpfen. 5 Deshalb also fragten die Pharisäer und Schriftgelehrten Jesus: „Warum beachten deine Leute unsere Traditionen nicht und essen mit unreinen Händen?“ 6 Jesus gab zur Antwort: „Der Prophet Jesaja hat euch treffend charakterisiert, wenn er euch scheinheilig nennt und schreibt: ‚Diese Leute können schön über Gott reden, aber mit dem Herzen sind sie nicht dabei. 7 Ihre Verehrung ist wertlos, weil sie ihre menschlichen Gesetze als Gebote Gottes ausgeben.‘ 8 Ihr setzt euch über die Gebote Gottes hinweg und ersetzt sie durch eure eigenen Vorschriften.“

14 Dann rief Jesus die Menge wieder zu sich und sagte: „Hört mir alle zu und begreift doch: 15 Nicht was ein Mensch zu sich nimmt, macht ihn unrein, sondern das, was er von sich gibt. 21 Denn aus dem Inneren, aus dem Herzen der Menschen kommen die bösen Gedanken und mit ihnen unerlaubte sexuelle Beziehungen, Diebstahl und Mord, 22 Ehebruch, Habsucht und jede Art von Schlechtigkeit, Betrügereien und ausschweifendes Leben, Neid und Verleumdung, Überheblichkeit und Leichtsinn. 23 Das alles kommt von innen heraus, und das belastet das Verhältnis der Menschen zu Gott.“

Die Minderheit macht den Unterschied!

 

Jesus erlebt schon während seines Wirkens, wie sich Menschen, die ihm folgen wollten, von ihm abwenden. Es sind nicht diejenigen, die von vorneherein kritisch waren oder bei denen Jesus auf Widerstand oder sogar Granit gestoßen war – sondern vermeintlich und zeitweise treue Gefährten auf seinem Weg. Seine Jüngerschaft verkleinert sich und es steht zu befürchten, dass sich aus der entstehenden Gemeinschaft womöglich keine Mehrheit, sondern eine Minderheit entwickeln wird.

 

Doch ist das schlimm?

 

Dorothee Sölle findet sehr ermutigende Worte:

 

Lehr uns Minderheit zu werden, Gott, (…)

 

Pass uns an Deine Gerechtigkeit an,

 

nicht an die Mehrheit,

 

bewahre uns vor der Harmoniesucht

 

und den Verbeugungen vor den großen Zahlen.

 

Sieh doch, wie hungrig wir sind nach Deiner Klärung.

 

Gib uns Lehrerinnen und Lehrer, nicht

 

nur Showmaster mit Einschaltquoten.

 

Sieh doch, wie durstig wir sind

 

nach Deiner Orientierung,

 

wie sehr wir wissen wollen, was zählt.

 

Dorothee Sölle

 

Die verbleibenden Jünger suchen weiter nach Orientierung in Jesus – durch ihn wollen und werden sie Gott begegnen, wie Simon Petrus es im letzten Vers des Evangeliums selbst sagt. Und auch wir dürfen, dem Evangelium und somit der Frohen Botschaft unser Gesicht geben, sodass die Menschen durch uns Gott begegnen können. Auch wenn wir dies als Minderheit tun, können wir etwas in der Welt bewirken und immer mehr erfahren, was wirklich zählt. Einen Unterschied zu machen, der spürbar ist (vielleicht auch optisch wie auf dem Bild mit den Kirschen), kann ein Ziel sein – nicht um sich abzuheben, sondern für alle Menschen und die Vielfalt und Farben im Leben.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

Joh 6, 60-69: Jesus stellt seine Jünger vor die Entscheidung

60 Viele seiner Jünger hörten seine Worte und waren enttäuscht. „Was er da redet, geht zu weit!“, meinten sie. „Nein, das kann man nicht mit anhören!“ 61 Jesus merkte die Entrüstung seiner Jünger und fragte sie deshalb: „Daran stoßt ihr euch? Ist das für euren Glauben schon zuviel? 62 Was werdet ihr erst sagen, wenn ihr seht, wie der Menschensohn dorthin zurückkehrt, woher er gekommen ist? 63 Vergesst nicht: Gottes Geist ist es, der Leben schafft. Menschliches Bemühen allein kann den Tod nicht überwinden. Die Worte aber, die ich euch gesagt habe, sind von diesem Geist erfüllt; deshalb bringen sie euch das Leben. 64 Aber einige von euch glauben mir trotzdem nicht.“ Jesus wusste nämlich von Anfang an, wer nicht an ihn glaubte, und kannte auch den, der ihn später übergeben würde. 65 „Deshalb“, so erklärte er weiter, „habe ich euch gesagt: Keiner kann zu mir kommen, wenn ihn nicht der Vater zu mir führt!“ 66 Nach dieser Auseinandersetzung wandten sich viele Jünger von ihm ab und gingen nicht mehr mit ihm. 67 Da fragte Jesus die Zwölf: „Wollt etwa auch ihr mich verlassen?“ 68 „Herr, zu wem sollten wir gehen?“, antwortete Simon Petrus. „Du hast Worte des ewigen Lebens. 69 Wir glauben und wir wissen, dass du der bist, in dem Gott uns begegnet.“

Langmut ist die wahre Kunst!

 

Die Evangelientexte der letzten Sonntage lassen mich immer wieder staunen, welche Ausdauer und Geduld Jesus darin zeigt, den Menschen Rede und Antwort zu stehen. Sie stellen nicht nur Fragen, sondern verbreiten teilweise Hetze, zweifeln ihn an oder beschuldigen Jesus sogar, dass er Unrecht tut und Lügen verbreitet. Sie meinen ihn besser zu kennen als er sich selbst und erheben sich grenzverletzend durch provokante Aussagen über ihn.

Das Wort Langmut ist als Synonym für Geduld vielleicht noch passender, denn Jesus behält den Mut wirklich lange und ausdauernd – entgegen aller Widerstände und Hetze. Immer hat er das Reich Gottes vor Augen, welches er den Menschen doch um ihretwillen und für ihr Wohlergehen nahebringen möchte.

Ich selbst würde mich auch als einen geduldigen Menschen beschreiben und ich bin dankbar für diese geschenkte Eigenschaft. Doch im Vergleich zu Jesu Langmut ist sie doch sehr gering. Wenn ich Menschen etwas Gutes tun möchte und diese mein Wohlwollen abschmettern würden, wäre meine Geduld doch sehr schnell am Ende.

Laut Definition ist Langmut eine „durch ruhiges, beherrschtes, nachsichtiges Ertragen oder Abwarten von etwas gekennzeichnete Verhaltensweise“ (duden.de). Im Falle Jesu scheint diese unendlich und durch nichts zu erschüttern zu sein. Seine Langmut ist bewundernswert, denn auch wenn er deutliche Worte findet, bleibt er ruhig und gefasst. Er bleibt dran, obwohl ihm so viel Empörung entgegengeschmettert wird, dass er sich eigentlich denken könnte: „Die können mich alle mal!“

 

Die Eigenschaft oder vielmehr die Gabe der Geduld zu besitzen, erinnert mich immer an Angler. Als Kind war es für mich eine furchtbare Vorstellung bzw. Tagesgestaltung, wenn mein Bruder angeln gehen wollte und ich wusste, dass wir den Großteil der Zeit einfach nur wartend am Ufer sitzen würden. Heute denke ich, dass es eigentlich ein sehr angenehmer Kontext zum Meditieren und Stillwerden gewesen wäre.

Jesus ist in jedem Fall ein sehr ausdauernder Angler, der langmütig seine Angel auswirft und uns Menschen jederzeit die Chance gibt, anzubeißen. Er verliert die Geduld nicht und bleibt auch in unangenehmen Situationen der Ablehnung am Ball.

Wir Fische erkennen wohl häufig erst langsam, welche Güte uns da angeboten wird.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium: Joh 6, 41–51

41 Da regten sich die führenden Männer unter den Juden auf, weil Jesus behauptet hatte: „Ich bin das Brot, das vom Himmel gekommen ist.“ Empört riefen sie: 42 „Was soll das heißen? Wie kann er behaupten, dass er vom Himmel herabgestiegen ist? Das ist doch Jesus, der Sohn Josefs! Wir kennen doch seinen Vater und seine Mutter!“ 43 Jesus entgegnete ihnen: „Ihr braucht euch nicht aufzuregen. 44 Keiner kann zu mir kommen, wenn nicht der Vater, der mich gesandt hat, ihn zu mir bringt. Und alle diese Menschen, die er mir gibt, will ich am letzten Tag auferstehen lassen. 45 Heißt es nicht schon bei den Propheten: ‚Sie alle werden von Gott gelehrt sein!‘ Wer also auf den Vater hört und von ihm lernt, der kommt zu mir. 46 Das bedeutet aber nicht, dass jemals ein Mensch den Vater gesehen hat. Nur einer hat ihn wirklich gesehen: der Eine, der von Gott gekommen ist. 47 Ich sage euch die Wahrheit: Der Glaubende hat ewiges Leben! 48 Ja, ich selbst bin das Brot des Lebens! 49 Eure Vorfahren haben in der Wüste das Manna gegessen und sind gestorben. 50 Aber hier ist das wahre Wort, das vom Himmel kommt. Wer davon isst, wird nicht sterben. 51 Ich bin dieses Brot, das von Gott gekommen ist und euch das Leben gibt. Jeder, der dieses Brot isst, wird ewig leben. Und dieses Brot, das ich euch geben werde, ist mein Fleisch für das Leben der Welt.“

Wir brauchen Beweise!

 

Jesus ist das Brot des Lebens! Ganz klar formuliert er dies und die Menschen, die ihm zuhören, sind noch tief bewegt von der wundersamen Erfahrung der Brotvermehrung.

Sie möchten nie wieder Hunger leiden und suchen Jesus auf, um die Brotversorgung sozusagen sicherzustellen. Völlig verständlich ist es, dass sie satt werden wollen und sich um ihre Ernährung sorgen, doch gibt es nicht noch Wichtigeres im Leben?

Jesus macht ihnen deutlich, dass das Brot Gottes Nahrung für das ewige Leben ist. Dies ist schwer greifbar für die Menschen und löst skeptische Gedanken aus, denn sie fordern Beweise für sein Handeln im (vermeintlichen) Auftrag Gottes. Kurz zuvor waren 5.000 Menschen durch 5 Leibe Brot gesättigt worden und doch brauchen die Menschen mehr – sie brauchen noch mehr Beweise!

Das gewählte Bild mit den gestapelten Broten hat eine denkbar interessante Symbolik:

Brot in großen Mengen einzulagern, ist schwierig, da es doch nach wenigen Tagen hart wird und bald gar nicht mehr geschnitten oder gebrochen werden kann. Daher ist es ungünstig, langfristig vorzusorgen und es aufzubewahren. Es mag Sicherheit geben, etwas im Vorrat liegen zu haben und so die Sorgen vor drohendem Hunger abzulegen. Auch das Brot Gottes – die geistliche Nahrung und Verbindung zu ihm – kann ich nicht einmalig in großen Mengen „besorgen“ und dann Tage, Wochen, Monate oder sogar Jahre aufbewahren. Jeden Tag neu darf es mich erfrischen und ganz durchdringen, sodass ich es vertrauend erbitte und auch regelmäßig neu betrachte und wertschätze. Sicherlich verändert es sich auch und die Konsistenz, der Geschmack und die Optik sind je nach Lebens- und Glaubenssituation variabel. Und dennoch es lohnt sich immer wieder das Brot (Gottes) zu betrachten und es ganzheitlich wahrzunehmen. Es nährt, gibt Sicherheit und kann und darf sich verändern. Beweise für die Wahrhaftigkeit dieses Brotes sind schwer zu erbringen und der persönliche Glaube und die persönliche Gottesbeziehung sind doch so individuell, dass jeder und jede selbst die Erfahrungen machen kann und eigene Beweise erkennen darf.

Lassen wir uns auf dieses Angebot ein – was soll schon passieren, wenn ich mir ein gutes Stück Brot schenken lasse? Ausprobieren lohnt sich: gratis – ganz umsonst!

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

Joh 6, 25–35: Jesus – das Brot des Lebens

25 Als sie Jesus auf der anderen Seite des Sees gefunden hatten, fragten sie ihn: „Meister, wann bist du denn hierhergekommen?“

26 Jesus antwortete ihnen: „Amen, amen, ich sage euch: Ihr sucht mich nicht, weil ihr Zeichen gesehen habt und deshalb glaubt; sondern deswegen, weil ihr von mir Brot bekommen habt und satt geworden seid.

27 Bemüht euch doch nicht nur um das, was ihr zum täglichen Leben braucht, aber schnell verdirbt, sondern vielmehr um die Nahrung, die bis ins ewige Leben reicht. Nur der Menschensohn kann sie euch geben. Denn dazu hat Gott, der Vater, ihn gesandt.“

28 Da fragten sie ihn: „Was sollen wir tun, um Gottes Werke zu erfüllen?“

29 Er erwiderte: „Nur eins erwartet Gott von euch: Ihr sollt an den glauben, den er gesandt hat.“

30 „Wenn wir an dich glauben sollen“, wandten sie ein, „musst du uns durch ein besonderes Zeichen beweisen, dass du im Auftrag Gottes handelst.

31 Zeig uns, was du kannst! Gib uns jeden Tag Brot zu essen, so wie unsere Väter damals in der Wüste das Manna aßen. Es heißt doch in der Heiligen Schrift: ‚Er gab ihnen Brot vom Himmel zu essen‘“

32 „Amen, amen, ich sage euch!“, erwiderte Jesus. „Mose gab euch nicht das Brot, von dem ich gesprochen habe. Das wahre Brot vom Himmel gibt euch jetzt mein Vater.

33 Dieses Brot Gottes ist es, das vom Himmel kommt und der Welt das Leben schenkt.“

34 „Herr“, baten sie ihn, „gib uns jeden Tag dieses Brot!“

35 „Ich bin das Brot des Lebens“, fuhr Jesus fort, „Wer zu mir kommt, wird niemals wieder Hunger leiden, und wer an mich glaubt, wird nie wieder Durst haben.“

In der Stille angekommen…

 

Viele Menschen fürchten sich davor, in die Stille zu gehen und ins Schweigen zu kommen. Die Vorstellung, sich mehrere Tage nicht zu unterhalten oder überhaupt verbal zu äußern, fühlt sich seltsam an und vielleicht schwingt auch eine Sorge vor entstehender Isolation und Einsamkeit mit. Sehr häufig erlebe ich große Irritation oder sogar Bewunderung, wenn ich von meinen jährlichen Schweige-Exerzitien erzähle, die ich als rundum wohltuend empfinde. Jedes Jahr freue ich mich sehr auf diese intensive Zeit mit Gott. Isoliert fühle ich mich dabei keineswegs, denn auch ohne Worte gibt es Formen der Kommunikation und Begegnung – sei es beim Wandern oder im Speisesaal. Begleitgespräche durch SeelsorgerInnen sind zusätzlich eine gute Option.

 

Jesus sucht bewusst und braucht die Momente und Zeiten der Stille und des Alleinseins, um wieder zu Kräften zu kommen und um ungestört und ganz fokussiert in die Kommunikation mit seinem himmlischen Vater zu treten.

Gleiches dürfen wir tun, um unsere Beziehung zu Gott zu pflegen und Stärkung zu erfahren. Jede Gebetszeit schenkt mir immer wieder neu die Gewissheit, dass ich getragen bin. Egal wie aufgewühlt ich bin oder ob ich Albträume in der Nacht gehabt habe – gestärkt und mit neuer Sicherheit ausgestattet gehe ich nach einer stillen Zeit wieder durch den Tag. In der Stille fühle ich mich Gott besonders nah und möchte diese Erfahrungen gerne teilen bzw. dazu ermutigen, diese Erfahrung selbst zu machen. Welch ein Glück und Privileg ist es doch, dass Ängste und Zweifel losgelassen werden können und sich ein starkes Gefühl von Geborgenheit breitmacht.

Das folgende frei formulierte Gebet (anonym) hat mich dazu sehr passend angerührt:

Gott, bei dir zu Hause muss ich keine Angst haben zu verschlafen, es gibt auch nach neun noch Frühstück. Ich darf die Füße auf dem Sofa hochlegen und meinen Gedanken freien Lauf lassen. Ich habe einen Schlüssel, der passt, ich darf ein- und ausgehen, wie ich mag. Ich darf dir zuhören, was du erzählst, und einfach nur da sein.

Die weiteren Zeilen des Gebetes passen ebenfalls gut zum Evangelium, in dem 5.000 Menschen zu essen bekommen: In diesem Haus wohnen noch viele andere, hier ist genug Platz. Wir sitzen alle an einem Tisch, erzählen, lachen, weinen und sind einfach beisammen. Hier lässt es sich gut leben. Ja – bei Dir lässt es sich wirklich gut leben!

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

Joh 6, 1–15: Eine große Menschenmenge bekommt zu essen

1 Danach kam Jesus an das andere Ufer des Galiläischen Sees, den man auch See von Tiberias oder See Gennesaret nennt. 2 Eine große Menschenmenge folgte ihm, weil sie die Zeichen sahen, die er an den Kranken tat. 3 Zusammen mit seinen Jüngern stieg Jesus auf einen Berg und ließ sich dort mit ihnen nieder. 4 Das war in den Tagen kurz vor dem jüdischen Paschafest. 5 Als Jesus die vielen Menschen kommen sah, fragte er Philippus: „Wo können wir für alle diese Leute Brot kaufen?“ 6 Er wollte aber nur sehen, ob Philippus ihm das zutraute, denn er wusste, was er tun wollte. 7 Philippus überlegte: „Wir müssten zweihundert Denare, also einen ganzen Jahreslohn, ausgeben, wenn wir für jeden auch nur ein kleines Stückchen Brot kaufen wollten.“ 8 Da meldete sich Andreas, der Bruder von Simon Petrus, zu Wort: 9 „Hier ist ein kleiner Junge, der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische. Aber was ist das schon für so viele Menschen!“ 10 „Sagt den Leuten, dass sie sich hinsetzen sollen“, forderte Jesus die Jünger auf. Und alle – es waren etwa fünftausend Männer, Frauen und Kinder nicht mitgerechnet – lagerten sich an dem dicht mit Gras bewachsenen Ort. 11 Dann nahm Jesus die fünf Gerstenbrote, sprach das Dankgebet und verteilte sie an die Menschen. Mit den beiden Fischen machte er es genauso. Jeder bekam so viel, wie er wollte. 12 Als alle satt waren, sagte Jesus zu seinen Jüngern: „Sammelt die Brotreste ein, damit nichts verdirbt!“ 13 Und die Jünger füllten noch zwölf Körbe mit den Resten. So viel war von den fünf Gerstenbroten übriggeblieben. 14 Als die Leute das Zeichen sahen, das Jesus getan hatte, riefen sie begeistert: „Das ist wirklich der Prophet, der kommen soll und auf den wir so lange gewartet haben!“ 15 Jesus merkte, dass sie ihn festhalten und unbedingt zu ihrem König ausrufen wollten. Deshalb zog er sich wieder auf den Berg zurück; er ganz allein.

Als ich mit Jesus auf dem Balkon sitze

 

»Ich bin glücklich.«
Die Sonne ist gerade hinter den Häusern verschwunden. Du hast die Füße auf die Brüstung gelegt und balancierst auf deinem Bein ein Bitter Lemon.

»Überrascht dich das?«, fragst du.

»Ich weiß nicht. Glück ist so ein großes Wort. Muss man sich das nicht für die wirklich großen Momente aufsparen?«

Du lachst. »Hast du Angst, dass es sich abnutzt?«

Was weißt du schon vom Glück, frage ich mich stumm, um dich nicht zu verletzten. Du hörst es trotzdem.

»Du denkst, ich habe mein Glück geopfert. Für etwas Größeres. Aber so ist es nicht. Jetzt zum Beispiel möchte ich nichts lieber tun, als hier mit dir zu sitzen.«

Ich bin ein bisschen verlegen, weil ich mich freue.

»Ich kaufe Brot«, fährst du fort. »Ich helfe einem Gelähmten auf die Beine.

Wenn es einen Dämon zu vertreiben gibt, vertreibe ich ihn. Ich bete.

Ich wasche meine Füße. Ich kämpfe für so etwas Großes wie Gerechtigkeit.

Aber ich denke nicht darüber nach, ob ich lieber etwas anderes täte.

Oder woanders sein wollte.«

»Wirklich nie?«

Du schüttelst langsam den Kopf.

Deshalb also fühle ich mich so wohl bei dir.

Susanne Niemeyer

Jesus nimmt sich viel Zeit für die Menschen, die wie Schafe waren und keinen Hirten hatten. Er nimmt sich viel Zeit für ihre und unsere Bedürfnisse und möchte nichts lieber als genau das zu tun. Sein Ziel ist Gottes Reich für uns auf Erden – ohne je zu zweifeln.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

Mk 6, 30–34: Fünftausend werden satt

30 Die Apostel kehrten zu Jesus zurück und erzählten ihm, was sie alles getan und den Menschen verkündet hatten.

31 „Kommt jetzt mit!“, sagte Jesus zu ihnen. „Wir gehen an einen einsamen Ort, wo wir allein sind und ihr euch ein wenig ausruhen könnt.“ Es waren nämlich so viele Menschen bei ihnen und ein ständiges Kommen und Gehen, dass sie nicht einmal Zeit zum Essen fanden.

32 Deshalb fuhren sie mit dem Boot an eine einsame Stelle.

33 Aber das hatten viele Leute beobachtet. Aus allen Dörfern liefen sie dorthin. Sie beeilten sich so sehr, dass sie noch vor Jesus und seinen Jüngern da waren.

34 Als Jesus aus dem Boot stieg und die vielen Menschen sah, ergriff ihn tiefes Mitgefühl, denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben. Deshalb nahm er sich viel Zeit, ihnen Gottes Botschaft zu erklären.

Denkt ganz neu von Gott!

 

Ganz egal in welchem Kontext wir es betrachten: Es ist doch häufig so, dass sich ein Ersteindruck oder ein Bild von einer Person schnell festsetzt und nicht mehr in Frage gestellt wird. Optik und Auftreten lassen bereits Einschätzungen zu einer Person entstehen und auch wenn es nur ein einmaliges Handeln war, wird dieses als allgemeingültig und zu dieser Person gehörend im Gedächtnis verankert. Das ist wirklich sehr schade, denn jede Begegnung ist eine Momentaufnahme und es können stets Veränderungen aber auch Ausnahmesituationen sein, die wir beobachten dürfen.

 

Noch schwieriger wird es im Fall Jesus. Wir Menschen heute haben ihn alle nicht persönlich auf Erden kennengelernt, aber sind ziemlich sicher mit Vorstellungen – sowohl optisch als auch im Handeln und in seiner Ausstrahlung – ausgestattet, die aus Erzählungen, Bildern und eigenen Gedanken entstanden und haften geblieben sind.

Schon als Kinder lesen und sehen wir in Kinderbibeln mit vielen Illustrationen, wie Jesus ausgesehen haben mag bzw. könnte. Diese Vorstellung ist passend und wird häufig beibehalten – so war es zumindest auch bei mir.

Ein großes Aha-Erlebnis war für mich die Besichtigung des Turiner Grabtuches im Juli 2022. Im Rahmen des Europäischen Taizé-Treffens dort (normalerweise finden diese Treffen über den Jahreswechsel in einer großen europäischen Stadt statt, in diesem Falle war es aufgrund von Corona einmalig auf den Sommer verschoben worden) durften alle Teilnehmenden für jeweils 20 Sekunden vor dem ausgestellten Grabtuch Jesu beten – es ist nicht als Reliquie anerkannt, es wird jedoch von einigen Gläubigen als Jesu Grabtuch nach der Kreuzigung verehrt. Das Gesichtstuch zeigt Abdrücke einer Person, die genau der Optik Jesu entsprechen, die wir aus Filmen und sonstigen Medien kennen. Da wurde mir schlagartig und greifbar bewusst, wie es zu dieser Konsens-Vorstellung vermutlich gekommen war. Irgendwo ist es natürlich nachvollziehbar und die Menschen suchen nach Bildern, um eine etwas bessere Ahnung von Jesus zu bekommen. Dennoch ist es schade, dass es fest gefahrene Bilder von Jesus gibt, die uns in der Vorstellungskraft eingrenzen. Den Appell der Jünger „Denkt ganz neu von Gott!“ möchte ich uns allen daher gerne mit auf den Weg geben. Vielleicht können wir Jesus mal ganz neu und ins Heute versetzt denken.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

Mk 6, 7-13: Der Auftrag an die Zwölf

7 Jesus rief die Zwölf zu sich. Jeweils zu zweit sollten sie in seinem Auftrag durch das ganze Land ziehen. Er gab ihnen die Vollmacht, böse Geister auszutreiben 8 und befahl ihnen, nichts auf den Weg mitzunehmen außer einem Wanderstab; kein Essen, keine Tasche und kein Geld. Sie sollten sich ganz auf Gott verlassen. 9 Selbst auf Kleider zum Wechseln mussten sie verzichten, aber Schuhe durften sie tragen. 10 „Wenn euch jemand aufnimmt“, fügte er hinzu, „dann bleibt in diesem Haus, bis ihr euren Auftrag erfüllt habt. 11 Seid ihr aber an einem Ort nicht willkommen und will man eure Botschaft nicht hören, so geht fort und schüttelt auch noch den Staub von euren Füßen als Zeichen dafür, dass euch keine Schuld trifft, weil ihr alles versucht habt.“ 12 Dann machten sich die Zwölf auf den Weg und forderten die Leute auf: „Denkt ganz neu von Gott!“ 13 Sie trieben viele böse Geister aus und salbten viele Kranke mit Öl und heilten sie.

Glauben heißt Zusammenarbeit

 

Der schönste und einfachste Glaube an Wunder ist wohl jener, dass die Wunder ohne unser Zutun geschehen. Es gibt jemanden oder eine höhere Macht, der oder die die Kraft besitzt, Wunder zu vollbringen und wir dürfen diese konsumieren und annehmen.

Jesus muss in seiner Heimat die Erfahrung machen, dass der Glaube seiner Mitmenschen nicht existent ist und er nichts Wundersames für sie bewirken kann. So funktioniert es nicht – Jesus kann keine Heilung schenken, wenn seinem Umfeld und vor allem den Betroffenen der Glaube fehlt.

Ich glaube sehr wohl, dass Jesus dazu fähig ist, Wunder auch an jenen zu vollbringen, die (noch) nicht an ihn glauben und er diese Wunder sogar nutzt, um Beziehung herzustellen. Doch ein aktiver Unglaube, der das Wunder nicht für möglich hält, ist definitiv hinderlich.

Im heutigen Evangelium lesen wir, dass Jesus gerade in der Heimat nicht als Prophet anerkannt oder überhaupt wahrgenommen wurde. Seine Familie und sein heimatliches Umfeld wollten nicht einmal etwas von ihm wissen. Vielleicht lag es daran, dass sie ihn schon lange und – aus ihrer Perspektive – ganz anders kannten. Sie waren voreingenommen und konnten auf seine prophetischen Taten nur mit Irritation und/oder sogar Misstrauen reagieren.

Die kindliche Unvoreingenommenheit und Offenheit fehlte ihnen und stand ihnen förmlich im Weg, sodass sie Jesu wundersame und heilende Kraft nicht empfangen konnten. Das himmlische Erleben ist für sie nicht möglich, denn die Ereignisse werden hinterfragt und sozusagen auf die kognitive Ebene verschoben, anstatt den Gefühlen und Empfindungen freien Raum zum Empfangen zu geben.

Jesus gibt den Anstoß und kommt geradewegs auf uns zu. Und dennoch liegt es an uns, ihn an- und aufzunehmen, seine Wunder für möglich zu halten und so zu Empfangenden zu werden. Es ist eine Form der Zusammenarbeit, die zum Glauben führt und ihn festigt und lebendig in Bewegung hält.

 

Jesus bringt den Stein – oder wie hier auf dem Bild den Heuballen – ins Rollen und wir können tatkräftig unterstützen und mitgestalten. Nicht nur für unsere persönliche Jesus-Beziehung und den eigenen Glauben, sondern auch für das Leben in Gemeinschaft mit IHM und den Anbruch von Gottes Reich schon hier auf Erden.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium: Mk 6, 1–6: Der Prophet gilt nichts im eigenen Land

1 Bald darauf verließ Jesus diese Gegend und kehrte mit den Jüngern in seinen Heimatort, Nazaret, zurück.

2 Am Sabbat ging er in die Synagoge, um dort zu lehren. Die Leute, die ihm zuhörten, staunten über ihn und fragten sich: „Wie ist so etwas nur möglich? Woher hat er diese Weisheit? Und wie kann er solche Taten der Vollmacht vollbringen?

3 Er ist doch der Bauhandwerker, Marias Sohn. Wir kennen seine Brüder Jakobus, Joses, Judas und Simon. Auch seine Schwestern wohnen hier bei uns.“ Und sie wollten nichts von ihm wissen.

4 Da sagte Jesus: „Nirgendwo gilt ein Prophet weniger als in seiner Heimat, bei seinen Verwandten und in seiner eigenen Familie.“

5 Weil die Menschen in Nazaret nicht an Jesus und seine Vollmachtstaten glaubten, konnte er dort nicht heilsam wirken. Nur wenigen Kranken legt er die Hände auf und sie wurden gesund.

6 Jesus wunderte sich über ihren Unglauben. Darum ging er in andere Dörfer und sprach dort über Gott und seine Botschaft.

Heute schon gehofft?

Das folgende Lied „Du wirst gesehen“ aus dem Musical „Dear Evan Hansen“ ist für mich eine große Ermutigung und der Text lässt sich sehr gut auf die Jahreslosung aus dem Jahr 2023 „Du bist ein Gott, der mich sieht“ (Genesis 16, 13) beziehen:

 

Glaubst du manchmal, keiner wäre für dich da?

Alle hätten dich vergessen, so als wärst du unsichtbar

Hast du manchmal das Gefühl, du bist nichts wert?

Als ob du fällst und keiner es hört…

 

Lass dich von dem Gefühl nicht runterziehen!

Es muss nicht so schlimm sein, wie es dir zuerst erschien.

Und kommst du aus dem Abgrund nicht mehr raus:

Streck die Hand doch einfach aus!

 

Auch wenn deine Welt ins Dunkel fällt, wenn du einen brauchst, der zu dir hält.

Wenn du zu schwach bist, um zu stehen: Du wirst gesehen!

Jemand geht mit den Berg hinauf, du hebst den Kopf und stehst wieder auf!

Du wirst all das überstehen – du wirst gesehen!

 

Du musst nirgendwo verloren und einsam sein.

Mit jedem Ruf, den du sendest, bist du weniger allein.

Sage einfach nur ein Wort und du wirst gefunden – an jedem Ort.

 

Und durch das Dunkel scheint wieder ein Licht und macht alles neu – alles neu!

Die uferlose Leere auf einmal nicht mehr da und alles neu – alles neu!

Du bist nicht allein! Du bist nicht allein! Du bist nicht, du bist nicht allein!

 

Diese immer wieder neu zu gewinnende Hoffnung wird auch die von Blutfluss geplagte Frau ermutigt haben, sich an Jesus zu wenden. Sie durfte erleben, gesehen zu sein und konnte am eigenen Leib spüren, wie Jesus alles neu macht – auch wenn er sie in der großen Menschenmenge nicht direkt und fokussiert in den Blick nehmen konnte.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

Mk 5, 21-34: Macht über Krankheit und Tod

21 Kaum war Jesus mit dem Boot ans andere Ufer zurückgekehrt, als sich dort am Strand wieder eine große Menschenmenge um ihn versammelte. 22 Da kam Jairus, ein Vorsteher der jüdischen Gemeinde und warf sich vor Jesus nieder. 23 Er flehte ihn an: „Meine kleine Tochter liegt im Sterben. Komm und leg ihr die Hände auf, damit sie wieder gesund wird!“ 24 Jesus ging mit Jairus, dicht gefolgt von einer großen Menschenmenge. 25 In der Menge war auch eine Frau, die seit zwölf Jahren an starken Blutungen litt. 26 Sie hatte sich schon von vielen Ärzten behandeln lassen und dabei ihr ganzes Vermögen ausgegeben. Aber niemand hatte ihr helfen können. Ganz im Gegenteil: Ihr Leiden war noch schlimmer geworden. 27 Dann hatte sie von Jesus gehört. Deshalb drängte sie sich durch die Menge an ihn heran und berührte von hinten sein Gewand. 28 Dabei dachte sie: „Wenn ich wenigstens seine Kleider berühren kann, werde ich gerettet.“ 29 Und tatsächlich: Sofort hörte die Blutung auf. Sie merkte, dass sie von ihrem Leiden befreit war. 30 Auch Jesus spürte sofort, dass heilende Kraft von ihm ausgegangen war. Deshalb drehte er sich in der Menge um und fragte: „Wer hat mich am Gewand berührt?“ 31 Seine Jünger antworteten: „Die Leute bedrängen dich von allen Seiten und da fragst du, wer dich berührt hat?“ 32 Aber Jesus blickte sich weiter um und versuchte herauszufinden, wer ihn berührt hatte. 33 Die Frau war erschrocken und zitterte am ganzen Leib, denn sie wusste, was an ihr geschehen war. Sie fiel vor ihm nieder und gestand ihm alles. 34 Jesus sagte zu ihr: „Tochter, dein Glaube hat dich gerettet. Geh in Frieden, du bist geheilt!“

Den Ängsten entgegentreten!

 

Ich bin neidisch auf den tiefen Schlaf Jesu! Viel zu häufig werde ich nachts wegen leiser Geräusche wach, weil ich so einen leichten Schlaf habe und recht schreckhaft bin. Im wildesten Sturm auf einem wankenden Boot schläft Jesus tief und fest und erwacht nur durch lautes Geschrei und durch aktives Wachrütteln seiner Jünger. Beneidenswert! Denn auch aus tiefstem Schlaf heraus ist Jesus sofort bei Sinnen und kann mit vollem Verstand direkt in Aktion treten gegen den Sturm.

Er bleibt ganz ruhig und befiehlt ihm, still zu sein und zu schweigen. Die Sicherheit und Bestimmtheit in seiner Stimme scheint Eindruck zu hinterlassen und die Entschlossenheit bringt ihn ans Ziel, den Sturm zu besänftigen und die Not der Jünger zu mildern.

 

Ich glaube, dass es auch bei mir Ängste sind, die mich nicht schlafen lassen oder mich immer mal wieder in Panik versetzen können. Wenn ich ganz im Vertrauen lebe und mir Gottes Nähe vollumfängliche Sicherheit versichert – warum bereiten mir Geräusche im Schlaf dann Sorgen und lassen mich so schnell aufschrecken? Es ist und bleibt ein lebenslanges Lernen, dieses Vertrauen in Gott zu entwickeln und ganzheitlich danach leben zu können.

Jesus ist mir auch in der Form ein Vorbild, dass er sich Gefahren und Ängsten entschlossen entgegenstellt und ihnen Schweigen gewährt. Sich den eigenen Ängsten zu stellen und sich nicht von ihnen einnehmen zu lassen, ist mit viel Mut und Kraft verbunden. Doch es lohnt sich! Wenn ich es nicht dulde, dass diese Ängste Macht über mich gewinnen, dann können sie es auch nicht. Ich selbst habe es in der Hand und kann mich selbst aus der Not und Bedrängnis – mit Jesu Hilfe und im Vertrauen auf Gott – befreien.

 

Nicht selten ist eine Konfrontation nicht nur weniger schlimm als erwartet, sondern auch sehr heilsam und die eigene Selbstwirksamkeit ist unglaublich bestärkend und nachhaltig spürbar. Vielleicht warten sogar Begegnungen auf uns, in denen wir feststellen dürfen, dass die Angst bzw. der Auslöser und/oder Ursprung der Angst gar nicht unser Feind sondern unser Freund sein möchten oder sogar lange gewesen sind.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

 

Mk 4, 35-41: Jesu Vollmacht über Wind und Wellen

 

35 Am Abend dieses Tages sagte Jesus zu seinen Jüngern: „Kommt, wir wollen ans andere Ufer fahren!“

36 Sie schickten die Menschen weg und ruderten mit dem Boot, in dem Jesus saß, auf den See hinaus. Einige andere Boote folgten ihnen.

37 Da brach ein gewaltiger Sturm los. Hohe Wellen schlugen ins Boot, es lief voll Wasser und drohte zu sinken.

38 Jesus aber schlief hinten im Boot auf einem Kissen. Da rüttelten ihn die Jünger wach und schrien voll Angst: „Meister, kümmert es dich nicht, dass wir untergehen?“

39 Jesus stand auf, wies den Wind in seine Schranken und rief in das Toben des Sees: „Schweig! Sei still!“ Da legte sich der Sturm, und es wurde ganz still.

40 „Warum habt ihr solche Angst?“, fragte Jesus seine Jünger. „Habt ihr immer noch kein Vertrauen zu mir?“

41 Die Jünger waren fassungslos und sagten zueinander: „Was ist das nur für ein Mensch, dass ihm selbst Wind und Wellen gehorchen?“

Das Senfkorn wird in uns gesät!

 

Zum heutigen Evangelium kommt mir direkt das folgende Zitat von Kardinal Ratzinger in den Sinn: Es gibt so viele Wege zu Gott, wie es Menschen gibt!

Jede Berufungsgeschichte und persönliche Begegnung sowie Biografie mit Gott ist anders und individuell. Und jedes persönliche Erlebnis mit IHM lässt das Reich Gottes auf Erden größer und ausstrahlender werden. Gottes neue Welt ist nicht von außen sichtbar und an bestimmten (Lebens-)Umständen zu erkennen, sondern sie beginnt und wächst in jedem einzelnen Menschen auf ganz einzigartige, besondere Weise!

 

Der Theologe Jörg Zink spinnt die Gedanken mit folgenden Worten noch weiter:

Du lebst, wenn das Reich Gottes in dir angefangen hat, Wurzeln zu schlagen, nicht nur „innen“; du wächst mit dem Reich Gottes ins Weite. Deine Seele wird nicht nur stiller, sondern auch sensibler. Achtsamer. Das Innere und die Welt der sichtbaren Dinge und auch die unsichtbare Welt, die über sie hinausreicht, verweben sich. Innere und äußere Welt werden größer. Sie wachsen beide um all die Dimensionen, die dir natürlicherweise verschlossen sind. Seele und Welt werden umfassender, tiefer und wunderbarer, denn sie öffnen sich beide zur Welt Gottes. … Du lebst von innen nach außen und prägst deine kleine Welt so, dass das Reich Gottes in ihr Raum findet.

 

Diese kleine Welt kann in Gemeinschaft mit vielen hier auf der Erde immer größer werden und braucht nicht klein zu bleiben und klein gedacht zu werden. Wie im ersten Gleichnis ist es wichtig, dass wir tagtäglich dranbleiben und die Idee von Gottes neuer Welt nicht wieder in den Hintergrund rückt oder sogar in Vergessenheit gerät. Und wie der Bauer ein Korn in die Erde sät, sät Gott die Senfkörner jeweils in uns. Wir können für andere eine Stütze sein durch unser kraftvolles Wachstum (wie die Vögel ihre Nester bauen können in den Zweigen) und so einen großen Unterschied in und für die Welt machen.

 

Das innere und das äußere Reich Gottes verschmelzen in und durch uns und dies lässt hoffnungsvoll in die Zukunft blicken. Gott selbst bleibt immer dran an uns und sein Vorrat an einzupflanzenden Senfkörnern ist womöglich niemals ausgeschöpft.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium: Mk 4, 26-34:

 

Gott lässt wachsen

26 Jesus erklärte weiter: „Die neue Welt Gottes kann man vergleichen mit einem Bauern und der Saat, die er auf sein Feld sät. 27 Nach der Arbeit geht er nach Hause, schläft, steht wieder auf, und das tagaus, tagein. Im Laufe der Zeit wächst die Saat ohne sein Zutun heran. 28 Ganz von selbst kommt die Pflanze aus dem Boden und bringt Frucht. Zuerst kommt der Halm, dann die Ähre und schließlich das volle Korn in der Ähre. 29 Sobald das Korn reif ist, fängt der Bauer an zu mähen und bringt die Ernte ein.“

Gottes neue Welt beginnt ganz klein

30 Schließlich fragte Jesus: „Womit sollen wir die neue Welt Gottes noch vergleichen? Welches Bild könnte euch helfen, sie zu verstehen? 31 Mit Gottes neuer Welt ist es wie mit einem Senfkorn, das auf die Erde gesät wird. Es ist der kleinste Samen, den es gibt. 32 Wenn er aber in den Boden gesät ist, wächst er schnell heran und wird größer als alle anderen Gartenpflanzen. Er bekommt starke Zweige, in denen die Vögel sogar ihre Nester bauen können.“

33 Jesus verwendete sehr oft Gleichnisse. Wenn er zu den Menschen sprach, gebrauchte er immer solche Gleichnisse, damit sie seine Botschaft besser verstehen konnten. 34 Wenn er aber mit seinen Jüngern allein war, erklärte er ihnen ihre Bedeutung.

