Impuls der Woche

Hier finden Sie die bisherigen Impulse:

Impuls vom 09.09.2023, "Herausforderung Gemeinde"

Herausforderung „Gemeinde“

 

Es ist traurige Realität, dass es manchmal genau die kirchliche Gemeinde ist, die zu großen Verwerfungen und Verletzungen zwischen den Menschen führt. Die Gemeinschaft, die den Glauben an Gott stärken und lebhafter machen möge, wird zum Hindernis und zur großen Herausforderung.

Ich möchte jedoch gar nicht schwarzmalerisch unterwegs sein, sondern herausstellen, dass eine Gemeinde im Gegenzug auch Rückhalt bietet und Konflikte zwischen den einzelnen Gemeindemitgliedern auffangen kann. Die gemeinschaftlich beschlossenen Regeln und Werte, die geteilt und gemeinsam gelebt werden wollen, bilden ein Netzwerk, welches in schwierigen Situationen als Auffangnetz fungieren kann. Es bietet Handlungsspielräume und setzt Akzente für den Umgang mit den spezifischen Gegebenheiten.

Bei all diesen Überlegungen und auch dem Agieren in den Strukturen einer Gemeinde finde ich es überaus wichtig zu betonen, dass die Gemeinde jedoch nicht uns Menschen gehört. Sie gehört auch nicht dem Pfarrer oder der Amtskirche, sondern sie ist die Kirche Jesu Christi und er ist es, der uns in diese Gemeinden hinein beruft. Das heißt jedoch nicht, dass wir uns zurücklehnen können und einfach mal abwarten sollen, was Jesus mit der Gemeinde so vorhat. Nein – er beruft uns, nicht nur ein Teil und somit Mitglied seiner Gemeinde zu sein, sondern er fordert nachdrücklich unser Mitwirken in ihr. Wir dürfen die Gemeinde gestalten und sollten bereit sein, auf verschiedenen Ebenen für und in sie zu investieren und uns für sie einzusetzen, sodass das gemeinschaftliche Leben gelingt und auch der Heilige Geist in ihr und uns wirken kann. Dabei spricht Jesus uns keinesfalls ab, dass auch Fehler gemacht und falsche Entscheidungen getroffen werden können. All diese Erfahrungen stärken eine Gemeinde und die gemeinsam angegangenen Herausforderungen führen zu neuen Perspektiven. Oder wie Madeleine Delbrêl es sehr passend in Worte fasst:

Gott braucht zu seiner Ehre keine Leute,

die perfekt sind,

sondern Leute, die ihn lieben. (Madeleine Delbrêl)

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:   

 

Mt 18, 15-20: Die brüderliche Zurechtweisung

15 Wenn dein Bruder gegen dich sündigt, dann geh und weise ihn unter vier Augen zurecht! Hört er auf dich, so hast du deinen Bruder zurückgewonnen.

16 Hört er aber nicht auf dich, dann nimm einen oder zwei mit dir, damit die ganze Sache durch die Aussage von zwei oder drei Zeugen entschieden werde.

17 Hört er auch auf sie nicht, dann sag es der Gemeinde! Hört er aber auch auf die Gemeinde nicht, dann sei er für dich wie ein Heide oder ein Zöllner.

18 Amen, ich sage euch: Alles, was ihr auf Erden binden werdet, das wird auch im Himmel gebunden sein, und alles, was ihr auf Erden lösen werdet, das wird auch im Himmel gelöst sein.

19 Weiter sage ich euch: Was auch immer zwei von euch auf Erden einmütig erbitten, werden sie von meinem himmlischen Vater erhalten.

20 Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.

Impuls vom 02.09.2023, "Was steckt hinter der guten Absicht?"

Was steckt hinter der guten Absicht?

 

Petrus meint es gut – er will Jesus schützen, das Leiden abwenden und spricht: „Das soll Gott verhüten, Herr! Das darf nicht mit dir geschehen!“ (Mt 16, 22b) Petrus bringt so zum Ausdruck, dass er es nicht ertragen könnte, Jesus so leiden zu sehen und ihn nicht mehr in seinem Leben zu wissen. Diese Vorstellung versetzt ihn in Angst und er will es nicht glauben müssen. Doch Jesu harte Worte erschrecken ihn vermutlich beinahe noch mehr, denn Jesus reagiert mit folgenden Worten: „Tritt hinter mich, du Satan! Ein Ärgernis bist du mir, denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen.“ (Mt 16, 23b) Jesus ermahnt Petrus also hart und betitelt ihn als vom Teufel besessen. Die Situation endet an dieser Stelle – wahrscheinlich sind alle Anwesenden erschrocken und in gewisser Weise sprachlos. Wie mag das Erlebte bei den Beteiligten und vor allem bei Petrus nachgewirkt haben? Vielleicht musste er sich eingestehen, dass es stimmte, was Jesus sagte. Er meinte es doch gut, aber es steckten wohl eher eigennützige Beweggründe dahinter. Jesus, der seinen Mitmenschen so guttut, möge doch bei ihnen bleiben und Gott möge eingreifen.