 

Wer gehört zu Jesus?

 

Im gesamten Neuen Testament lesen wir immer wieder, wie sich Menschenmengen um Jesus scharen und ihm nah sein wollen. Sie sind fasziniert von ihm, möchten seine Worte aufsaugen, seine Wunder sehen und in seiner Nachfolge ganz zu ihm gehören.

 

Alle – wirklich ALLE – lässt Jesus zu sich kommen und er spricht zu ihnen. Sie dürfen zu ihm gehören und in seine Nachfolge treten. Er hat sogar ein besonderes Augenmerk auf die Menschen am Rande – Kranke, Arme, Bedürftige… Damit sind auch diejenigen gemeint, die in den jeweiligen Szenarien und Situationen tatsächlich am Rande der Gruppe stehen oder sich im Hintergrund verstecken bzw. von anderen verdeckt werden. Jesus ist keine Person, die nur einer bestimmten Gruppe zugewandt ist, er spricht zu allen und möchte die Zuhörenden tief in ihren Herzen bewegen.

 

Im heutigen Sonntagsevangelium möchten die Angehörigen Jesu – also seine leibliche, biologische Familie – ihn nach Hause holen und machen sich auf den Weg. Als sie ihn rufen lassen, reagiert Jesus mit den folgenden Worten:

„Wer ist meine Mutter und wer sind meine Geschwister? (…) Wer Gottes Willen tut, ist für mich Schwester, Bruder und Mutter!“

Was für sie sehr verletzend klingt, möchte vermutlich zum Ausdruck bringen, dass alle Menschen zur Menschheitsfamilie Jesu im gleichen Maße gehören und dass die leibliche, biologische Familie keinen Vorrang hat oder spezielle Positionen besetzt. Ich kann mir jedoch sehr gut vorstellen, dass die Mutter und Geschwister Jesu sich im ersten Moment und/oder auch im Nachklang völlig vor den Kopf gestoßen und abgewiesen fühlten. Vielleicht hatten sie sogar das Gefühl, Jesus schäme sich für sie oder wolle nie wieder etwas mit ihnen zu tun haben. Sicherlich war die Verletzung seiner Familie nicht der Hintergrund seiner Aussagen. Es wird vielmehr und noch deutlicher, dass er als Gottes Sohn auf Erden wirkt und seine bzw. die Liebe des Vaters so allumfänglich allen Menschen gilt, dass er seinen Angehörigen keinen gesonderten Platz einräumen kann und vermutlich nicht möchte. Sicherlich konnten die nahen Verwandten ihre Beziehung zu Jesus nicht einfach umdenken, doch vielleicht hatten sie im Nachhinein Verständnis und fühlten sich nicht mehr verstoßen.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

Mk 3, 20–35: Widerstand gegen Jesus

 

20 Als Jesus in das Haus des Sion zurückkehrte, liefen wieder so viele Menschen zusammen, dass er und seine Jünger nicht einmal die Möglichkeit zum Essen hatten.

21 Seine Angehörigen erfuhren das und wollten ihn unbedingt nach Hause holen. „Er hat den Verstand verloren!“, sagten sie.

22 Einige Schriftgelehrte, die eigens aus Jerusalem gekommen waren, behaupteten sogar: „Er hat sich Beelzebul, dem ´obersten Teufel´ verschrieben. Nur weil er vom Herrscher über alle bösen Geister die Macht bekommen hat, kann er böse Geister austreiben.“

23 Da ließ Jesus die Leute zu sich kommen und fragte sie: „Warum sollte denn Satan sich selbst vertreiben?

24 Ein Staat ist zum Untergang verurteilt, wenn in ihm verschiedene Herrscher um die Macht kämpfen.

25 Und eine Familie, die ständig in Zank und Streit lebt, bricht auseinander.

26 Wenn der Satan also sich selbst bekämpfen würde, hätte er keine Macht mehr. Das wäre sein Untergang.

27 Satan aber ist stark. Niemand kann in das Haus eines starken Mannes eindringen und ihn berauben. Erst wenn der Starke gefesselt ist, kann man ihm alles wegnehmen, was er besitzt.

28 Das eine will ich euch mit aller Deutlichkeit sagen: Jede Sünde kann den Menschen vergeben werden und auch jede Gotteslästerung.

29 Wer aber Jesus als Christus ablehnt, beleidigt damit den Heiligen Geist und bezeichnet ihn als Werkzeug des Satans. Damit hat er sich auf die Seite Satans gestellt; für ihn gibt es keine Vergebung. Er hat mit dieser Sünde eine ewige Schuld auf sich geladen.“

30 Das sagte er zu den Schriftgelehrten, weil sie behauptet hatten: „Er hat sich einem unreinen Geist verschrieben.“

31 Noch während Jesus sprach, kamen seine Mutter und seine Geschwister. Sie blieben draußen stehen und ließen ihn rufen.

32 Und die vielen Menschen, die um ihn saßen, sagten: „Deine Mutter und deine Geschwister warten draußen. Sie wollen mit dir reden!“

33 Er gab zur Antwort: „Wer ist meine Mutter und wer sind meine Geschwister?“

34 Dann sah er seine Zuhörer an und sagte: „Das sind meine Mutter und meine Geschwister.

35 Wer Gottes Willen tut, ist für mich Schwester, Bruder und Mutter!“

Und die Pflicht ruft schon wieder…!

 

Das Wort „Pflicht“ ist vermutlich für die meisten von uns durchweg negativ konnotiert.

Womöglich löst es direkte Anspannung aus und Stresshormone werden im Körper freigesetzt. Welcher (ungewollten) Pflicht muss ich denn nun wieder nachkommen?!

Doch vielleicht schauen wir mal genauer hin – wofür gibt es Pflichten und welcher Sinn steckt dahinter? Das Beispiel Schulpflicht ist uns allen geläufig und viele hatten auch darunter zu leiden bzw. haben die Schule als sehr anstrengend oder sogar als Zeitverschwendung erlebt – eine Pflichtphase, die es zügig hinter sich zu bringen galt.

Doch wofür wurde die Schulpflicht eingeführt? Sie sollte Gleichberechtigung und Bildungsgerechtigkeit für alle Kinder gewährleisten und wurde so zum Wohl der Menschen eingesetzt. Der Mensch und sein Wohlergehen stehen somit im Vordergrund und die Pflicht existiert nur aus diesem Grund: damit es uns Menschen besser ergehen möge.

 

Auch in Glaubensfragen und der Lebensgestaltung im Glauben geht es häufig um vermeintliche Pflichten, die es einzuhalten gilt. Die Pharisäer richten sich strikt nach den Vorgaben aus der Bibel und halten die Gesetze ein, die auch den Sabbat als Ruhetag fest regeln und keine Aktivitäten und Arbeitstätigkeiten am Sabbat erlauben. Aus diesem Grund weisen die Pharisäer Jesus darauf hin, dass es nicht erlaubt ist, Getreideähren abzureißen wie es seine Jünger tun. Jesus reagiert darauf mit folgenden Worten: Der Sabbat wurde doch für den Menschen geschaffen und nicht der Mensch für den Sabbat. (Mk 2, 27)

Den Sabbat als auferlegte Pflicht zu sehen, sich eingeschränkt zu fühlen und andere noch zusätzlich zurecht zu weisen, ist der falsche Ansatz. Der Ruhetag ist von Gott zu unserem Wohle geschaffen worden und wir dürfen ausruhen, neue Kraft schöpfen und uns bewusst Zeit für IHN nehmen. Und so ist es auch mit einem sonntäglichen Gottesdienstbesuch – viele Kinder nehmen ihn als unglaublich langweilige Verpflichtung wahr, aber er kann uns zu innerem Frieden und zu einer Atempause verhelfen, die uns auf das Wesentliche im Leben fokussieren lässt. Diese Spannung ist im gewählten Bild zu sehen – die Maske erinnert an eine abgelegte Pflicht, die zum Schutz notwendig war. In der Kirche können wir – vor allem ohne Maske – aufatmen.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

 

Mk 2, 23–28: Der Ruhetag ist für den Menschen da

 

23 An einem Sabbat ging Jesus mit seinen Jüngern durch die Getreidefelder. Unterwegs rissen die Jünger Ähren ab und aßen die Körner.

24 Das sahen die Pharisäer und machten ihn darauf aufmerksam: „Sieh dir das an! Es ist doch nicht erlaubt, am Sabbat Getreide zu ernten.“

25 Aber Jesus hielt ihnen entgegen: „Habt ihr denn nie gelesen, was David und seine Männer getan haben, als sie hungrig waren – damals, als Abjatar Hohepriester war?

26 David ging in das Haus Gottes und aß von dem Brot, das Gott geweiht war und das eigentlich nur die Priester essen durften, und er gab auch seinen Begleitern davon.

27 Der Sabbat wurde doch für den Menschen geschaffen und nicht der Mensch für den Sabbat.

28 Deshalb hat der Menschensohn auch das Recht zu entscheiden, was am Sabbat getan werden kann und was nicht.“

Dreifaltigkeit bei Dietrich Bonhoeffer

 

Es ist Dreifaltigkeitssonntag und somit steht das Fest der Dreifaltigkeit zentral. Er ist der Auftakt der „normalen“ Sonntage nach der Osterzeit und befasst sich mit einem für viele Christinnen und Christen schwierigen Thema – wie erklärt sich die Dreifaltigkeit?

Gott ist dreifaltig einer und im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes sind für viele geläufige Sätze, die im liturgisch-rituellem Gebrauch sind. Aber wie kann ich diese Vorstellung des dreifaltigen Gottes für mich selbst klar bekommen und dann auch noch verständlich weitergeben? Es ist und bleibt ein Geheimnis, denn wir können Gott niemals ganz erfassen oder uns eine reale Vorstellung von ihm machen. Der eine Gott ist Vater und Schöpfer der Welt, er hat uns in Jesus Christus geliebt bis zum Tod und er tut uns im Heiligen Geist unser Herz zu ihm auf und ist für uns spürbar in der Welt. Er umfängt die Erde vom Anfang bis zum Ende, er schafft und erlöst und er ist die vollkommene Liebe zu uns Menschen und zu all seiner Schöpfung.

 

Ich lese zurzeit einige Briefe und Texte von Dietrich Bonhoeffer und habe mich gefragt, wie er die Dreifaltigkeit Gottes versteht und vielleicht sogar zu definieren versucht hat. In einem Brief an seinen Freund Eberhard Bethge schreibt er am 21. Februar 1944:

Gott begegnet uns nicht nur als Du, sondern auch vermummt im Es und in meiner Frage geht es also im Grunde darum, wie wir in diesem Es (Schicksal) das Du finden, oder m.a.W. (…) wie aus dem `Schicksal` wirklich `Führung` wird.                (DBW 8, 333)

 

Ich gebe zu, dass diese Zeilen nicht besonders unkompliziert klingen, aber sie geben einen interessanten Impuls in Bezug auf die Gestalt Gottes. Gott als Du, als Gegenüber im Gebet und Gespräch ist vermutlich eine zugängliche Vorstellung. Aber Gott als Es zu denken, ist herausfordernder. Was meint Dietrich Bonhoeffer mit diesem Es, was er auch als Schicksal bezeichnet? Ich stelle mir darunter positive Fügungen aber auch schwere Gegebenheiten vor. Im Zwischenmenschlichen ist so viel Gott und Heiliger Geist spürbar, dass wir ihn darin schicksalhaft erahnen können. Und aus diesem Schicksal (dem Es) mag Führung durch Gott (als Du) entstehen – in seinem Geiste und in der Nachfolge Jesu zu leben. Bonhoeffer stellt nicht die Warum-Frage, sondern die Wer-Frage, die aus dem `Es` ein `Du` macht und sieht darin den Weg zum Leben in Fülle und Ansporn zu beweglich, lebendigem Handeln im Glauben an Gott.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

 

Mt 28, 16–20:

 

Auftrag und Zusage an seine Jünger

 

16 Die elf Jünger gingen nach Galiläa auf den Berg, den Jesus ihnen genannt hatte.

 

17 Als sie ihn dort sahen, huldigten sie ihm als König, aber sie zweifelten.

 

18 Da ging Jesus auf sie zu und sprach: „Ich habe von Gott alle Vollmacht im Himmel und auf der Erde erhalten.

 

19 Deshalb sage ich euch: Geht und macht alle Menschen zu meinen Jüngern, indem ihr sie tauft und sie so in die Gemeinschaft mit dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist führt!

 

20 Lehrt sie, so zu leben, wie ich es euch aufgetragen habe. Ihr könnt euch darauf verlassen: Ich bin mit euch alle Tage bis zur Vollendung der Welt!“

Lasst euch überraschen!

 

Am heutigen Samstag läuten wir bereits das Pfingstfest ein und gehen – in Kooperation mit den citypastoralen Teams aus Bochum und Essen (Citypastoral an der A40) – raus in die Stadt. Wir möchten den Menschen begegnen und mit ihnen ins Gespräch kommen. Das diesjährige Motto lautet „Lieber Seifenblasen als Trübsal blasen!“ Und was könnte dazu besser passen als eine ordentliche Ladung Seifenblasen?! Mit Seifenblasenmaschinen machen wir uns also mit Rikscha und Kirchenbank auf in die Fußgängerzone – zusätzlich zu einer Impulskarte (die Frontseite ist das ausgewählte Bild) verschenken wir kleine Seifenblasen auch to go.

 

Den ersten Probedurchlauf starteten wir bereits am Refugium und erregen viel Aufmerksamkeit – die Menschen freuen sich über das Seifenblasenspektakel und über die kleinen Geschenke. Völlig unvermittelt kommt es zu tiefen Themen und es entstehen Gespräche über Gott und die Welt, alles, was die Menschen grade bewegt.

 

Anhand des folgenden Zitates von Václav Havel kamen wir jeweils ins Gespräch:

Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht,

sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht.

 

Dieser Satz scheint geradezu „pfingstlich“ zu begeistern, sodass er schon vor Ort in die Muttersprache per Handy übersetzt wurde. Besonders ansprechbar zeigten sich Darmstädter Fußball-Fans, weil sie trotz des hoffnungslosen Abstiegsplatzes mit Freude und Humor das Hoffnungszitat aufsogen 😊. Am heutigen BVB-Heimspieltag hatten Eltern ihre 10-jährige Tochter aus einer Wohngruppe zum heißbegehrten Fußball-Ausflug eingeladen. Voll Begeisterung bat sie um 7 weitere Geschenke sowie Impulskarten, um damit ihrer gesamten Wohngruppe eine Freude zu bereiten. Ein jugendlicher, schriller, bekennender Christ suchte das Gespräch über Sinn und Zweck unserer Pfingstaktion. Ungehemmt präsentierte er stolz das eintätowierte Logo seiner geistlichen Gemeinschaft auf seiner Brust. Gleichzeitig ergaben sich aufschlussreiche Gespräche über das Wort Pfingsten und das damit zusammenhängende Fest. Ein Wohnungsloser wusste anhand des Zitates beeindruckend die ihn trotz aller Lebenskrisen tragende Hoffnung ins Wort zu bringen. Der Heilige Geist wirkt!

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

 

Joh 20, 19-23: Jesus zeigt sich seinen Jüngern

 

19 An diesem Sonntagabend hatten sich alle Jünger versammelt. Aus Angst vor denen, die auch Jesus gefangen genommen hatten, ließen sie die Türen fest verschlossen. Plötzlich war Jesus bei ihnen. Er trat in ihre Mitte und grüßt sie: „Friede ist mit euch!“

20 Dann zeigte er ihnen die Wunden an seinen Händen und seiner Seite. Da wurden die Jünger von großer Freude erfüllt, als sie ihren Herrn sahen.

21 „Friede ist mit euch!“, sagte Jesus noch einmal zu ihnen. „Wie mich der Vater in diese Welt gesandt hat, so sende ich jetzt euch in die Welt!“

22 Dann hauchte er sie an und spricht: „Empfangt Heiligen Geist!“

23 Wem ihr die Sünden erlasst, dem sind sie erlassen. Und denen ihr die Sünden behaltet, sind sie behalten.“

Gedanken für Euch alle!

Jesus betet für sich und seine Jünger und für uns alle, die in seine Nachfolge berufen sind. Beim Lesen des heutigen Evangeliums kam mir ein Brief des Widerstandskämpfers und Theologen Dietrich Bonhoeffer in den Sinn. Er verfasste die folgenden Zeilen an seine Eltern am Himmelfahrtstag 1943 – passenderweise liegt auch der diesjährige Feiertag gerade erst hinter uns:

 

Heute ist Himmelfahrtstag, also ein großer Freudentag für alle, die es glauben können, daß Christus die Welt und unser Leben regiert. Die Gedanken gehen zu Euch allen, zu Kirche und Gottesdiensten, von denen ich nun schon so lange getrennt bin, aber auch zu den vielen unbekannten Menschen, die in diesem Haus ihr Schicksal stumm mit sich herumtragen. (Briefkorrespondenz zwischen Dietrich Bonhoeffer und seinen Eltern am Himmelfahrtstag (04.06.1943) aus der Haftzelle im Militärgefängnis Berlin-Tegel. Aus: Dietrich Bonhoeffer Werke Band 8: Widerstand und Ergebung)

 

Bonhoeffer gebraucht in seinem Brief anstelle des Betens die Worte „Die Gedanken gehen zu Euch allen“. Sicherlich ist dies für ihn auch eine gebeteinschließende Geste und Formulierung und doch ist sie für viele Menschen vielleicht noch eingängiger und lebensnaher. Bonhoeffer fühlt sich mit seiner Familie und seinen Freunden in seinem vertrauten Umfeld, aber auch mit den vielen unbekannten Menschen in den Nachbarzellen verbunden. Er möchte sie einschließen, in die Geborgenheit und Liebe Gottes, auf dass sie die Wahrheit erleben und ihr Leben in Vertrauen auf Jesus in seine Hände legen können.

 

Das gewählte Bild erschließt sich vermutlich nicht auf den ersten Blick – es irritiert und wirkt etwas weit hergeholt. Aber ein aufgestellter Pfosten wie dieser kennzeichnet einen Besitzanspruch, denn nur mit einem Schlüssel kann er umgelegt werden und die Fläche wird zugänglich. Es könnte im Evangelium so klingen, als würde auch Gott Besitzanspruch an uns erheben. Jedoch geht es ihm um die große heilsame Verbundenheit mit und in ihm, welche auch Dietrich Bonhoeffer so schützend erfahren durfte und sie so in Gebet und Gedanken weitergeben konnte. Der Pfosten steht offen!

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

 

Joh 17, 11–19: Jesus betet für sich und für seine Jünger

 

11 Ich verlasse jetzt die Welt und komme zu dir. Sie aber bleiben in der Welt. Heiliger Vater, ich bitte dich für sie: Erhalte sie in der Gemeinschaft mit dir, damit sie untereinander so eins werden, wie du und ich eins sind.

12 Solange ich bei ihnen war, habe ich sie in der Gemeinschaft mit dir behalten, alle, die du mir anvertraut hast. Keiner von ihnen ist verloren gegangen – außer dem einen, der verloren gehen musste, damit sich die Voraussage der Heiligen Schrift erfüllte.

13 Jetzt komme ich zu dir zurück. Aber dies alles wollte ich noch sagen, solange ich bei ihnen bin, damit meine Freude an dir auch sie ganz erfüllt.

14 Ich habe ihnen dein Wort weitergegeben. Nun lehnt die Welt sie ab, weil sie nicht mehr zu ihr gehören, so wie ich nicht zu dieser Welt gehöre.

15 Dennoch bitte ich dich nicht, sie aus der Welt zu nehmen, aber schütze sie vor der Macht des Bösen.

16 Sie gehören ebenso wenig zur Welt wie ich – sie gehören dir.

17 Lass sie ganz dir und der Wahrheit gehören! Und lass sie auf dein Wort hören, denn dein Wort ist die Wahrheit.

18 Wie du mich in die Welt gesandt hast, so sende ich sie in die Welt.

19 Für sie gebe ich mein Leben hin, damit auch ihr Leben ganz dir gehört.

Freundschaft mit/in/durch Jesus

 

„Was wäre das Leben ohne gute Freunde?“ Diesen Satz haben wir sicherlich alle schon einmal gehört und uns selbst diese Frage gestellt – vermutlich häufig in Momenten der Dankbarkeit. Freundschaften haben und pflegen ist ein lebenslanger Lern- und Entwicklungsprozess. Als Kinder lernen wir schrittweise als soziale Wesen zu leben und im Laufe der Jahre, Menschen als unsere Freundinnen und Freunde wahr- und anzunehmen. Erst durch intensives Kennenlernen über einen Zeitraum hinweg stellt sich heraus, ob diese oder jene Freundschaft Bestand hat, sich festigt und immer tiefer werden kann. In meiner Kindheit und Jugend erinnere ich mich auch sehr stark an das Ringen um die „eine beste Freundin oder den einen besten Freund“.

 

Freundschaften geben uns außerhalb der Familie Sicherheit und Halt. Viele Menschen haben in ihren Familien keine guten Beziehungen und sehen ihre Freunde als „selbstgewählte Familie“ an. Wir brauchen den oder die Andere/n, um Gemeinschaft zu haben und Geborgenheit zu spüren – um zu wissen: da ist jemand, zu dem ich gehen kann. Über diese irdischen Beziehungen hinaus bietet Gott uns eine tiefe Verbundenheit an. Im Evangelium lesen wir, dass Jesus unser Freund sein möchte und die Freundschaft zu uns pflegt. Es gibt sie, diese Situationen, in denen wir auf uns allein gestellt sind. Wir können keinen Freund oder kein Familienmitglied erreichen und befinden uns in Not, die uns in Verzweiflung sinken lässt. Wie gut, dass wir den Kontakt zu Jesus in solch einer Situation jederzeit suchen können – er ist immer ansprechbar.

Und doch gibt es Phasen, wo Beziehungslosigkeit herrscht. Trennung und Abbrüche erleben wir alle im Laufe des Lebens und diese sind mit großer Trauer und teilweise überwältigendem Schmerz verbunden. Sich beziehungslos zu fühlen, grenzt an extreme Gefühle der Hilflosigkeit, die uns zermürben können. Doch auch in diesen Momenten sind wir nicht allein, sondern geborgen und getragen von Gott – auch wenn wir es nicht richtig spüren können, weil die negativen Empfindungen uns bezwingen.

 

Das Bild macht deutlich, dass Jesus uns Menschen in Beziehung zueinander setzt und die Freundschaften durch ihn und durch das Kreuz fest verbunden sind. Es ist ein geschlossener Kreislauf, der jederzeit durch Menschen ergänzt werden kann, die mit Jesus befreundet sein wollen und die Liebe Gottes untereinander spürbar machen.

Lasst uns einander lieben und uns an die Hand nehmen – verbunden mit/in/durch ihn.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

Joh 15, 9-17: Bleibt offen für meine Liebe!

9 Wie mich der Vater liebt, so liebe ich euch. Bleibt offen für meine Liebe! 10 Wenn ihr nach meinen Geboten lebt, dann seid ihr geborgen in meiner Liebe. Auch ich richte mich nach den Geboten meines Vaters und lebe ganz in seiner Liebe. 11 Das alles sage ich euch, damit ihr euch ebenso freuen könnt, wie ich und eure Freude und euer Glück dadurch vollkommen wird. 12 Ihr sollt einander so lieben, wie ich euch geliebt habe; so lautet mein Gebot. 13 Niemand hat eine größere in sich als einer, der sein Leben bis zum Letzten für seine Freunde einsetzt. 14 Und ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch aufgetragen habe. 15 Ich nenne euch nicht mehr Sklaven, denn ein Sklave weiß nicht, was sein Herr tut. Ihr seid vielmehr meine Freunde, denn ich habe euch alles anvertraut, was ich vom Vater gehört habe. 16 Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich euch. Ich habe euch dazu bestimmt, dass ihr zu den Menschen hinausgeht und meine Liebe weitergebt und so reiche Frucht bringt, eine Frucht, die Bestand hat. Dann wird euch der Vater alles geben, worum ihr in bittet, wenn ihr nur mit mir verbunden bleibt. 17 Bleibt also meine Freunde und liebt einander – das ist das Gebot, das ich euch gebe.

Bleibt offen für meine Liebe!

 

Frucht bringen zu müssen, löst bei vielen Menschen vermutlich großen Leistungsdruck aus, denn die Erwartungen des Umfeldes mögen und müssen doch erfüllt werden. Der zweite Vers des Sonntagsevangeliums „Alle Reben am Weinstock, die keine Trauben tragen, schneidet der Weinbauer ab“ verstärkt diese Sorge enorm. Wenn der Vers kontextlos betrachtet wird, der Weinbauer allerdings als Gott identifiziert wurde, bleibt zu vermuten, dass auch Gott uns nur nach unserem Ertrag beurteilt und unproduktive Reben einfach abschneidet! Das ist jedoch eine ganz falsche Annahme, denn es geht Jesus in diesem Gleichnis um die Verbundenheit mit ihm und seinem Vater. Wenn wir – im Bild gesprochen – an seinem Weinstock bleiben und die Beziehung zu ihm pflegen, bringen wir schon Frucht – ganz von selbst. Er wird uns dabei helfen und wir brauchen uns überhaupt nicht künstlich unter Druck zu setzen. Die natürliche Verbundenheit verhilft schon zum Heil und Ertrag für uns Menschen.

 

Passend zu diesen Gedanken aus dem Gleichnis des Weinstocks ist mir folgendes Zitat begegnet: „Beurteile den Tag nicht nach dem, was du geerntet hast, sondern danach, was du ausgesät hast.“ (Robert Louis Stevenson)

 

Hier wird noch einmal deutlicher, dass es nicht das Resultat ist, welches zählt, sondern die Aussaat und der gute Wille, der mit der Verbundenheit zum Vater einhergeht.

 

Frère Roger, der Gründer der Communauté de Taizé, einem internationalen ökumenischer Orden in Taizé nördlich von Cluny im Département Saône-et-Loire in Frankreich, fand dazu die folgenden Worte, die es auf den Punkt bringen:

Wir mögen wunderbare Werke vollbringen, zählen werden nur jene, die der barmherzigen Liebe Christi in uns entspringen. Am Abend unseres Lebens wird es die Liebe sein, nach der wir beurteilt werden, die Liebe, die wir allmählich in uns haben wachsen und sich entfalten lassen, in Barmherzigkeit für jeden Menschen in der Kirche und in der Welt. Unsere Hinwendung gilt allen Menschen ohne Ausnahme, weil in jedem Menschen Zeichen Christi, unseres Bruders, erkennbar sind.

 

Wie Fäden durch eine Öse ziehen, schützt und bestärkt er uns im Zusammenhalt!

Wir dürfen uns bei Gott einfädeln und in Verbundenheit mit ihm leben und lieben.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

 

Joh 15, 1-8: JESUS DER WAHRE WEINSTOCK

1 „Ich bin der wahre Weinstock und mein Vater ist der Weinbauer.

2 Alle Reben am Weinstock, die keine Trauben tragen, schneidet er ab. Aber die fruchttragenden Reben beschneidet er sorgfältig, damit sie noch mehr Frucht bringen.“

3 Ihr seid schon rein, weil ihr meine Botschaft gehört und angenommen habt.

4 Bleibt fest mit mir verbunden und ich werde ebenso mit euch verbunden bleiben! Denn so wie eine Rebe nur dann Früchte tragen kann, wenn sie am Weinstock bleibt, so werdet auch ihr nur Frucht bringen, wenn ihr mit mir verbunden bleibt.

5 Ich bin der Weinstock und ihr seid die Reben. Wer mit mir verbunden bleibt, so wie ich mit ihm, in dem kann ich wirken, und er wird viel Frucht tragen, denn getrennt von mir könnt ihr nichts bewirken.

6 Wer nicht mit mir verbunden bleibt, wird wie eine unfruchtbare Rebe abgeschnitten und weggeworfen. Die verdorrten Reben werden gesammelt, ins Feuer geworfen und verbrannt. 7 Wenn ihr aber fest mit mir verbunden bleibt und meine Worte in euch lebendig sind, dürft ihr von Gott erbitten, was ihr wollt; ihr werdet es erhalten.

8 Die große Herrlichkeit meines Vaters wird ja dadurch sichtbar, dass ihr reiche Frucht bringt und euch so als meine Jünger erweist.

Das Leben (Lied von Udo Lindenberg)

 

Wir waren zwei hammerkrasse Typen

Zwei wie’s die nur einmal gab

Früher waren wir doch unsterblich

Heut‘ stehst du mit einem Bein im Grab

Die Welt da draußen macht dich fertig

Und du sagst, du hast genug

Ey Amigo, guck nach vorn

Denk an unsern alten Spruch:

 

Nimm dir das Leben

Und lass es nicht mehr los

Greif’s dir mit beiden Händen

Mach’s wieder stark und groß

Nimm dir das Leben

Und gib’s nie wieder her

Denn wenn man es mal braucht

Dann findet man’s so schwer

 

Wir sind doch keine Automaten

Wir sind ein Wunder – du und ich

Lass die andern weiterhetzen, weiterhetzen – wir nich‘

Wir streunen locker durch die Gegend

Mal sehn wohin es uns so bringt

Und mit whiskeyrauer Stimme

Ey hör‘ mal, was dein Freund dir singt:

 

Nimm dir das Leben

Und gib’s nie wieder her

Denn wenn man es mal braucht

Dann findet man’s so schwer

 

Udo Lindenberg

 

Evangelium:

 

Joh 10, 11-18: Der gute Hirt gibt sein Leben hin für die Schafe

 

11 Ich bin der gute Hirt. Ein guter Hirt setzt sein Leben für die Schafe ein.

12 Anders ist es mit einem, dem die Schafe nicht gehören und der sie nur des Geldes wegen hütet. Er lässt die Schafe im Stich und läuft davon, wenn er den Wolf kommen sieht. Dann stürzt sich der Wolf auf die Schafe und jagt die Herde auseinander.

13 Einen solchen Mann kümmert es nicht, was den Schafen zustößt – er arbeitet nur wegen des Geldes.

14 Ich aber bin der gute Hirt und kenne meine Schafe und sie kennen mich,

15 genauso wie mich mein Vater kennt und ich den Vater kenne. Ich gebe mein Leben für die Schafe.

16 Zu meiner Herde gehören auch Schafe, die jetzt noch in anderen Ställen sind. Auch sie muss ich herführen und sie werden wie die übrigen meiner Stimme folgen. Dann wird es nur noch eine Herde und einen Hirten geben.

17 Der Vater liebt mich, weil ich bereit bin, mein Leben hinzugeben, um es mir wieder zurück- zunehmen.

18 Niemand entreißt mir das Leben, ich gebe es freiwillig hin. Ich habe die Freiheit, es zu geben; es liegt aber auch in meiner Hand, es wieder an mich zu nehmen. Damit erfülle ich den Auftrag, den mir mein Vater gegeben hat.

Glaubenszeuge sein

 

In den letzten Tagen bin ich gehäuft nach meinem Glauben gefragt worden. Das ist nicht sonderlich verwunderlich in meiner Tätigkeit als Seelsorgerin und Mitarbeiterin der Kirche. Jedoch gingen die Fragen in die Tiefe – Erklärungen auf kognitiver und theologisch-wissenschaftlicher Ebene waren gefragt. Darauf konnte ich Antworten geben, doch ich komme immer zu dem Punkt zurück, dass ich meinen Glauben an persönlichen Erfahrungen festmache bzw. vielmehr entwickeln konnte und durfte. Dafür bin ich unglaublich dankbar, denn das emotionale Erleben hat die Verbindung zu Gott für mich so stark gemacht, dass ich mir die Fragen der Logik und der wissenschaftlichen Erklärung mit Blick auf meinen persönlichen Glauben nicht stelle.

 

Doch was für ein großes Privileg ist es, dass ich diese tiefgreifenden Gotteserfahrungen machen durfte! Viele Menschen sehnen sich danach und mir sind sie einfach zuteilgeworden. Besondere Nähe habe ich sicherlich in Momenten der Not und des Leids gespürt. Dieses Leid-Erleben wünsche ich natürlich niemandem und doch ist es ein unglaubliches Geschenk auf diese Weise, Gott an seiner Seite zu wissen.

 

Die Jünger – erst die beiden auf dem Weg nach Emmaus und später die übrigen – machen eine reale Gotteserfahrung und begegnen dem auferstandenen Jesus. Sie dürfen dies sogar mehrfach erleben und ihr Glaube wird so noch fester verankert. Jesus sendet seine Jünger aus, um in der Welt von ihm und ihrem Glauben zu erzählen. Trotz Hindernissen, Gefahren und Herausforderungen gelingt es ihnen, dranzubleiben, denn die persönliche Überzeugung, Jesus nachzufolgen, ist unerschütterlich. Sicherlich hatten die Jünger keine fundierte Theorie hinter Jesus und seiner Geschichte entdeckt – sie konnten glauben, weil sie es wahrhaft erlebt haben.

Als Glaubenszeugen haben sie die Frohe Botschaft in die Welt getragen. Und zwar so effektiv, dass wir Menschen heute nach über 2.000 Jahren noch erreicht wurden.

 

Indem ich von meinem Leben mit Gott erzähle, kann ich Glaubenszeugin sein und voller Jubel das Osterfest begehen, denn Christus ist Auferstanden – Halleluja (s. Bild).

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

 

Lk 24, 35–48: Ihr seid dafür Zeugen

 

35 Die beiden Jünger erzählten, was auf dem Weg nach Emmaus geschehen war und dass sie ihn erkannt hatten, als er das Brot brach.

36 Noch während sie miteinander sprachen, stand Jesus selbst mitten unter ihnen. „Friede ist mit euch!“, begrüßte er sie.

37 Sie aber erschraken furchtbar und dachten, einen Geist zu sehen.

38 „Warum habt ihr Angst?“, fragte Jesus. „Und wieso zweifelt ihr daran, dass ich es bin?

39 Seht doch die Wunden an meinen Händen und Füßen. Ich bin es selbst. Hier, fasst mich an und seht, dass ich kein Geist bin. Ein Geist hat doch nicht Fleisch und Knochen wie ich.“

40 Und er zeigte ihnen seine Hände und Füße.

41 Aber vor lauter Freude konnten sie es noch immer nicht fassen und sie staunten. So fragte er sie: „Habt ihr etwas zu essen hier?“

42 Sie brachten ihm gebratenen Fisch

43 und er nahm ihn und aß ihn vor ihren Augen.

44 Dann fuhr er fort: „Erinnert ihr euch nicht, dass ich euch oft gesagt habe, als ich noch mit euch war: Alles muss sich erfüllen, was bei Mose, bei den Propheten und in den Psalmen über mich steht.“

45 Nun öffnete er ihren Verstand, damit sie die Schriften verstehen.

 

Der Glaube des Thomas

 

Die Erzählung über Thomas und seinen vermeintlichen Unglauben löst in mir immer wieder Betroffenheit aus, weil ich es als unfair empfinde. Thomas hat Pech gehabt, da er bei der Erscheinung Jesu vor den anderen Jüngern nicht dabei gewesen war. Sicherlich grämte es ihn und er hat das deutliche Gefühl gehabt, etwas Großes verpasst zu haben – diese Chance wird er vielleicht nie wieder bekommen. Vermutlich stellt er aus diesem Grund das erlebte Erscheinen Jesu durch die anderen Jünger noch einmal mehr infrage. Er hofft womöglich, dass es gar nicht so großartig und besonders bzw. gar nicht real war, um so das Verpasste besser verkraften zu können.  So würde es mir zumindest erst einmal gehen. Ich würde mich fühlen, wie die einzige Person, die einsam am Gleis steht und den wichtigsten und sogar einzigen Zug ins Glück verpasst hat. Schnell beschleichen mich dann Gefühle von Reue und die Angst, etwas verpasst zu haben, bekommt plötzlich ihre volle Berechtigung. Dies kann sogar Scham- und Schuldgefühle auslösen.

Doch Thomas erhält eine zweite Chance, denn Jesus tritt acht Tage später wieder durch verschlossene Türen in die Mitte seiner Jünger. Diesmal ist Thomas dabei und der Herr wendet sich ihm ganz besonders zu. Das, was er vorher versäumt zu haben glaubte, wird Thomas nun noch intensiver zuteil. Jesus zeigt ihm seine Wundmale und Thomas darf diese sogar berühren. Sofort ist er ohne Zweifel und glaubt an Gott. Daher ist der Titel „Der Glaube des Thomas“ aus meiner Sicht viel passender. Die anderen Jünger hätten vermutlich genau wie Thomas reagiert und durften das reale Erscheinen ihres Herrn bei der ersten Möglichkeit erleben.

Die Aussage Jesu, dass nur die wirklich glücklich zu nennen sind, die mich nicht sehen und trotzdem glauben (Joh 20, 29b), gilt daher nicht nur in Reaktion auf den Jünger Thomas, sondern auf sie alle.

In vielen Übersetzungen wird das Wort glücklich mit dem Wort selig übersetzt. Selig ist in manchen Kontexten auch etwas irreführend und kann zu einem Trugschluss führen. Denn es hat nichts mit Seligkeit als Vorstufe zur Heiligkeit zu tun, geschweige denn mit besonderer Frömmigkeit.

Ohne Jesus jemals real sehen zu können und dennoch festen Glauben und Vertrauen in ihn zu haben, das ist wahres Glück und führt zu beseeltem Leben in ganzer Fülle.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

Joh 20, 19-31:

Jesus zeigt sich seinen Jüngern

19 An diesem Sonntagabend hatten sich alle Jünger versammelt. Aus Angst vor denen, die auch Jesus gefangen genommen hatten, ließen sie die Türen fest verschlossen. Plötzlich war Jesus bei ihnen. Er trat in ihre Mitte und grüßt sie: „Friede ist mit euch!“ 20 Dann zeigte er ihnen die Wunden an seinen Händen und seiner Seite. Da wurden die Jünger von großer Freude erfüllt, als sie ihren Herrn sahen. 21 „Friede ist mit euch!“, sagte Jesus noch einmal zu ihnen. „Wie mich der Vater in diese Welt gesandt hat, so sende ich jetzt euch in die Welt!“ 22 Dann hauchte er sie an und spricht: „Empfangt Heiligen Geist! 23 Wem ihr die Sünden erlasst, dem sind sie erlassen. Und denen ihr die Sünden behaltet, sind sie behalten.“

24 Thomas, einer der zwölf Jünger, der auch Zwilling genannt wird, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. 25 Deshalb erzählten sie ihm später: „Wir haben den Herrn gesehen!“ Doch er gab zur Antwort. „Wenn ich nicht das Mal der Nägel an seinen Händen gesehen und sie mit meinen Fingern gefühlt habe und wenn ich meine Hand nicht in die Wunde an seiner Seite gelegt habe, werde ich es nicht glauben.“

26 Acht Tage später hatten sich die Jünger wieder versammelt. Diesmal war Thomas bei ihnen. Und obwohl die Türen abgeschlossen waren, steht Jesus auf einmal in ihrer Mitte und grüßte sie: „Friede ist mit euch!“ 27 Dann wendet er sich an Thomas: „Leg deinen Finger hierher! Schau auf meine durchbohrten Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in die Wunde an meiner Seite und sei nicht mehr ohne Vertrauen, sondern vertraue!“ 28 Thomas antwortete nur: „Mein Herr und mein Gott!“ 29 Und Jesus fügte hinzu: „Du glaubst jetzt, weil du mich gesehen hast. Wirklich glücklich zu nennen sind die, die mich nicht sehen und trotzdem glauben!“ 30 Die Jünger erlebten noch viele andere Zeichen Jesu, die nicht in dieses Buch geschrieben sind. 31 Was aber hier steht, wurde aufgeschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der versprochene Messias und der Sohn Gottes ist. Und wenn ihr ihm vertraut, habt ihr durch ihn das Leben.

So, wie Viele

(Lied der Maria Magdalena)

 

So, wie Viele, bin ich mit dir losgezogen,

bin dir nachgefolgt auf deinem Weg durchs Land.

So, wie Viele, hat dein Wort mich angezogen

und dein Wesen und dein Tun mit milder Hand.

So, wie Viele, sah ich Gottes Reich auf Erden

in dir angebrochen, endlich da!

Dann dein Tod am Kreuz.

Was soll nun werden?

Auch wo du jetzt liegst, bist du mir nah!

 

So, wie Alle, bin auch ich erst weggelaufen,

als das Heer eintraf, das dich gefangen nahm.

So, wie Alle, sah ich nur noch Scherbenhaufen,

war verzagt, verstört vor Angst und flügellahm.

So, wie Alle, spürte ich nichts als Enttäuschung,

sah den Traum zerstört, der uns trug.

Und blieb dir doch nah in der Verspottung,

und ich litt mit dir, als man dich schlug.