Wie oft meinen wir etwas gut und es geht genau nach hinten los? Allzu gut kenne ich Konfliktsituationen in der Familie oder auch im Team oder Freundeskreis, in denen ich oder der/die Andere etwas mit einer guten Absicht gesagt oder getan hat und die Reaktion darauf ganz anders war als erwartet. Die gute Absicht entpuppt sich als denkbar schlechte Idee und der Adressat ist verärgert oder sogar verletzt. Dies führt häufig zum Streit, denn der oder die Andere hätte sich vielmehr Dankbarkeit oder Wertschätzung erhofft. Doch jedes Verhalten hat einen guten Grund! Womöglich war meine gute Absicht auch egoistisch motiviert oder ich habe die andere Person bzw. ihre Bedürfnisse ganz falsch eingeschätzt. Tut meine gute Absicht wirklich gut? Diese Frage sollten wir uns stets stellen, um unangenehme Reaktionen oder Verletzungen zu vermeiden. Eine gute Reflexion ist notwendig, aber am hilfreichsten ist definitiv die transparente Kommunikation miteinander. Selbst wenn eine augenscheinlich gute Absicht mal total nach hinten losgeht, können wir im Gespräch darüber bleiben, um es beim nächsten Mal besser zu wissen. Wenn wir uns dabei selbst entlarven und die eigene Maske erkennen, ist dies sicherlich hilfreich, um ehrlich mit sich selbst zu sein.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 16, 21-27:

 

Die erste Ankündigung von Leiden und Auferstehung Jesu

21 Von da an begann Jesus, seinen Jüngern zu erklären: Er müsse nach Jerusalem gehen und von den Ältesten und Hohepriestern und Schriftgelehrten vieles erleiden, er müsse getötet und am dritten Tag auferweckt werden. 22 Da nahm ihn Petrus beiseite und begann, ihn zurechtzuweisen, und sagte: Das soll Gott verhüten, Herr! Das darf nicht mit dir geschehen! 23 Jesus aber wandte sich um und sagte zu Petrus: Tritt hinter mich, du Satan! Ein Ärgernis bist du mir, denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen.

 

Nachfolge und Selbstverleugnung

24 Darauf sagte Jesus zu seinen Jüngern: Wenn einer hinter mir hergehen will, verleugne er sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. 25 Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, wird es finden. 26 Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sein Leben einbüßt? Um welchen Preis kann ein Mensch sein Leben zurückkaufen? 27 Der Menschensohn wird mit seinen Engeln in der Herrlichkeit seines Vaters kommen und dann wird er jedem nach seinen Taten vergelten.

Impuls vom 26.08.2023, "Wem würde ich meinen Schlüssel anvertrauen?"

Wem würde ich meinen Schlüssel anvertrauen?

 

Jemanden in meine Wohnung zu lassen, während ich nicht zuhause bin, ist für mich häufig mit einem unangenehmen Gefühl verbunden. Die eigene Wohnung ist wie ein eigenes „Reich“, welches ich nicht gerne Fremden überlassen möchte. Dennoch haben mir vertraute Menschen einen Ersatzschlüssel für meine Wohnung und sie sind so in der Lage im Notfall oder wenn ich sie darum bitte, jemandem Einlass zu gewähren oder nach dem Rechten zu sehen. Diesen Menschen – sei es meine Schwester/ein Familienmitglied, ein guter Freund oder eine Nachbarin – vertraue ich somit meinen Schlüssel an und gleichzeitig traue ich ihnen zu, dass sie verantwortlich mit ihm umgehen. Die übertragene Verantwortung ist damit jedoch nicht in trockenen Tüchern – ich habe den Schlüssel ihm/ihr überlassen und verliere die Kontrolle.

Jesus erwählt Petrus mit folgenden Worten: Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das wird im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird im Himmel gelöst sein. (Mt 16,18-19)

Jesus übergibt Petrus diese Verantwortung voll Vertrauen und mutet und traut ihm diese große Aufgabe auch zu. Er überträgt ihm die Kontrolle über die irdische Kirche und ihre Entwicklung, aber spricht auch von der Verbindung zum Himmelreich, zu dem er Petrus die Schlüssel geben wird.

 

Obwohl Petrus schon kurze Zeit später viele Taten der Enttäuschung und Ungeduld vollbringt und Jesus sogar dreimal verleugnet, wird er dennoch auserwählt der Fels zu sein, auf den Jesus seine Kirche bauen wird. Eine unüberlegte Entscheidung Jesu? Keinesfalls!

Jesus ist voll und ganz bewusst, dass kein Mensch fehlerfrei und zeitlebens mutig und unbeirrbar gradlinig sein Leben gestalten kann. Es gibt immer wieder Herausforderungen im Leben, die zu Umwegen aber auch Irrwegen führen können. Niemand ist davon befreit, auch mal eine falsche Entscheidung zu treffen und sich – auch in seinem Glauben – untreu zu werden. Doch was zeigt uns Jesus durch die Erwählung des Petrus? – Jesus erwählt uns alle!

Keine und keiner ist ihm zu niedrig und er ist stets bereit, uns unsere Sünden zu vergeben. Frohen Mutes und voller Entschlossenheit können wir ihm nachfolgen, um sein Reich hier auf Erden anbrechen zu lassen und aufzuschließen – er hat uns die Schlüssel längst anvertraut!

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 16, 13-20: Das Christusbekenntnis des Petrus und die Zusage Jesu

13 Als Jesus in das Gebiet von Cäsarea Philippi kam, fragte er seine Jünger und sprach: Für wen halten die Menschen den Menschensohn? 14 Sie sagten: Die einen für Johannes den Täufer, andere für Elija, wieder andere für Jeremia oder sonst einen Propheten. 15 Da sagte er zu ihnen: Ihr aber, für wen haltet ihr mich? 16 Simon Petrus antwortete und sprach: Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes! 17 Jesus antwortete und sagte zu ihm: Selig bist du, Simon Barjona; denn nicht Fleisch und Blut haben dir das offenbart, sondern mein Vater im Himmel. 18 Ich aber sage dir: Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. 19 Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das wird im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird im Himmel gelöst sein. 20 Dann befahl er den Jüngern, niemandem zu sagen, dass er der Christus sei.

Impuls vom 19.08.2023, "„O amor é um presente para todos!“ (Papa Francisco)"

„O amor é um presente para todos!“ (Papa Francisco)

 

„Liebe ist ein Geschenk für alle!“ – dies ist ein Zitat von Papst Franziskus aus einer Ansprache auf dem Weltjugendtag in Lissabon vor zwei Wochen. Sie wurde mir direkt in Erinnerung gerufen, als ich das heutige Evangelium gelesen habe. Bei der weiteren Recherche und dem Nachlesen der Predigten von Papst Franziskus fand ich jedoch eine noch viel passendere Stelle. Vor Ort in Lissabon wurden die Ansprachen leider nicht übersetzt bzw. ich hatte nicht die Möglichkeit, simultan über mein Handy eine deutsche Version anzuhören. Sehr wohl ist mir aber im Rahmen der Willkommenszeremonie am 3. August 2023 im Parque Eduardo VII in Lissabon in Erinnerung geblieben, wie der Papst mehrfach die folgenden Worte wiederholte: „Todos, todos, todos!“ (dt.: Alle, alle, alle!). Diese Ansprache bzw. den betreffenden Absatz möchte ich hier in deutscher Übersetzung einmal mit Ihnen und Euch teilen:

Liebe Freunde, ich möchte klar zu euch sein, die ihr allergisch auf Unwahrheiten und leere Worte seid: In der Kirche gibt es Platz für alle. Für alle. In der Kirche ist niemand überflüssig. Keiner ist überflüssig. Es ist Platz für alle. So wie wir sind. Alle. Und Jesus macht das deutlich. Als er die Apostel aussendet, um zum Festmahl jenes Mannes einzuladen, der es vorbereitet hatte, sagt er: „Geht und bringt alle mit, Junge und Alte, Gesunde, Kranke, Gerechte und Sünder. Alle, alle, alle!“ In der Kirche gibt es Platz für alle. „Vater, aber ich bin ein Unglücklicher, ich bin eine Unglückliche, ist da Platz für mich?“ Da ist Platz für alle! Alle zusammen, jeder in seiner eigenen Sprache, sprecht mir nach: Alle, alle, alle! Man kann es nicht hören, noch einmal! Alle, alle, alle! Und das ist die Kirche, die Mutter von allen. Da ist Platz für alle. Der Herr zeigt nicht mit seinem Finger, sondern öffnet seine Arme. Das ist schon merkwürdig: Der Herr kann dies nicht tun [zeigt mit seinem Finger], aber er kann