 

Mit den Frauen, die in deinen Spuren blieben,

sah ich weinend zu, wie dir das Auge brach.

Mit den Frauen schwor ich,

ewig dich zu lieben,

unsrem Schmerz zum Trotz und

deinem Tod zur Schmach.

Mit den Frauen brach ich auf,

um dich zu salben,

wollte gleich am Morgen am Grab sein.

Und ein Leuchten war im neuen Licht des Tages

und das Grab stand leer und ohne Stein.

 

Eugen Eckert

 

 

Evangelium:   

 

Joh 20, 1-9: Wege zum leeren Grab

 

1 Am ersten Tag nach dem Sabbat, früh am Morgen, als es noch dunkel war, kommt Maria aus Magdala zur Grabkammer. Als sie sieht, dass der Stein nicht mehr vor dem Eingang lag, 2 läuft sie zu Simon Petrus und dem anderen Jünger, den Jesus liebte. Aufgeregt berichtet sie ihnen: „Sie haben den Herrn aus der Grabkammer genommen und wir wissen nicht, wo sie ihn hingelegt haben.“ 3 Da beeilten sich Petrus und der andere Jünger, um möglichst schnell zur Grabkammer zu kommen. 4 Gemeinsam liefen sie los, aber der andere Jünger war schneller als Petrus und kam als Erster zur Grabkammer. 5 Er beugte sich vor und schaute – ohne hineinzugehen – in die Grabkammer und sieht dort die Leinentücher liegen. 6 Dann kam auch Simon Petrus. Er ging hinein und sieht ebenfalls die Leinentücher, 7 zusammen mit dem Tuch, das den Kopf Jesu bedeckt hatte. Es lag nicht zwischen den Leinentüchern, sondern zusammengefaltet an einem besonderen Ort. 8 Jetzt ging auch der andere Jünger, der zuerst angekommen war, hinein. Er sah und glaubte. 9 Denn bis zu diesem Zeitpunkt hatten sie die Heilige Schrift noch nicht verstanden, in der es heißt, dass er von den Toten auferstehen müsse.

Der auserwählte Esel

 

Seit ich denken kann, ist mein Lieblingstier der Esel. Die Leidenschaft dazu habe ich tatsächlich damals als 4-Jährige in einem Tierpark entwickelt und seitdem nicht mehr verloren. Allerdings inspiriert mich der Esel als biblisches Tier immer wieder neu, seitdem ich mich dem Studium der Theologie und auch im privaten Bereich immer mehr mit der Bibel auseinandergesetzt habe. Dass der Esel mit an der Krippe steht und die Geburt Jesu miterlebt und begleitet, ist dabei der erste Gedanke. Eine besondere Bedeutung kommt ihm auch an Palmsonntag zu. Ein Esel trägt Jesus durch die Straßen der Stadt und die Menschen loben Gott und breiten ihre Kleider vor ihm aus. Es ist allerdings nicht irgendein Esel, sondern der von Jesus ausgewählte Esel. Jesus sendet seine Jünger aus, um einen bestimmten Esel von einem Hoftor loszubinden und zu ihm zu bringen. Sehr interessant ist auch die Aussage, dass auf diesem Esel noch nie jemand geritten ist. Jesus wird der erste Mensch sein, den der Esel tragen wird.

 

Es wirkt beinahe so, als hätte der Esel gewartet und gewacht, um nun endlich diesen besonderen Auftrag ausführen zu dürfen. Vielleicht klingt es nun ein wenig seltsam, dass ich einen Vergleich zwischen dem Esel und uns Menschen ziehe, aber ich finde ihn doch sehr passend: In unserem menschlichen, irdischen Leben gibt es doch immer wieder Situationen, in denen wir ausharren und abwarten müssen. Wir haben nicht die Kontrolle darüber, wann etwas geschieht oder auf uns zukommt. Das ist häufig gar nicht so leicht auszuhalten, denn es hilft alleinig darauf zu vertrauen, dass Gott die Zügel in der Hand hält und Gutes für uns bestimmt hat.

 

Bezogen auf den Glauben und die Nachfolge Christi gilt es auch oftmals auszuharren, zu wachen und zu beten, ohne zu wissen, wann dies wirklich zu einer Erfahrung mit diesem Jesus führen wird. Wie der Esel es erlebt hat, dürfen auch wir darauf hoffen, dass Jesus auch uns auserwählt, um ihn zu erhöhen und in die Welt zu tragen. Vielleicht wird uns ganz individuell und persönlich ein Auftrag zuteil, den zuvor noch niemand auszuführen vermochte.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:   

 

Mk 11, 1-10: Jesus wird in Jerusalem als König empfangen

 

1 Jesus und seine Jünger kamen in die Nähe von Jerusalem. Sie erreichten Betfage und Betanien, zwei Ortschaften, die am Ölberg liegen. Jesus schickte zwei Jünger voraus 2 mit dem Auftrag: „Geht in das nächste Dorf! Gleich am Eingang werdet ihr einen jungen Esel finden, der dort angebunden ist. Auf ihm ist noch nie jemand geritten. Bindet ihn los und bringt ihn her!“ 3 Sollte jemand fragen, was ihr da macht, dann sagt einfach: „Der Herr braucht ihn, aber er wird ihn bald wieder zurückschicken.““ 4 Sie gingen hin und fanden tatsächlich den Esel an einem Hoftor angebunden. 5 Als sie ihn losbanden, fragten einige Leute, die dabeistanden: „Was macht ihr da? Was wollt ihr mit dem Esel?“ 6 Sie antworteten so, wie Jesus es ihnen gesagt hatte. Da ließ man sie den Esel nehmen. 7 Die Jünger brachten den jungen Esel, legten ihre Mäntel auf das Tier und Jesus setzte sich darauf. 8 Viele Leute breiteten ihre Kleider als Teppich vor ihm aus, andere rissen grüne Zweige von den Bäumen und legten sie auf den Weg. 9 Vor und hinter ihm drängten sich die Menschen und riefen: „Hosanna – Gelobt ist Gott! Und gepriesen ist, der in seinem Auftrag kommt! 10 Jetzt ist Davids Reich endlich da! Gelobt ist Gott im Himmel!“

Wir wollen Jesus kennenlernen!

 

Diesen Ausruf haben viele Menschen zu Lebzeiten Jesu entweder selbst getätigt oder in ihrem Herzen getragen. Die Begegnung mit ihm versprach wundersames Erleben und etwas, das über das irdische Leben hinauszugehen schien und Göttliches erahnen ließ.

Vermutlich wollten auch die griechischen Festbesucher diese persönliche Erfahrung mit Jesus machen und fragten Philippus recht euphorisch, ob sie Jesus sehen können.

Der wiederum konfrontiert sie mit seinem nahenden Tod – ausgedrückt in der Metaphorik eines sterbenden Weizenkorns. Jesus verknüpft es allerdings mit unserer aller Leben in der Nachfolge Christi. Denn wer sein Leben für Gott einsetzt, wird das wirkliche Leben für immer gewinnen. (Joh 12, 24b) Diese Zusage wird später durch Gott selbst als Stimme vom Himmel bekräftigt, in dem er die Verherrlichung Jesu bestätigt.

 

Die zutiefst menschliche Verbundenheit wird für mich aber vor allem durch die folgende Aussage Jesu spürbar: Ich habe jetzt große Angst. (Joh 12, 27a)

Jesus hat große Angst! Das, was ihm bevorsteht, beängstigt ihn sehr und er schämt sich dafür nicht, sondern äußert seine Gefühle – ohne dass er danach gefragt wurde!

Sehr vielen Menschen fällt es schwer, ihre Emotionen überhaupt anzusprechen oder zu benennen, geschweige denn adäquat zu artikulieren oder wirklich zu verbalisieren. Ich finde, dass Jesus hier ein großes Vorbild darin ist, sich und seine Gefühle mitzuteilen, ohne explizit danach gefragt zu werden. Zu oft geht es verloren, dass wir uns mit wirklicher Aufmerksamkeit bei unserem Gegenüber nach seinem Wohlbefinden erkundigen und ihm Raum geben, ganz ehrlich darauf zu antworten.

Jesus sowie in seiner Nachfolge jeden Menschen und somit unseren Nächsten kennenlernen zu wollen, bedeutet auch, seine Befindlichkeit zu erkennen und zu fragen: „Wie geht es dir wirklich?“, nicht nur die Floskel „Wie geht’s?“ zu gebrauchen.

 

Vor allem in negativen Gefühlen der Angst Gott nahe zu sein und auf seinen Wegen zu wandeln, ist herausfordernd und doch so heilsam, weil er genau dann besonders in und für uns spürbar wird. Vertrauen wir darauf und stehen wir zu unseren Emotionen!

 

Thale Schmitz

 

Evangelium: Joh 12, 20-33: Wir wollen Jesus kennenlernen!

20 Unter den Festbesuchern waren auch einige Griechen. 21 Sie kamen zu Philippus, der aus Betsaida in Galiläa stammte, und baten ihn: „Herr, wir wollen Jesus sehen!“ 22 Philippus spricht mit Andreas darüber, dann gehen sie gemeinsam zu Jesus. 23 Er aber sagt ihnen: „Jetzt ist meine Stunde gekommen. Jetzt soll die Herrlichkeit des Menschensohns vor aller Welt sichtbar werden. 24 Amen, amen ich sage dir: Ein Weizenkorn, das nicht unter die Erde kommt und stirbt, kann keine Frucht bringen, sondern es bleibt für sich allein. In der Erde aber keimt es und bringt viel Frucht, obwohl es selbst dabei stirbt. 25 Wem sein eigenes Leben über alles geht, der verliert es. Wer es aber loslässt und für Gott einsetzt, wird das wirkliche Leben für immer gewinnen. 26 Wer mir dienen will, wird mir auf meinem Weg folgen. Und wo ich bin, werden dann auch die sein, die mir dienen. Wenn jemand mir dient, wird ihn mein Vater ehren.“ 27 „Ich habe jetzt große Angst“, fuhr Jesus fort. „Was soll ich tun? Soll ich sagen: „Vater, bewahre mich vor dem, was bald auf mich zukommt?“ Nein, denn ich bin in die Welt gekommen, um diese Stunde zu durchleiden.“ 28 Ich will also beten: „Vater verherrliche deinen Namen! Lass die Menschen dich ehren!“ Da ertönte eine Stimme vom Himmel: „Ich habe dich verherrlicht und ich werde dich wieder verherrlichen!“ 29 Die Menschen um Jesus hatten die Stimme gehört und meinten: „Es hat gedonnert!“, andere behaupteten: „Ein Engel hat mit ihm geredet.“ 30 Jesus erklärte es ihnen und sagte: „Diese Stimme hat euch gegolten, nicht mir. 31 Jetzt ist der Augenblick gekommen, wo sich das Geschick dieser Welt entscheidet. Jetzt wird der Herrscher dieser Welt, Gottes Gegenspieler, entmachtet. 32 Wenn ich dann erhöht bin, werde ich alle an mich ziehen.“ 33 Auf diese Weise deutete Jesus seinen Tod am Kreuz an.

Gott selbst ist am Werk

 

Manche Lebenssituationen und Schicksalsschläge lassen uns manchmal den Glauben verlieren. Dabei wollen wir gar nicht bösartig handeln oder Gott sowie seinen Sohn Jesus Christus bewusst verleugnen – wie es im heutigen Evangelium angedeutet wird.

Und dennoch sitzen der Schock und das Entsetzen manchmal so tief, dass unser Erleben uns an allem zweifeln lassen – auch an unserem Gott und seinem Wirken. Natürlich: das irdische Leben ist brüchig und unvollkommen, aber unser Gott doch nicht! Die tiefe Erschütterung reißt unser Vertrauen ein und droht, uns den Halt zu nehmen. Dabei können wir gar nicht tiefer fallen als in Gottes gütige Hände. Er verspricht Sicherheit und Licht am Ende des Tunnels, den wir durchschreiten müssen.

 

Gott selbst ist am Werk (Joh 3, 21b) und ruft uns zu: „Nicht aufgeben: abgeben.“

 

Es ist eine klare Aufforderung, ALLES bei ihm abzugeben und darauf zu vertrauen, dass er es richten wird. Die Kontrolle loszulassen, ist eine so große Herausforderung für uns Menschen und doch so heilsam. Sicherlich gelingt dies nicht immer aus eigener Kraft und wir brauchen Unterstützung von außen, wie es im folgenden Text heißt:

 

Hoffnungsschimmer

 

Der Nachklang eines guten Weins,

die aufgehende Sonne nach einer wunderbaren Nacht mit Freunden,

der Geruch des Heus im milden Spätsommer

sind ein Hoffnungsleuchten mehr,

dass sich manche Wunde unseres Lebens

schließen möge.

Helmut Bölling

 

Im Blick zu behalten, dass die Sonne immer wieder aufgeht und auch in der dunkelsten Nacht wieder Licht auf uns wartet, ist essenziell und lebenswichtig. Diese Perspektive, nämlich die Perspektive Hoffnung, niemals zu verlieren, darf unser großes Ziel sein.

Bestärkungen und Zeichen dieser Hoffnung mögen uns sicherlich dabei begleiten…

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:   Joh 3, 14–21:

 

Jesus sprach zu dem Pharisäer Nikodemus:

14 Du weißt doch, wie Mose in der Wüste eine Schlange aus Bronze an einem Pfahl aufrichtete, damit jeder, der sie ansah, am Leben blieb. Genauso muss auch der Menschensohn erhöht werden. 15 Jeder, der dann voll Vertrauen zu ihm aufschaut, wird das ewige Leben finden. 16 Denn Gott hat die Menschen so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn für sie hergab. Jeder, der an ihn glaubt, wird das ewiges Leben haben und nicht verloren gehen. 17 Gott hat nämlich seinen Sohn nicht zu den Menschen gesandt, um sie zu verurteilen, sondern um sie zu retten. 18 Wer sich zu ihm bekennt, der wird nicht verurteilt werden. Wer sich aber weigert, an den einzigen Sohn Gottes zu glauben, über den ist das Urteil schon gesprochen; denn der, an den er nicht geglaubt hat, ist Gottes eigener Sohn. 19 Und so vollzieht sich die Entscheidung bei den Menschen, die sie selbst treffen: Das Licht ist zwar in die Welt gekommen, aber die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht; denn was sie tun, ist böse. 20 Wer Böses tut, hasst das Licht und bleibt lieber im Dunkeln, damit das Böse nicht an den Tag kommt. 21 Wer aber tut, was vor Gott bestehen kann, der kommt zum Licht. Es zeigt dann deutlich: In seinem Leben ist Gott selbst am Werk.

(S)ein Blick nach innen

 

Jesus ist wütend! Der Tempel seines Vaters ist zur Räuberhöhle verkommen, weil die Menschen ihn zu einem Kaufhaus umfunktioniert haben. Und dennoch steht am Ende des Evangeliums der folgende Satz: … er (Jesus) wusste, was im Herzen eines jeden Menschen vor sich ging. (Joh 2, 25b) Mich berührt diese Übersetzung sehr, da sie die Gnade Jesu trotz all der Wut und Enttäuschung in den Vordergrund stellt. Die Gnade ist größer als jedes negative Gefühl und jede Verärgerung durch jegliche Sünde. Jesus hat den Blick nach innen gerichtet für jeden Menschen und handelt voller Vergebung.

Es geht aber nicht nur darum, dass Jesus und somit Gott uns vergeben können, sondern auch unser eigener Blick nach innen bzw. in unser persönliches Inneres ist so wichtig für den inneren und äußeren Frieden – auch im Nachhinein für vergangene Taten, Fehler und Versäumnisse. Fulbert Steffensky schrieb dazu folgenden Zeilen:

 

„Mein Wunsch an uns wäre die Fähigkeit, sich mit den Abgründen des eigenen Lebens zu versöhnen, die Fähigkeit, sich mit sich selbst zu versöhnen. Es gibt einen Schmerz, den ich nicht verbannen will, aber der mich nicht bannen soll. Es ist der Schmerz darüber, was man im Leben verraten hat und was man dem Leben schuldig geblieben ist. Ich war Subjekt in meinem Leben, Subjekt meiner Taten und meiner Untaten, das ist meine Würde. Davon lasse ich mich nicht trennen, aber ich lasse mir davon auch nicht den Atem nehmen. Reinheit ist nicht Makellosigkeit, es ist die Fähigkeit, den eigenen Makel zu betrachten und vor den eigenen Abgründen nicht zu fliehen. Das löscht die Heiterkeit des Lebens nicht aus. Gefährlich ist es nur, wo die Reue gewaltiger ist als die Dankbarkeit.

Sich nicht ausweichen, sich ruhig ansehen, ohne zu verzweifeln, und sich annehmen mit dem eigenen Verrat – das wäre Lebensgröße. Aber in schmerzlicher Heiterkeit gesagt: Auch das wird uns Menschen nur halb gelingen. Wir sind Fragment.“

(Impuls zu Aschermittwoch aus Mein Fastenwegweiser 2024 (Verlag Andere Zeiten))

 

Genau dahin zu schauen, wo es schmerzhaft ist und wo ich mich selbst nicht leiden kann, beschreibt er als größte Stärke. Jesus schaut auch dorthin und wünscht sich voller Gnade, dass wir es ihm gleichtun, um versöhnt in den Spiegel blicken zu können.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:   

Joh 2, 13-25: Jesus zeigt sich das erste Mal in Jerusalem

13 Kurz vor dem Paschafest ging Jesus nach Jerusalem. 14 Dort sah er im Tempel viele Händler, die Ochsen, Schafe und Tauben als Opfertiere verkauften. Auch Geldwechsler saßen hinter ihren Tischen. 15 Jesus knüpfte aus Stricken eine Peitsche und jagte sie alle aus dem Tempel hinaus, auch die Schafe und Rinder. Das Geld der Wechsler schleuderte er auf den Boden und ihre Tische warf er um. 16 Den Taubenhändlern befahl er: „Schafft das alles hinaus! Macht das Haus meines Vaters nicht zu einem Kaufhaus!“ 17 Seine Jünger aber mussten an das Wort in der Heiligen Schrift denken: „Der Eifer für dein Haus wird mich verzehren!“

18 Die führenden Männer der Juden stellten ihn daraufhin zur Rede: „Was für Zeichen kannst du uns zeigen, um zu beweisen, dass du im Auftrag Gottes handelst?“ 19 Jesus antwortete ihnen: „Zerstört diesen Tempel! In drei Tagen werde ich ihn wieder aufbauen.“ 20 „Was?“, riefen sie. „Sechsundvierzig Jahre wurde an diesem Tempel gebaut und du willst ihn in drei Tagen aufrichten?“ 21 Mit dem Tempel aber hatte Jesus das Heiligtum seines Leibes gemeint. 22 Als er von den Toten auferstanden war, erinnerten sich seine Jünger an diese Worte. Erst jetzt verstanden sie richtig, was Jesus ihnen gesagt hatte. Und sie glaubten der Heiligen Schrift und dem Wort, das Jesus gesprochen hatte. 23 Während des Paschafestes in Jerusalem erlebten viele Menschen die Zeichen, die Jesus vollbrachte, und glaubten ihm deshalb, dass er der Messias war. 24 Aber Jesus hielt sich ihnen gegenüber zurück, weil er sie alle genau kannte. 25 Ihm brauchte niemand zu sagen, mit wem er es zu tun hatte, denn er wusste, was im Herzen eines jeden Menschen vor sich ging.

Den Anderen zum Vorschein bringen

 

„Christsein ist die Kunst, durch die eigene Anwesenheit den Anderen in seiner Einmaligkeit zum Vorschein zu bringen.“ (Jesuit Christoph Theobald)

 

Dieses Zitat habe ich mir aus meinen letzten Exerzitien mitgenommen und bin inspiriert davon, wie wir Menschen in positiver Weise aufeinander einwirken und „den Anderen in seiner Einmaligkeit zum Vorschein bringen“ können. Durch meine eigene Anwesenheit darf ich mein Gegenüber ganz einmalig wahrnehmen und hervorbringen.

 

Jesus bringt sich in ganz besonderer Weise zum Vorschein und seine Einmaligkeit ist unumstritten. Doch welche Rolle spielen die Jünger in dieser Szene? Vielleicht haben auch sie Einfluss darauf, dass Jesus sich auf diese Weise zeigen kann. Jesus war allen Menschen zugewandt und jedem und jeder authentisch und echt gegenüber. Dennoch standen seine Jünger ihm noch näher und sie begleiteten ihn Tag für Tag, sodass eine Intensität sowie Intimität zwischen ihnen und Jesus entstanden war.

Die Verklärung erleben allein die drei Jünger Petrus, Jakobus und Johannes. Jesus wählte genau sie aus und nahm sie mit auf einen hohen Berg, um sich vor ihnen zu verklären. Nur diesen drei wird das Wunder zuteil, Jesus schon im irdischen Leben in himmlischer Herrlichkeit ganz real zu sehen. Sie dürfen die Begegnung Jesu mit den alten Propheten Elija und Mose erleben und dann sogar noch Gottes Stimme selbst aus der Wolke hören, die Jesus zu Gottes geliebtem Sohn deklariert. Es ist kein Wunder, dass sie nach diesem Ereignis erst einmal verwirrt und überfordert waren. Und dennoch sind Petrus, Jakobus und Johannes nicht einfach teilnahmslos und passiv in dieser Szene – vielleicht war ihre Anwesenheit für Jesus sogar relevant und notwendig. Durch ihre Treue und ihr Vertrauen ihm gegenüber waren sie überhaupt dazu fähig, Jesus nachzufolgen und auch in diesem Moment mit ihm auf den Berg zu steigen. Sie stehen hier im Hintergrund und sind doch so wichtig in dieser Szene.

Die gegebene Situation ließ Jesus durch seine treuen Weggefährten in seiner Einmaligkeit zum Vorschein bringen und stiftete noch mehr Klarheit und Beziehung. Noch waren Petrus, Jakobus und Johannes keine Christen im eigentlichen Sinne, aber genau sie waren es, die uns die Nachfolge Jesu in so wahrhaftiger Weise vorlebten.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mk 9, 2-10: Ausgewählte Jünger erfahren die Herrlichkeit Jesu

 

2 Sechs Tage später ging Jesus mit Petrus, Jakobus und Johannes auf einen hohen Berg. Nur sie allein. Da veränderte sich vor ihren Augen plötzlich sein Aussehen.

3 Seine Kleider wurden strahlend weiß, heller als irgendetwas Vergleichbares auf dieser Erde. 4 Und plötzlich wurden Elija und mit ihm Mose für sie sichtbar und redeten mit Jesus.

5 Petrus sagte zu Jesus: „Rabbi, Meister! Wir wollen drei Zelte aufschlagen, eines für dich, eines für Mose und eines für Elija.“

6 Er wusste nämlich nicht, was er sagen sollte, denn er und die beiden anderen waren vor Schreck völlig verwirrt.

7 Da fiel der Schatten einer Wolke über sie und aus der Wolke hörten sie eine Stimme: „Dies ist mein geliebter Sohn, auf ihn sollt ihr hören!“

8 Als sich die Jünger umsahen, waren sie plötzlich mit Jesus allein.

9 Während sie den Berg hinabstiegen, befahl ihnen Jesus: „Erzählt keinem, was ihr gesehen habt, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden ist!“

10 Diese Worte Jesu beschäftigten die Jünger und sie überlegten gemeinsam, was Jesus wohl damit gemeint hatte, als er von der Auferstehung von den Toten sprach.

Wüstenzeiten im Leben

 

Wüstenerfahrungen sind für viele Menschen sehr anziehende und spannende Erlebnisse, die einige unbedingt mindestens einmal im Leben gemacht haben wollen.

Es erscheint vielleicht nahezu idyllisch und die Menschen erwarten eine überwältigende Naturerfahrung mit einem Blick in die Sand- oder Steinwüste, der kein Ende und keine Begrenzung finden kann.

 

Wüstenerfahrungen sind aber auch Grenzerfahrungen: Es ist emotional sehr herausfordernd, die Wüste zu erleben – die Weite, die Leere und Trockenheit machen uns bewusst, wo es im eigenen Leben trotz der weiten Möglichkeiten Leere und Trockenheit gibt. Sicherheit und Gefahr sind ein schmaler Grat und die dort zu spürende Einsamkeit ist eine besonders intensive, die zuvor noch nicht erlebbar war. Ich habe von Wüstenzeiten gehört, in denen geradezu eine Panik beim Aufenthalt dort entstanden ist. Die Einsamkeit überwältigte im negativen Sinne und die Frage, was Gott damit sagen oder sogar bezwecken möchte, wurde groß.

Vielleicht sind es genau diese Momente, in denen eine Gotteserfahrung möglich wird. In größter Bedrängnis offenbart er sich und eine Freundin entdeckte in solch einer Situation den folgenden Bibelvers, der auch auf dem Foto zu sehen ist:

 

Psalm 121, 8:

Der HERR behütet dein Gehen und dein Kommen von nun an bis in Ewigkeit.

 

Plötzlich wurde wieder alles hell und ein Sicherheitsgefühl stellte sich ein. Aus großer Angst und Verlorenheit kann Gott Geborgenheit und neuen Mut sowie Stabilität entstehen lassen. Was für ein Geschenk!

 

Dies war eine reale Erfahrung, dass Jesus uns begleitet und nie verlässt: Er geht mit Dir an den Ort deiner Schwäche und nimmt dich dort in den Arm und sendet Zeichen.

 

Während solcher Wüstenzeiten im Leben bete ich gerne die folgenden Sätze:

Das ist der Ort, an dem ich gerade stehe, Herr. Bitte hole mich dort ab.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mk 1, 12-15:

 

Die Versuchung Jesu

12 Und sogleich trieb der Geist Jesus in die Wüste.

13 Jesus blieb vierzig Tage in der Wüste und wurde vom Satan in Versuchung geführt. Er lebte bei den wilden Tieren und die Engel dienten ihm.

Die Ansage des Evangeliums

14 Nachdem Johannes ausgeliefert worden war, ging Jesus nach Galiläa; er verkündete das Evangelium Gottes

15 und sprach: Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium!

 

Ein Geheilter kann nicht schweigen

 

Jesus heilt einen Mann, der von Aussatz – einer sehr ansteckenden Krankheit – befallen ist. Nach der Heilung bittet Jesus diesen Mann, niemandem außer den Priestern von diesem Geschehen zu erzählen. Denn die Priester sollten erkennen, dass Jesus im Auftrag Gottes handelt.

Nur diese eine Bitte äußert Jesus im Gegenzug und der Geheilte kann dieser Bitte nicht nachkommen?!

Damit bringt er Jesus in große Gefahr, denn er erfährt immer mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit. Obwohl Jesus sich nur noch in einsamen Gegenden und Dörfern aufhielt, folgten die Menschen seinen Spuren – von überallher kamen sie, um ihn zu sehen. Alle erkannten ihn und so geriet er auch immer stärker ins Visier seiner Feinde.

 

Es ist auch nicht so, dass der Geheilte sich ein- oder zweimal verquatscht und das Geheimnis seines Heilungserlebnisses lüftet, sondern er erzählt es überall und bei jeder Gelegenheit! Ihm scheint absolut nicht bewusst zu sein, in welche Gefahr er Jesus damit bringt und es scheint ihm unmöglich, das Erlebte für sich zu behalten.

 

Aber ist das nicht verständlich? Ein Mensch, der an Aussatz erkrankt ist, wird noch heute aufgrund der Ansteckungsgefahr gemieden und gehört zum Rand der Gesellschaft. Durch die Heilung dieser Krankheit ist ein ganz neues Leben möglich.

 

Mit ungeahnter Leichtigkeit wird der Mann nun durch das Leben gehen und eine neue Perspektive auf sein gesamtes Umfeld entwickeln – Freiheit ist plötzlich real spürbar.

Für ihn bricht Gottes neue Welt an und das Gefühl dieser Erkenntnis muss atemberaubend und wunderschön sein. So kann ich vollkommen nachvollziehen, dass diese Emotionen nach außen dringen wollen und der Geheilte nicht schweigen kann.

 

Überwältigt von der Begegnung mit Jesus und der Heilung durch Jesus strahlt er aus und erzählt der ganzen Welt von diesem Ereignis. Wer könnte es ihm verübeln?

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mk 1, 40-45:

 

Die Heilung eines Aussätzigen

40 Ein Aussätziger kam zu Jesus und bat ihn um Hilfe; er fiel vor ihm auf die Knie und sagte: Wenn du willst, kannst du mich rein machen.

41 Jesus hatte Mitleid mit ihm; er streckte die Hand aus, berührte ihn und sagte: Ich will – werde rein!

42 Sogleich verschwand der Aussatz und der Mann war rein.

43 Jesus schickte ihn weg, wies ihn streng an

44 und sagte zu ihm: Sieh, dass du niemandem etwas sagst, sondern geh, zeig dich dem Priester und bring für deine Reinigung dar, was Mose festgesetzt hat – ihnen zum Zeugnis.

45 Der Mann aber ging weg und verkündete bei jeder Gelegenheit, was geschehen war; er verbreitete die Geschichte, sodass sich Jesus in keiner Stadt mehr zeigen konnte; er hielt sich nur noch an einsamen Orten auf. Dennoch kamen die Leute von überallher zu ihm.

Die Dämonen wussten, wer er war…

 

Beim Lesen des heutigen Evangeliums ist mir der folgende Vers besonders ins Auge gesprungen:

 

Und Jesus verbot den Dämonen zu sagen, dass sie wussten, wer er war. (Mk 1, 34b)

 

Dabei liegt das Augenmerk nicht auf dem Verbot Jesu, sondern darauf, dass die Dämonen wussten, wer er war. Es klingt wie selbstverständlich, dass den bösen Geistern völlig klar war, mit wem sie es zu tun hatten und dass dieser besondere Mensch, der Menschensohn und Sohn Gottes, wahre Macht über sie hat. Ich finde es faszinierend, dass „das Böse“ sofort dazu fähig ist, „das Gute“ zu erkennen.

Wenn ich auf mein eigenes Leben schaue, wird mir bewusst, dass ich negative Erfahrungen und Gefühle häufig sehr viel intensiver erlebe als positive und mich somit leicht erschrecken und vielleicht sogar erschüttern lasse. Ich empfinde Angst und Unsicherheit und fühle mich bedroht – vergleichbar mit dem Mann auf dem Foto.

Manchmal bin ich dann wie gelähmt und es braucht einige Zeit, bis ich mich in die Realität zurückfinde und wieder neue Sicherheit und Geborgenheit verspüren kann. Ein Satz (mit unbekanntem/r Verfasser/in) hat mich erst vor wenigen Tagen sehr tief berührt und mir eine neue Perspektive auf diese Situationen geschenkt:

 

„Sicherheit ist nicht die Abwesenheit von Gefahr, sondern die Anwesenheit Gottes.“

 

Was für eine Zusage, dass egal welche Gefahr in unserem direkten oder indirekten Umfeld droht, die Anwesenheit Gottes uns beschützt und wir dennoch in Sicherheit sind. Im Gebet und im Leben mit ihm verbunden zu sein und zu bleiben, ist sogar mehr als die halbe Miete – es ist die ganze!

 

Den Fokus auf das Gute zu legen und dieses besonders intensiv wahrzunehmen, möchte ich mir vornehmen und mir dabei bewusst vor Augen führen, dass die Dämonen und Geister viel mehr Angst vor Jesus, als wir vor ihnen haben müssen.

Wir haben Jesus an und auf unserer Seite und brauchen uns vor nichts zu fürchten!

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  Mk 1, 29-39

 

Die Heilung der Schwiegermutter des Petrus

29 Sie verließen sogleich die Synagoge und gingen zusammen mit Jakobus und Johannes in das Haus des Simon und Andreas. 30 Die Schwiegermutter des Simon lag mit Fieber im Bett. Sie sprachen sogleich mit Jesus über sie 31 und er ging zu ihr, fasste sie an der Hand und richtete sie auf. Da wich das Fieber von ihr und sie diente ihnen.

Die ganze Stadt vor der Tür

32 Am Abend, als die Sonne untergegangen war, brachte man alle Kranken und Besessenen zu Jesus. 33 Die ganze Stadt war vor der Haustür versammelt 34 und er heilte viele, die an allen möglichen Krankheiten litten, und trieb viele Dämonen aus. Und er verbot den Dämonen zu sagen, dass sie wussten, wer er war.

Der Rückzug Jesu, die Suche der Jünger und der Aufbruch

35 In aller Frühe, als es noch dunkel war, stand er auf und ging an einen einsamen Ort, um zu beten. 36 Simon und seine Begleiter eilten ihm nach, 37 und als sie ihn fanden, sagten sie zu ihm: Alle suchen dich. 38 Er antwortete: Lasst uns anderswohin gehen, in die benachbarten Dörfer, damit ich auch dort verkünde; denn dazu bin ich gekommen. 39 Und er zog durch ganz Galiläa, verkündete in ihren Synagogen und trieb die Dämonen aus.

(Kein) Ruf?

 

Einen guten oder schlechten Ruf zu haben, hat großen Einfluss auf das Leben und das Standing im sozialen Umfeld oder sogar in der Gesamtgesellschaft. Doch wie entsteht mein egal wie gearteter Ruf? Kann ich ihn selbst formen und sozusagen kontrollieren? Leider nein, denn auch wenn wir immer nach bestem Wissen und Gewissen handeln, kann es uns negativ angehängt werden oder völlig grundlos können wir schlechte Beurteilungen bekommen und so ein unschönes Bild abgeben.  Wir haben als Menschen tatsächlich die Macht, den Ruf eines anderen Menschen zu zerstören. Sicherlich gibt es Taten und Handlungen, die zurecht einen schlechten Ruf für die ausführende Person zur Folge haben. Genauso gibt es jedoch den Fall, dass Lügen und Gerüchte über einen Menschen verbreitet werden und dieser völlig hilflos und ausgeliefert, das rollende Unheil über sich herziehen sieht und es nicht mehr aufhalten kann. Dabei fallen mir Situationen ein, in denen Menschen furchtbare Unterstellungen (wie beispielsweise Straftaten) gemacht werden. Alle begeben sich in eine Obacht-Haltung in Bezug auf die beschuldigte Person und auch wenn das Gegenteil bewiesen ist, scheint es beinahe unüberwindbar, diesen erzeugten Ruf wieder loszuwerden.

 

Auch Jesus bekommt im heutigen Evangelium einen Ruf zugeschrieben, der sich im ganzen Gebiet von Galiläa verbreitete (Mk 1, 28b). Erst dieser macht es möglich, dass Jesus letztendlich zum Tode verurteilt wird. Unkontrolliert wird über ihn weitererzählt, ohne dass jede/r Einzelne sich selbst ein Bild von ihm und seinen Taten macht. Die Geschichte Jesu zeigt sehr deutlich, wie gefährlich dies verlaufen kann und welche Konsequenzen ein (schlechter) Ruf haben kann. Wäre kein Ruf nicht viel besser?

 

Interessant finde ich den Ruf zum Professor/ zur Professorin – die Anerkennung der akademischen Qualifikation und inhaltlichen Passgenauigkeit für einen ausgeschriebenen Lehrstuhl. Vielleicht können wir den Begriff des (guten/schlechten) Rufes umdenken und vielmehr mit der Anerkennung ganz individuell beobachtbarer Fähigkeiten verknüpfen. Ich selber würde allerdings dafür plädieren, gar keinen Ruf anzunehmen, sondern jeden Menschen höchstselbst und persönlich kennenzulernen.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mk 1, 21-28: Die neue Lehre in der Synagoge

21 Sie kamen nach Kafarnaum. Am folgenden Sabbat ging er in die Synagoge und lehrte.

22 Und die Menschen waren voll Staunen über seine Lehre; denn er lehrte sie wie einer, der Vollmacht hat, nicht wie die Schriftgelehrten.

23 In ihrer Synagoge war ein Mensch, der von einem unreinen Geist besessen war. Der begann zu schreien:

24 Was haben wir mit dir zu tun, Jesus von Nazaret? Bist du gekommen, um uns ins Verderben zu stürzen? Ich weiß, wer du bist: der Heilige Gottes.

25 Da drohte ihm Jesus: Schweig und verlass ihn!

26 Der unreine Geist zerrte den Mann hin und her und verließ ihn mit lautem Geschrei.

27 Da erschraken alle und einer fragte den andern: Was ist das? Eine neue Lehre mit Vollmacht: Sogar die unreinen Geister gehorchen seinem Befehl.

28 Und sein Ruf verbreitete sich rasch im ganzen Gebiet von Galiläa.

Gottes neue Welt

 

Das Wort Gottes bzw. Gottes Wort in Menschenwort können wir in der Bibel finden – es gibt inzwischen eine Vielzahl an Übersetzungen und es folgen stets neue Ausgaben und sogar ganz neue Formate. Im vergangenen Jahr 2023 erschien Das neue Testament in der Sprache unserer Zeit. Ich habe es durch einen Exerzitienkurs im Bildungshaus St. Bonifatius in Elkeringhausen im Sauerland kennengelernt und war durch die neue und andere Übersetzung gewisser Verse wirklich berührt. Sehr prägend ist mir der folgende Vers aus dem Johannes-Evangelium (Joh 15, 9b) geblieben: So heißt es in der Einheitsübersetzung Bleibt in meiner Liebe! Im neuen Testament in der Sprache unserer Zeit lautet die Übersetzung dagegen Bleibt offen für meine Liebe! Der Vers bekam für mich eine ganz neue und tiefergehende Bedeutung.

 

Ähnlich ging es mir, als ich das heutige Sonntagsevangelium in beiden Übersetzungen las. Der Vers 15 aus dem 1. Kapitel des Markus-Evangeliums wird jeweils wie folgt übersetzt:

 

Jesus spricht:

„Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium!“

(Einheitsübersetzung 2016)

 

„Es ist soweit: Jetzt beginnt Gottes neue Welt! Denkt neu und vertraut auf diese gute Nachricht!“ (Das neue Testament in der Sprache unserer Zeit 2023)

 

Gottes neue Welt hat für mich einen so hoffnungsvollen Klang, dass mich der Vers richtig packt. Neu denken und auf diese gute Nachricht zu vertrauen, spricht ebenso viel tiefer in meine Lebenswirklichkeit – es motiviert mich, meinem Glauben wirklich Gestalt zu geben, meine Glaubensüberzeugungen in die Tat umzusetzen und optimistisch sowie voller Hoffnung in die Zukunft zu blicken. Denn: Es ist soweit!

 

Gott und seine neue Welt haben schon begonnen und wir dürfen daran/-in mitwirken.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  Mk 1, 14-20

 

14 Nachdem Johannes ausgeliefert worden war, ging Jesus nach Galiläa; er verkündete das Evangelium Gottes 15 und sprach: Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium! 16 Als Jesus am See von Galiläa entlangging, sah er Simon und Andreas, den Bruder des Simon, die auf dem See ihre Netze auswarfen; sie waren nämlich Fischer. 17 Da sagte er zu ihnen: Kommt her, mir nach! Ich werde euch zu Menschenfischern machen. 18 Und sogleich ließen sie ihre Netze liegen und folgten ihm nach. 19 Als er ein Stück weiterging, sah er Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und seinen Bruder Johannes; sie waren im Boot und richteten ihre Netze her. 20 Sogleich rief er sie und sie ließen ihren Vater Zebedäus mit seinen Tagelöhnern im Boot zurück und folgten Jesus nach.

Die Auserwählten…?!

 

Andreas und Simon, die ersten Jünger Jesu, sind bei Johannes und hören seine Worte, die sie auf Jesus Christus aufmerksam machen. Sofort ist da ein tiefer Antrieb, diesem Menschen nachzufolgen und auf seinen Wegen zu begleiten.

 

In der heutigen Lesung aus dem Alten Testament hört auch Samuel mehrfach eine Stimme in der Nacht, die ihn ruft. Er vermutet, dass der Hohepriester Eli ihn gerufen hat, bei dem Samuel am Heiligtum dient. Eli verneint dies und schickt ihn wieder schlafen – bis er beim dritten Male versteht, dass es der HERR ist, der Samuel ruft. Daraufhin folgt Samuel dem Rat Elis und beim erneuten Ruf des HERRN in der Nacht antwortet er: Rede, denn dein Diener hört. (1 Sam 3, 10b)

 

Eine große Parallele zwischen der Lesung und dem Evangelium an diesem Sonntag: das HÖREN veranlasst zum Handeln und lässt Samuel bzw. Andreas und Simon mit Gott in Resonanz treten. Samuel benötigt die Unterstützung Elis und auch dieser versteht erst nach dreimaligem Rufen, dass es der HERR ist, der das Wort an Samuel richtet. Andreas, Simon und Samuel lassen sich von Gott berufen und ihn in ihrem Leben wirken. Ganz konkret veranlasst die Berufung Andreas und Simon, Jesus nachzufolgen. Sie wollen wissen, wo Jesus wohnt und folgen ihm an jeden Ort – auf Schritt und Tritt.

 

Doch sind diese drei genannten Personen die Auserwählten? Können nur besondere Menschen von Jesus als JüngerInnen berufen werden? Gibt es bestimmte Kriterien?

 

Nein – das glaube ich nicht. Wir alle sind dazu berufen, Jesus nachzufolgen und Gott in unser Leben einzuladen. Dazu müssen wir keine spezifischen Eigenschaften haben oder Kriterien erfüllen. Es ist jedoch wichtig, dass wir HÖREN! Denn wenn wir die Worte nicht ernstnehmen oder aus welchen Gründen auch immer überhören, geht der Ruf an uns vorüber. Dabei dürfen wir auf die Unterstützung durch Andere (Eli) hoffen und uns im Zweifel auch drei- oder mehrmals rufen lassen – Jesus wartet auf uns.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Joh 1, 35-42: Die Berufung der ersten Jünger

35 Am Tag darauf stand Johannes wieder dort und zwei seiner Jünger standen bei ihm. 36 Als Jesus vorüberging, richtete Johannes seinen Blick auf ihn und sagte: Seht, das Lamm Gottes! 37 Die beiden Jünger hörten, was er sagte, und folgten Jesus. 38 Jesus aber wandte sich um, und als er sah, dass sie ihm folgten, sagte er zu ihnen: Was sucht ihr? Sie sagten zu ihm: Rabbi – das heißt übersetzt: Meister -, wo wohnst du? 39 Er sagte zu ihnen: Kommt und seht! Da kamen sie mit und sahen, wo er wohnte, und blieben jenen Tag bei ihm; es war um die zehnte Stunde. 40 Andreas, der Bruder des Simon Petrus, war einer der beiden, die das Wort des Johannes gehört hatten und Jesus gefolgt waren. 41 Dieser traf zuerst seinen Bruder Simon und sagte zu ihm: Wir haben den Messias gefunden – das heißt übersetzt: Christus. 42 Er führte ihn zu Jesus. Jesus blickte ihn an und sagte: Du bist Simon, der Sohn des Johannes, du sollst Kephas heißen, das bedeutet: Petrus, Fels.

GELIEBT.

 

Fang hier an:

Geliebt.

Braucht es irgendein anderes Wort?

Irgendeinen anderen Segen,

der vergleichbar wäre

mit diesem Namen,

diesem Wissen?

Geliebt.

Es trifft heilig

auf das Herz,

das sich danach seht,

neu zu werden.

Es trifft heilend

auf die Seele,

die vorne beginnen will.

Geliebt.

Wiederhole es,

auch wenn es sich

vielleicht zunächst seltsam anhört,

beobachte, wie es ein Teil von dir

wird.

Wie du wirst,

als hättest du dich noch nie selbst

gekannt.

Als wenn du jemals anders hättest

sein können.

Als so:

Geliebt.

Und dann: Gehe weiter, denn das

Leben liegt immer vorne.

 

Jan Richardson

 

 

Evangelium:  

 

Mk 1, 7-11:

 

 

7 Er verkündete: Nach mir kommt einer, der ist stärker als ich; ich bin es nicht wert, mich zu bücken und ihm die Riemen der Sandalen zu lösen.

8 Ich habe euch mit Wasser getauft, er aber wird euch mit dem Heiligen Geist taufen.

9 Und es geschah in jenen Tagen, da kam Jesus aus Nazaret in Galiläa und ließ sich von Johannes im Jordan taufen.

10 Und sogleich, als er aus dem Wasser stieg, sah er, dass der Himmel aufriss und der Geist wie eine Taube auf ihn herabkam.

11 Und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden.

Selig wie Simeon

 

Eine Woche nach Heiligabend begehen wir das Fest der Heiligen Familie. Weihnachten ist längst nicht vorbei und das Weihnachtswunder und somit die Geburt Jesu hält die Menschen weiter in Atem – positiv und voller Hoffnung.

 

Im Evangelium stehen heute zwei hochbetagte Menschen im Fokus: Simeon und Hanna. Sie beide sind zutiefst bewegt von der Begegnung mit dem Christuskind und preisen Gott voller Dankbarkeit und Klarheit über das geschehene von ihm bewirkte Wunder. Sie waren voller Erwartungen in ihrem Herzen und wurden reich belohnt.

 

Im Vers 28 – 32 heißt es: Simeon nahm das Kind in seine Arme und pries Gott mit den Worten: Nun lässt du, Herr, deinen Knecht, wie du gesagt hast, in Frieden scheiden. Denn meine Augen haben das Heil gesehen, das du vor allen Völkern bereitet hast, ein Licht, das die Heiden erleuchtet, und Herrlichkeit für dein Volk Israel. (Lk 2, 28-32)

 

Der alte Simeon ist nicht nur angerührt von einem niedlichen Baby, das er auf die Arme nimmt. Vielmehr werden seine Augen und sein Herz von Gott angerührt und erleuchtet! Und so sieht er in dem Kind sein Heil – er empfängt es und nimmt es an. Dieses durch Jesus ihm zuteil gewordene Heil schenkt ihm Frieden und er kann sich getrost in den Tod und auf den Weg zu Gott begeben. Wenn wir Jesus in unser Herz aufgenommen haben – ganz unabhängig vom Alter und der individuellen Lebenssituation –, können wir tiefen Frieden spüren, der jede Angst hinwegnimmt und uns Gott loben und preisen lässt. Und so heißt es im folgenden Sprichwort sehr passend:

 

Das Staunen an der Krippe kann drei Minuten dauern oder ein ganzes Leben.

 

Simeon und Hanna machen am Ende ihres Lebens eine Erfahrung, die das ganze Leben bestimmt. Sie haben es nicht nur erlebt, sondern in Erwartung auf das Wunder ihr ganzes Leben gestaltet. Diese Erfüllung in ihrer Reinform zu erfahren, ist Geschenk und Seelenheil zugleich. Selig sein wie Simeon durch das Staunen und die Begegnung mit Jesus Christus an der Krippe – das wünsche ich Ihnen und Euch allen von Herzen.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Lk 2, 22-40: Das Zeugnis des Simeon und der Hanna

22 Als sich für sie die Tage der vom Gesetz des Mose vorgeschriebenen Reinigung erfüllt hatten, brachten sie das Kind nach Jerusalem hinauf, um es dem Herrn darzustellen, 23 wie im Gesetz des Herrn geschrieben ist: Jede männliche Erstgeburt soll dem Herrn heilig genannt werden. 24 Auch wollten sie ihr Opfer darbringen, wie es das Gesetz des Herrn vorschreibt: ein Paar Turteltauben oder zwei junge Tauben. 25 Und siehe, in Jerusalem lebte ein Mann namens Simeon. Dieser Mann war gerecht und fromm und wartete auf den Trost Israels und der Heilige Geist ruhte auf ihm. 26 Vom Heiligen Geist war ihm offenbart worden, er werde den Tod nicht schauen, ehe er den Christus des Herrn gesehen habe. 27 Er wurde vom Geist in den Tempel geführt; und als die Eltern das Kind Jesus hereinbrachten, um mit ihm zu tun, was nach dem Gesetz üblich war, 28 nahm Simeon das Kind in seine Arme und pries Gott mit den Worten: 29 Nun lässt du, Herr, deinen Knecht, / wie du gesagt hast, in Frieden scheiden. 30 Denn meine Augen haben das Heil gesehen, / 31 das du vor allen Völkern bereitet hast, 32 ein Licht, das die Heiden erleuchtet, / und Herrlichkeit für dein Volk Israel. 33 Sein Vater und seine Mutter staunten über die Worte, die über Jesus gesagt wurden. 34 Und Simeon segnete sie und sagte zu Maria, der Mutter Jesu: Siehe, dieser ist dazu bestimmt, dass in Israel viele zu Fall kommen und aufgerichtet werden, und er wird ein Zeichen sein, dem widersprochen wird, 35 und deine Seele wird ein Schwert durchdringen. So sollen die Gedanken vieler Herzen offenbar werden. 36 Damals lebte auch Hanna, eine Prophetin, eine Tochter Penuëls, aus dem Stamm Ascher. Sie war schon hochbetagt. Als junges Mädchen hatte sie geheiratet und sieben Jahre mit ihrem Mann gelebt; 37 nun war sie eine Witwe von vierundachtzig Jahren. Sie hielt sich ständig im Tempel auf und diente Gott Tag und Nacht mit Fasten und Beten. 38 Zu derselben Stunde trat sie hinzu, pries Gott und sprach über das Kind zu allen, die auf die Erlösung Jerusalems warteten. 39 Als seine Eltern alles getan hatten, was das Gesetz des Herrn vorschreibt, kehrten sie nach Galiläa in ihre Stadt Nazaret zurück. 40 Das Kind wuchs heran und wurde stark, erfüllt mit Weisheit, und Gottes Gnade ruhte auf ihm.

Vom Schnee

 

Erinnern Sie sich noch an den ersten Schneefall in einem Spätherbst oder Winter Ihrer Kindheit?

Es war wie der Einbruch einer anderen Realität.

Etwas Scheues, Seltenes, das uns besuchen kommt, das sich herabsenkt und die Welt um uns herum verwandelt, ohne unser Zutun, als unerwartetes Geschenk.

Der Schnee ist geradezu die Reinform einer Manifestation des Unverfügbaren:

Wir können ihn nicht herstellen, nicht erzwingen, nicht einmal sicher vorherplanen, jedenfalls nicht über einen längeren Zeitraum hinweg. Und mehr noch:

Wir können des Schnees nicht habhaft werden, ihn uns nicht aneignen:

Wenn wir ihn in die Hand nehmen, zerrinnt er uns zwischen den Fingern,

wenn wir ihn ins Haus holen, fließt er davon,

und wenn wir ihn in die Tiefkühltruhe packen, hört er auf, Schnee zu sein.

Vielleicht sehnen sich deshalb so viele Menschen – nicht nur die Kinder – nach ihm, vor allem vor Weihnachten.

Viele Wochen im Voraus werden die Meteorologen bestürmt und bekniet:

Wird es dieses Jahr weiß? Wie stehen die Chancen?

Und natürlich fehlt es nicht an Versuchen, Schnee verfügbar zu machen.

In unserem Verhältnis zum Schnee spiegelt sich das Drama des modernen Weltverhältnisses wie in einer Kristallkugel:

Das kulturelle Antriebsmoment jener Lebensform, die wir modern nennen,

ist die Vorstellung, der Wunsch und das Begehren, Welt verfügbar zu machen.

Lebendigkeit, Berührung und wirkliche Erfahrung aber entstehen aus

der Begegnung mit dem Unverfügbaren.

 

Hartmut Rosa

 

Evangelium:  

 

Lk 1, 26-38: Die Ankündigung der Geburt Jesu

 

26 Im sechsten Monat wurde der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt in Galiläa namens Nazaret 27 zu einer Jungfrau gesandt. Sie war mit einem Mann namens Josef verlobt, der aus dem Haus David stammte. Der Name der Jungfrau war Maria. 28 Der Engel trat bei ihr ein und sagte: Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir. 29 Sie erschrak über die Anrede und überlegte, was dieser Gruß zu bedeuten habe. 30 Da sagte der Engel zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast Gnade bei Gott gefunden. 31 Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn wirst du gebären; dem sollst du den Namen Jesus geben. 32 Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben. 33 Er wird über das Haus Jakob in Ewigkeit herrschen und seine Herrschaft wird kein Ende haben. 34 Maria sagte zu dem Engel: Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne? 35 Der Engel antwortete ihr: Heiliger Geist wird über dich kommen und Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Deshalb wird auch das Kind heilig und Sohn Gottes genannt werden. 36 Siehe, auch Elisabet, deine Verwandte, hat noch in ihrem Alter einen Sohn empfangen; obwohl sie als unfruchtbar gilt, ist sie schon im sechsten Monat. 37 Denn für Gott ist nichts unmöglich. 38 Da sagte Maria: Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast. Danach verließ sie der Engel.

Wer bist du?

 

Wer bin ich? Diese Frage nach der eigenen Identität stellen sich viele Menschen im Leben und manchmal entsteht daraus sogar eine Sinnkrise. In der Pubertät begeben wir uns notgedrungen auf den Weg der Identitätsbildung und fangen an, das Leben langfristiger und sozusagen im großen Ganzen zu sehen. Was will ich erreichen? Wo will ich hin? Was bietet mir das Leben und was will ich daraus machen? Wer bist Du?

 

Denn natürlich sind wir nicht allein auf dieser Welt! Wir stehen in Beziehung zu vielen anderen Menschen in unserem Umfeld und auch diese haben Einfluss auf uns – sie bereichern uns, fordern uns heraus oder haben sogar eine starke Anziehungskraft.

 

Johannes der Täufer war damals sicherlich so eine Person für die Menschen. Viele fragten ihn, wer er war. Und er antwortete: „Ich bin nicht der Christus.“ (Joh 1, 20b)

Weiter verneint er es, Elija oder der Prophet zu sein. Bei erneuter Nachfrage sagt er:

„Ich bin die Stimme eines Rufers in der Wüste: Ebnet den Weg für den Herrn!“ (Joh 1, 23)

 

Um uns selbst, die Frage zu beantworten, wer wir sind, können wir viel von Johannes dem Täufer lernen. Denn er sagte: „Ich bin nicht Christus!“ Genauso wenig wie wir es sind – wir sind nicht Gott. Mich erleichtert diese Erkenntnis sehr, denn ich bin es nicht, die alles energisch planen muss, sondern darf ihm vertrauen und Kontrolle abgeben.

Wir sind einfach Menschen und Gott nimmt sich unser an. Und so können wir uns selbst auf die Frage, wer wir sind, antworten: „Ich bin ein Mensch.“ Das ist nicht zu allgemein oder unspezifisch – schon gar nicht ausweichend, sondern eine ziemlich große Sache. Gerade und nicht nur, weil Gott selbst in Jesus Mensch geworden ist.

 

„Wer bist du?“

 

Du bist Gottes Sehnsucht – ein Mensch, den er genauso schaffen wollte, wie du bist. Nicht jemand, der etwas Besonderes leisten muss. Wir sind Sünder, aber gleichzeitig auch Engel, die Jesus Christus den Weg bereiten können – gerade jetzt im Advent. Lasst uns einfach Menschen sein, Jesus in unser Leben und vor allem in unser Herz einlassen und ihn freudig an Weihnachten zu seinem Geburtstag bei uns aufnehmen.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  Joh 1, 6-8. 19-28

 

6 Ein Mensch trat auf, von Gott gesandt; sein Name war Johannes. 7 Er kam als Zeuge, um Zeugnis abzulegen für das Licht, damit alle durch ihn zum Glauben kommen. 8 Er war nicht selbst das Licht, er sollte nur Zeugnis ablegen für das Licht.

 

19 Und dies ist das Zeugnis des Johannes, als die Juden von Jerusalem aus Priester und Leviten zu ihm sandten mit der Frage: Wer bist du? 20 Er bekannte und leugnete nicht; er bekannte: Ich bin nicht der Christus. 21 Sie fragten ihn: Was dann? Bist du Elija? Und er sagte: Ich bin es nicht. Bist du der Prophet? Er antwortete: Nein. 22 Da sagten sie zu ihm: Wer bist du? Wir müssen denen, die uns gesandt haben, Antwort geben. Was sagst du über dich selbst? 23 Er sagte: Ich bin die Stimme eines Rufers in der Wüste: Ebnet den Weg für den Herrn! , wie der Prophet Jesaja gesagt hat. 24 Die Abgesandten gehörten zu den Pharisäern. 25 Sie fragten Johannes und sagten zu ihm: Warum taufst du dann, wenn du nicht der Christus bist, nicht Elija und nicht der Prophet? 26 Johannes antwortete ihnen: Ich taufe mit Wasser. Mitten unter euch steht einer, den ihr nicht kennt, 27 der nach mir kommt; ich bin nicht würdig, ihm die Riemen der Sandalen zu lösen. 28 Dies geschah in Betanien, jenseits des Jordan, wo Johannes taufte.

Johannes lehrt uns hoffen

 

Johannes ist wirklich Vorläufer. Er geht voraus, ohne das genau und sicher zu kennen, dem er dient. (Karl Rahner: Advent – Von der tiefen Sehnsucht unseres Lebens. S. 43)

Karl Rahner beschreibt mit diesen wenigen Worten das Wagnis des Johannes – er tritt als Vorläufer für Jesus ein, ohne wirklich zu wissen, was da kommen mag. Er wird es auch nicht mehr erleben und das Heil wird ihm im irdischen Leben nicht mehr zuteil.

 

Er fungiert nicht nur als Vorläufer, sondern auch als Vorbild für die nachfolgenden ChristInnen – er ist Vorbild der Hoffnung und der hoffenden Lebenshaltung ganz konkret. Er traut sich, dem entgegenzugehen, was er gar nicht kennen kann. Er überlässt sich dem geheimen Sinn und folgt seiner Berufung im Vertrauen auf Gott.

 

Um es nochmals mit den Worten Karl Rahners auszudrücken:

 

Johannes der Täufer verkörpert

 

… die Hoffnung, dass das Unsägliche zu uns auch in die Engen und Kerker kommt, aus denen wir selbst nicht mehr auszubrechen vermögen; die Zuversicht, dass alle Endlichkeiten, selbst der Tod, inwendig noch vom unendlichen Gott der Liebe und des Lichtes erfüllt sein können, wenn sie nur hoffend angenommen werden, [und] dass nur der Loslassende ergreift und jeder Untergang der Aufgang des Lebens sein kann; die aus allen Gräbern der Enttäuschungen immer wieder aufsteigende Gewissheit, dass auch das Rufen in der Wüste von einem gehört wird und alles Säen unter Tränen eine Ernte der Freude erbringt, auch wenn sie nur in die Scheuern des ewigen Lebens eingefahren wird; die Willigkeit, zu weiterer Reise aufzubrechen, wo man gehofft hatte, schon endgültig daheim angekommen zu sein.

(Karl Rahner: Advent – Von der tiefen Sehnsucht unseres Lebens. S. 48/49)

 

Es ermutigt mich so sehr, dass auch das Rufen in der Wüste von einem gehört wird. So wie es Johannes tat, dürfen wir hoffend durch unser Leben reisen und der Sehnsucht nach dem Licht folgen, welches uns Ankommen in und bei Gott verheißt.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mk 1, 1-8: Das Auftreten des Täufers

1 Anfang des Evangeliums von Jesus Christus, Gottes Sohn.

2 Wie geschrieben steht beim Propheten Jesaja – Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her, der deinen Weg bahnen wird.

3 Stimme eines Rufers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn! Macht gerade seine Straßen! -,

4 so trat Johannes der Täufer in der Wüste auf und verkündete eine Taufe der Umkehr zur Vergebung der Sünden.

5 Ganz Judäa und alle Einwohner Jerusalems zogen zu ihm hinaus; sie bekannten ihre Sünden und ließen sich im Jordan von ihm taufen.

6 Johannes trug ein Gewand aus Kamelhaaren und einen ledernen Gürtel um seine Hüften und er lebte von Heuschrecken und wildem Honig.

7 Er verkündete: Nach mir kommt einer, der ist stärker als ich; ich bin es nicht wert, mich zu bücken und ihm die Riemen der Sandalen zu lösen.

8 Ich habe euch mit Wasser getauft, er aber wird euch mit dem Heiligen Geist taufen.

 

Wachsam und stets bereit!

 

Das ist ein Lifeguard: wachsam und stets bereit! Wie es auf dem Bild zu sehen ist, blickt die Person als Rettungsschwimmerin sehr aufmerksam umher und ist sozusagen jederzeit zum Absprung bereit, um jemanden aus dem Wasser an Land zu retten.

Allerdings ist ein Lifeguard im wörtlichen Sinne doch vielmehr ein Bewacher des Lebens. Es klingt vielleicht kleinkariert, aber zur Bewachung des Lebens gehört neben dem sofortigen Handeln in einer Notsituation auch das stetige Beobachten des nicht gefährdeten Lebens – das Hüten des Lebens bzw. der Menschen.

 

Im unten zu lesenden Evangelium fordert Jesus uns ebenso dazu auf, wachsam zu sein, und Hüter der Ankunft des Menschensohnes zu sein – sozusagen ein Christguard. Zu jeder Zeit mögen wir Jesus erwarten und ihn in unserem Leben erhoffen. Dabei gelingt dies womöglich durch geringere Anstrengung als im Dienst eines Lifeguards. Unser Herz zu öffnen und Gott in unserem Alltag zu vermuten und seine Anwesenheit zuzulassen, ist schon die halbe Miete. Wir brauchen uns nicht krampfhaft davor zu fürchten, einen bestimmten Zeitpunkt abzupassen, denn Gott zeigt sich häufig sehr unerwartet und auch unverhofft.

Vielleicht steckt in dem letzten Wort die wegweisende Perspektive: Hoffnung!

 

Hoffen auf das, was kommt – ohne genau zu wissen, wie dieses etwas aussieht. Auf das Gute hoffen und darin Gott erkennen. So schreibt es Madeleine Delbrêl überzeugt.

Dieser Gedanke unterscheidet uns als Christguard von einem Lifeguard. Denn irgendwo ist diese/r mit Fokus auf Not und Hilflosigkeit tätig, um Menschen zu retten.

Als Christguard hingegen blicken wir auf Jesus, unsere Hoffnung, und ersehnen bzw. erhoffen das Gute – egal wie es aussehen mag, denn Gott kennt und behütet es.

 

Daher heißt es Ausschau halten – vielleicht gerade jetzt im Advent umso mehr – und stets bereit und wachsam zu sein, um Jesus in den gegebenen Situationen zu entdecken und in seinem Sinne zu handeln.

 

Und auch wenn es der letzte Halt ist – dieser Halt heißt Hoffnung!

 

Thale Schmitz

 

 

Evangelium:  Mk 13, 24-37

 

24 Aber in jenen Tagen, nach jener Drangsal, wird die Sonne verfinstert werden und der Mond wird nicht mehr scheinen; 25 die Sterne werden vom Himmel fallen und die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden. 26 Dann wird man den Menschensohn in Wolken kommen sehen, mit großer Kraft und Herrlichkeit. 27 Und er wird die Engel aussenden und die von ihm Auserwählten aus allen vier Windrichtungen zusammenführen, vom Ende der Erde bis zum Ende des Himmels.

28 Lernt etwas aus dem Vergleich mit dem Feigenbaum! Sobald seine Zweige saftig werden und Blätter treiben, erkennt ihr, dass der Sommer nahe ist. 29 So erkennt auch ihr, wenn ihr das geschehen seht, dass er nahe vor der Tür ist. 30 Amen, ich sage euch: Diese Generation wird nicht vergehen, bis das alles geschieht. 31 Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen. 32 Doch jenen Tag und jene Stunde kennt niemand, auch nicht die Engel im Himmel, nicht einmal der Sohn, sondern nur der Vater.

33 Gebt Acht und bleibt wach! Denn ihr wisst nicht, wann die Zeit da ist. 34 Es ist wie mit einem Mann, der sein Haus verließ, um auf Reisen zu gehen: Er übertrug die Vollmacht seinen Knechten, jedem eine bestimmte Aufgabe; dem Türhüter befahl er, wachsam zu sein. 35 Seid also wachsam! Denn ihr wisst nicht, wann der Hausherr kommt, ob am Abend oder um Mitternacht, ob beim Hahnenschrei oder erst am Morgen. 36 Er soll euch, wenn er plötzlich kommt, nicht schlafend antreffen. 37 Was ich aber euch sage, das sage ich allen: Seid wachsam!

Rettende Gerechtigkeit

Das Gleichnis vom Gericht des Menschensohnes über die Völker, welches uns diesen Sonntag zugemutet wird, klingt hart und ist vielleicht sogar angsteinflößend. Es scheint, dass die Menschengruppe zur Linken Jesu Fehler begangen hat, die unwiderruflich sind und sie in die Hölle verbannen. Ist das unser Gott, der den Menschen zugewandt ist und immer bereit zur Vergebung ist, wenn wir umkehren?

 

Das große Weltgericht, denn es heißt: alle Völker werden vor ihm versammelt werden (Mt 25,32), will Gerechtigkeit herstellen. Vielleicht hilft es, eine Umformulierung bzw. Ergänzung vorzunehmen: Rettende Gerechtigkeit. Natürlich werden wir zur Rede gestellt für unsere Taten und wir müssen selbst dafür die Verantwortung übernehmen.

Was Jesus sich wünscht, ist, dass wir Täter seines Wortes werden. In diesem Kontext und generell sehr selten wird das Wort Täter im positiven Sinne gebraucht. Tätige

Nächstenliebe und Hilfe ohne Hintergedanken (beispielsweise nur vor Gott oder anderen gut da stehen zu wollen) ist gefragt – um der anderen willen. Genau darin dürfen wir Christus begegnen. Das Gleichnis bekräftigt die Selbstverständlichkeit, sich von der Not Anderer anrühren zu lassen und ihnen mitmenschlich und aktiv zu helfen.

 

Etty Hillesum bestärkt diese Perspektive mit folgenden Worten, die sie in Zeiten größter Bedrängnis als Jüdin im Holocaust formulierte:

„Es sind beängstigende Zeiten, mein Gott. Aber eines wird mir immer klarer: dass du uns nicht helfen kannst, sondern dass wir dir helfen müssen, und dadurch helfen wir uns selbst. Und vielleicht können wir auch mithelfen, dich in den geplagten Herzen anderer zu Tage zu fördern.“ (Aus: Ich will die Chronistin dieser Zeit werden. (Hrsg.: Beck))

 

Diese Hoffnung zu leben, um die rettende Gerechtigkeit Gottes so vielen Menschen wie möglich greifbar und spürbar zu machen, ist das Ziel. Täter deines Wortes sein und „ein Nächster dem Geringsten“ (Huub Oosterhuis) – das mutet und traut uns Jesus Christus zu. Die auf dem Foto abgebildete Bank und der Satz auf der Rückenlehne (die tatsächlich und auch symbolisch den Rücken stärkt) enthält diese Zusage Gottes und seiner bedingungslosen Liebe. Doch genau so können wir durch die Welt gehen und unseren Mitmenschen diese Liebe zusprechen und Gott am Satzende ergänzen.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

 

Mt 25, 31-46: Das Gleichnis vom Gericht des Menschensohnes über die Völker

31 Wenn der Menschensohn in seiner Herrlichkeit kommt und alle Engel mit ihm, dann wird er sich auf den Thron seiner Herrlichkeit setzen. 32 Und alle Völker werden vor ihm versammelt werden und er wird sie voneinander scheiden, wie der Hirt die Schafe von den Böcken scheidet. 33 Er wird die Schafe zu seiner Rechten stellen, die Böcke aber zur Linken. 34 Dann wird der König denen zu seiner Rechten sagen: Kommt her, die ihr von meinem Vater gesegnet seid, empfangt das Reich als Erbe, das seit der Erschaffung der Welt für euch bestimmt ist! 35 Denn ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und ihr habt mich aufgenommen; 36 ich war nackt und ihr habt mir Kleidung gegeben; ich war krank und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis und ihr seid zu mir gekommen. 37 Dann werden ihm die Gerechten antworten und sagen: Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und dir zu essen gegeben oder durstig und dir zu trinken gegeben? 38 Und wann haben wir dich fremd gesehen und aufgenommen oder nackt und dir Kleidung gegeben? 39 Und wann haben wir dich krank oder im Gefängnis gesehen und sind zu dir gekommen? 40 Darauf wird der König ihnen antworten: Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan. 41 Dann wird er zu denen auf der Linken sagen: Geht weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das für den Teufel und seine Engel bestimmt ist! 42 Denn ich war hungrig und ihr habt mir nichts zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir nichts zu trinken gegeben; 43 ich war fremd und ihr habt mich nicht aufgenommen; ich war nackt und ihr habt mir keine Kleidung gegeben; ich war krank und im Gefängnis und ihr habt mich nicht besucht. 44 Dann werden auch sie antworten: Herr, wann haben wir dich hungrig oder durstig oder fremd oder nackt oder krank oder im Gefängnis gesehen und haben dir nicht geholfen? 45 Darauf wird er ihnen antworten: Amen, ich sage euch: Was ihr für einen dieser Geringsten nicht getan habt, das habt ihr auch mir nicht getan. 46 Und diese werden weggehen zur ewigen Strafe, die Gerechten aber zum ewigen Leben.

Der/Die Talentierteste gewinnt?!

 

Sicherlich hat sich jeder und jede von uns schon einmal gefragt: Warum ist es denn so ungerecht verteilt mit den Gaben und Talenten? Wieso kann diese oder jener denn bitte so viele Musikinstrumente spielen?! Zusätzlich ist er/sie noch super sportlich und Schule, Ausbildung oder ein Studium fallen auch nicht schwer…

 

Ich glaube, dass es nicht nur darauf ankommt, welche Talente und Begabungen wir besitzen bzw. auch erst einmal entdecken können, sondern auch wie wir sie einsetzen.

Es gibt Talente, die uns einfach Freude bereiten, sodass wir sie deshalb gerne ausüben – dabei denke ich an Sportarten und künstlerische oder kreative Tätigkeiten. Vielleicht gibt es aber auch Begabungen, die wir toll zeigen können, die uns aber selbst gar nicht gefallen. Diese wiederum können im Dienst für andere Menschen stehen und in einer Gemeinde und Gemeinschaft von großem Nutzen sein. Ein eventuell etwas einfaches Beispiel ist das Kochen. Gut kochen zu können und diese Tätigkeit für andere einzusetzen, ist ein großer Segen und tut vielen Menschen für ihr Wohl und auch ihre Gesundheit gut. Natürlich kann Kochen auch Spaß machen und Hobby sein, aber dennoch gibt es einige Menschen, die zwar gut jedoch ungern für die ganze Familie kochen (müssen).

 

So bleibt die Frage: Welche Talente, und vor allem wie, können wir diese einsetzen?

Ich denke, dass es einem gewissen Ideal entsprechen kann, wenn sich Talent, Freude und der Dienst am Nächsten und somit im Sinne Gottes in einem Bereich treffen.

Wenn es mir zum Beispiel leichtfällt, eine Veranstaltung zu organisieren, die dem Gemeinwohl dient oder einfach für viele Menschen hilfreich und wohltuend ist, und ich dabei sogar Spaß empfinde, kann ich besonders leidenschaftlich und sinnstiftend handeln. Denn Freude, mein Talent und der Dienst sind unter einen Hut gebracht – und alles ist von Gott umgeben.

 

Und so dürfen wir unser vermeintlich unbeschriebenes Blatt selbst füllen und auf neugierige Entdeckungsreise gehen, welche Talente in uns schlummern, was uns besonders Freude bereitet und wie wir diese Erkenntnisse in den Dienst Gottes stellen können.

 

Thale Schmitz

 

 

Evangelium:  

 

Mt 25, 14-15.19-21: Das Gleichnis von den anvertrauten Talenten Silbergeld

 

14 Es ist wie mit einem Mann, der auf Reisen ging. Er rief seine Diener und vertraute ihnen sein Vermögen an.

15 Dem einen gab er fünf Talente Silbergeld, einem anderen zwei, wieder einem anderen eines, jedem nach seinen Fähigkeiten. Dann reiste er ab.

19 Nach langer Zeit kehrte der Herr jener Diener zurück und hielt Abrechnung mit ihnen.

20 Da kam der, der die fünf Talente erhalten hatte, brachte fünf weitere und sagte: Herr, fünf Talente hast du mir gegeben; sieh her, ich habe noch fünf dazugewonnen.

21 Sein Herr sagte zu ihm: Sehr gut, du tüchtiger und treuer Diener. Über Weniges warst du treu, über Vieles werde ich dich setzen. Komm, nimm teil am Freudenfest deines Herrn!

Schicksal oder Zickenalarm?!

 

Das Gleichnis der 10 Jungfrauen irritiert mich immer wieder aufs Neue. Ich ärgere mich über die Einordnung in klug und töricht. Diese Kategorisierung und die Einteilung in zwei Gruppen anhand einer einzigen prägnanten Eigenschaft (klug bzw. töricht) widerspricht meinem Anspruch, jeden Menschen individuell wahrzunehmen und sowieso nicht zu be- geschweige denn zu verurteilen. Ist denn ein Urteil so nötig?

 

Inhaltich ist die Unterscheidung von klug und töricht fast gleichzusetzen mit den Ebenen Glück und Unglück. Es spiegelt die Gesellschaft vielleicht sogar in Bezug auf Ungerechtigkeiten oder Armut und Reichtum wider – hier sogar auch im übertragenden Sinne: arm bzw. reich an Intellekt. Ein weiteres gesellschaftliches Thema wird angestoßen, indem die klugen Jungfrauen den anderen nicht von ihrem Öl abgeben.

 

Bei der Suche nach einem passenden Bild bin ich auf die Darstellungen der 10 Jungfrauen im Magdeburger Dom gestoßen. Die Gesichtsausdrücke der Frauen sind auch innerhalb der zwei Gruppen so unterschiedlich, dass es sich genauer hinzuschauen lohnt. Es ist sehr deutlich, dass die klugen Jungfrauen eine positive und die törichten Jungfrauen eine negative Ausstrahlung haben. Dennoch sind sämtliche Emotionen zu erkennen: unter klugen Jungfrauen sehe ich Freude, Glückseligkeit und Zufriedenheit, aber auch Hochmut und Schadenfreude; die törichten Frauen zeigen aus meiner Sicht tiefe Traurigkeit, Verzweiflung, Niedergeschlagenheit, Resignation und Trotz. Vielleicht entdecken Sie ganz andere bzw. weitere Emotionen in den abgebildeten Gesichtern. Fakt ist, dass sie sehr unterschiedlich und nicht über einen Kamm zu scheren sind.

Es stimmt – die klugen Jungfrauen hatten sich gründlich vorbereitet und ihre Öllampen aufgefüllt, um die Ankunft ihres himmlischen Bräutigams jederzeit zu erwarten. Anders die törichten Frauen – sie hatten ihre Zeit vertan und die Lampen vergessen aufzufüllen. Als es soweit ist, finden sie den rechten Weg nicht, kommen zu spät und werden nicht eingelassen und erhalten auch keine zweite Chance. „ZU SPÄT?!“

Ich glaube, dass alle Emotionen ihre Berechtigung haben und wir in unserem Leben unwiderrufliche Fehler machen (können) und Jesus Christus uns genau dann begleitet.

 

Thale Schmitz

 

 

Evangelium:  

 

Mt 25, 1-13: Das Gleichnis von den klugen und den törichten Jungfrauen

1 Dann wird es mit dem Himmelreich sein wie mit zehn Jungfrauen, die ihre Lampen nahmen und dem Bräutigam entgegengingen. 2 Fünf von ihnen waren töricht und fünf waren klug. 3 Die törichten nahmen ihre Lampen mit, aber kein Öl, 4 die klugen aber nahmen mit ihren Lampen noch Öl in Krügen mit. 5 Als nun der Bräutigam lange nicht kam, wurden sie alle müde und schliefen ein. 6 Mitten in der Nacht aber erscholl der Ruf: Siehe, der Bräutigam! Geht ihm entgegen! 7 Da standen die Jungfrauen alle auf und machten ihre Lampen zurecht. 8 Die törichten aber sagten zu den klugen: Gebt uns von eurem Öl, sonst gehen unsere Lampen aus! 9 Die klugen erwiderten ihnen: Dann reicht es nicht für uns und für euch; geht lieber zu den Händlern und kauft es euch! 10 Während sie noch unterwegs waren, um es zu kaufen, kam der Bräutigam. Die Jungfrauen, die bereit waren, gingen mit ihm in den Hochzeitssaal und die Tür wurde zugeschlossen. 11 Später kamen auch die anderen Jungfrauen und riefen: Herr, Herr, mach uns auf! 12 Er aber antwortete ihnen und sprach: Amen, ich sage euch: Ich kenne euch nicht. 13 Seid also wachsam! Denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde.

„JA sagen“ heißt vertrauen

 

Gott,

 

Du hast über mein Leben ein Wort ausgerufen,
das Du nie wieder zurücknimmst:
das kleine Wort JA,
mit dem Du mich gut heißt, mich und jeden Menschen,
deine ganze Schöpfung.

 

Du willst nicht, dass dieses Wort verhallt, sondern in meinem Leben ein Echo findet. Du wartest auf mein JA zu mir selbst, zu jedem Menschen, zu deiner ganzen Schöpfung, zu Dir.

 

Dein JA fragt unablässig nach meinem JA. So muss das NEIN weichen, dieses Wider-Wort,
das Menschen friedlos macht und die Erde schändet.

 

Gott,
ich ahne das Wagnis …

 

Eines Tages lass mich erkennen:
… Ich habe [wie Du] JA gesagt.

Pater Marian Reke OSB

Prophetische Worte: Allein den Betern kann es noch gelingen…

 

Im Jahr 1936 schrieb der damals 33-jährige Reinhold Schneider das folgende Gedicht:

 

Allein den Betern kann es noch gelingen

Das Schwert ob unsern Häuptern aufzuhalten

Und diese Welt den richtenden Gewalten

Durch ein geheiligt Leben abzuringen.

 

Denn Täter werden nie den Himmel zwingen:

Was sie vereinen, wird sich wieder spalten,

Was sie erneuern, über Nacht veralten,

Und was sie stiften, Not und Unheil bringen.

 

Jetzt ist die Zeit, da sich das Heil verbirgt,

Und Menschenhochmut auf dem Markte feiert,

Indes im Dom die Beter sich verhüllen,

 

Bis Gott aus unsern Opfern Segen wirkt

Und in den Tiefen, die kein Aug‘ entschleiert,

Die trockenen Brunnen sich mit Leben füllen.

 

Bis heute berühren seine Zeilen, weil sie für mein Empfinden bis heute vermitteln, wie tief empfunden Reinhold Schneider hier seine bzw. die Wahrheit beschreibt. Er, der gegen den Faschismus und seinen Größenwahn angeschrieben hat und 1945 wohl auch ein Opfer des Nationalsozialismus geworden wäre.  Reinhold Schneider sollte wegen Hochverrats der Prozess gemacht werden, wenn nicht das Kriegsende ihn vor einem ähnlichen Schicksal wie Dietrich Bonhoeffer bewahrt hätte.

 

In seinem neuesten Buch veröffentliche der Theologe Fulbert Steffensky dazu vor wenigen Monaten folgende zu Reinhold Schneiders Gedicht passende Gedanken:

 

Jeder Stiefel, der mit Gedröhn dahergeht (Jesaja 9,4)

 

Schön wäre es, sagen wir, wenn das Gedröhn der Militärstiefel nicht mehr zu hören wäre. Schön wäre es, wenn nirgends mehr blutige Uniformen zu sehen wären. Aber, so sagen wir, die Welt ist nicht so. Solange das Böse existiert, muss man ihm entgegentreten; man muss die Menschen vor ihm schützen, notfalls mit Gewalt.

Vielleicht ist sogar richtig, was wir sagen. Vielleicht muss es Gewalt gegen die Gewalt geben, damit die Bosheit am Schlimmsten gehindert wird. Das mag wahr sein. Aber es ist eine pessimistische Wahrheit. Gewalt mag gelegentlich notwendig sein, aber sie ändert nichts am Lauf der Dinge. Unendlich ist der Kreislauf: Gewalt erzeugt Gewalt erzeugt Gewalt erzeugt Gewalt…

Es könnte sein, dass der Gedanke der Gewalt als Hilfsmittel uns in Fleisch und Blut übergegangen ist. Wir denken ihn für die Sicherheit unserer Städte, unserer Länder. Schnell denken wir ihn für die Schule und die Erziehung.

Der alte Text, der für das Verbrennen der Soldatenmäntel plädiert, unterbricht diese zwanghafte und pessimistische Gedankenkette. Er lehrt uns zu denken, es könnte einen Zustand geben, in dem die Gewalt nicht mehr als schnelles Mittel gewünscht wird. Er nimmt der Gedanken der Gewalt seine dümmliche Selbstverständlichkeit. Was, wenn wir keine alten Texte mehr kennen? Dann haben wir unsere Lehrer verloren, und wir sind uns selber ausgeliefert.

(Quelle: ‚Schutt und Asche – Streifzüge durch Bibel und Gesangbuch‘, HG: Fulbert Steffensky, Radius-Verlag, S. 113)

 

Allein den Betern kann es noch gelingen… In diesem Sinne: Herzliche Einladung zum etwa zehnminütigen Friedensgebet dienstags bis samstags um ‚fünf vor zwölf‘ im Klostergarten am Propsteihof!

 

Stefan Tausch, Pastor

Friede sei mit euch! (vgl. Joh 20,19.21.26)
Seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine laden wir dienstags bis samstags um ‚fünf vor zwölf‘ zu einem etwa zehnminütigen Friedensgebet in den Klostergarten am Propsteihof ein und sprechen gemeinsam das folgende Gebet:

 

Lasst uns gemeinsam um Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung beten! Ewiger Gott, durch dein machtvolles Wort hast du die Schöpfung ins Sein gerufen und sie uns Menschen anvertraut, damit wir sie gestalten und bewahren.

Wir bitten dich: Schau voll Erbarmen auf unsere Welt; auf die vielen Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen mussten; auf alle Opfer von Terror und Gewalt, von Machtstreben und Hochmut, von Umweltausbeutung und Naturkatastrophen; schau auf unsere Sehnsucht nach Heil und Frieden.

Wir denken besonders an die Menschen und Verantwortlichen in jenen Ländern, deren Entwicklung und Handeln uns mit Sorgen erfüllen und die vor besonderen Herausforderungen stehen: (Ländernamen werden genannt)

Lass uns nicht allein, wenn wir die Konsequenzen menschlichen Tuns nicht tragen können. Sprich dein Wort der Vergebung dort, wo wir selbst schuldig werden.

Mach uns zu einem Werkzeug deines Friedens und befähige uns, in unserem Alltag konkrete Schritte der Solidarität im Beten und Handeln zu tun. Darum bitten wir durch Christus, unseren Erlöser und Herrn. AMEN.

Passend dazu schreibt der Theologe Fulbert Steffensky:
Wir liegen vor dir mit unserem Gebet (Daniel 9,18)

 

Das Gebet ist die dichteste Stelle, an der wir aufhören, etwas für uns selbst vorzubringen – eine Rechtfertigung, eine Entschuldigung, ein Argument, eine vorweisbare Stärke. Es ist der höchste Ort der Passivität, der Ort der Wehrlosigkeit, an dem wir uns selber verlassen und uns unter das Gericht der Güte Gottes stellen.

Im Gebet haben wir keine Argumente mehr, kein Rühmen, nicht einmal ein Verdammungsurteil über uns selbst. Das Gebet ist die eigentliche Form der Selbstentsagung. Man führt sich vor dem Blick Gottes nicht mehr an und auf. Das ist in gar keiner Weise als moralische Haltung zu verstehen, eher ist es die absolute Haltungslosigkeit, die Aufgabe eines jeden Selbststandes; eine Aufgabe, die unsere Freiheit fördert.

Alle Gebete sollen etwas von jenem Schweigen durchscheinen lassen, das das Wesen jener Wehrlosigkeit und Passivität ist. Wachsen im Gebet heißt auch Wachsen ins Schweigen, bis wir vielleicht nur noch drei, vier Worte finden; vielleicht nur noch ein Bild. Vielleicht brauchen wir irgendwann einmal keine Worte und keine Bilder mehr. Sich ergeben ist die Grundgeste des Gebetes.

(Quelle: ‚Schutt und Asche – Streifzüge durch Bibel und Gesangbuch‘, HG: Fulbert Steffensky, Radius-Verlag, S. 166)

In diesem Sinne: Lasset uns beten: Herr, gib uns deinen Frieden!

 

Stefan Tausch, Pastor

Eine synodale Kirche schafft Schauplätze für die Armen.

 

In den vergangenen Tagen wurden in den Arbeitskreisen und den Vollversammlungen immer wieder Themen wie Ökumene und die weltweite Armut thematisiert. Sie sind Schauplätze einer synodalen Kirche. Schauplätze sind Orte der Aktion. Dort, wo etwas geschieht, da finden sich Schauplätze – da kann man Menschen sehen. Wo Stillstand herrscht, sieht man nichts und niemanden.

 

Die Armen dieser Welt sind die Menschen in Bewegung. Sie merken, dass nichts mehr so ist wie es war und nichts mehr so bleiben kann wie es ist. Die Armen dieser Welt setzen sich in Bewegung, besteigen Boote. Sie machen sich auf, ohne zu wissen, ob sie ankommen oder untergehen werden. Sie sind getrieben von der Hoffnung auf das Ende der Armut. Kein Armer will arm bleiben!

 

Wir reichen wollen ungern zu Schauplätzen der Armut werden. Wir haben Angst davor, dann zu viel obszöne Ungleichheit zu sehen.

 

Deswegen wollen wir uns abschotten vor der Armut und vor den Armen. Wir bauen Wälle und Zäune. Wir verschließen mit unseren Grenzen unsere Augen vor den Armen. Dabei ist ihr Leben meist Ergebnis unseres Lebens. Ihr Mangel ist Ergebnis unseres Konsums. Ihre Heimatlosigkeit ist Folge unserer klimagefährdeten Lebensweise. Ihre Abhängigkeit ist Konsequenz unserer Selbstbezogenheit.

 

Eine synodale Kirche weiß darum, dass die Armen keine Objekte unserer Barmherzigkeit sein wollen, sondern dass sie in ihr die Stimme der Gerechtigkeit sind. Die Armen sind der Weckruf des Gewissens, in dem wir die fragende Stimme Gottes hören: Ich war arm – und was habt Ihr getan?

 

Eine synodale Kirche hat die Aufgabe, aus der Erkenntnis der eigenen Bedürftigkeit einen Beitrag zu leisten, dass die Armen dieser Welt eine Chance haben, da sein zu dürfen und ihr Leben wieder in die eigenen Hände zu nehmen und nicht weiter abhängig vom Weh und Willen anderer zu sein.

 

Gerechtigkeit schaffen beginnt bei uns. Nicht nur Koexistenz, nicht nur nebeneinander leben, sondern Proexistenz, füreinander leben, ist die Aufgabe einer synodalen Kirche. Der Kampf gegen die Armut beginnt beim Zuhören auf die Wünsche und Sehnsüchte, im Wahrnehmen der Hoffnungen der Armen. Erst dann können wir sie ermächtigen, ihr Leben selbstbestimmt in die eigenen Hände zu nehmen und gleichberechtigte Kinder Gottes und Bürger dieser Welt zu werden.

 

Prof. Dr. Thomas Schwartz,

Hauptgeschäftsführer des Osteuropa-Hilfswerks Renovabis und Teilnehmer der Weltbischofs-synode zur Synodalität in Rom

 

(Quelle: https://www.katholisch.de/artikel/47576-mut-zur-ehrlichkeit-synodalitaet-ist-keine-einstimmigkeit )

Bewahre uns vor der Macht des Geldes!

 

Das Gleichnis von den Winzern löst viele Irritationen aus. Wie können die Winzer befreit von jeglichem Skrupel und nur ihre Vorteile sehend zu solcher Gewalt und Aggressivität fähig sein? Es lässt die Lesenden erschaudern und vielleicht sogar an weitere schlimme Verbrechen in der Welt heute denken. Die Winzer lassen sich auch nicht davon abhalten, den eigenen Sohn des Gutsbesitzers umzubringen – sie machen keinen Unterschied. Zu groß ist die Profitgier und die Habsucht wird immer größer. Vielleicht ist auch die Hemmschwelle gesunken bzw. sinkt immer weiter, indem die Winzer fortlaufend solche Gewalttaten vollbringen.

Beim zweiten Lesen des Evangeliums ging es mir so, dass ich den Gutsbesitzer und sein Handeln plötzlich im Fokus hatte. Wie kann er nur so viele seiner Mitarbeiter und später sogar seinen Sohn den Winzern ausliefern?! Wie ein Lamm unter die Wölfe schickt er sie und vor allem seinen Sohn, den er alleine zu ihnen sendet, nachdem die Winzer so viele seiner Knechte umgebracht hatten. Sicherlich war er überzeugt – wie es auch geschrieben steht, dass sie es nicht wagen würden, auch ihm etwas anzutun. Dennoch ist es doch ein enormes Risiko, diesen unberechenbaren Männern den eigenen Sohn auszuliefern – nur um an sein Geld für die Pacht zu kommen?!?

 

Das Verhalten der Winzer ist sicherlich nicht schön zu reden und sie handeln definitiv in großem Unrecht. Sie wollen sich nicht nur selbst bereichern, indem sie Abgaben ausstehen lassen, sondern entreißen dem Sohn symbolisch den Ring und ernennen bzw. erhöhen sich selbst zum Gutsherrn. Die Gewalt und Grausamkeit hatten ihnen Macht beschert, die ihnen die Menschlichkeit und Empathie für andere weichen lässt.

 

Doch die Parallelen zum Leben und Leiden Jesu (hier der Sohn) sind deutlich erkennbar. Er wurde – unter Gottes Augen – wie ein Lamm unter die Wölfe geschickt und es musste so geschehen. Viele Fragen blieben und bleiben auch für uns offen.

 

Kürzlich habe ich das Musical Hiob (adonia.de) erleben dürfen. Vielleicht ist es die große Gottesfurcht und das unendliche Vertrauen, dass uns vor schwarzem Geld und der Brutalität der gefallenen Welt nicht ganzheitlich bewahren kann, jedoch bietet Gott uns trotz allem Leid in der Welt und im Leben eine hoffnungsvolle Zukunftsperspektive.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 21, 33-44: Das Gleichnis von den Winzern

33 Hört noch ein anderes Gleichnis: Es war ein Gutsbesitzer, der legte einen Weinberg an, zog ringsherum einen Zaun, hob eine Kelter aus und baute einen Turm. Dann verpachtete er den Weinberg an Winzer und reiste in ein anderes Land. 34 Als nun die Erntezeit kam, schickte er seine Knechte zu den Winzern, um seine Früchte holen zu lassen. 35 Die Winzer aber packten seine Knechte; den einen prügelten sie, den andern brachten sie um, wieder einen anderen steinigten sie. 36 Darauf schickte er andere Knechte, mehr als das erste Mal; mit ihnen machten sie es genauso. 37 Zuletzt sandte er seinen Sohn zu ihnen; denn er dachte: Vor meinem Sohn werden sie Achtung haben. 38 Als die Winzer den Sohn sahen, sagten sie zueinander: Das ist der Erbe. Auf, wir wollen ihn umbringen, damit wir sein Erbe in Besitz nehmen. 39 Und sie packten ihn, warfen ihn aus dem Weinberg hinaus und brachten ihn um. 40 Wenn nun der Herr des Weinbergs kommt: Was wird er mit jenen Winzern tun? 41 Sie sagten zu ihm: Er wird diese bösen Menschen vernichten und den Weinberg an andere Winzer verpachten, die ihm die Früchte abliefern, wenn es Zeit dafür ist. 42 Und Jesus sagte zu ihnen: Habt ihr nie in der Schrift gelesen: Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, / er ist zum Eckstein geworden; / vom Herrn ist das geschehen / und es ist wunderbar in unseren Augen? 43 Darum sage ich euch: Das Reich Gottes wird euch weggenommen und einem Volk gegeben werden, das die Früchte des Reiches Gottes bringt. 44 Und wer auf diesen Stein fällt, wird zerschellen; auf wen der Stein aber fällt, den wird er zermalmen.

Voraussicht ist besser als Nachsicht?!

 

Der Blick zurück hat womöglich in jedem Leben schon Unheilvolles verhindern können. Damit meine ich absolut nicht, dass wir gedanklich in der Vergangenheit verharren sollten, anstatt im Hier und Jetzt zu leben. Jedoch können wir gewisse Entscheidungen oder ein situationsspezifisches Verhalten hinterfragen und vielleicht revidieren. Ich kann mich dazu entschließen, eine Bitte zu erfüllen, die ich ausgeschlagen hatte oder einer Veranstaltung beiwohnen, der ich eigentlich fernbleiben wollte.

Augenscheinlich scheint es der klügste Weg zu sein, jegliche Entscheidungen und Verhaltensweisen gut zu überdenken und so vorauszuplanen, dass es einfach in der Regel die richtigen sind. Die Voraussicht gibt Sicherheit und vermeidet Revidierungen.

 

Doch wie sollen wir als Menschen leben, wenn wir nicht spontan und auch mal im Affekt reagieren können? Stetige Vorausplanungen behindern das Leben im Hier und Jetzt genauso, denn wir denken dabei allzeit an die Zukunft und leben gedanklich schon dort. Daher würde ich persönlich dafür plädieren, das Risiko möglicher Fehlentscheidungen zu wagen und sich selbst gnädig zu sein, indem wir nachsichtig sind und ein Verhalten korrigieren bzw. verändern.

 

Ich denke dabei auch an spezifische Situationen in meiner Kindheit und Jugend. Ein Konflikt zwischen meiner Mutter und mir führte hin und wieder zu einem großen Streit, der auch sehr laut werden konnte. Verbissen wollte ich häufig auf meine eigene Meinung bestehen und blockte alle Gedanken und Sichtweisen meiner Mutter, die sicherlich auch sehr wohlwollend gemeint waren, ab. Unversöhnt gingen wir auseinander und erst als sich die Wut und Emotionen im Allgemeinen reguliert hatten, konnte ich wieder klare Gedanken fassen und das Geschehene inhaltlich reflektieren.

Natürlich gab es auch Meinungsunstimmigkeiten, die zwischen uns blieben und bleiben, doch es war auch häufig der Fall, dass ich im Nachhinein Einsicht hatte und diese auch zeigen konnte. Ich entschuldigte mich bei meiner Mutter und war froh darüber, dass der Konflikt unsere Beziehung sogar stärken konnte.

 

Vielleicht sollten wir Voraussicht und Nachsicht gar nicht gegeneinander aufwägen.

Und beim Autofahren sollten wir sowieso beides tun!

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 21, 28-32:

 

Das Gleichnis vom willigen und vom unwilligen Sohn

28 Was meint ihr? Ein Mann hatte zwei Söhne. Er ging zum ersten und sagte: Mein Kind, geh und arbeite heute im Weinberg!

29 Er antwortete: Ich will nicht. Später aber reute es ihn und er ging hinaus.

30 Da wandte er sich an den zweiten und sagte zu ihm dasselbe. Dieser antwortete: Ja, Herr – und ging nicht hin.

31 Wer von den beiden hat den Willen seines Vaters erfüllt? Sie antworteten: Der erste. Da sagte Jesus zu ihnen: Amen, ich sage euch: Die Zöllner und die Dirnen gelangen eher in das Reich Gottes als ihr.

32 Denn Johannes ist zu euch gekommen auf dem Weg der Gerechtigkeit und ihr habt ihm nicht geglaubt; aber die Zöllner und die Dirnen haben ihm geglaubt. Ihr habt es gesehen und doch habt ihr nicht bereut und ihm nicht geglaubt.

Und doch sind wir zufrieden!

 

Kürzlich kam das Thema Gehalt bei einem Familien- und Freundestreffen zur Sprache. Wir waren eine sehr interessante Runde: ein Malermeister, eine Sonderpädagogin, ein Berufsfeuerwehrmann, eine Biotechnologin, ein Kommissar im Bundeskriminalamt, eine Versicherungsangestellte, ein Ingenieur, Studierende und eben ich als Theologin.

Ich war teilweise sehr verblüfft über die Unterschiede und es irritierte mich, dass gewisse Berufe, die ich sogar als gut vergütet eingestuft hätte, sehr viel geringeres Gehalt einbringen. Die Wichtigkeit und Wertschätzung der spezifischen Tätigkeit spielen leider nicht die entscheidende Rolle. Ich brachte dies zum Ausdruck und hatte gleich ein schlechtes Gewissen, denn ich wollte natürlich nicht für Frust sorgen, geschweige denn das Vergleichen untereinander ankurbeln bzw. initiieren. Zu meiner Überraschung waren die Anderen völlig unbeeindruckt und bestätigten mir, dass dies im Angesicht der Abschlüsse (Ausbildung/Diplom/Bachelor/Master) sehr transparent sei und sich alle bei den angestrebten Berufszielen der Gehaltslage bewusst waren. Besonders schön fand ich es, dass diese Situation auch gar keinen Frust erzeugte, sondern Zufriedenheit zum Ausdruck kam, gerade weil Geld doch nicht alles sei.

Mir wurde schlagartig bewusst, dass es erst der Vergleich untereinander ist, der ggfls. Frust und Unzufriedenheit auslöst. Wie die Arbeiter im Weinberg, die alle ihren Tagessatz erhalten, um ihre Familien zu ernähren und dankbar sind, für den Tag Arbeit gefunden zu haben. Die Unzufriedenheit entsteht erst bei der Auszahlung und dem Stundenvergleich mit den anderen Arbeitern. Doch was ist das eigentlich für ein Vergleichswert zwischen ihnen und auch zwischen uns heute?! Wir haben Arbeit und können uns davon ernähren – doch wie sieht es mit Menschen in Entwicklungsländern und Hungersnöten aus? Egal wie vermeintlich wenig wir verdienen mögen – niemand muss hungern! Welch ein Geschenk und Grund zur Dankbarkeit!

Aber auch sowieso sollte der Maßstab nicht an anderen Menschen gemessen werden. Gott sollte der Maßstab sein – Er ernährt uns und wir müssen uns darum nicht sorgen.

 

Das größte Glück besteht wohl darin,

in Jesus Christus etwas zu finden,

was einem noch wichtiger wird

als das eigene Glück.                                                          Hans-Joachim Eckstein

 

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 20, 1-16: Das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg

 

1 Denn mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Gutsbesitzer, der früh am Morgen hinausging, um Arbeiter für seinen Weinberg anzuwerben. 2 Er einigte sich mit den Arbeitern auf einen Denar für den Tag und schickte sie in seinen Weinberg. 3 Um die dritte Stunde ging er wieder hinaus und sah andere auf dem Markt stehen, die keine Arbeit hatten. 4 Er sagte zu ihnen: Geht auch ihr in meinen Weinberg! Ich werde euch geben, was recht ist. 5 Und sie gingen. Um die sechste und um die neunte Stunde ging der Gutsherr wieder hinaus und machte es ebenso. 6 Als er um die elfte Stunde noch einmal hinausging, traf er wieder einige, die dort standen. Er sagte zu ihnen: Was steht ihr hier den ganzen Tag untätig? 7 Sie antworteten: Niemand hat uns angeworben. Da sagte er zu ihnen: Geht auch ihr in meinen Weinberg! 8 Als es nun Abend geworden war, sagte der Besitzer des Weinbergs zu seinem Verwalter: Ruf die Arbeiter und zahl ihnen den Lohn aus, angefangen bei den Letzten, bis hin zu den Ersten! 9 Da kamen die Männer, die er um die elfte Stunde angeworben hatte, und jeder erhielt einen Denar. 10 Als dann die Ersten kamen, glaubten sie, mehr zu bekommen. Aber auch sie erhielten einen Denar. 11 Als sie ihn erhielten, murrten sie über den Gutsherrn 12 und sagten: Diese Letzten haben nur eine Stunde gearbeitet und du hast sie uns gleichgestellt. Wir aber haben die Last des Tages und die Hitze ertragen. 13 Da erwiderte er einem von ihnen: Freund, dir geschieht kein Unrecht. Hast du nicht einen Denar mit mir vereinbart? 14 Nimm dein Geld und geh! Ich will dem Letzten ebenso viel geben wie dir. 15 Darf ich mit dem, was mir gehört, nicht tun, was ich will? Oder ist dein Auge böse, weil ich gut bin? 16 So werden die Letzten Erste sein und die Ersten Letzte.

Wie auch wir verzeihen unseren Schuldigern?!

 

Vergebung – ein Wort, das für viele Menschen sofort christlicher Natur und somit ein Kirchenthema ist. Das Ausmaß und die Wirkungsweise und -weite insbesondere ist vielen beinahe unbekannt. Vielleicht fragen sich einige Menschen gar nicht, was es mit ihnen und ihrem Leben sowie Zusammenleben mit anderen Menschen zu tun habe könnte.

Das Wort Verzeihen ist hingegen für den einen oder die andere geläufiger und auch gebräuchlicher im Alltag.

 

Doch worin besteht eigentlich der Unterschied?

 

Bei einer kurzen Internetrecherche bin ich auf die folgenden Definitionen gestoßen:

Vergeben heißt, dass jemand eine Sache getan hat, seine Entschuldigung aber angenommen wird, ohne dass es ihm zukünftig vorgehalten wird. Das Verhältnis ist wie zuvor. Verzeihen hingegen bedeutet, dass ein Verständnis für die Tat besteht.

(https://karrierebibel.de/wp-content/uploads/2019/04/Verzeihen-vergeben-Unterschied-Definition.pdf)

 

Diese Zeilen habe ich gleich mehrfach gelesen und stutzte, da die Begriffe in gewisser Weise doch synonym zu gebrauchen sind. Vielleicht eröffnet sich hier die christliche Ebene des Vergebungsbegriffes – egal, was geschehen ist und egal, ob ich in irgendeiner Weise Verständnis für das Handeln des/der Anderen aufbringen kann, bin ich bereit, Frieden mit der Tat und natürlich mit der Person selber zu schließen. Gestolpert bin ich auch über den Satz „Das Verhältnis ist wie zuvor.“ Dieser Aussage möchte ich widersprechen, denn ich bin überzeugt davon, dass Vergebung auch möglich ist, wenn die Situation sich verändert hat oder verändern wird. Es ist sogar gut möglich, einer Person zu vergeben, die mir vielleicht sogar sehr nahestand, und dennoch folgt ein Beziehungsabbruch. Ganz zentral steht dabei, den inneren Frieden zu finden und den Konflikt, die Situation bzw. das Geschehene friedvoll abzuschließen.

Gewiss sind viele Menschen in ihrem Leben damit konfrontiert, ihre Familiengeschichte aufzuarbeiten, ohne dass im irdischen Leben alles geklärt werden kann. Sei es durch Tod, Krankheit, Demenz…Vergebung ist und bleibt jedoch möglich – Wir geben dabei wortwörtlich! Diese Entscheidung gilt es, allein und für sich persönlich zu treffen. Verzeihen – und wenn möglich Verständnis aufbringen – kann sicherlich nicht schaden, aber Vergebung führt noch einen oder viele Schritte tiefer.

So gesehen erleichtern Vergebung und Verzeihen das Leben und können es sogar  bunter machen!

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 18, 21-35: Über die Pflicht zur Vergebung

21 Da trat Petrus zu ihm und fragte: Herr, wie oft muss ich meinem Bruder vergeben, wenn er gegen mich sündigt? Bis zu siebenmal? 22 Jesus sagte zu ihm: Ich sage dir nicht: Bis zu siebenmal, sondern bis zu siebzigmal siebenmal. 23 Mit dem Himmelreich ist es deshalb wie mit einem König, der beschloss, von seinen Knechten Rechenschaft zu verlangen. 24 Als er nun mit der Abrechnung begann, brachte man einen zu ihm, der ihm zehntausend Talente schuldig war. 25 Weil er aber das Geld nicht zurückzahlen konnte, befahl der Herr, ihn mit Frau und Kindern und allem, was er besaß, zu verkaufen und so die Schuld zu begleichen. 26 Da fiel der Knecht vor ihm auf die Knie und bat: Hab Geduld mit mir! Ich werde dir alles zurückzahlen. 27 Der Herr des Knechtes hatte Mitleid, ließ ihn gehen und schenkte ihm die Schuld. 28 Als nun der Knecht hinausging, traf er einen Mitknecht, der ihm hundert Denare schuldig war. Er packte ihn, würgte ihn und sagte: Bezahl, was du schuldig bist! 29 Da fiel der Mitknecht vor ihm nieder und flehte: Hab Geduld mit mir! Ich werde es dir zurückzahlen. 30 Er aber wollte nicht, sondern ging weg und ließ ihn ins Gefängnis werfen, bis er die Schuld bezahlt habe. 31 Als die Mitknechte das sahen, waren sie sehr betrübt; sie gingen zu ihrem Herrn und berichteten ihm alles, was geschehen war. 32 Da ließ ihn sein Herr rufen und sagte zu ihm: Du elender Knecht! Deine ganze Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich angefleht hast. 33 Hättest nicht auch du mit deinem Mitknecht Erbarmen haben müssen, so wie ich mit dir Erbarmen hatte? 34 Und in seinem Zorn übergab ihn der Herr den Peinigern, bis er die ganze Schuld bezahlt habe. 35 Ebenso wird mein himmlischer Vater euch behandeln, wenn nicht jeder seinem Bruder von Herzen vergibt.

Herausforderung „Gemeinde“

 

Es ist traurige Realität, dass es manchmal genau die kirchliche Gemeinde ist, die zu großen Verwerfungen und Verletzungen zwischen den Menschen führt. Die Gemeinschaft, die den Glauben an Gott stärken und lebhafter machen möge, wird zum Hindernis und zur großen Herausforderung.

Ich möchte jedoch gar nicht schwarzmalerisch unterwegs sein, sondern herausstellen, dass eine Gemeinde im Gegenzug auch Rückhalt bietet und Konflikte zwischen den einzelnen Gemeindemitgliedern auffangen kann. Die gemeinschaftlich beschlossenen Regeln und Werte, die geteilt und gemeinsam gelebt werden wollen, bilden ein Netzwerk, welches in schwierigen Situationen als Auffangnetz fungieren kann. Es bietet Handlungsspielräume und setzt Akzente für den Umgang mit den spezifischen Gegebenheiten.

Bei all diesen Überlegungen und auch dem Agieren in den Strukturen einer Gemeinde finde ich es überaus wichtig zu betonen, dass die Gemeinde jedoch nicht uns Menschen gehört. Sie gehört auch nicht dem Pfarrer oder der Amtskirche, sondern sie ist die Kirche Jesu Christi und er ist es, der uns in diese Gemeinden hinein beruft. Das heißt jedoch nicht, dass wir uns zurücklehnen können und einfach mal abwarten sollen, was Jesus mit der Gemeinde so vorhat. Nein – er beruft uns, nicht nur ein Teil und somit Mitglied seiner Gemeinde zu sein, sondern er fordert nachdrücklich unser Mitwirken in ihr. Wir dürfen die Gemeinde gestalten und sollten bereit sein, auf verschiedenen Ebenen für und in sie zu investieren und uns für sie einzusetzen, sodass das gemeinschaftliche Leben gelingt und auch der Heilige Geist in ihr und uns wirken kann. Dabei spricht Jesus uns keinesfalls ab, dass auch Fehler gemacht und falsche Entscheidungen getroffen werden können. All diese Erfahrungen stärken eine Gemeinde und die gemeinsam angegangenen Herausforderungen führen zu neuen Perspektiven. Oder wie Madeleine Delbrêl es sehr passend in Worte fasst:

Gott braucht zu seiner Ehre keine Leute,

die perfekt sind,

sondern Leute, die ihn lieben. (Madeleine Delbrêl)

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:   

 

Mt 18, 15-20: Die brüderliche Zurechtweisung

15 Wenn dein Bruder gegen dich sündigt, dann geh und weise ihn unter vier Augen zurecht! Hört er auf dich, so hast du deinen Bruder zurückgewonnen.

16 Hört er aber nicht auf dich, dann nimm einen oder zwei mit dir, damit die ganze Sache durch die Aussage von zwei oder drei Zeugen entschieden werde.

17 Hört er auch auf sie nicht, dann sag es der Gemeinde! Hört er aber auch auf die Gemeinde nicht, dann sei er für dich wie ein Heide oder ein Zöllner.

18 Amen, ich sage euch: Alles, was ihr auf Erden binden werdet, das wird auch im Himmel gebunden sein, und alles, was ihr auf Erden lösen werdet, das wird auch im Himmel gelöst sein.

19 Weiter sage ich euch: Was auch immer zwei von euch auf Erden einmütig erbitten, werden sie von meinem himmlischen Vater erhalten.

20 Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.

Was steckt hinter der guten Absicht?

 

Petrus meint es gut – er will Jesus schützen, das Leiden abwenden und spricht: „Das soll Gott verhüten, Herr! Das darf nicht mit dir geschehen!“ (Mt 16, 22b) Petrus bringt so zum Ausdruck, dass er es nicht ertragen könnte, Jesus so leiden zu sehen und ihn nicht mehr in seinem Leben zu wissen. Diese Vorstellung versetzt ihn in Angst und er will es nicht glauben müssen. Doch Jesu harte Worte erschrecken ihn vermutlich beinahe noch mehr, denn Jesus reagiert mit folgenden Worten: „Tritt hinter mich, du Satan! Ein Ärgernis bist du mir, denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen.“ (Mt 16, 23b) Jesus ermahnt Petrus also hart und betitelt ihn als vom Teufel besessen. Die Situation endet an dieser Stelle – wahrscheinlich sind alle Anwesenden erschrocken und in gewisser Weise sprachlos. Wie mag das Erlebte bei den Beteiligten und vor allem bei Petrus nachgewirkt haben? Vielleicht musste er sich eingestehen, dass es stimmte, was Jesus sagte. Er meinte es doch gut, aber es steckten wohl eher eigennützige Beweggründe dahinter. Jesus, der seinen Mitmenschen so guttut, möge doch bei ihnen bleiben und Gott möge eingreifen.

Wie oft meinen wir etwas gut und es geht genau nach hinten los? Allzu gut kenne ich Konfliktsituationen in der Familie oder auch im Team oder Freundeskreis, in denen ich oder der/die Andere etwas mit einer guten Absicht gesagt oder getan hat und die Reaktion darauf ganz anders war als erwartet. Die gute Absicht entpuppt sich als denkbar schlechte Idee und der Adressat ist verärgert oder sogar verletzt. Dies führt häufig zum Streit, denn der oder die Andere hätte sich vielmehr Dankbarkeit oder Wertschätzung erhofft. Doch jedes Verhalten hat einen guten Grund! Womöglich war meine gute Absicht auch egoistisch motiviert oder ich habe die andere Person bzw. ihre Bedürfnisse ganz falsch eingeschätzt. Tut meine gute Absicht wirklich gut? Diese Frage sollten wir uns stets stellen, um unangenehme Reaktionen oder Verletzungen zu vermeiden. Eine gute Reflexion ist notwendig, aber am hilfreichsten ist definitiv die transparente Kommunikation miteinander. Selbst wenn eine augenscheinlich gute Absicht mal total nach hinten losgeht, können wir im Gespräch darüber bleiben, um es beim nächsten Mal besser zu wissen. Wenn wir uns dabei selbst entlarven und die eigene Maske erkennen, ist dies sicherlich hilfreich, um ehrlich mit sich selbst zu sein.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 16, 21-27:

 

Die erste Ankündigung von Leiden und Auferstehung Jesu

21 Von da an begann Jesus, seinen Jüngern zu erklären: Er müsse nach Jerusalem gehen und von den Ältesten und Hohepriestern und Schriftgelehrten vieles erleiden, er müsse getötet und am dritten Tag auferweckt werden. 22 Da nahm ihn Petrus beiseite und begann, ihn zurechtzuweisen, und sagte: Das soll Gott verhüten, Herr! Das darf nicht mit dir geschehen! 23 Jesus aber wandte sich um und sagte zu Petrus: Tritt hinter mich, du Satan! Ein Ärgernis bist du mir, denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen.

 

Nachfolge und Selbstverleugnung

24 Darauf sagte Jesus zu seinen Jüngern: Wenn einer hinter mir hergehen will, verleugne er sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. 25 Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, wird es finden. 26 Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sein Leben einbüßt? Um welchen Preis kann ein Mensch sein Leben zurückkaufen? 27 Der Menschensohn wird mit seinen Engeln in der Herrlichkeit seines Vaters kommen und dann wird er jedem nach seinen Taten vergelten.

Wem würde ich meinen Schlüssel anvertrauen?

 

Jemanden in meine Wohnung zu lassen, während ich nicht zuhause bin, ist für mich häufig mit einem unangenehmen Gefühl verbunden. Die eigene Wohnung ist wie ein eigenes „Reich“, welches ich nicht gerne Fremden überlassen möchte. Dennoch haben mir vertraute Menschen einen Ersatzschlüssel für meine Wohnung und sie sind so in der Lage im Notfall oder wenn ich sie darum bitte, jemandem Einlass zu gewähren oder nach dem Rechten zu sehen. Diesen Menschen – sei es meine Schwester/ein Familienmitglied, ein guter Freund oder eine Nachbarin – vertraue ich somit meinen Schlüssel an und gleichzeitig traue ich ihnen zu, dass sie verantwortlich mit ihm umgehen. Die übertragene Verantwortung ist damit jedoch nicht in trockenen Tüchern – ich habe den Schlüssel ihm/ihr überlassen und verliere die Kontrolle.

Jesus erwählt Petrus mit folgenden Worten: Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das wird im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird im Himmel gelöst sein. (Mt 16,18-19)

Jesus übergibt Petrus diese Verantwortung voll Vertrauen und mutet und traut ihm diese große Aufgabe auch zu. Er überträgt ihm die Kontrolle über die irdische Kirche und ihre Entwicklung, aber spricht auch von der Verbindung zum Himmelreich, zu dem er Petrus die Schlüssel geben wird.

 

Obwohl Petrus schon kurze Zeit später viele Taten der Enttäuschung und Ungeduld vollbringt und Jesus sogar dreimal verleugnet, wird er dennoch auserwählt der Fels zu sein, auf den Jesus seine Kirche bauen wird. Eine unüberlegte Entscheidung Jesu? Keinesfalls!

Jesus ist voll und ganz bewusst, dass kein Mensch fehlerfrei und zeitlebens mutig und unbeirrbar gradlinig sein Leben gestalten kann. Es gibt immer wieder Herausforderungen im Leben, die zu Umwegen aber auch Irrwegen führen können. Niemand ist davon befreit, auch mal eine falsche Entscheidung zu treffen und sich – auch in seinem Glauben – untreu zu werden. Doch was zeigt uns Jesus durch die Erwählung des Petrus? – Jesus erwählt uns alle!

Keine und keiner ist ihm zu niedrig und er ist stets bereit, uns unsere Sünden zu vergeben. Frohen Mutes und voller Entschlossenheit können wir ihm nachfolgen, um sein Reich hier auf Erden anbrechen zu lassen und aufzuschließen – er hat uns die Schlüssel längst anvertraut!

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 16, 13-20: Das Christusbekenntnis des Petrus und die Zusage Jesu

13 Als Jesus in das Gebiet von Cäsarea Philippi kam, fragte er seine Jünger und sprach: Für wen halten die Menschen den Menschensohn? 14 Sie sagten: Die einen für Johannes den Täufer, andere für Elija, wieder andere für Jeremia oder sonst einen Propheten. 15 Da sagte er zu ihnen: Ihr aber, für wen haltet ihr mich? 16 Simon Petrus antwortete und sprach: Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes! 17 Jesus antwortete und sagte zu ihm: Selig bist du, Simon Barjona; denn nicht Fleisch und Blut haben dir das offenbart, sondern mein Vater im Himmel. 18 Ich aber sage dir: Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. 19 Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das wird im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird im Himmel gelöst sein. 20 Dann befahl er den Jüngern, niemandem zu sagen, dass er der Christus sei.

„O amor é um presente para todos!“ (Papa Francisco)

 

„Liebe ist ein Geschenk für alle!“ – dies ist ein Zitat von Papst Franziskus aus einer Ansprache auf dem Weltjugendtag in Lissabon vor zwei Wochen. Sie wurde mir direkt in Erinnerung gerufen, als ich das heutige Evangelium gelesen habe. Bei der weiteren Recherche und dem Nachlesen der Predigten von Papst Franziskus fand ich jedoch eine noch viel passendere Stelle. Vor Ort in Lissabon wurden die Ansprachen leider nicht übersetzt bzw. ich hatte nicht die Möglichkeit, simultan über mein Handy eine deutsche Version anzuhören. Sehr wohl ist mir aber im Rahmen der Willkommenszeremonie am 3. August 2023 im Parque Eduardo VII in Lissabon in Erinnerung geblieben, wie der Papst mehrfach die folgenden Worte wiederholte: „Todos, todos, todos!“ (dt.: Alle, alle, alle!). Diese Ansprache bzw. den betreffenden Absatz möchte ich hier in deutscher Übersetzung einmal mit Ihnen und Euch teilen:

Liebe Freunde, ich möchte klar zu euch sein, die ihr allergisch auf Unwahrheiten und leere Worte seid: In der Kirche gibt es Platz für alle. Für alle. In der Kirche ist niemand überflüssig. Keiner ist überflüssig. Es ist Platz für alle. So wie wir sind. Alle. Und Jesus macht das deutlich. Als er die Apostel aussendet, um zum Festmahl jenes Mannes einzuladen, der es vorbereitet hatte, sagt er: „Geht und bringt alle mit, Junge und Alte, Gesunde, Kranke, Gerechte und Sünder. Alle, alle, alle!“ In der Kirche gibt es Platz für alle. „Vater, aber ich bin ein Unglücklicher, ich bin eine Unglückliche, ist da Platz für mich?“ Da ist Platz für alle! Alle zusammen, jeder in seiner eigenen Sprache, sprecht mir nach: Alle, alle, alle! Man kann es nicht hören, noch einmal! Alle, alle, alle! Und das ist die Kirche, die Mutter von allen. Da ist Platz für alle. Der Herr zeigt nicht mit seinem Finger, sondern öffnet seine Arme. Das ist schon merkwürdig: Der Herr kann dies nicht tun [zeigt mit seinem Finger], aber er kann dies tun [macht die Geste der Umarmung]. Er umarmt uns alle. Er zeigt uns Jesus am Kreuz, der seine Arme so weit geöffnet hat, um gekreuzigt zu werden und für uns zu sterben. Jesus verschließt niemals die Tür, niemals, sondern lädt dich ein einzutreten; „komm und sieh“. Jesus empfängt, Jesus heißt willkommen. In diesen Tagen möge ein jeder von uns die Sprache der Liebe Jesu weitergeben: „Gott liebt dich, Gott ruft dich“. Wie schön dies ist! Gott liebt mich, Gott ruft mich. Er will, dass ich ihm nahe bin.

(https://www.vatican.va/content/francesco/de/speeches/2023/august/documents/20230803-portogallo-cerimonia-accoglienza.html)

 

In Verbindung mit dem Evangelium bekräftigen die Worte von Papst Franziskus meine Überzeugung noch einmal mehr, dass Jesus keine Ausnahmen macht oder Sortierungen vornimmt. Er ist für alle da und steht mit ausgebreiteten Armen bereit, denn „Jesus Christus spricht: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.“ (Joh. 6,37) Der „Christus Salvator“ in der St. Moritzkirche in Augsburg geht allen sogar aktiv und mit offenen Armen entgegen.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 15, 21-28: Der Glaube der heidnischen Frau

21 Jesus ging weg von dort und zog sich in das Gebiet von Tyrus und Sidon zurück. 22 Und siehe, eine kanaanäische Frau aus jener Gegend kam zu ihm und rief: Hab Erbarmen mit mir, Herr, du Sohn Davids! Meine Tochter wird von einem Dämon gequält. 23 Jesus aber gab ihr keine Antwort. Da traten seine Jünger zu ihm und baten: Schick sie fort, denn sie schreit hinter uns her! 24 Er antwortete: Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt. 25 Doch sie kam, fiel vor ihm nieder und sagte: Herr, hilf mir! 26 Er erwiderte: Es ist nicht recht, das Brot den Kindern wegzunehmen und den kleinen Hunden vorzuwerfen. 27 Da entgegnete sie: Ja, Herr! Aber selbst die kleinen Hunde essen von den Brotkrumen, die vom Tisch ihrer Herren fallen. 28 Darauf antwortete ihr Jesus: Frau, dein Glaube ist groß. Es soll dir geschehen, wie du willst. Und von dieser Stunde an war ihre Tochter geheilt.

Mut zur Kirche

 

Petrus beweist im Evangelium Mut zur Kirche – einer Kirche im stetigen Aufbruch, damals wie heute:

 

„AUFBRECHEN findet da statt, wo ein Bisheriges veraltet ist und zurückbleiben muß… Die alte, die mittlere, die neue und die heutige Kirchengeschichte ist fortlaufend eine offene oder verborgene Geschichte solcher Aufbrüche.

 

Das nicht genug zu beleuchtende und zu bedenkende Modell:

der Auszug Israels aus Ägypten in das ihm verheißene Land.

Aufbrechen vollzieht sich also in einer Krisis.

 

Entschlossener Abschied wird da genommen von etwas Bekanntem, jetzt noch sehr Nahem, das vielleicht (etwa in Gestalt der berühmten Fleischtöpfe Ägyptens) auch seine Vorteile hatte.

Und entschlossene Zuwendung findet da statt zu etwas noch Fernem, in Hoffnung Bejahtem, das immerhin den Nachteil hat, in seiner herrlichen Gestalt noch reichlich unbekannt zu sein.

 

Indem die Kirche aufbricht, hat sie gewählt, sich entschieden.

Sie hat sich das Heimweh nach dem, was sie hinter sich läßt, im voraus verboten.

Sie begrüßt und liebt schon, was vor ihr liegt.

Sie ist noch hier und doch nicht mehr hier, noch nicht dort und doch schon dort.

Sie hat eine weite Wanderschaft vor sich – auch Kämpfe, auch Leiden, auch Hunger und Durst.

 

Nicht zu verkennen: sie seufzt.

Aber noch weniger zu verkennen: sie freut sich.

Dementsprechend denkt, redet, handelt sie.

In dieser Krisis besteht das Aufbrechen der Kirche:

das noch gefangene, schon befreite Volk Gottes.“

 

Karl Barth

 

Aus: Schott – Messbuch für die Wochentage Teil II, S. 91f. Herder Verlag 1986.

 

Evangelium:  

 

Mt 14, 22-33: Die Offenbarung des Gottessohnes auf dem Wasser

22 Gleich darauf drängte er die Jünger, ins Boot zu steigen und an das andere Ufer vorauszufahren. Inzwischen wollte er die Leute nach Hause schicken. 23 Nachdem er sie weggeschickt hatte, stieg er auf einen Berg, um für sich allein zu beten. Als es Abend wurde, war er allein dort. 24 Das Boot aber war schon viele Stadien vom Land entfernt und wurde von den Wellen hin und her geworfen; denn sie hatten Gegenwind. 25 In der vierten Nachtwache kam er zu ihnen; er ging auf dem See. 26 Als ihn die Jünger über den See kommen sahen, erschraken sie, weil sie meinten, es sei ein Gespenst, und sie schrien vor Angst. 27 Doch sogleich sprach Jesus zu ihnen und sagte: Habt Vertrauen, ich bin es; fürchtet euch nicht! 28 Petrus erwiderte ihm und sagte: Herr, wenn du es bist, so befiehl, dass ich auf dem Wasser zu dir komme! 29 Jesus sagte: Komm! Da stieg Petrus aus dem Boot und kam über das Wasser zu Jesus. 30 Als er aber den heftigen Wind bemerkte, bekam er Angst. Und als er begann unterzugehen, schrie er: Herr, rette mich! 31 Jesus streckte sofort die Hand aus, ergriff ihn und sagte zu ihm: Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt? 32 Und als sie ins Boot gestiegen waren, legte sich der Wind. 33 Die Jünger im Boot aber fielen vor Jesus nieder und sagten: Wahrhaftig, Gottes Sohn bist du.

Jesus strahlt aus!

Wie überwältigend ist die Vorstellung, die Verklärung Jesu selbst miterleben und seine ungeheure Ausstrahlung auf diese besondere Weise erfahren zu dürfen. Das leibhaftige Erleben Jesu war für die Menschen seiner Zeit bereits tiefgreifend, aber hier in der Verklärungserzählung strahlt er nochmals unvergleichlich aus.

Trotz aller Sorgen und dem Leid in der Welt und im persönlichen Leben, dürfen auch wir die Hoffnung und Perspektive Jesu ausstrahlen. Er will uns sagen: Es lohnt sich zu leben, auch wenn das Leben von Not und Grenzerfahrungen geprüft wird.

 

Dabei muss ich an ein Zitat des Philosophen Friedrich Nietzsche denken:

»Die Christen müssten mir erlöster aussehen.«

 

Sicherlich auch eine provokative Aussage, jedoch regt es mich eher an als auf, denn es stimmt: Wenn wir Jesus ganz in die Mitte unseres Lebens setzen und auf ihn vertrauen – egal wie verrückt die Welt um uns herum spielt –, erblicken wir hinter dem Leid immer wieder Hoffnung. Wir bleiben mit ihm in Verbindung und halten an ihm fest, denn kein anderer kann uns tragen wie er, kein anderer kann uns Mut machen in unseren Sorgen wie er und kein anderer kann uns solche Hoffnung, solche Erfüllung geben wie er. Er geht mit uns seinen Weg. Dies ganzheitlich zu leben und wahrhaftig zu spüren, könnte doch zur Folge haben, dass wir erlöst aussehen und diese Hoffnung ausstrahlen und in die Welt strahlen lassen – oder nicht?

Wir sollen die Probleme und die vielen Schicksalsschläge, die es in unserer Nähe oder auch bei uns selbst gibt, nicht verdrängen. Um aber leben zu können, ist es wichtig, den Blick auf den verklärten Herrn zu richten.

Die Kreuzesnachfolge ist nicht nur ein Weg durch bunte Blumenwiesen, sondern auch durch Dornen. Aber Nachfolge bedeutet auch, einen Herrn zu haben, der die Fülle des Lebens besitzt, der alle Schönheit und Güte ausstrahlt, an der wir teilhaben dürfen.

 

Viel zusätzliche Hoffnung schenkt mir grade auch das Buch „Blick in die Ewigkeit“ von Dr. Eben Alexander, in dem er als Neurochirurg von seiner faszinierenden Nahtoderfahrung berichtet, die ihn in so großer Bedrängnis erst zum Glauben führte.

Gott kommt uns auf Erden vielfältig nah und strahlt durch viele Poren aus!

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 17, 1-9: Die Verklärung Jesu

1 Sechs Tage danach nahm Jesus Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg.

2 Und er wurde vor ihnen verwandelt; sein Gesicht leuchtete wie die Sonne und seine Kleider wurden weiß wie das Licht.

3 Und siehe, es erschienen ihnen Mose und Elija und redeten mit Jesus.

4 Und Petrus antwortete und sagte zu Jesus: Herr, es ist gut, dass wir hier sind. Wenn du willst, werde ich hier drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija.

5 Noch während er redete, siehe, eine leuchtende Wolke überschattete sie und siehe, eine Stimme erscholl aus der Wolke: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören.

6 Als die Jünger das hörten, warfen sie sich mit dem Gesicht zu Boden und fürchteten sich sehr.

7 Da trat Jesus zu ihnen, fasste sie an und sagte: Steht auf und fürchtet euch nicht!

8 Und als sie aufblickten, sahen sie niemanden außer Jesus allein.

9 Während sie den Berg hinabstiegen, gebot ihnen Jesus: Erzählt niemandem von dem, was ihr gesehen habt, bis der Menschensohn von den Toten auferweckt ist!

Das Wunder der Perle

 

Wie entsteht eine Perle?

Aus einem Sandkorn in einer Auster.

Manchmal ist es Sand, manchmal aber auch ein Parasit oder ein anderer Fremdkörper.

Anfangs versucht die Auster, den Störenfried loszuwerden.

Aber wenn ihr das nicht gelingt, dann bildet sie eine Kapsel um ihn herum.

Diese wird nach und nach mit Perlmutt überzogen –

derselben Substanz, aus der die Innenseite ihrer Schale besteht.

Im Lauf ihres Lebens fügt die Auster Schicht um Schicht hinzu.

Aus: Sharon Garlough Brown: Unterwegs mit dir, S. 78.

Perlenketten und Perlenschmuck im Allgemeinen sind für uns sehr wertvolle Schätze und werden mit Wohlhabenheit und vielleicht sogar Reinheit assoziiert. Mit Blick auf den obigen Text ist es bemerkenswert, dass Perlen jedoch aus einem störenden Fremdkörper wie einem Sandkorn oder sogar einem Parasiten entstehen!

Wenn die betroffene Auster den Eindringling nicht loswerden kann, bildet sie nach und nach Schichten aus Perlmutt. Sie akzeptiert gewissermaßen, dass der Störenfried nun zu ihr gehört und formt etwas Wunderschönes daraus – aus ihren eigenen Ressourcen.

Wenn Sie also das nächste Mal eine Perlenkette anschauen, denken Sie daran, dass die Perlen Grabstätten für Parasiten waren und etwas Wunderschönes daraus entstanden ist. Vielleicht ändert dieser Gedanke unseren Blickwinkel auf unser Leben.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 13, 44-46:

 

Die Gleichnisse vom Schatz und von der Perle

44 Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Schatz, der in einem Acker vergraben war. Ein Mann entdeckte ihn und grub ihn wieder ein. Und in seiner Freude ging er hin, verkaufte alles, was er besaß, und kaufte den Acker.

 

45 Auch ist es mit dem Himmelreich wie mit einem Kaufmann, der schöne Perlen suchte.

46 Als er eine besonders wertvolle Perle fand, ging er hin, verkaufte alles, was er besaß, und kaufte sie.

Nie krank ist auch nicht gesund

 

Hugo Enomiya Lassalle erzählte mir einmal, ein Mitbruder hätte bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit gesagt: „Hauptsache gesund.“ Lassalle pflegte zu antworten: „Dafür bin ich nicht in den Orden eingetreten.“

 

Hauptsache gesund. Diese zwei Worte gehen uns wie selbstverständlich über die Lippen. Kein Grund, sie zu hinterfragen. Gesundheit ist uns teuer, buchstäblich. Die entsprechenden Kosten steigen, und die Diskussion, wie sie einzudämmen sind, nimmt kein Ende. Gesundheit ist so etwas wie ein goldenes Kalb, um das wir tanzen und dem wir gesellschaftlich und privat viel zu opfern bereit sind. Hauptsache gesund! Stimmt das? Ist dieser Spruch, genauer besehen, nicht lebensfeindlich und ist die Haltung, die dahintersteckt, nicht ungesund? Ich wage jedenfalls die Behauptung: Nie krank ist auch nicht gesund.

 

„Es tut weh, es lebt!“ so rief kürzlich mein Zahnarzt schon fast begeistert, nachdem er meinen Zahn abgeklopft und ich das Gesicht verzogen hatte. Schmerzen und Krankheit gehören zum Leben. Mehr noch: Sie sind Zeichen des Lebens. Angefangen von den Kinderkrankheiten über schmerzvolle Wachstumskrisen bis zu den Altersbeschwerden. Nicht Gesundheit und Schmerzfreiheit sind das höchste Gut, sondern ein sinnvolles, erfülltes Leben. Ignatius von Loyola, der Gründer des Jesuitenordens, sagt es so: Um zu seinem Lebensziel zu gelangen und also glücklich zu werden, sei es notwendig, sich allen Dingen gegenüber gleichmütig zu verhalten und Gesundheit nicht mehr zu verlangen als Krankheit, langes Leben nicht mehr als kurzes … Dabei wusste Ignatius, dass dies ohne Übung nicht geht. Und darum schrieb er die „Geistlichen Übungen“, bekannt als Exerzitien. In der Schule des Ignatius (und für mich auch in der Schule des Zen) lerne ich mehr und mehr, dass es zum Glück nicht die Erfüllung aller Wünsche braucht, dass ich glücklich sein kann auch dann, wenn ich Schweres erlebe, wenn ich zum Beispiel liebe Menschen verliere oder eben krank bin.

 

Vor mir liegt der Brief einer Frau, die eine schwere seelische Krankheit durchgemacht hatte. Sie schreibt: „Durch die Krankheit bin ich ein anderer Mensch geworden, toleranter, gelassener und zufriedener. Ich möchte nicht mehr so sein wie vor der Krankheit.“ Mit anderen Worten: Krankheit kann ein Segen sein.

 

Gesund ist, wenn auch nicht das höchste, so doch ein hohes Gut. Darum empfehle ich: Tun Sie etwas für die Gesundheit und gegen krankmachenden Stress. Für mich sind regelmäßige Auszeiten das probate Mittel. Rechtzeitig trage ich „Freizeiten“ in meine Agenda ein. Eine Auszeit zur rechten Zeit wirkt Wunder – wenn nur dabei der Stille genügend Raum gegeben wird.

Kluge Ärzt*innen verschreiben gehetzten Menschen Ruhe. Damit beherzigen sie den Rat Sören Kirkegaards: „Wenn ich Arzt wäre und man mich fragte: Was rätst du? Ich würde antworten: schaffe Stille.“

Ruhe heilt. In der Ruhe können die Selbstregulations- und Selbstheilungskräfte ihre lebenserhaltende Wirkung entfalten. Wenn wir achtsam mit uns umgehen, können wir auch ohne Arzt zu dieser Einsicht kommen, dass Ruhe gesund hält, so wie eine gewisse Art von Stress krank macht.

Also denn: Stille statt Pille!

 

Niklaus Brantschen SJ

 

(Quelle: JESUITEN, Informationen der Jesuiten in Zentraleuropa an unsere Freunde und Förderer, 74. Jahrgang2023/1, S. 22f)

 

Evangelium:  

 

Mt 13, 24-30:  Das Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen

24 Jesus legte ihnen ein anderes Gleichnis vor: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Mann, der guten Samen auf seinen Acker säte. 25 Während nun die Menschen schliefen, kam sein Feind, säte Unkraut unter den Weizen und ging weg. 26 Als die Saat aufging und sich die Ähren bildeten, kam auch das Unkraut zum Vorschein. 27 Da gingen die Knechte zu dem Gutsherrn und sagten: Herr, hast du nicht guten Samen auf deinen Acker gesät? Woher kommt dann das Unkraut? 28 Er antwortete: Das hat ein Feind getan. Da sagten die Knechte zu ihm: Sollen wir gehen und es ausreißen? 29 Er entgegnete: Nein, damit ihr nicht zusammen mit dem Unkraut den Weizen ausreißt. 30 Lasst beides wachsen bis zur Ernte und zur Zeit der Ernte werde ich den Schnittern sagen: Sammelt zuerst das Unkraut und bindet es in Bündel, um es zu verbrennen; den Weizen aber bringt in meine Scheune!

Als ich mit Jesus auf dem Balkon sitze

 

„Ich bin glücklich.“

Die Sonne ist gerade hinter den Häusern verschwunden.

Du hast die Füße auf die Brüstung gelegt und balancierst auf deinem Bein ein Bitter Lemon.

„Überrascht dich das?“, fragst du.

„Ich weiß nicht. Glück ist so ein großes Wort. Muss man sich das nicht für die wirklich großen Momente aufsparen?“

Du lachst.

„Hast du Angst, dass es sich abnutzt?“

Was weißt du schon vom Glück, frage ich mich stumm, um dich nicht zu verletzen.

Du hörst es trotzdem.

„Du denkst, ich habe mein Glück geopfert. Für etwas Größeres. Aber so ist es nicht. Jetzt zum Beispiel möchte ich nichts lieber tun, als hier mit dir zu sitzen.“

Ich bin ein bisschen verlegen, weil ich mich freue.

„Ich kaufe Brot“, fährst du fort. „Ich helfe einem Gelähmten auf die Beine. Wenn es einen Dämon zu vertreiben gibt, vertreibe ich ihn. Ich bete. Ich wasche meine Füße. Ich kämpfe für so etwas Großes wie Gerechtigkeit. Aber ich denke nicht darüber nach, ob ich lieber etwas anderes täte. Oder woanders sein wollte.“

„Wirklich nie?“

Du schüttelst langsam den Kopf.

Deshalb also fühle ich mich so wohl bei dir.

 

Susanne Niemeyer

Autorin und Bloggerin

 

Evangelium:  

 

Mt 13, 1-9: Das Gleichnis vom Sämann

1 An jenem Tag verließ Jesus das Haus und setzte sich an das Ufer des Sees.

2 Da versammelte sich eine große Menschenmenge um ihn. Er stieg deshalb in ein Boot und setzte sich. Und alle Menschen standen am Ufer.

3 Und er sprach lange zu ihnen in Gleichnissen. Er sagte: Siehe, ein Sämann ging hinaus, um zu säen.

4 Als er säte, fiel ein Teil auf den Weg und die Vögel kamen und fraßen es.

5 Ein anderer Teil fiel auf felsigen Boden, wo es nur wenig Erde gab, und ging sofort auf, weil das Erdreich nicht tief war;

6 als aber die Sonne hochstieg, wurde die Saat versengt und verdorrte, weil sie keine Wurzeln hatte.

7 Wieder ein anderer Teil fiel in die Dornen und die Dornen wuchsen und erstickten die Saat. 8 Ein anderer Teil aber fiel auf guten Boden und brachte Frucht, teils hundertfach, teils sechzigfach, teils dreißigfach.

9 Wer Ohren hat, der höre!

Ist seine Last wirklich leicht?!

 

Wenn ich an die Leidens- und Passionsgeschichte Jesu denke, verbinde ich diese auch im zweiten Moment nicht mit einer leichten Last und einem sanften Joch (Vgl. Mt 11, 30). Es klingt erst einmal irritierend, dass Jesus diese Worte im Angesicht seines bevorstehenden Weges wählt. Doch es ist sein Weg und für uns ebnet er auf diese Weise den Pfad in ein erlöstes Leben – Freiheit und Erfüllung dürfen dieses Leben bestimmen. Das bedeutet nicht, dass wir in unserem Leben kein Leid erfahren oder erblicken werden. Und auch nicht, dass wir das Joch mal etwas mehr auf den Schultern spüren und die Last uns herausfordert und spürbar wird oder sogar bleibt. Sicherlich empfindet der Mann auf dem Bild sein Joch als Last, die je nach Gewicht und Befüllung schwerer oder etwas leichter wiegt. Und doch ist diese Last lebens- wenn nicht sogar überlebenswichtig. Denn er trägt mit Hilfe seines Joches und den Gefäßen das für ihn und seine Familie lebensnotwendige Wasser vom Brunnen zurück bis nach Hause.  Diese Last und dieses Joch Jesu anzunehmen, ist eine sozusagen lebensnotwendige Tugend. Das Bild des Mannes auf dem Foto ist eine gute Metaphorik, die uns das Anliegen Jesu für unser Leben näherbringt. Womöglich unterstützt auch der nachfolgende Text aus einem Buch über die Klosterkirche in Dinklage – herausgegeben von den Benediktinerinnen der Abtei Burg Dinklage – diese Vorstellung:

 

Die Welt hält uns ihre blutigen Wunden hin.

Wir weichen ihnen nicht aus.

Wir nehmen sie an.

Wir tragen sie mit.

Unser „Auferstandener“ sendet uns.

 

(Aus: Lasst euch vom Geist entflammen. 60 Jahre Scheunenkirche auf Burg Dinklage, S. 90.)

 

Wir können das Joch als Botschaft Jesu annehmen, sodass das Leben mit all seinen Höhen und Tiefen vor allem in dunklen Zeiten nicht zu schwer, sondern mit den Perspektiven Hoffnung und Ewigkeit sanft und leicht wird.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 11, 25-30:  Der Lobpreis Jesu

25 In jener Zeit sprach Jesus: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du das vor den Weisen und Klugen verborgen und es den Unmündigen offenbart hast.

26 Ja, Vater, so hat es dir gefallen.

27 Alles ist mir von meinem Vater übergeben worden; niemand kennt den Sohn, nur der Vater, und niemand kennt den Vater, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will.

28 Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch erquicken.

29 Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; und ihr werdet Ruhe finden für eure Seele.

30 Denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht.

Ganz oder gar nicht!

 

Die Entscheidung, sich in den Dienst Gottes zu stellen und sein Leben mit Jesus als treuen Begleiter zu gestalten, ist eine ganzheitliche! Keine halbe Sache, denn ich kann mich gar nicht nur so halb für Jesus entscheiden oder so halb ihm und den Menschen dienen. Die Sache Jesu braucht Begeisterte heißt der Titel eines Liedes von Alois Albrecht und diese Begeisterung braucht Vollkommenheit – sonst ist es womöglich gar keine wahrhaftige Begeisterung. Den Geist und somit Gott und Jesus Christus in uns wirken zu lassen, braucht Bewusstsein für den Glauben und das gewisse Mitgehen. Damit möchte ich absolut nicht verleugnen, dass Phasen des Zweifelns, des Nicht-Glaubens und auch des Auf-der-Suche-Seins und des Annäherns dazugehören und im Leben existent sowie wichtig und richtig sind. Wer jedoch einmal die große Entscheidung für Jesus getroffen hat und somit sein/ihr Leben als Christ/in gestalten will, hat durch die feste Entschlossenheit dennoch häufig Ressourcen, um Phasen des Haderns zu überstehen – durchaus auch unabhängig von offizieller Kirchenmitgliedschaft.

 

Im Leben generell ist es doch oft so, dass fest getroffene Entscheidungen eine große Erleichterung und Befreiung mit sich bringen. Zumeist ist klar und deutlich, dass die Entscheidung nicht mehr revidiert wird und der Prozess der Entscheidungsfindung ausreichend durchlaufen wurde, sodass wir hinter dem Entschluss stehen und standhaft bleiben können. Vage Entscheidungen dagegen, die qua Definition schon gar nicht wirklich beschlossen wurden, erschweren das Leben eher. Immer wieder wird der vermeintliche Entschluss überdacht und nimmt in gewisser Weise gefangen, da das Gedankenkreisen nicht endet.

 

Viel freier macht es, sich ganz und wahrhaftig für eine Sache zu entscheiden und entschlossen einen Weg einzuschlagen – voll Froh- und Wagemut geht es dann voran und vielleicht sogar hoch hinaus. Dies meine ich nicht im Sinne von Karriereleitern, sondern vielmehr in Bezug auf innere Freiheit und auch um im Glauben immer höher hinaus bzw. näher zu Jesus zu finden. Die vollkommene und feste Entscheidung für Jesus und ein Leben mit ihm und in seinem Dienst wird uns befreien und ganz machen.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 10, 37-42:

 

37 Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert, und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert.

38 Und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und mir nachfolgt, ist meiner nicht wert.

39 Wer das Leben findet, wird es verlieren; wer aber das Leben um meinetwillen verliert, wird es finden.

40 Wer euch aufnimmt, der nimmt mich auf, und wer mich aufnimmt, nimmt den auf, der mich gesandt hat.

41 Wer einen Propheten aufnimmt, weil es ein Prophet ist, wird den Lohn eines Propheten erhalten. Wer einen Gerechten aufnimmt, weil es ein Gerechter ist, wird den Lohn eines Gerechten erhalten.

42 Und wer einem von diesen Kleinen auch nur einen Becher frisches Wasser zu trinken gibt, weil es ein Jünger ist – Amen, ich sage euch: Er wird gewiss nicht um seinen Lohn kommen.

Sprechen mit Gott – aber über Ihn?!

 

Eine persönliche Gottesbeziehung zu führen, in den Alltag zu integrieren und auszufüllen, ist sehr wertvoll und kostbar. Ganz individuell kann ich sie für mich gestalten und brauche dabei keine Scheu oder Zurückhaltung zeigen.

Mit Gott zu sprechen ist das eine, aber über Ihn zu sprechen, scheint eine weitaus größere Herausforderung zu sein. Es sind die Kontexte und Situationen, die verschiedene Möglichkeiten bzw. mehr oder weniger Raum dazu eröffnen.

Auch privater oder dienstlicher Rahmen spielen eine Rolle. Für mich ist es beruflich natürlich einfach – ich würde vermuten, dass von mir sogar qua Profession erwartet wird, dass ich über Gott spreche. Die Anliegen der Menschen in meiner seelsorglichen Tätigkeit bedürfen häufig – sicherlich nicht immer – einer Ermutigung Gottes oder eines passenden Bibelverses, aber manchmal kommt Gott, Jesus und/oder der Heilige Geist auch ganz unbemerkt und/oder unverhofft zu Wort. Etwas Anderes ist es im privaten Bereich: Mein Umfeld weiß um meine Arbeit als Theologin und Seelsorgerin, aber deshalb ist es natürlich nicht Gesprächsthema Nummer Eins. Daher ist dort die Hemmschwelle manchmal höher und es ist schwierig, Gott ins Gespräch zu bringen. Sowieso möchte ich dies nicht aufzwingen, aber es gibt doch die ein oder andere Situation, in der ich von einer persönlichen Erfahrung berichten möchte oder es einfach als passend empfinde, Ihn ins Wort oder sogar zu Wort kommen zu lassen. Ja, es ist schwieriger, aber oftmals umso überraschender! Ich erlebe unerwartete Gleichgesinnung, manchmal auch großen Respekt für den gelebten Glauben und die Tiefe der Religiosität und Gottesbeziehung. Natürlich habe ich auch schon häufig Empörung und Frust oder starke Ablehnung entgegengebracht bekommen, doch auch diese oder vielleicht gerade diese Gespräche haben sehr viele Erkenntnisse und gegenseitige Bereicherung geschenkt. Teilweise gelingt es durch die offene und ehrliche Aussprache, die Empörung sogar gewissermaßen zu verwandeln. Vielleicht verschwinden die negativen Einstellungen dadurch nicht, doch die Wut und der Ärger lassen ein wenig nach und die Kraft kann anders und positiver investiert werden.

Nicht selten braucht es „nur“ einen mutigen Eisbrecher im Gespräch – damit meine ich, dass wir als Christen und Christinnen Gott bewusst ins Wort bringen und uns so vor den Menschen zu Gott bekennen. So wird auch Jesus sich zu uns bekennen und wir brauchen keine Verleugnung fürchten.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 10, 26-33:

 

26 Darum fürchtet euch nicht vor ihnen! Denn nichts ist verhüllt, was nicht enthüllt wird, und nichts ist verborgen, was nicht bekannt wird.

27 Was ich euch im Dunkeln sage, davon redet im Licht, und was man euch ins Ohr flüstert, das verkündet auf den Dächern!

28 Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können, sondern fürchtet euch eher vor dem, der Seele und Leib in der Hölle verderben kann!

29 Verkauft man nicht zwei Spatzen für einen Pfennig? Und doch fällt keiner von ihnen zur Erde ohne den Willen eures Vaters.

30 Bei euch aber sind sogar die Haare auf dem Kopf alle gezählt.

31 Fürchtet euch also nicht! Ihr seid mehr wert als viele Spatzen.

32 Jeder, der sich vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem werde auch ich mich vor meinem Vater im Himmel bekennen.

33 Wer mich aber vor den Menschen verleugnet, den werde auch ich vor meinem Vater im Himmel verleugnen.

… und er gab ihnen die Vollmacht!

 

Vollmacht – welch ein großes und vor allem mächtiges Wort! Es ist auch in unserer Gesellschaft ein keineswegs selten gebrauchter Begriff. Dabei denke ich an die Pflege- und Vorsorgevollmacht, die jeder Mensch in einem gewissen Alter ausgestellt haben mag. Die Angehörigen bzw. eine vertraute Person sollen im Falle des Falles befähigt sein, Entscheidungen in Bezug auf Pflege bzw. Vorsorge für den/die Betroffene zu fällen. Diese Vollmacht kann daher lebenserhaltend und existenziell wichtig sein.

 

Auch Jesus spricht im heutigen Evangelium von einer Vollmacht: er gab ihnen die Vollmacht, die unreinen Geister auszutreiben und alle Krankheiten und Leiden zu heilen. (Mt 10, 1b) Doch diese Vollmacht tritt nicht nur im Falle des Falles ein, sondern IMMER! Die übertragene Aufgabe – die auch eine Gabe ist – ist so groß und wertvoll, dass die Jünger mit dieser Vollmacht Heil und Segen für die Menschen auf der Erde bringen können. Die Jünger dürfen Jesu Wirken so in direkter Nachfolge weiterleben und weitergeben – eine große Berufung, die ihnen zugemutet aber auch zugetraut wird. Sicherlich war es für den einen oder die andere eine große Herausforderung!

 

Jesus fordert auch uns auf: Heilt Kranke, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt Dämonen aus! (Mt 10, 8a) Im Maße unserer Möglichkeiten können auch wir dafür sorgen, dass die Welt zu einem besseren Ort wird und einen wertschätzenden und fürsorglichen Umgang mit unseren Mitmenschen pflegen. Dies tun wir auch, indem wir die Pflege- und/oder Vorsorgevollmacht für eine Person übernehmen. Jedoch ist zwischenmenschlich und ganzheitlich noch mehr drin – wie ich es formulieren würde.

Mit Nachdruck dürfen wir auch den zweiten Teil des Verses verstehen: Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben. (Mt 10, 8b) Sich darauf zurückzubesinnen, dass wir Beschenkte durch Christus sind und uns zudem die Gnade zuteilwird, dieses Geschenk weitergeben zu dürfen, wird uns dabei helfen, diese Aufgabe immer wieder anzunehmen. Diese als Gabe zu begreifen, ist eine ungemeine Motivation und verspricht Erfüllung und Sinnstiftung in unserem ganz persönlichen Leben und darüber hinaus. Die verliehene Vollmacht zu leben und ohne mächtig sein zu wollen, liebevoll zu füllen und zu gebrauchen, wird der Welt und unseren Mitmenschen ein Segen sein.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 9, 36 – 10, 8:

 

9

36 Als er die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen; denn sie waren müde und erschöpft wie Schafe, die keinen Hirten haben.

37 Da sagte er zu seinen Jüngern: Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter.

38 Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden!

 

10

1 Dann rief er seine zwölf Jünger zu sich und gab ihnen die Vollmacht, die unreinen Geister auszutreiben und alle Krankheiten und Leiden zu heilen.

2 Die Namen der zwölf Apostel sind: an erster Stelle Simon, genannt Petrus, und sein Bruder Andreas, dann Jakobus, der Sohn des Zebedäus, und sein Bruder Johannes,

3 Philippus und Bartholomäus, Thomas und Matthäus, der Zöllner, Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Thaddäus,

4 Simon Kananäus und Judas Iskariot, der ihn ausgeliefert hat.

5 Diese Zwölf sandte Jesus aus und gebot ihnen: Geht nicht den Weg zu den Heiden und betretet keine Stadt der Samariter,

6 sondern geht zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel!

7 Geht und verkündet: Das Himmelreich ist nahe!

8 Heilt Kranke, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt Dämonen aus! Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben.

Format Jesus

 

Das Evangelium über den Zöllner Matthäus berichtet über Irritationen der außenstehenden Pharisäer. Jesus isst abermals mit Sündern und entgegnet den kritischen Stimmen, dass er nicht die Gerechten, sondern die Sünder ruft und so Barmherzigkeit in die Welt bringen möchte. Diese Auffassung widerspricht den damaligen Haltungen und bricht eingeprägte Vorstellungen in der Gesellschaft auf. Was Jesus lebt und predigt, ist kaum greifbar, weil es so neuartig ist und bleibt wohl für viele damals bruchstückhaft, da sie es nicht wirklich fassen und begreifen können.

 

Heute kennen wir Jesu Maßstäbe und möchten als Christinnen und Christen nach ihnen leben. Und doch bleibt es immer eine Herausforderung, denn es ist kein geschlossener Rahmen – wie es das Bild auch andeutet. Dabei denke ich auch an die konsequente Inkonsequenz Jesu, die wir in einigen Erzählungen der Bibel hören. Das Format Jesus ist nicht perfekt abgesteckt und auf alle Lebenssituationen übertragbar, dennoch können wir mit seiner Hilfe immer wieder auf Gottes Wort hören und uns hineinbegeben in seine Vorstellungen. Was würde Jesus dazu sagen? Diese Frage kann helfen, in gewissen Situationen im Alltag – aber auch in Grenzerfahrungen und Ausnahmesituationen – nachzuspüren, wie wir in Christi Nachfolge reagieren mögen.

 

„Hilf uns, dass wir Christus nicht dem Format der Welt anpassen, sondern die Welt auf das Format Jesu Christi erhöhen.“

Madeleine Delbrêl

 

Madeleine Delbrêl bringt die Gratwanderung gut auf den Punkt, auf die wir uns in der Welt und dem voranschreitenden Zeitalter begeben. In theologischen Diskursen und Diskussionen ist es immer wieder gefragt, die Moderne mit hineinzunehmen und zu schauen, was die Menschen heute bewegt. Allerdings darf es niemals geschehen, dass wir das Format Jesu Christi verändern oder, wie sie schreibt, „dem Format der Welt anpassen.“ Jesus bleibt der Gleiche und bewegt sich mit uns durch die Zeit und Zukunft. Seine Werte und Rahmenvorstellungen einer guten und gerechteren Welt verändern sich dadurch jedoch nicht. Das Format Jesus vermag uns immer begleiten.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 9, 9-13: Nachfolge und Mahl

9 Als Jesus weiterging, sah er einen Mann namens Matthäus am Zoll sitzen und sagte zu ihm: Folge mir nach! Und Matthäus stand auf und folgte ihm nach. 10 Und als Jesus in seinem Haus bei Tisch war, siehe, viele Zöllner und Sünder kamen und aßen zusammen mit ihm und seinen Jüngern. 11 Als die Pharisäer das sahen, sagten sie zu seinen Jüngern: Wie kann euer Meister zusammen mit Zöllnern und Sündern essen? 12 Er hörte es und sagte: Nicht die Gesunden bedürfen des Arztes, sondern die Kranken. 13 Geht und lernt, was es heißt: Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer! Denn ich bin nicht gekommen, um Gerechte zu rufen, sondern Sünder.

Lebendig bleiben

 

Es ist hart, anderen zu begegnen und sich dabei in sich selbst verschlossen zu fühlen. Um ihnen dennoch begegnen zu können, sucht man nach künstlichen Brücken.

Man denkt sich Rezepte aus. Man stellt sich eine Sprache vor, die nicht mehr unsere eigene wäre, die sie aber vielleicht verstehen würden.

Wenn wir spüren, wie anders sie sind, ganz anders als wir, sind wir versucht, ein Geschäft aufzusuchen, in dem es Uniformen gibt, und Kleider zu kaufen, in denen wir so aussehen wie sie. Wir setzen dann auf Technik und kommen vom Leben ab.

Das äußere Leben entfernt uns von dem Leben, das in uns sprudelt.

Das äußere Leben lässt uns daran zweifeln, dass es im Innersten unserer selbst das einzig Notwendige gibt, das es uns unfehlbar ermöglichen würde, uns jeder Begegnung mühelos anzupassen, wo immer sich Wege kreuzen, jeder Liebe.

 

Eine kleine Geschichte aus der Welt der Fische kann uns als Gleichnis dienen, wie wir uns diesem Leben überlassen können, das allein geeignet ist, uns die Liebe zu lehren.

 

In einer unterirdischen Höhle, in die kein Licht drang, gab es einmal blinde Fische.

Ein Wissenschaftler nahm einige von ihnen und setzte sie in ein dunkles Aquarium.

Schritt für Schritt ließ er Licht hineindringen, bis das ganze Wasser erhellt war.

Unter der Lichteinwirkung veränderte sich ganz allmählich diese Art der Fische.

Nach und nach bildeten sich Augen. Die blinden Fische wurden zu sehenden Fischen. Das Leben hatte sie an die Dunkelheit angepasst. Dasselbe Leben passte sie an das Licht an. Für diese Metamorphose hatte es genügt, dass sie lebendig waren.

 

So auch bei uns. In den Stunden unserer Tage und Jahre durschreiten wir unzählige Welten. Manchmal sind wir unter den Blinden, manchmal unter den Hellsichtigen, manchmal unter den Sehenden.

Wir sind unterwegs mit denen, die sich freuen, und am nächsten Tage mit denen, die leiden. Wir begegnen dem Lachen, wir begegnen den Tränen.

Doch mitten unter allen bleiben wir lebendig, und als Lebendige tragen wir in uns den Keim für alle Verwandlungen, die notwendig sind.

 

Von dem blinden Fisch wurde nicht anderes verlangt, als im Wasser lebendig zu bleiben, und sein Leben schenkte ihm Augen, als das Wasser immer heller wurde.

 

Von uns ist nichts anderes verlangt, als im überquellenden Leben Gottes zu bleiben.

Er ist es, der uns Augen schenkt.

Er ist es, der uns ein Herz schenkt.

Er ist es, der uns die Liebe schenkt.

 

Madeleine Delbrêl

 

Aus: Annette Schleinzer (Hrsg.): Du lebtest, und ich wusste es nicht, S.105-107.

 

Evangelium:  

 

Joh 3, 16-18:

 

16 Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat.

17 Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird.

18 Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er nicht an den Namen des einzigen Sohnes Gottes geglaubt hat.

Komm und störe mich, Heiliger Geist!

 

Das Pfingstevangelium erinnert uns heute an das Osterereignis. Die Geistsendung, die wir an Pfingsten feiern, gehört ganz deutlich zum Ostergeschehen dazu und verbindet die beiden Hochfeste. Und nicht nur das – der Heilige Geist verbindet die Jünger für immer mit dem auferstandenen Herrn und somit auch uns alle als Christi NachfolgerInnen.

Doch was bedeutet es, den Heiligen Geist ganz in mein Leben hineinwirken zu lassen? Ich glaube, dass ich ihn durch das sogenannte Bauchgefühl erspüren kann und vor allem in Entscheidungssituationen zu Rate ziehen darf. Ein ungutes Bauchgefühl hilft mir auch dabei, innezuhalten und in gewissen Situationen mein Handeln zu hinterfragen und eventuell einen anderen Weg einzuschlagen. Diese Warnzeichen schätze ich sehr und bin sehr dankbar dafür, dass der Heilige Geist einschreitet. Sicherlich fühlt sich dieses Einschreiten nicht immer angenehm an und es gibt definitiv Situationen, in denen ich es lieber ignoriert und einfach weitergemacht habe – was sich allerdings erfahrungsgemäß immer als nachteilig für mich erwiesen hat…

Um den Heiligen Geist zu beten und ihn zu bitten, in mein Leben zu kommen, hat also automatisch eine zweite Facette zur Folge: „Komm und störe mich, Heiliger Geist!“ Diese Bitte auszusprechen, muss ich bereit sein, um das Wirken des Geistes vollumfänglich in meinem Leben zuzulassen. Ich eröffne ihm so Gelegenheit, falls nötig, auch ganz plötzlich und unerwartet die Notbremse zu ziehen und mich wieder auf das richtige Gleis zu verweisen. Dieser Handgriff soll allerdings nur bei wirklicher Gefahr gezogen werden – so wie es auch auf dem Warnschild heißt.

Und weiter heißt es: Jeder Mißbrauch wird bestraft! Eingebungen des Heiligen Geistes zu verfälschen oder ihn selbst als Machtinstrument zu missbrauchen, sei uns fern! Wie von den Begrifflichkeiten abzuleiten ist, handelt es sich dabei um Geistlichen Missbrauch, der unendlich viel Leid und Schaden anrichtet. Die Verbindung zum Heiligen Geist ist eine ganz persönliche Beziehung, die durch Geistliche Begleitung unterstützt und vertieft werden kann – jedoch niemals durch eine andere Person dominiert werden darf! Diese sinnstiftende Begleitung im Glauben und in der Christus- sowie Gottesbeziehung unter Einbeziehung des Heiligen Geistes ist auch eines unserer Anliegen im Katholischen Forum in unserer Tätigkeit als SeelsorgerInnen.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Joh 20, 19-23: Die Erscheinung Jesu vor allen Jüngern am Osterabend

19 Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden bei verschlossenen Türen beisammen waren, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch!

20 Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, als sie den Herrn sahen.

21 Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.

22 Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sagte zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist!

23 Denen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; denen ihr sie behaltet, sind sie behalten.

Gott ist nicht unser Problemlöser!

 

Nur allzu gut kenne ich Gespräche, in denen die Wirkkraft Gottes infrage gestellt wird. Es gibt die Vorstellung, dass Gott immer hilfsbereit und als Problemlöser parat stehen muss. Macht der Glaube denn Sinn, wenn nicht sichergestellt ist, dass jedes Gebet erhört wird und Gott in jeder Notlage einschreitet und uns rettet?

Natürlich glauben wir daran, dass unser Gott Wunder bewirken kann und uns in der Bedrängnis nahe ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass auf jedes Stoßgebet eine Antwort oder eine Rettungsaktion mit sofortiger Wirkung folgt!

 

Dazu fällt mir folgende Geschichte ein:

 

Als ich in der Früh im Bett lag und nicht mehr schlafen konnte

und die Uhr einsam tickte, da stellte ich mir einen Engel vor.

Er kam direkt zur Tür herein und setzte sich auf meine Bettkante.

Da war ich nicht mehr allein.

„Mach, dass alles wieder gut ist“, sagte ich.

Der Engel schüttelte bedauernd den Kopf.

„Das kann ich nicht. Ich bin kein Zauberer.“

Ich war enttäuscht. „Was kannst du dann?“

„Ich kann bei dir sein, bis es wieder gut ist.“

Susanne Niemeyer

 

Auch Gott ist kein Zauberer! Er kann gewisse Situationen und Lebenswege nicht hinwegnehmen, doch er hilft uns durch das Leid hindurch.

 

Wie Jesus in seiner Abschiedsrede auch seinen Jüngern verkündet, schenkt Gott uns darüber hinaus das ewige Leben – das größte Geschenk, das wir uns vorstellen können.

Gott wird in unserer Welt sichtbar und schlägt Wurzeln in unserem Leben, die uns tragen und gedeihen lassen. Mit seiner Hilfe und Kraft können wir blühen und erfüllt leben.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Joh 17, 1-11: Das Gebet des scheidenden Jesus

1 Dies sprach Jesus. Und er erhob seine Augen zum Himmel und sagte: Vater, die Stunde ist gekommen. Verherrliche deinen Sohn, damit der Sohn dich verherrlicht! 2 Denn du hast ihm Macht über alle Menschen gegeben, damit er allen, die du ihm gegeben hast, ewiges Leben schenkt. 3 Das aber ist das ewige Leben: dass sie dich, den einzigen wahren Gott, erkennen und den du gesandt hast, Jesus Christus. 4 Ich habe dich auf der Erde verherrlicht und das Werk zu Ende geführt, das du mir aufgetragen hast. 5 Jetzt verherrliche du mich, Vater, bei dir mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, bevor die Welt war! 6 Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Sie gehörten dir und du hast sie mir gegeben und sie haben dein Wort bewahrt. 7 Sie haben jetzt erkannt, dass alles, was du mir gegeben hast, von dir ist. 8 Denn die Worte, die du mir gabst, habe ich ihnen gegeben und sie haben sie angenommen. Sie haben wahrhaftig erkannt, dass ich von dir ausgegangen bin, und sie sind zu dem Glauben gekommen, dass du mich gesandt hast. 9 Für sie bitte ich; nicht für die Welt bitte ich, sondern für alle, die du mir gegeben hast; denn sie gehören dir. 10 Alles, was mein ist, ist dein, und was dein ist, ist mein; in ihnen bin ich verherrlicht. 11 Ich bin nicht mehr in der Welt, aber sie sind in der Welt und ich komme zu dir.

Eine Zelle der Liebe bewirkt mehr als eine ganze Armee!

 

Wir Christen und Christinnen sind dazu aufgerufen, unseren Glauben und die Liebe Gottes in die Welt zu tragen. Für die einen ist dies eine erfüllende Aufgabe, die ihrem Leben Sinn gibt – für die anderen aber eine auferlegte Pflicht, die sie unter Druck setzt.

Die Liebe, von der Jesus spricht, ist jedoch weitaus mehr als nur Erfüllung von Pflichten durch uns. Er verheißt uns den Heiligen Geist als Beistand: die Liebe Gottes in Person, die Freude Gottes, die Kraft Gottes. Wir glaubenden und liebenden Menschen werden zu Gott kommen und bei ihm wohnen. Göttliche Weite und Fülle wird uns geschenkt, wenn wir bereit sind, die Gabe Gottes anzunehmen.

Auch wenn Jesus als Person heute nicht mehr bei uns ist, lässt er uns nicht mit leeren Händen zurück. Indem wir sein Wort und seine Weisung mitnehmen in unseren Alltag, dürfen wir darauf vertrauen, dass der Heilige Geist uns als Beistand begleitet und wir mit der Liebe Gottes beschenkt werden.

 

Und dennoch bleibt für viele die Frage so groß, ob es sich denn wirklich lohnt und die Taten effektiv genug sind, um unsere Mitmenschen zu erreichen und das Reich Gottes weiter zu bauen auf Erden. Darauf möchte ich mit einem Zitat von Madeleine Delbrêl eingehen: „Seien Sie eine kleine Zelle der Liebe da, wo Sie sind, und Sie werden für die Sache Gottes mehr bewirken als eine ganze Armee […].“

Diese kleine Zelle stelle ich mir bildlich wie eine biologische Zelle mit vielen Synapsen vor, die weitaus mehr Menschen erreichen, als wir uns vielleicht vorstellen können.

 

Um diesem Geheimnis noch näher zu kommen, begeben wir uns in der kommenden Woche auf die Spuren der französischen Sozialarbeiterin und dürfen ihrem Wirken in Ivry, einer Vorstadt von Paris, hautnah nachspüren. Madeleine Delbrêl gilt uns als Vorbild und ‚Schutzpatronin‘, und so ist es nun an der Zeit, sich konkret auf den Weg nach Frankreich ‚vorwärts zu ihren Wurzeln‘ zu machen.

 

Wir werden nicht die ganze Welt verändern. Aber vielleicht können wir als „Zelle“ an unserem kleinen Ort, in unserer begrenzten Zeit sinnvoll etwas zum großen Ganzen beitragen, damit es Hoffnung auf der Erde gibt.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Joh 14, 15-21:

 

15 Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten. 16 Und ich werde den Vater bitten und er wird euch einen anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll, 17 den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht sieht und nicht kennt. Ihr aber kennt ihn, weil er bei euch bleibt und in euch sein wird. 18 Ich werde euch nicht als Waisen zurücklassen, ich komme zu euch. 19 Nur noch kurze Zeit und die Welt sieht mich nicht mehr; ihr aber seht mich, weil ich lebe und auch ihr leben werdet. 20 An jenem Tag werdet ihr erkennen: Ich bin in meinem Vater, ihr seid in mir und ich bin in euch. 21 Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt; wer mich aber liebt, wird von meinem Vater geliebt werden und auch ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren.

Jesus bereitet uns die ewige Wohnung

 

Das Gefühl der Heimat und des Zuhauses ist für viele ein so wohliges und wichtiges Empfinden. Eine eigene Familie gründen, gemeinsam wohnen und vielleicht sogar ein Eigenheim besitzen, das lebenslang als Zuhause gelten kann – das ist das Lebensziel.

 

Aber ist Heimat durch einen festen Ort schon ausgefüllt? Heimat ist kein Ort, Heimat ist ein Gefühl heißt es auch in Herbert Grönemeyers Lied „Heimat“. Und weiter heißt es in einer Strophe:

Wer zieht zuerst am gleichen Strang

Wer glaubt an die gleiche Idee

Wer lebt den halben Traum vom Ziel

Wer traut sich zuerst über’n See

 

Diese Zeilen suggerieren, dass es auch die Mitmenschen sind, die uns das Gefühl von Heimat vermitteln oder zumindest näherbringen können. Es sind die Menschen, die mit mir am gleichen Strang ziehen und die ähnliche Ziele verfolgen. Gemeinsam träumen und Wagnisse eingehen, schweißt zusammen, erzeugt Bindung und gibt Halt.

 

Doch was geschieht, wenn wir dieses Gefühl im irdischen Leben nicht ausfüllen können oder nicht einmal erahnen dürfen? Vielleicht haben wir Heimat in unserem Leben erfahren, doch dann ist eine Beziehung in die Brüche gegangen und wir haben das Gefühl wieder verloren. Ist es dann eine für immer vertane Chance gewesen?

 

NEIN.

 

Jesus spricht uns zu, dass er im ewigen Leben einen Platz für uns vorbereiten wird. Die vielen Wohnungen im Hause Gottes warten darauf, von uns bewohnt zu werden und stehen bereit. Auch hier sind das Haus und die Wohnungen darin symbolisch zu verstehen, denn das Heimatgefühl füllt Gott auf vielfältige Weise und vor allem in Vollkommenheit aus.

Ja, bei Gott, dem Höchsten, hast du Heimat gefunden. (Psalm 91, 9b).

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

Joh 14, 1-12:

1 Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott und glaubt an mich! 2 Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, hätte ich euch dann gesagt: Ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten? 3 Wenn ich gegangen bin und einen Platz für euch vorbereitet habe, komme ich wieder und werde euch zu mir holen, damit auch ihr dort seid, wo ich bin. 4 Und wohin ich gehe – den Weg dorthin kennt ihr. 5 Thomas sagte zu ihm: Herr, wir wissen nicht, wohin du gehst. Wie können wir dann den Weg kennen? 6 Jesus sagte zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich. 7 Wenn ihr mich erkannt habt, werdet ihr auch meinen Vater erkennen. Schon jetzt kennt ihr ihn und habt ihn gesehen. 8 Philippus sagte zu ihm: Herr, zeig uns den Vater; das genügt uns. 9 Jesus sagte zu ihm: Schon so lange bin ich bei euch und du hast mich nicht erkannt, Philippus? Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen. Wie kannst du sagen: Zeig uns den Vater? 10 Glaubst du nicht, dass ich im Vater bin und dass der Vater in mir ist? Die Worte, die ich zu euch sage, habe ich nicht aus mir selbst. Der Vater, der in mir bleibt, vollbringt seine Werke. 11 Glaubt mir doch, dass ich im Vater bin und dass der Vater in mir ist; wenn nicht, dann glaubt aufgrund eben dieser Werke! 12 Amen, amen, ich sage euch: Wer an mich glaubt, wird die Werke, die ich vollbringe, auch vollbringen und er wird noch größere als diese vollbringen, denn ich gehe zum Vater.

Der richtigen Stimme folgen…

 

Die Unterscheidung der Geister ist für viele eine bekannte theologische Thematik sowie alltägliche Herausforderung für viele Gläubige. Ähnliche Gedanken löste das Evangelium in mir aus. Denn es appelliert, die Stimme Jesu zu erkennen bzw. seine Stimme von der eines Fremden zu unterscheiden.

Dabei ist auch nur im übertragenen Sinne eine Stimme gemeint, die akustisch wahrzunehmen ist und klare Aussagen äußert. Jesu Stimme hören wir zumeist in der Stille, aber auch da müssen wir ganz genau hinhören. Denn je nach Situation und Anliegen kommt es doch häufig vor, dass sich alte Gefühle oder auch Wünsche aus der Kindheit einschleichen und diese gar nicht dem Kontext entsprechen geschweige denn angemessen sind.

So braucht es Geduld und vor allem ein gutes Selbstbewusstsein – und zwar im eigentlichen Sinne: sich selbst bewusst sein und das Innere wahrnehmen.

Auf Jesu Stimme hören und seiner Spur folgen: darauf kommt es an. – Den Alltag zu unterbrechen, mich neu auszurichten an dem, was meinem Leben Sinn und Tiefe gibt.

Die Ruhelosigkeit der Menschen ist ein sehr spürbares Phänomen geworden und doch können viele gar nicht genau sagen, was sie so ruhelos macht. Es ist schwer geworden, Gefühle zu identifizieren und diese richtig einzuordnen.

In der Stille und der inneren Ruhe können wir uns wieder sammeln und vielleicht dort die ersehnten Antworten finden für den weiteren (Lebens-)Weg.

Neben der Geduld und Ruhe braucht es allerdings auch einen großen Willen, Jesu Botschaften zu empfangen und zu verstehen. Im Evangelium heißt es, dass die Pharisäer den Sinn nicht verstanden, aber wollten sie es denn auch zutiefst verstehen?

 

Diese Nachfrage meine ich absolut nicht wertend, denn auch jene, die Jesus am besten gekannt haben, erkennen ihn nach seiner Auferstehung nicht sofort und verstehen ihn nicht unmittelbar.

Maria Magdalena erkannte ihn zum Beispiel an seiner Stimme! Diese zu entdecken, richtig hinzuhören und Jesus durch seine Tür zu folgen, möge unser Ziel sein. Er ruft uns alle beim Namen und führt uns in die Freiheit und das Leben in Fülle hinaus! Wenn wir uns auf Jesus einlassen können und seine Worte hören, werden wir Rettung finden.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

 

Joh 10, 1-10

 

Der gute Hirt

1 Amen, amen, ich sage euch: Wer in den Schafstall nicht durch die Tür hineingeht, sondern anderswo einsteigt, der ist ein Dieb und ein Räuber. 2 Wer aber durch die Tür hineingeht, ist der Hirt der Schafe. 3 Ihm öffnet der Türhüter und die Schafe hören auf seine Stimme; er ruft die Schafe, die ihm gehören, einzeln beim Namen und führt sie hinaus. 4 Wenn er alle seine Schafe hinausgetrieben hat, geht er ihnen voraus und die Schafe folgen ihm; denn sie kennen seine Stimme. 5 Einem Fremden aber werden sie nicht folgen, sondern sie werden vor ihm fliehen, weil sie die Stimme der Fremden nicht kennen. 6 Dieses Gleichnis erzählte ihnen Jesus; aber sie verstanden nicht den Sinn dessen, was er ihnen gesagt hatte. 7 Weiter sagte Jesus zu ihnen: Amen, amen, ich sage euch: Ich bin die Tür zu den Schafen. 8 Alle, die vor mir kamen, sind Diebe und Räuber; aber die Schafe haben nicht auf sie gehört. 9 Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden; er wird ein- und ausgehen und Weide finden. 10 Der Dieb kommt nur, um zu stehlen, zu schlachten und zu vernichten; ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.

„Auf dein Wort will ich die Netze auswerfen“ (Lk 5,5)

 

Aller guten Dinge sind 3 – so lautet ein bekanntes Sprichwort. Jesus offenbart sich den Jüngern im heutigen Evangelium bereits zum dritten Male. Er erscheint ihnen beim bisweilen erfolglosen Fischen und ermutigt sie, das Netz auf der rechten Seite auszuwerfen (es bleibt zu vermuten, dass sie es zuvor zur linken Seite getan hatten).

Sie tun es und fangen so viele Fische, dass sie das Netz nicht mehr einholen können. Daraufhin erkennen sie den Herrn und Simon Petrus ist so erschrocken, dass er ins Wasser springt und erst am Ufer wieder unter die Jünger und Jesus tritt, um das Netz an Land zu ziehen. Es sind 153 Fische, die sie gefangen haben – auch hier kam mir eine vielleicht etwas weit hergeholte Verbindung zur Zahl 3, denn die Quersumme (1+5+3 = 9) ist wiederum durch 3 teilbar.

„…und obwohl es so viele waren, zerriss das Netz nicht.“ (Joh 21,11b) Dies ist eine tolle Symbolik Jesu, denn auch er ist uns ein sicheres Netz. Den Jüngern gegenüber hält er sein Versprechen, dass sie zu essen finden werden und er sie sicher an Land bringen werde.

Obwohl Simon Petrus im ersten Augenblick sehr erschrocken ist und sich abrupt der Situation entzieht, vertraut er Jesus und nutzt die nächste Chance, um am Ufer das Netz voller Fische an Land zu ziehen. Er ist so überwältigt von der Erscheinung Jesu, dass er mutig ins Wasser springt. Er hat keinen Zweifel, dass Jesu Worte wahr sind.

 

Dass wir dieses sichere Netz immer unter den Füßen haben und nicht tiefer als in Gottes Hand fallen können, mögen wir uns immer wieder vergegenwärtigen. Und auch wenn uns gewisse Situationen überwältigen und wir erst einmal fliehen, können wir jederzeit zu Jesus zurückkehren – sein Versprechen bleibt bestehen!

 

Auch wenn die Fülle des Netzes auf dem Foto nicht so deutlich sichtbar wird, dürfen wir darauf vertrauen: Gott hat für uns ein Leben in Fülle vorgesehen – eine Fülle, die nicht materiell messbar ist, sondern die Seele erfüllt.

 

Es bleibt das Staunen über das, was Jesus in uns und unter uns wirkt. Und die Dankbarkeit für das Geschenk, ihm begegnen zu dürfen – auch über die 3 Male hinaus!

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

Joh 21, 1-14: Die Erscheinung Jesu am See von Tiberias

1 Danach offenbarte sich Jesus den Jüngern noch einmal, am See von Tiberias, und er offenbarte sich in folgender Weise. 2 Simon Petrus, Thomas, genannt Didymus, Natanaël aus Kana in Galiläa, die Söhne des Zebedäus und zwei andere von seinen Jüngern waren zusammen. 3 Simon Petrus sagte zu ihnen: Ich gehe fischen. Sie sagten zu ihm: Wir kommen auch mit. Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot. Aber in dieser Nacht fingen sie nichts. 4 Als es schon Morgen wurde, stand Jesus am Ufer. Doch die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war. 5 Jesus sagte zu ihnen: Meine Kinder, habt ihr keinen Fisch zu essen? Sie antworteten ihm: Nein. 6 Er aber sagte zu ihnen: Werft das Netz auf der rechten Seite des Bootes aus und ihr werdet etwas finden. Sie warfen das Netz aus und konnten es nicht wieder einholen, so voller Fische war es. 7 Da sagte der Jünger, den Jesus liebte, zu Petrus: Es ist der Herr! Als Simon Petrus hörte, dass es der Herr sei, gürtete er sich das Obergewand um, weil er nackt war, und sprang in den See. 8 Dann kamen die anderen Jünger mit dem Boot – sie waren nämlich nicht weit vom Land entfernt, nur etwa zweihundert Ellen – und zogen das Netz mit den Fischen hinter sich her. 9 Als sie an Land gingen, sahen sie am Boden ein Kohlenfeuer und darauf Fisch und Brot liegen. 10 Jesus sagte zu ihnen: Bringt von den Fischen, die ihr gerade gefangen habt! 11 Da stieg Simon Petrus ans Ufer und zog das Netz an Land. Es war mit hundertdreiundfünfzig großen Fischen gefüllt, und obwohl es so viele waren, zerriss das Netz nicht. 12 Jesus sagte zu ihnen: Kommt her und esst! Keiner von den Jüngern wagte ihn zu befragen: Wer bist du? Denn sie wussten, dass es der Herr war. 13 Jesus trat heran, nahm das Brot und gab es ihnen, ebenso den Fisch. 14 Dies war schon das dritte Mal, dass Jesus sich den Jüngern offenbarte, seit er von den Toten auferstanden war.

Hab Mut zum Unglauben!

 

Der ungläubige Zweifler Thomas ist vielen als einer der Jünger Jesu bekannt und auch die biblische Geschichte dahinter, in welcher Thomas Jesus den Finger in die Wunde halten durfte. Er ist eine umstrittene Figur und doch so zentral und wichtig für den christlichen Glauben, der doch auf natürliche Weise von Zweifeln und Zeiten des Unglaubens geprägt ist.

Thomas zeigt uns, dass wir Ansichten und Gegebenheiten nicht einfach hinzunehmen und sogar anzunehmen brauchen, sondern dass das Nachfragen sich lohnt und den eigenen Glauben stark vertiefen kann. Doch für dieses Erleben muss Thomas viel Geduld aufbringen – 8 Tage muss er auf die persönliche Begegnung mit seinem Herrn warten, nachdem die anderen Jünger ihm von der ersten Erscheinung berichtet haben.

Ich kann es gut nachvollziehen, dass Thomas mit dieser Situation haderte. Er fragt sich vermutlich, wieso er nicht dabei sein durfte und fühlt sich ausgeschlossen. Denn Jesus kommt nicht gleich. Eine Woche dauert es, eine Woche voller Warten-müssen, Aushalten-müssen, Ringen-müssen. Eine lange Zeit, in der einiges geschehen kann und auch geschieht. Dabei hat doch auch Thomas – genau wie die anderen Jünger – im gleichen Maße an Jesu Wirken teilgehabt und unter seinem Tod gelitten. Wieso wird nicht auch er mit der Begegnung des Auferstandenen aufgebaut und mit neuer Hoffnung erfüllt? Er ist sicherlich enttäuscht und frustriert oder fühlt sich sogar minderwertig – 8 Tage lang!

 

Warten können und sich in Geduld üben scheint ein fester Bestandteil des Weges zu sein. Jesus begegnet Thomas nach dieser Zeit nicht im stillen Kämmerlein, er tritt durch die verschlossene Tür mitten in die Gemeinschaft der Jünger, die gemeinsam ausharren und sich tragen. Vielleicht ist dies eine Weisung oder ein Appell an uns alle:

Verliere nur nicht so schnell die Geduld und suche die Gemeinschaft von Menschen, die Jesus begegnet sind und höre auf ihre Erfahrungen – dann kannst du damit rechnen, dass Jesus auch durch deine verschlossenen Türen kommt.

 

Glaube und Zweifel werden wohl immer zusammengehören. Gerade deswegen aber ist die Geschichte von Thomas so bedeutsam, weil sie das Versprechen gibt, dass wir trotz aller Zweifel mit Jesus rechnen dürfen.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium: Joh 20, 19-31

 

19 Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden bei verschlossenen Türen beisammen waren, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! 20 Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, als sie den Herrn sahen. 21 Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. 22 Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sagte zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! 23 Denen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; denen ihr sie behaltet, sind sie behalten.

24 Thomas, der Didymus genannt wurde, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. 25 Die anderen Jünger sagten zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er entgegnete ihnen: Wenn ich nicht das Mal der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in das Mal der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht. 26 Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder drinnen versammelt und Thomas war dabei. Da kam Jesus bei verschlossenen Türen, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch! 27 Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger hierher aus und sieh meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! 28 Thomas antwortete und sagte zu ihm: Mein Herr und mein Gott! 29 Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.

30 Noch viele andere Zeichen hat Jesus vor den Augen seiner Jünger getan, die in diesem Buch nicht aufgeschrieben sind. 31 Diese aber sind aufgeschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben Leben habt in seinem Namen.

Ein Engel, der dir deinen Weg weist…

 

Ein Engel Gottes führe dich aus der Enge in die Weite,

aus der Angst ins Vertrauen.

Ein Engel, der Türen öffnet, damit du heraustrittst

aus deinen inneren Zwängen und Mut findest,

du selbst zu sein.

Ein Engel, dem du folgst auf dem Weg in die Freiheit,

für das zu leben, was dich im Herzen bewegt.

Dorthin, wovon du nicht zu träumen wagst.

 

E rhört

N icht allein

G eborgen

E rleuchtend

L ebensretter

 

Ein Engel, der dir richtig zuhört

Der das verjagt, was dich nachts in deiner Ruh‘ stört

Ein Engel, der dich mal im Arm hält

Und der im Winter deine Heizung auf warm stellt

Ein Engel, der dir einen Brief schreibt

Der mit dir wach bleibt, wenn die Angst dich umtreibt

Und der sich für dich den Kopf zerbricht

Du sagst: „diesen Engel gibt es nicht“

 

Doch dieser Engel ist da

Um dich zu schützen und zu halten

Dieser Engel ist da

Jeden Tag in verschiedenen Gestalten

Er lässt dich nie im Regen stehen

Er lässt dich nie allein

Doch er ist leicht zu übersehen

Denn er kann überall sein                                                (WISE GUYS: „Ein Engel“)

 

Evangelium:

 

Mt 28, 1-10: Die Frauen am leeren Grab

1 Nach dem Sabbat, beim Anbruch des ersten Tages der Woche, kamen Maria aus Magdala und die andere Maria, um nach dem Grab zu sehen. 2 Und siehe, es geschah ein gewaltiges Erdbeben; denn ein Engel des Herrn kam vom Himmel herab, trat an das Grab, wälzte den Stein weg und setzte sich darauf. 3 Sein Aussehen war wie ein Blitz und sein Gewand weiß wie Schnee. 4 Aus Furcht vor ihm erbebten die Wächter und waren wie tot. 5 Der Engel aber sagte zu den Frauen: Fürchtet euch nicht! Ich weiß, ihr sucht Jesus, den Gekreuzigten. 6 Er ist nicht hier; denn er ist auferstanden, wie er gesagt hat. Kommt her und seht euch den Ort an, wo er lag! 7 Dann geht schnell zu seinen Jüngern und sagt ihnen: Er ist von den Toten auferstanden und siehe, er geht euch voraus nach Galiläa, dort werdet ihr ihn sehen. Siehe, ich habe es euch gesagt. 8 Sogleich verließen sie das Grab voll Furcht und großer Freude und sie eilten zu seinen Jüngern, um ihnen die Botschaft zu verkünden.

 

9 Und siehe, Jesus kam ihnen entgegen und sagte: Seid gegrüßt! Sie gingen auf ihn zu, warfen sich vor ihm nieder und umfassten seine Füße. 10 Da sagte Jesus zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Geht und sagt meinen Brüdern, sie sollen nach Galiläa gehen und dort werden sie mich sehen.

Als Minderheiten-Christentum sollten wir mutiger und frecher sein

 

Großbritannien und Deutschland haben im letzten Jahr bemerkt, dass inzwischen weniger als die Hälfte der Bevölkerung den christlichen Glauben teilen. Im Blick auf den Missionsauftrag ‚Macht alle Menschen zu meinen Jüngern‘ ist das ein Rückschlag.

 

Man kann darauf mit Selbstmitleid reagieren, was allerdings eine der unproduktivsten Regungen der Seele ist. Oder man kann versuchen, es sich in dem zu groß gewordenen Haus der Volkskirche doch noch irgendwie einzurichten. Im Stil etwas zurückhaltender vielleicht, aber immer noch recht bequem: Ressourcen sind ja durchaus noch vorhanden. So ähnlich wie die einstigen Herrscherhäuser nach 1918, die dann doch noch eine ganze Weile recht komfortabel über die Runden gekommen sind.

Besser nehmen wir das allerdings als Anlass zur Rückbesinnung. Der christliche Glaube ist ja nicht als Staatsreligion auf die Welt gekommen. Vor der konstantinischen Wende war er Minderheit, Diaspora; nicht Volkskirche, sondern Salz der Erde und Sauerteig.

Wenn es wieder so wird, dann muss das Minderheiten-Christentum auch nicht mehr so staatstragend sein. ‚Nicht staatstragend‘, das heißt: nicht mehr unbedingt konsensorientiert und breitenkompatibel. Das entspricht dem Evangelium, wo es ein paar Handlungsempfehlungen gibt, die nicht ins bürgerliche Weltbild oder zum Kategorischen Imperativ passen: die Empfehlung der Ehelosigkeit kommt einem in den Sinn, oder der Rat: ‚Geh und verkaufe alles, was du hast, und gib das Geld den Armen.‘ Oder: ‚Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt.‘

Gerade bei diesen sperrigen Sätzen erhaschen wir etwas vom Göttlichen. Das Evangelium ist immer wieder paradox. Diese Paradoxien haben das System einer christlichen Welt- und Gesellschaftsethik immer schon angebohrt und etwas göttliche Frischluft eindringen lassen. Wenn dieser Wind jetzt stärker wehen darf, wird das nachkonstantinische Christentum mutiger und frecher. Gott helfe, dass uns dabei so viel Weltläufigkeit erhalten bleibt, dass es ohne Engstirnigkeit und Sektierertum abgeht.

 

Jeremias Schröder, Abtprimas der Benediktinerkongregation von St. Ottilien

 

(Quelle: STANDPUNKT auf ‚Katholisch.de‘ – veröffentlicht am 15.03.2023 um 00:01 Uhr)

 

 

Evangelium:

 

Mt 21, 1-11: Der Einzug in Jerusalem

 

1 Als sie sich Jerusalem näherten und nach Betfage am Ölberg kamen, schickte Jesus zwei Jünger aus 2 und sagte zu ihnen: Geht in das Dorf, das vor euch liegt; dort werdet ihr eine Eselin angebunden finden und ein Fohlen bei ihr. Bindet sie los und bringt sie zu mir! 3 Und wenn euch jemand zur Rede stellt, dann sagt: Der Herr braucht sie, er lässt sie aber bald zurückbringen. 4 Das ist geschehen, damit sich erfüllte, was durch den Propheten gesagt worden ist: 5 Sagt der Tochter Zion: / Siehe, dein König kommt zu dir. / Er ist sanftmütig / und er reitet auf einer Eselin / und auf einem Fohlen, / dem Jungen eines Lasttiers. 6 Die Jünger gingen und taten, wie Jesus ihnen aufgetragen hatte. 7 Sie brachten die Eselin und das Fohlen, legten ihre Kleider auf sie und er setzte sich darauf. 8 Viele Menschen breiteten ihre Kleider auf dem Weg aus, andere schnitten Zweige von den Bäumen und streuten sie auf den Weg. 9 Die Leute aber, die vor ihm hergingen und die ihm nachfolgten, riefen: Hosanna dem Sohn Davids! / Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn. / Hosanna in der Höhe! 10 Als er in Jerusalem einzog, erbebte die ganze Stadt und man fragte: Wer ist dieser? 11 Die Leute sagten: Das ist der Prophet Jesus von Nazaret in Galiläa.

Jesus weint…

 

Wie wohltuend ist es, bei Kummer und Schmerz einfach die Tränen laufen und die Traurigkeit aus der Seele fließen zu lassen! Auch wenn viele Menschen sich dafür schämen, weinend gesehen zu werden, bin ich überzeugt davon, dass es ein großes Glück ist, die Fähigkeit zum Weinen zu besitzen. Ich bin sogar dankbar darüber, dass wir teilweise sogar die Kontrolle verlieren und die Tränen gar nicht mehr zurückhalten können. Denn auch hier gilt der allzu wahre Satz von Petrus Ceelen:

Deine Schwächen machen dich erst zu dem Menschen, für den andere eine Schwäche haben. (Petrus Ceelen: Was ich Euch noch sagen wollte, S. 48.)

 

Im heutigen Evangelium zeigt auch Jesus Tränen und gibt mit ihnen seiner großen Traurigkeit Ausdruck. Es tut ihm weh, dass die Schwestern von Lazarus so sehr leiden und ihren Bruder vermissen. Sie hingegen trauern nicht nur um den Verlust, sondern auch darum, dass Jesus nicht zur Stelle gewesen war und den Tod hätte verhindern können. Die Betroffenen stellen sich vermutlich viele Fragen, warum dies so gewesen ist. Lazarus wird letztlich von den Toten auferweckt, aber warum musste es so weit kommen?

Wenn Gott nicht sofort hilft, heißt das nicht, dass es ihm egal ist. Gottes Wege sind häufig unergründlich für uns Menschen und unterscheiden sich von unseren Plänen und Vorstellungen. Und obwohl Gott einen herrlichen Plan für Lazarus hatte, obwohl Jesus wusste, dass Lazarus in Kürze das Wunder der Auferstehung zuteil wird, weint Jesus. Der menschgewordene Sohn tritt mit den Emotionen der anderen in Resonanz und es überkommen ihn selbst Tränen. Denn Jesus weint mit ihnen und mit uns, weil Jesus leidet, wenn wir leiden – obwohl er den guten großen Plan für uns kennt. Gott steht uns so nahe, dass er diese tiefen Emotionen nicht zurückhalten kann. (Seine) Tränen stiften Beziehung und machen uns deutlich, dass auch jede zwischenmenschliche Beziehung daran wächst und sich intensiviert, wenn wir Weinen zulassen können. Auch gemeinsames Weinen lässt das geteilte Leid lindern.

Und so dürfen wir auf die Worte Petri vertrauen, die von der wohltuenden Erfahrung überstandenen Leids sprechen und zugleich ihre Notwendigkeit nicht verleugnen:

„Nachdem ihr eine Weile gelitten habt, wird er euch aufbauen, stärken und kräftigen; und er wird euch auf festen Grund stellen.“ (1. Petrus Kapitel 5, Vers 10)

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

 

Joh 11, 1–45: Die Auferweckung des Lazarus

1 Ein Mann war krank, Lazarus aus Betanien, dem Dorf der Maria und ihrer Schwester Marta. 2 Maria war jene, die den Herrn mit Öl gesalbt und seine Füße mit ihren Haaren abgetrocknet hatte; deren Bruder Lazarus war krank. 3 Daher sandten die Schwestern Jesus die Nachricht: Herr, sieh: Der, den du liebst, er ist krank. 4 Als Jesus das hörte, sagte er: Diese Krankheit führt nicht zum Tod, sondern dient der Verherrlichung Gottes. Durch sie soll der Sohn Gottes verherrlicht werden. 5 Jesus liebte aber Marta, ihre Schwester und Lazarus. 6 Als er hörte, dass Lazarus krank war, blieb er noch zwei Tage an dem Ort, wo er sich aufhielt. 7 Danach sagte er zu den Jüngern: Lasst uns wieder nach Judäa gehen. 8 Die Jünger sagten zu ihm: Rabbi, eben noch suchten dich die Juden zu steinigen und du gehst wieder dorthin? 9 Jesus antwortete: Hat der Tag nicht zwölf Stunden? Wenn jemand am Tag umhergeht, stößt er nicht an, weil er das Licht dieser Welt sieht; 10 wenn aber jemand in der Nacht umhergeht, stößt er an, weil das Licht nicht in ihm ist. 11 So sprach er. Dann sagte er zu ihnen: Lazarus, unser Freund, schläft; aber ich gehe hin, um ihn aufzuwecken. 12 Da sagten die Jünger zu ihm: Herr, wenn er schläft, dann wird er gesund werden. 13 Jesus hatte aber von seinem Tod gesprochen, während sie meinten, er spreche von dem gewöhnlichen Schlaf. 14 Darauf sagte ihnen Jesus unverhüllt: Lazarus ist gestorben. 15 Und ich freue mich für euch, dass ich nicht dort war; denn ich will, dass ihr glaubt. Doch wir wollen zu ihm gehen. 16 Da sagte Thomas, genannt Didymus, zu den anderen Jüngern: Lasst uns mit ihm gehen, um mit ihm zu sterben! 17 Als Jesus ankam, fand er Lazarus schon vier Tage im Grab liegen. 18 Betanien war nahe bei Jerusalem, etwa fünfzehn Stadien entfernt. 19 Viele Juden waren zu Marta und Maria gekommen, um sie wegen ihres Bruders zu trösten. 20 Als Marta hörte, dass Jesus komme, ging sie ihm entgegen, Maria aber blieb im Haus sitzen. 21 Marta sagte zu Jesus: Herr, wärst du hier gewesen, dann wäre mein Bruder nicht gestorben. 22 Aber auch jetzt weiß ich: Alles, worum du Gott bittest, wird Gott dir geben. 23 Jesus sagte zu ihr: Dein Bruder wird auferstehen. 24 Marta sagte zu ihm: Ich weiß, dass er auferstehen wird bei der Auferstehung am Jüngsten Tag. 25 Jesus sagte zu ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, 26 und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben. Glaubst du das? 27 Marta sagte zu ihm: Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommen soll. 28 Nach diesen Worten ging sie weg, rief heimlich ihre Schwester Maria und sagte zu ihr: Der Meister ist da und lässt dich rufen. 29 Als Maria das hörte, stand sie sofort auf und ging zu ihm. 30 Denn Jesus war noch nicht in das Dorf gekommen; er war noch dort, wo ihn Marta getroffen hatte. 31 Die Juden, die bei Maria im Haus waren und sie trösteten, sahen, dass sie plötzlich aufstand und hinausging. Da folgten sie ihr, weil sie meinten, sie gehe zum Grab, um dort zu weinen. 32 Als Maria dorthin kam, wo Jesus war, und ihn sah, fiel sie ihm zu Füßen und sagte zu ihm: Herr, wärst du hier gewesen, dann wäre mein Bruder nicht gestorben. 33 Als Jesus sah, wie sie weinte und wie auch die Juden weinten, die mit ihr gekommen waren, war er im Innersten erregt und erschüttert. 34 Er sagte: Wo habt ihr ihn bestattet? Sie sagten zu ihm: Herr, komm und sieh! 35 Da weinte Jesus. 36 Die Juden sagten: Seht, wie lieb er ihn hatte! 37 Einige aber sagten: Wenn er dem Blinden die Augen geöffnet hat, hätte er dann nicht auch verhindern können, dass dieser hier starb? 38 Da wurde Jesus wiederum innerlich erregt und er ging zum Grab. Es war eine Höhle, die mit einem Stein verschlossen war. 39 Jesus sagte: Nehmt den Stein weg! Marta, die Schwester des Verstorbenen, sagte zu ihm: Herr, er riecht aber schon, denn es ist bereits der vierte Tag. 40 Jesus sagte zu ihr: Habe ich dir nicht gesagt: Wenn du glaubst, wirst du die Herrlichkeit Gottes sehen? 41 Da nahmen sie den Stein weg. Jesus aber erhob seine Augen und sprach: Vater, ich danke dir, dass du mich erhört hast. 42 Ich wusste, dass du mich immer erhörst; aber wegen der Menge, die um mich herumsteht, habe ich es gesagt, damit sie glauben, dass du mich gesandt hast. 43 Nachdem er dies gesagt hatte, rief er mit lauter Stimme: Lazarus, komm heraus! 44 Da kam der Verstorbene heraus; seine Füße und Hände waren mit Binden umwickelt und sein Gesicht war mit einem Schweißtuch verhüllt. Jesus sagte zu ihnen: Löst ihm die Binden und lasst ihn weggehen! 45 Viele der Juden, die zu Maria gekommen waren und gesehen hatten, was Jesus getan hatte, kamen zum Glauben an ihn.

Alles eine Frage der Sünde?!

 

Das heutige Evangelium zeigt sehr deutlich, dass in der Gesellschaft auch noch heute der Schuld-Ergehen-Zusammenhang eine zentrale Rolle im Denken der Menschen spielt. Die Sünde ist das Kriterium und das Maß zur Beurteilung von Geschehnissen und Ereignissen, die uns ereilen und über uns hineinbrechen. Die Warum-Frage ist riesengroß und die Menschen begeben sich schnell in eine Opferrolle, statt nach dem Wozu und den Chancen zu fragen.

Erstaunlich ist es auch, dass die Menschen unbedingt wissen möchten, was geschehen ist und über das Geschehene richten wollen. Die gewisse Neugier bei solch einem Wunder ist allzu menschlich und doch frage ich mich, welche Motivationen noch dahinter stecken. Möchten die kritischen Stimmen jemanden verurteilen oder steckt vielleicht auch ein gewisser Neid dahinter? Natürlich wird das gesamte Denken auf den Kopf gestellt. Denn einem vermeintlichen Sünder, der aufgrund seiner angeborenen Blindheit in diesem Verständnis sündhaft sein muss, wird solch ein Glück zuteil. Ein Schlüsselmoment, das den Umherstehenden dennoch nicht schlüssig zu sein scheint, sodass sie immer wieder nachfragen und auch bei den Eltern des Geheilten Nachforschungen anstellen. Die Ungläubigkeit über die Aussagen bringen sie zum Zorn und sie stoßen den Mann hinaus. So tief überzeugt sind sie von ihren Ansichten und ihrem Schuld- und Sündenverständnis, dass sie ihm keinen Glauben schenken können.

 

Schließlich kommt Jesus selbst zu Wort – auch den Pharisäern gegenüber – und obwohl es keine genaue Beschreibung ihrer Reaktion gibt, lässt sich vermuten, dass die Worte Jesu sie zum starken Nachdenken angeregt haben. Die Begegnung mit dem Christus ist für sie notwendig, um gegebenenfalls umzudenken und ihre Blindheit in Bezug auf ihn und die Wunderheilung zu reflektieren.

 

Es ist gar nicht der Anspruch, dass wir immer direkt erkennen, was Jesus und somit Gott von uns möchte. Das muss nicht gelingen und doch ist die Geschichte des geheilten Blindgeborenen ein Ansporn, immer wieder nach dem Willen Gottes zu fragen und ihn zu suchen. Es lohnt sich!

 

Thale Schmitz

 

Evangelium: 

 

Joh 9, 1-41: Die Heilung des Blindgeborenen

1 Unterwegs sah Jesus einen Mann, der seit seiner Geburt blind war. 2 Da fragten ihn seine Jünger: Rabbi, wer hat gesündigt? Er selbst oder seine Eltern, sodass er blind geboren wurde? 3 Jesus antwortete: Weder er noch seine Eltern haben gesündigt, sondern die Werke Gottes sollen an ihm offenbar werden. 4 Wir müssen, solange es Tag ist, die Werke dessen vollbringen, der mich gesandt hat; es kommt die Nacht, in der niemand mehr wirken kann. 5 Solange ich in der Welt bin, bin ich das Licht der Welt. 6 Als er dies gesagt hatte, spuckte er auf die Erde; dann machte er mit dem Speichel einen Teig, strich ihn dem Blinden auf die Augen 7 und sagte zu ihm: Geh und wasch dich in dem Teich Schiloach! Das heißt übersetzt: der Gesandte. Der Mann ging fort und wusch sich. Und als er zurückkam, konnte er sehen. 8 Die Nachbarn und jene, die ihn früher als Bettler gesehen hatten, sagten: Ist das nicht der Mann, der dasaß und bettelte? 9 Einige sagten: Er ist es. Andere sagten: Nein, er sieht ihm nur ähnlich. Er selbst aber sagte: Ich bin es. 10 Da fragten sie ihn: Wie sind deine Augen geöffnet worden? 11 Er antwortete: Der Mann, der Jesus heißt, machte einen Teig, bestrich damit meine Augen und sagte zu mir: Geh zum Schiloach und wasch dich! Ich ging hin, wusch mich und konnte sehen. 12 Sie fragten ihn: Wo ist er? Er sagte: Ich weiß es nicht. 13 Da brachten sie den Mann, der blind gewesen war, zu den Pharisäern. 14 Es war aber Sabbat an dem Tag, als Jesus den Teig gemacht und ihm die Augen geöffnet hatte. 15 Auch die Pharisäer fragten ihn, wie er sehend geworden sei. Er antwortete ihnen: Er legte mir einen Teig auf die Augen und ich wusch mich und jetzt sehe ich. 16 Einige der Pharisäer sagten: Dieser Mensch ist nicht von Gott, weil er den Sabbat nicht hält. Andere aber sagten: Wie kann ein sündiger Mensch solche Zeichen tun? So entstand eine Spaltung unter ihnen. 17 Da fragten sie den Blinden noch einmal: Was sagst du selbst über ihn? Er hat doch deine Augen geöffnet. Der Mann sagte: Er ist ein Prophet. 18 Die Juden aber wollten nicht glauben, dass er blind gewesen und sehend geworden war. Daher riefen sie die Eltern des von der Blindheit Geheilten 19 und fragten sie: Ist das euer Sohn, von dem ihr sagt, dass er blind geboren wurde? Wie kommt es, dass er jetzt sieht? 20 Seine Eltern antworteten: Wir wissen, dass er unser Sohn ist und dass er blind geboren wurde. 21 Wie es kommt, dass er jetzt sieht, das wissen wir nicht. Und wer seine Augen geöffnet hat, das wissen wir auch nicht. Fragt doch ihn selbst, er ist alt genug und kann selbst für sich sprechen! 22 Das sagten seine Eltern, weil sie sich vor den Juden fürchteten; denn die Juden hatten schon beschlossen, jeden, der ihn als den Christus bekenne, aus der Synagoge auszustoßen. 23 Deswegen sagten seine Eltern: Er ist alt genug, fragt ihn selbst! 24 Da riefen die Pharisäer den Mann, der blind gewesen war, zum zweiten Mal und sagten zu ihm: Gib Gott die Ehre! Wir wissen, dass dieser Mensch ein Sünder ist. 25 Er antwortete: Ob er ein Sünder ist, weiß ich nicht. Nur das eine weiß ich, dass ich blind war und jetzt sehe. 26 Sie fragten ihn: Was hat er mit dir gemacht? Wie hat er deine Augen geöffnet? 27 Er antwortete ihnen: Ich habe es euch bereits gesagt, aber ihr habt nicht gehört. Warum wollt ihr es noch einmal hören? Wollt etwa auch ihr seine Jünger werden? 28 Da beschimpften sie ihn: Du bist ein Jünger dieses Menschen; wir aber sind Jünger des Mose. 29 Wir wissen, dass zu Mose Gott gesprochen hat; aber von dem da wissen wir nicht, woher er kommt. 30 Der Mensch antwortete ihnen: Darin liegt ja das Erstaunliche, dass ihr nicht wisst, woher er kommt; dabei hat er doch meine Augen geöffnet. 31 Wir wissen, dass Gott Sünder nicht erhört; wer aber Gott fürchtet und seinen Willen tut, den erhört er. 32 Noch nie hat man gehört, dass jemand die Augen eines Blindgeborenen geöffnet hat. 33 Wenn dieser nicht von Gott wäre, dann hätte er gewiss nichts ausrichten können. 34 Sie entgegneten ihm: Du bist ganz und gar in Sünden geboren und du willst uns belehren? Und sie stießen ihn hinaus. 35 Jesus hörte, dass sie ihn hinausgestoßen hatten, und als er ihn traf, sagte er zu ihm: Glaubst du an den Menschensohn? 36 Da antwortete jener und sagte: Wer ist das, Herr, damit ich an ihn glaube? 37 Jesus sagte zu ihm: Du hast ihn bereits gesehen; er, der mit dir redet, ist es. 38 Er aber sagte: Ich glaube, Herr! Und er warf sich vor ihm nieder. 39 Da sprach Jesus: Um zu richten, bin ich in diese Welt gekommen: damit die nicht Sehenden sehen und die Sehenden blind werden. 40 Einige Pharisäer, die bei ihm waren, hörten dies. Und sie fragten ihn: Sind etwa auch wir blind? 41 Jesus sagte zu ihnen: Wenn ihr blind wärt, hättet ihr keine Sünde. Jetzt aber sagt ihr: Wir sehen. Darum bleibt eure Sünde.

Gib uns vom Wasser des Lebens – vorurteilsfrei!

 

Bei meiner täglichen Arbeit im Refugium ist es mir ein großes Anliegen, den Menschen und unseren Gästen unvoreingenommen zu begegnen – ihnen keine Schablonen aufzudrücken, sie nicht nach ihrer Optik zu bewerten oder überhaupt zu be- geschweige denn zu verurteilen. Vorurteile ganz abzubauen und gar nicht erst entstehen zu lassen, ist eine große Aufgabe und vielleicht psychologisch gar nicht möglich, aber ich darf in meinem Lernfeld Refugium immer wieder erfahren, dass sich diese Angewohnheiten ändern lassen. Die Gedanken tauchen in gewissen Situationen auf, aber es kann gelingen, sie kurz wahrzunehmen und dann wieder ziehen zu lassen.

Wir blicken in das Evangelium: Eine Frau, die hautnah erlebt, dass Jesus sie nicht verurteilt, findet zum Glauben.

Jesus ist müde und durstig. Daher bittet er die Frau, ihm zu trinken zu geben, und bringt so das Gespräch in Gang. Mit seiner Bitte um Hilfe sprechen die beiden gleichsam auf gleicher Augenhöhe miteinander. Das ist sehr ungewöhnlich in damaliger Zeit und jegliche Hierarchie ist damit aufgebrochen. Und dann lenkt Jesus ihre Aufmerksamkeit auf das, was Gott geben will, nämlich „lebendiges Wasser“, und gibt sich als Messias zu erkennen. Damit beschreibt Jesus kein fließendes Wasser aus einem Fluss, sondern nutzt die Metaphorik: Er vergleicht das „lebendige Wasser“ mit dem Geschenk Gottes, im Glauben an ihn von aller Schuld befreit zu werden.

Die mutige Samariterin tut den entscheidenden Schritt zum Glauben, als sie merkt, dass Jesus sie nicht verurteilt. In diesem Moment weiß sie sich befreit von all ihrer Schuld und kann anfangen, neu zu leben.

Sicherlich können wir diese tiefe Glaubenserfahrung nicht all unseren Gästen weitergeben, vermitteln oder in ihnen auslösen. Und doch stärkt mich das Evangelium, an der beurteilungsfreien Haltung festzuhalten und im Rahmen meiner Möglichkeiten vollkommen zu leben. Vielleicht ist diese Art von Begegnung ein erster Schritt und eine wohltuende Erfahrung, die den Glauben und das Wirken Jesu möglich machen.

Auf unserer Suche nach Sinn und Erfüllung im Leben werden wir immer wieder feststellen, dass wir sein lebendiges Wasser brauchen! Möge es durch unsere pastorale und seelsorgliche Arbeit fließen und bei vielen Menschen überschwappen.

Das vielleicht irritierende Bild ist mir unter dem Suchbegriff „Verurteilung“ begegnet.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium: 

Joh 4, 5-42:

 

5 So kam er zu einer Stadt in Samarien, die Sychar hieß und nahe bei dem Grundstück lag, das Jakob seinem Sohn Josef vermacht hatte. 6 Dort befand sich der Jakobsbrunnen. Jesus war müde von der Reise und setzte sich daher an den Brunnen; es war um die sechste Stunde. 7 Da kam eine Frau aus Samarien, um Wasser zu schöpfen. Jesus sagte zu ihr: Gib mir zu trinken! 8 Seine Jünger waren nämlich in die Stadt gegangen, um etwas zum Essen zu kaufen. 9 Die Samariterin sagte zu ihm: Wie kannst du als Jude mich, eine Samariterin, um etwas zu trinken bitten? Die Juden verkehren nämlich nicht mit den Samaritern. 10 Jesus antwortete ihr: Wenn du wüsstest, worin die Gabe Gottes besteht und wer es ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken!, dann hättest du ihn gebeten und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben. 11 Sie sagte zu ihm: Herr, du hast kein Schöpfgefäß und der Brunnen ist tief; woher hast du also das lebendige Wasser? 12 Bist du etwa größer als unser Vater Jakob, der uns den Brunnen gegeben und selbst daraus getrunken hat, wie seine Söhne und seine Herden? 13 Jesus antwortete ihr: Wer von diesem Wasser trinkt, wird wieder Durst bekommen; 14 wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird niemals mehr Durst haben; vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe, in ihm zu einer Quelle werden, deren Wasser ins ewige Leben fließt. 15 Da sagte die Frau zu ihm: Herr, gib mir dieses Wasser, damit ich keinen Durst mehr habe und nicht mehr hierherkommen muss, um Wasser zu schöpfen! 16 Er sagte zu ihr: Geh, ruf deinen Mann und komm wieder her! 17 Die Frau antwortete: Ich habe keinen Mann. Jesus sagte zu ihr: Du hast richtig gesagt: Ich habe keinen Mann. 18 Denn fünf Männer hast du gehabt und der, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann. Damit hast du die Wahrheit gesagt. 19 Die Frau sagte zu ihm: Herr, ich sehe, dass du ein Prophet bist. 20 Unsere Väter haben auf diesem Berg Gott angebetet; ihr aber sagt, in Jerusalem sei die Stätte, wo man anbeten muss. 21 Jesus sprach zu ihr: Glaube mir, Frau, die Stunde kommt, zu der ihr weder auf diesem Berg noch in Jerusalem den Vater anbeten werdet. 22 Ihr betet an, was ihr nicht kennt, wir beten an, was wir kennen; denn das Heil kommt von den Juden. 23 Aber die Stunde kommt und sie ist schon da, zu der die wahren Beter den Vater anbeten werden im Geist und in der Wahrheit; denn so will der Vater angebetet werden. 24 Gott ist Geist und alle, die ihn anbeten, müssen im Geist und in der Wahrheit anbeten. 25 Die Frau sagte zu ihm: Ich weiß, dass der Messias kommt, der Christus heißt. Wenn er kommt, wird er uns alles verkünden. 26 Da sagte Jesus zu ihr: Ich bin es, der mit dir spricht. 27 Inzwischen waren seine Jünger zurückgekommen. Sie wunderten sich, dass er mit einer Frau sprach, doch keiner sagte: Was suchst du? oder: Was redest du mit ihr? 28 Die Frau ließ ihren Wasserkrug stehen, kehrte zurück in die Stadt und sagte zu den Leuten: 29 Kommt her, seht, da ist ein Mensch, der mir alles gesagt hat, was ich getan habe: Ist er vielleicht der Christus? 30 Da gingen sie aus der Stadt heraus und kamen zu ihm. 31 Währenddessen baten ihn seine Jünger: Rabbi, iss! 32 Er aber sagte zu ihnen: Ich habe eine Speise zu essen, die ihr nicht kennt. 33 Da sagten die Jünger zueinander: Hat ihm jemand etwas zu essen gebracht? 34 Jesus sprach zu ihnen: Meine Speise ist es, den Willen dessen zu tun, der mich gesandt hat, und sein Werk zu vollenden. 35 Sagt ihr nicht: Noch vier Monate dauert es bis zur Ernte? Sieh, ich sage euch: Erhebt eure Augen und seht, dass die Felder schon weiß sind zur Ernte! 36 Schon empfängt der Schnitter seinen Lohn und sammelt Frucht für das ewige Leben, sodass sich der Sämann und der Schnitter gemeinsam freuen. 37 Denn hier hat das Sprichwort recht: Einer sät und ein anderer erntet. 38 Ich habe euch gesandt zu ernten, wofür ihr euch nicht abgemüht habt; andere haben sich abgemüht und euch ist ihre Mühe zugutegekommen. 39 Aus jener Stadt kamen viele Samariter zum Glauben an Jesus auf das Wort der Frau hin, die bezeugt hatte: Er hat mir alles gesagt, was ich getan habe. 40 Als die Samariter zu ihm kamen, baten sie ihn, bei ihnen zu bleiben; und er blieb dort zwei Tage. 41 Und noch viel mehr Leute kamen zum Glauben an ihn aufgrund seiner eigenen Worte. 42 Und zu der Frau sagten sie: Nicht mehr aufgrund deiner Rede glauben wir, denn wir haben selbst gehört und wissen: Er ist wirklich der Retter der Welt.

Was (v)erklärt Jesus?!

 

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber wenn ich das Wort Verklärung höre, muss ich im ersten Moment an ein Klärwerk denken. Obwohl ein Klärwerk sehr sinnvolle Reinigungsvorgänge für uns vollzieht, ist der Begriff – vermutlich aufgrund der Geruchs- und auch der optischen Assoziationen – sehr stark negativ konnotiert. Daher habe ich mich an dem Wort Verklärung erst einmal gestoßen.

 

Jesus verklärt sich vor den drei Jüngern Petrus, Jakobus und Johannes, das heißt er offenbart sich ihnen als Sohn Gottes, indem er sich vor ihnen leuchtend verwandelt. Als Bestätigung spricht sogar Gott selbst aus einer leuchtenden Wolke zu ihnen: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören. (Mt 17, 5b) Bei all den überwältigenden Eindrücken treten zudem noch Mose und Elija hinzu, die den Jüngern aus dem Alten Testament bekannt sind. Die Ereignisse überschlagen sich und sie reagieren mit Furcht auf diese Gotteserfahrung.

 

Schon zu Lebzeiten dürfen die drei Jünger bereits die himmlische Herrlichkeit Jesu Christi spüren und wahrhaftig sehen. Die Proklamation Jesu zu Gottes geliebtem Sohn (durch Gott selbst!) vermag ihnen Kraft und Bestätigung im Glauben zu geben, um dem Kommenden mit weniger Furcht entgegen zu gehen. Sie brauchen Kraft für das Bevorstehende und doch reagieren sie mit großer Angst. Die Erschrockenheit der Jünger liegt in der tiefen, besonders überraschenden Gotteserfahrung begründet. Die unmittelbare Nähe zu Gott löst bei den Menschen im ersten Moment Furcht aus und das Vermögen, die göttliche Herrlichkeit zu fassen, scheint so überraschend nicht jedem/r möglich zu sein. In Bezug auf die Verklärungserzählung erschließt sich auch, warum Menschen auf einem Berg eine besondere Gottesnähe vermuten und erwarten. Das klare Leuchten lässt Gott durch Jesus hindurch in unsere Welt scheinen – der Glanz ist so blendend, dass die Menschen ihn kaum erfassen können.

 

Die Verklärung Jesu hat somit ähnliche wenn auch nicht vergleichbare, bereinigende, klärende Wirkung wie ein Klärwerk: sie klärt unseren Blick und lässt uns ein Leben in Reinheit hoffnungsvoll erwarten. Dies dürfen wir uns immer wieder vor Augen führen.

 

Thale Schmitz

 

 

Evangelium: 

 

Mt 17, 1-9: Die Verklärung Jesu

1 Sechs Tage danach nahm Jesus Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg. 2 Und er wurde vor ihnen verwandelt; sein Gesicht leuchtete wie die Sonne und seine Kleider wurden weiß wie das Licht. 3 Und siehe, es erschienen ihnen Mose und Elija und redeten mit Jesus. 4 Und Petrus antwortete und sagte zu Jesus: Herr, es ist gut, dass wir hier sind. Wenn du willst, werde ich hier drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija. 5 Noch während er redete, siehe, eine leuchtende Wolke überschattete sie und siehe, eine Stimme erscholl aus der Wolke: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören. 6 Als die Jünger das hörten, warfen sie sich mit dem Gesicht zu Boden und fürchteten sich sehr. 7 Da trat Jesus zu ihnen, fasste sie an und sagte: Steht auf und fürchtet euch nicht! 8 Und als sie aufblickten, sahen sie niemanden außer Jesus allein. 9 Während sie den Berg hinabstiegen, gebot ihnen Jesus: Erzählt niemandem von dem, was ihr gesehen habt, bis der Menschensohn von den Toten auferweckt ist!

GUT FÜR DIE SEELE

 

Seit fast 30 Jahren beten die Schwestern auf Burg Dinklage täglich fünf Minuten ausdrücklich um Frieden, benennen die aktuellen Krisenherde und proklamieren ihre Bereitschaft, selbst Friedensstifterinnen in ihrem Alltag zu werden.

Ist die Welt dadurch friedlicher geworden? Gibt es weniger Krieg, Tyrannei und Katastrophen im Großen und weniger Konflikte, mehr Liebe und Fürsorge im Kleinen? Es sieht nicht danach aus und lässt sich nicht empirisch ermitteln.

Aber sie glauben daran, dass in einer jeden von ihnen Mut, Wachsamkeit für Unrecht und die Bereitschaft, friedensstiftend zu handeln gewachsen ist; klein, leise, zaghaft und zugleich nachhaltig und zäh. Ja, sie glauben daran, dass ihr Gebet eine Dynamik entwickelt, die nicht zu unterschätzen ist! Die vielen einzelnen ‚Ich‘ gehen verwandelt aus dem Gebet hervor und lösen eine Kettenreaktion der Wandlung aus.

Der amerikanische Theologe Walter Wink fasst es so zusammen: „Die Geschichte gehört den Fürbittenden, die durch ihren Glauben die Zukunft heraufführen. Durch unsere Fürbitten werfen wir wahrhaft Feuer auf die Erde und posaunen die Zukunft ins Dasein.“

(Quelle: „Lasst euch vom Geist entflammen – Benediktinerinnen Burg Dinklage“ in ‚… die Hand hinhalten – WEGE KLÖSTERLICHER WEISHEIT‘, S. 37)

 

HERZLICHE EINLADUNG, WEITERHIN MIT UNS DIENSTAGS BIS SAMSTAGS UM „5 VOR 12“ IM PROPSTEIHOF DIESES FRIEDENSGEBET GEMEINSAM ZU BETEN!

Vollkommen – mit sich – sein!

 

Auch wenn der Rosenmontag noch vor uns liegt, können wir den Vorausblick wagen und auf das schauen, was nach den Karnevalstagen auf uns wartet: die Fastenzeit.

Ich kann mir gut vorstellen, dass der eine oder die andere diese Zeit ganz unterschiedlich im Leben und in den verschiedenen Lebensabschnitten wahrgenommen hat. In der Jugend ist es vielleicht eine eher negativ konnotierte Zeit – es wird versucht, zu verzichten und doch fällt es schwer, denn der Verzicht bezieht sich auf leckere Süßigkeiten oder den Konsum von digitalen Medien in der Freizeit.

Gerne möchte ich die Gedanken in eine andere Richtung lenken und überlegen, wie die Fastenzeit eine Zeit der Fülle und Vollkommenheit werden und uns bereichern kann. Die klassische Idee, mehr Gutes zu tun als auf weniger Gutes zu verzichten, kann dabei ein Wegweiser oder Startgedanke sein.

 

Im Evangelium fordert uns Jesus dazu auf, bei erlebter Gewalt und erlittenem Unrecht keine Gegenwehr zu leisten, sondern sich im Vertrauen auf Gott, der der wahre Richter über uns Menschen ist, zurückzuhalten. Wer zu Unrecht von uns fordert oder uns zwingt, möge überrascht sein, dass wir sogar mehr abgeben oder leisten und für unsere Feinde beten und sie lieben.

Das heißt mit anderen Worten: Lasst uns Unerwartetes tun und die Menschen mit der Güte Gottes überraschen! Dabei machen wir keine Unterschiede zwischen uns nahestehenden Menschen und jenen, die wir vielleicht gar nicht mögen bzw. leiden können. Unser Verhalten sei nicht kontext- und personengebunden, sodass wir uns im Reinen mit uns fühlen können und danach handeln. Da spielt auch hinein, dass wir Vorurteile und Kategorisierungen oder Schubladendenken ablegen mögen und die Vollkommenheit Jesu Christi im Christsein ausleben und erfahrbar zu machen versuchen. Inmitten der jecken Tage klingt das Evangelium sehr radikal und lässt einige vermutlich zweifeln an der Wirkmächtigkeit dieses Handelns – doch Mahatma Gandhi bringt die Kraft und Wahrheit dahinter sehr stark ins Wort und auf den Punkt:

„Jesus hat sein Leben am Kreuz verloren, und der Römer Pilatus hat gesiegt. Hat er wirklich? Nein. Jesus war der Sieger, wie die Weltgeschichte reichlich beweist.“

 

Thale Schmitz

 

Evangelium: 

 

Mt 5, 38-48:

 

38 Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Auge für Auge und Zahn für Zahn. 39 Ich aber sage euch: Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin! 40 Und wenn dich einer vor Gericht bringen will, um dir das Hemd wegzunehmen, dann lass ihm auch den Mantel! 41 Und wenn dich einer zwingen will, eine Meile mit ihm zu gehen, dann geh zwei mit ihm! 42 Wer dich bittet, dem gib, und wer von dir borgen will, den weise nicht ab! 43 Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. 44 Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, 45 damit ihr Kinder eures Vaters im Himmel werdet; denn er lässt seine Sonne aufgehen über Bösen und Guten und er lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. 46 Wenn ihr nämlich nur die liebt, die euch lieben, welchen Lohn könnt ihr dafür erwarten? Tun das nicht auch die Zöllner? 47 Und wenn ihr nur eure Brüder grüßt, was tut ihr damit Besonderes? Tun das nicht auch die Heiden? 48 Seid also vollkommen, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist!

„Ich schwöre!?“

 

Was bedeutet Schwören eigentlich? – Im DUDEN stehen folgende Einträge:

  • einen Eid, Schwur leisten, ablegen / in einem Eid, Schwur versichern oder geloben
  • nachdrücklich [unter Verwendung von Beteuerungsformeln] versichern; beteuern / geloben; [unter Verwendung von Beteuerungsformeln] feierlich versprechen
  • sich etwas ganz fest vornehmen
  • jemanden, etwas (für einen bestimmten Zweck) für am besten geeignet halten („auf etwas schwören“)

(siehe: https://www.duden.de/rechtschreibung/schwoeren)

Die Bedeutungen und Facetten des Schwörens sind sehr vielfältig und erstrecken sich auf Bereiche, in denen Druck von außen und durch andere entsteht bis zur eigenen Person, die sich selbst etwas ganz fest vornimmt oder Aussagen über etwas trifft.

 

Ohne dass ich mir zuvor größere Gedanken zu diesem Begriff gemacht habe, ist das Wort Schwören sehr negativ besetzt. Meine ersten Assoziationen waren Konfliktsituationen, in denen sich Sätze oder Androhungen wie „Ich schwöre Dir, dass das die falsche Entscheidung war.“ Oder „Ich schwöre Dir, dass du das bereuen wirst.“ Schwören bringt tatsächlich mit sich, dass etwas – ein Entschluss oder ein Versprechen – nicht mehr ruckgängig gemacht werden kann. Doch ist das eine Form der Lebensgestaltung im Sinne Jesu? Die Umkehr und das Umdenken auch im Kleinen dürfen doch stets möglich sein!

Noch unheilvoller wird es, wenn beim Namen oder sogar im Namen Gottes geschworen wird – ein Missbrauch seines Wortes geschieht. Davor möchte Jesus uns bewahren und bringt sehr deutlich ins Wort, dass wir überhaupt nicht schwören sollen. Vielmehr mögen wir entschlossen ein Ja oder Nein äußern und diesem Wort treu bleiben – ohne dies darstellend und nachdrücklich beteuern oder versichern zu müssen. In der Umsetzung und der konkreten Tat heißt dies dennoch, dass wir uns gewisse Dinge ganz fest vornehmen. Jedoch verzichten wir darauf, dies in besonderer Weise bekunden oder ausdrücken zu müssen und sehen davon ab, auf irdische Güter zu schwören und diese im Vergleich zu anderen Menschen oder Dingen zu erhöhen.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium: 

 

Mt 5, 20–22a.27–28.33–34a.37:

 

Das Wort Gottes

 

Darum sage ich euch: Wenn eure Gerechtigkeit nicht weit größer ist als die der Schriftgelehrten und der Pharisäer, werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen. Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt worden ist: Du sollst nicht töten; wer aber jemand tötet, soll dem Gericht verfallen sein. Ich aber sage euch: Jeder, der seinem Bruder auch nur zürnt, soll dem Gericht verfallen sein; und wer zu seinem Bruder sagt: Du Dummkopf!, soll dem Spruch des Hohen Rates verfallen sein; wer aber zu ihm sagt: Du (gottloser) Narr!, soll dem Feuer der Hölle verfallen sein. Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst nicht die Ehe brechen. Ich aber sage euch: Wer eine Frau auch nur lüstern ansieht, hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen. Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt worden ist: Du sollst keinen Meineid schwören, und: Du sollst halten, was du dem Herrn geschworen hast. Ich aber sage euch: Schwört überhaupt nicht, weder beim Himmel, denn er ist Gottes Thron. Euer Ja sei ein Ja, euer Nein ein Nein; alles andere stammt vom Bösen.

Das Salz sei unser Zucker!

 

Wenn ich an Salz denke und es mir bildlich vor Augen ausmale, kann ich nicht anders, als gleichzeitig auch an Zucker zu denken. Die beiden Lebensmittel sehen doch identisch aus und gerade Hagelzucker bzw. grobe Salzkörner sind sich doch zum Verwechseln ähnlich. Beide Nahrungsmittel sind in großen Mengen sehr ungesund für den Körper, doch wesentlich häufiger ist es der Zucker, der uns zu hohem Konsum verführt. Ich würde behaupten, dass es allgemein schneller passiert, dass ein Gericht versalzen ist, als dass zu viel Zucker im Kuchen, Dessert oder Plätzchen zu finden ist.

Die „süße Verführung“ ist größer oder sogar gefährlicher als die salzige Alternative.

 

Und nun dürfen wir Menschen doch das Salz der Erde sein – so steht es im heutigen Evangelium: „Ihr seid das Salz der Erde.“ (Mt 5, 13a)

Vielleicht lassen sich einige Gedanken aus dem Salz-Zucker-Vergleich bzw. der sehr ähnlichen Struktur und Optik ableiten. Salz gibt Geschmack – jedes ungewürzte Essen schmeckt fade und es gibt kein neues Geschmackserlebnis bzw. keine neuen Impulse. Als Salz der Erde vermögen wir der Welt und unserer Umgebung stetig wandelnde Anreize zu geben und auch im Gegenzug zu empfangen. Den Geschmack und das gewisse Etwas sollen wir dabei nie verlieren und auch versuchen, ihn nicht verblassen zu lassen. Wichtig ist auch, dass wir das vermeintliche Salz gewissermaßen prüfen – ist es wirklich Salz bzw. ein ertragreiches Tun und Handeln? Ist es auch in angemessener Dosis erkannt und von uns eingesetzt worden? Sehr leicht ist es mit verführerischem Zucker zu verwechseln – welcher uns anzieht im Genuss und womöglich weitere Reflexion über eventuell egoistische Handlungsmotive verschleiert.

Ein Gericht oder eine Mahlzeit als herzhaft zu bezeichnen, finde ich dabei auch eine sehr passende Beschreibung. Eine Handlung, die am Herzen haftet – von Herzen bewusst und liebevoll getan wird, ohne egoistische Hintergründe und Selbstbeweihräucherung. So mögen wir unser Salz einsetzen: nicht bewusst darstellend oder offensichtlich, sondern versteckt. Die Salzkörner sind wichtig für das Gelingen des Gerichtes, denn sie verleihen dem Brot oder der Suppe den Geschmack und doch gehen sie ganz darin auf.

So dürfen auch wir ganz im Reich Gottes als Salz der Erde aufgehen und in ihm wirken.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium: 

 

Mt 5, 13-16: Das Doppelbildwort vom Salz und vom Licht

13 Ihr seid das Salz der Erde. Wenn das Salz seinen Geschmack verliert, womit kann man es wieder salzig machen? Es taugt zu nichts mehr, außer weggeworfen und von den Leuten zertreten zu werden. 14 Ihr seid das Licht der Welt. Eine Stadt, die auf einem Berg liegt, kann nicht verborgen bleiben. 15 Man zündet auch nicht eine Leuchte an und stellt sie unter den Scheffel, sondern auf den Leuchter; dann leuchtet sie allen im Haus. 16 So soll euer Licht vor den Menschen leuchten, damit sie eure guten Taten sehen und euren Vater im Himmel preisen.

Selig werden…

 

Die Seligpreisungen sind ein Leitfaden zur Errichtung der Welt Gottes, die sich stark von unserer irdischen Welt unterscheidet. Durch die einzelnen oder auch alle Verse insgesamt fühlen sich viele Gläubige unter Druck gesetzt, da sie der Inhalt zu scheinbar unmöglichen Taten und Verhaltensweisen auffordert. Womöglich würde durch die Umsetzung die gesamte bisherige Lebensgestaltung auf den Kopf gestellt. Eine andere Perspektive auf die Worte Jesu in der Bergpredigt ist jedoch viel fruchtbarer und geradezu wohltuend. Denn die Seligpreisungen appellieren an unsere innere Freiwilligkeit. Der Großmut des Herzens soll hervorgebracht und die persönliche Verantwortungsbereitschaft stark gemacht werden. Die eigene Selbstwirksamkeit zu spüren und mit uns und unserem Handeln im Reinen zu sein, lässt uns wachsen. Verantwortung zu übernehmen – im Kleinen wie im Großen; im eigenen Leben wie für andere – spricht von persönlicher Größe im Sinne Jesu sowie vom Anbruch des Reiches Gottes hier auf Erden. Die Seligpreisungen ziehen uns daher keine Zwangsjacke an, sondern zeigen uns in Freiheit einen Weg, um selig zu werden. Nicht für die Außenwirkung, sondern in uns selbst mögen wir selig werden, um so auch an anderen selig zu handeln.

Entscheidend ist dabei das Anfangen – genau dort, wo ich stehe. Wichtig ist es, weiterzugehen und das Beste zu geben. Entscheidend ist das Verstehen des inneren Sinns einer Handlung und nicht der äußere Erfolg.

Sicherlich spricht nicht jeder Vers gleich tief in die individuelle Lebensgeschichte, doch

vielleicht trifft eine Seligpreisung besonders ins Herz und in den Glauben: weil es die aktuelle Lebenssituation betrifft; weil ein einschneidendes Ereignis stattgefunden hat; weil Unrecht erlebt und/oder nicht verhindert wurde;… – das Leben ist so vielfältig und facettenreich!

Ich wünsche uns, dass die Seligpreisungen uns tief im Herzen berühren und etwas bewirken, denn dafür hat Christus sie bestimmt. Gott will uns durch Jesus Christus die Augen für eine andere Sichtweise öffnen und in seine Welt einladen. Denn: Unser Glück ist Jesu Herzensanliegen. Dies bringt er in den Seligpreisungen auf den Punkt.

Ein tiefes Empfinden vom Beseelt Sein wünsche ich uns allen und vielleicht kann das gewählte Foto einen Eindruck oder Vorgeschmack von diesem Gefühl wiedergeben.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

 

Mt 5, 1-12a: Die Seligpreisungen

 

1 Als Jesus die vielen Menschen sah, stieg er auf den Berg. Er setzte sich und seine Jünger traten zu ihm. 2 Und er öffnete seinen Mund, er lehrte sie und sprach:

3 Selig, die arm sind vor Gott; / denn ihnen gehört das Himmelreich. 4 Selig die Trauernden; / denn sie werden getröstet werden. 5 Selig die Sanftmütigen; / denn sie werden das Land erben. 6 Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; / denn sie werden gesättigt werden. 7 Selig die Barmherzigen; / denn sie werden Erbarmen finden. 8 Selig, die rein sind im Herzen; / denn sie werden Gott schauen. 9 Selig, die Frieden stiften; / denn sie werden Kinder Gottes genannt werden. 10 Selig, die verfolgt werden um der Gerechtigkeit willen; / denn ihnen gehört das Himmelreich. 11 Selig seid ihr, wenn man euch schmäht und verfolgt und alles Böse über euch redet um meinetwillen. 12 Freut euch und jubelt: Denn euer Lohn wird groß sein im Himmel.

Jesus – das Licht der Welt – leitet uns den Weg

 

Jesus strahlt solch eine Kraft und Faszination aus, dass die ersten Jünger ihm ohne zu zögern folgen. Sie lassen ihre Arbeit, ihre Familien, ihre Heimat, ihr ganzes Leben zurück und lassen sich von Jesu Worten und seinem Licht leiten. Die Situation erinnert mich an den Stern zu Jesu Geburt, der die Magier bzw. die heiligen drei Könige dazu aufruft, ihm zu folgen, um an der Krippe die Erfüllung zu sehen. Auch sie zögern nicht und ziehen sofort los, ohne wirklich zu wissen, was sie erwartet.

 

Auch die Brüder im heutigen Evangelium hören den Ruf und verstehen ihn mit dem Herzen, noch ehe sie mit dem Verstand wissen, wie die Nachfolge ihr Leben verändern wird. Sie sind so gebannt und überzeugt von Jesus, dass sie die Entscheidung, ihm nachzufolgen, keineswegs infrage stellen und sofort losziehen. Es scheint selbst die Vermutung berechtigt, dass die Brüder keinen einzigen Moment darüber nachdenken mussten, sondern sich einfach von der Erscheinung Jesu und seiner faszinierenden Ausstrahlung leiten ließen.

Dies klingt in Ansätzen für den einen oder die andere vielleicht sogar irritierend, dass jemand auf der Erde zu solchem Einfluss fähig ist. Die Wirkung auf die Menschen, die Jesus begegnen, ist beinah manipulativ und sie scheinen nicht mehr Herr ihrer eigenen Sinne zu sein. Doch es bleibt ein Angebot Jesu, dem sich niemand verpflichten muss. In Freiheit dürfen wir uns für ihn entscheiden und somit die Richtung unseres Lebens bestimmen. Dieses Festlegen kann zunächst freiheitseinschränkend wirken, doch vermögen wir die erlösende Erfüllung schon bald zu spüren. Jesus nachzufolgen, gibt unserem Leben ein Ziel und einen bedeutenden Sinn – womöglich können wir durch diese Nachfolge den Sinn des Lebens begreifen.

 

Und so wird es auch die Erfahrung der Brüder gewesen sein. Die Wirkung Jesu auf sie war keineswegs manipulativ oder angsteinflößend, sondern vielmehr von einem guten Gefühl geprägt, welches sie dazu veranlasste, auf der Stelle alles stehen und liegen zu lassen und ihm nachzugehen. Vielleicht lässt sich diese Redewendung sogar auf diese Bibelstelle zurückführen. Und das Schöne an diesem Angebot Jesu ist: THE SAME FOR EVERYONE. Uns allen wird dieses Geschenk in gleichem Maße zuteil.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  Mt 4, 12-23: Jesus – Licht für die Menschen

 

12 Als Jesus hörte, dass Johannes ausgeliefert worden war, kehrte er nach Galiläa zurück. 13 Er verließ Nazaret, um in Kafarnaum zu wohnen, das am See liegt, im Gebiet von Sebulon und Naftali. 14 Denn es sollte sich erfüllen, was durch den Propheten Jesaja gesagt worden ist: 15 Das Land Sebulon und das Land Naftali, / die Straße am Meer, das Gebiet jenseits des Jordan, / das heidnische Galiläa: 16 Das Volk, das im Dunkel saß, / hat ein helles Licht gesehen; / denen, die im Schattenreich des Todes wohnten, / ist ein Licht erschienen.

17 Von da an begann Jesus zu verkünden: Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe. 18 Als Jesus am See von Galiläa entlangging, sah er zwei Brüder, Simon, genannt Petrus, und seinen Bruder Andreas; sie warfen gerade ihr Netz in den See, denn sie waren Fischer. 19 Da sagte er zu ihnen: Kommt her, mir nach! Ich werde euch zu Menschenfischern machen. 20 Sofort ließen sie ihre Netze liegen und folgten ihm nach. 21 Als er weiterging, sah er zwei andere Brüder, Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und seinen Bruder Johannes; sie waren mit ihrem Vater Zebedäus im Boot und richteten ihre Netze her. Er rief sie 22 und sogleich verließen sie das Boot und ihren Vater und folgten Jesus nach.

23 Er zog in ganz Galiläa umher, lehrte in den Synagogen, verkündete das Evangelium vom Reich und heilte im Volk alle Krankheiten und Leiden.

Wasser folgt Geist…

 

Johannes der Täufer bezeugt im heutigen Evangelium, dass Jesus der wahre Gesandte ist – derjenige, welcher mit dem Heiligen Geist tauft. Johannes als sein Vorläufer taufte zuvor mit Wasser, um Jesus zu erkennen zu geben und auch, um ihn selbst als den gesandten Sohn Gottes identifizieren zu können.

 

Durch die Taufe mit dem Heiligen Geist werden wir von oben neu geboren. Er kommt auf uns von Gott gesandt herab und zeigt uns den Weg zu einem freien, erfüllten Leben in und mit ihm. Wir dürfen ausbrechen aus irdischen Zwängen und in hoffnungsvoller Zuversicht leben und das Kommen unseres Erlösers erwarten.

Auch wenn Johannes „nur“ mit Wasser taufte, wies er vielen Menschen bereits den Weg und die Richtung zu Jesus und zum Glauben hin. So ist es ein schöner Brauch, auch heute mit Wasser zu taufen, denn Wasser bedeutet Leben. Im Vertrauen darauf durch die Taufe in die Gemeinschaft Gottes aufgenommen zu sein und Jesus an unserer Seite zu wissen, dürfen wir in das vorläufig irdische Leben starten und uns getragen fühlen – langfristig und ohne Unterbrechungen.

 

Wir können unser Leben von unten auf der Erde gestalten – doch brauchen wir dies nicht alleine zu tun. Denn von oben kommt uns Hilfe: der Heilige Geist, mit dem Jesus die Menschen tauft, verspricht, unsere Wege zu begleiten und für uns hörbar zu sein. Aus einer für uns neuen Perspektive blickt er auf unser Leben und die Erde und vermag Blickwinkel und Türen zu öffnen, die wir selbst nicht sehen oder wahrnehmen.

Er lockt uns in eine neue Sichtweise – die Sichtweise Gottes – auf unser Leben und bestärkt uns, mit Mut und Zuversicht voran zu schreiten und auch ungewisse Wege zu wagen.

Ich glaube, dass das sogenannte Bauchgefühl uns durch den Heiligen Geist geschenkt ist und wir uns an diesem orientieren dürfen, um Entscheidungen zu treffen und das Leben zu gestalten. Auch wenn dies nicht immer gelingt, bekommen wir eine neue Chance und Jesus hilft uns durch die Verarbeitungsphasen, die auch Gewissenskonflikte beinhalten können, hindurch. Wir dürfen aus diesen Erfahrungen lernen und es beim nächsten Mal besser machen. Initial entzündet durch die Taufe!

 

Thale Schmitz

 

Evangelium: 

 

Joh 1, 29–34:

29 Am Tag darauf sah er Jesus auf sich zukommen und sagte: Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt! 30 Er ist es, von dem ich gesagt habe: Nach mir kommt ein Mann, der mir voraus ist, weil er vor mir war. 31 Auch ich kannte ihn nicht; aber ich bin gekommen und taufe mit Wasser, damit er Israel offenbart wird. 32 Und Johannes bezeugte: Ich sah, dass der Geist vom Himmel herabkam wie eine Taube und auf ihm blieb. 33 Auch ich kannte ihn nicht; aber er, der mich gesandt hat, mit Wasser zu taufen, er hat mir gesagt: Auf wen du den Geist herabkommen und auf ihm bleiben siehst, der ist es, der mit dem Heiligen Geist tauft. 34 Und ich habe es gesehen und bezeugt: Dieser ist der Sohn Gottes.

Sind wir denn nicht alle Vorläufer?

 

Das heutige Evangelium über die Taufe Jesu ist recht kurz und enthält dennoch so viele spannende und erkenntnisreiche Aspekte:

Jesus ist Gottes Sohn und doch begegnet er uns auf Augenhöhe! Von Johannes – seinem Vorläufer – lässt er sich taufen und wird von Gott in genau diesem Moment zu seinem geliebten Sohn deklariert. Jesus lässt sich wie jede/r andere als Sünder taufen.

Johannes glaubt ohne feste Gewissheit, dass Jesus der Auserwählte, der Angekündigte ist! Er geht ihm voraus und bereitet den Weg, ohne genau und sicher zu wissen, wem er dient. Es ist beeindruckend, wie er sein Lebenswerk dieser Aufgabe widmet, denn seine eigene Bedeutung nimmt in dem Maße ab, wie das Kommende aufgeht. Er war also bereit abzunehmen, damit der Kommende wachsen konnte und hat sich selbst – seine Person und seine Relevanz – bewusst zurückgestellt bzw. zurückstellen lassen. Dieses Handeln und diese Denkweise spiegeln sich auch in seiner Reaktion auf die Anfrage Jesu wider, dass er ihn taufen möge: Ich müsste von dir getauft werden und du kommst zu mir? (Mt 3, 14b)
Jesus spricht daraufhin von der Gerechtigkeit, die durch diese Taufe erfüllt werde und bricht so konstruierte und erwartete Hierarchien auf.

Wir selbst leben in Vorläuferschaft – auch uns geht immer etwas voran und voraus. Natürlich geht Jesus uns voran und wir dürfen ihm folgen – doch immer liegt er uns voraus und im irdischen Leben werden wir ihn wohl nie ganz einholen können und auch nicht müssen. Das Gleiche gilt für viele weitere Elemente in unserem Leben. Es gibt keine bleibende Stätte; nach jedem Ende kommt ein neuer Anfang und auch jede Antwort verwandelt sich in eine neue Frage. Das Leben bedeutet eine anhaltende Dynamik, die auch dunkle Zeiten zu meistern hat. Jedoch und auch im Bilde bzw. in der Symbolik der Taufe gesprochen kann jeder Untergang (jedes Untertauchen) der Aufgang des Lebens sein.
So lasst uns die adventliche Reise nachweihnachtlich auch in diesem Jahr weiterführen, bis wir im ewigen Licht und im ewigen Leben ankommen mögen.

Thale Schmitz

 

Evangelium:

 

Mt 3, 13-17: Die Taufe Jesu

13 Zu dieser Zeit kam Jesus von Galiläa an den Jordan zu Johannes, um sich von ihm taufen zu lassen.
14 Johannes aber wollte es nicht zulassen und sagte zu ihm: Ich müsste von dir getauft werden und du kommst zu mir?
15 Jesus antwortete ihm: Lass es nur zu! Denn so können wir die Gerechtigkeit ganz erfüllen. Da gab Johannes nach.
16 Als Jesus getauft war, stieg er sogleich aus dem Wasser herauf. Und siehe, da öffnete sich der Himmel und er sah den Geist Gottes wie eine Taube auf sich herabkommen.
17 Und siehe, eine Stimme aus dem Himmel sprach: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe.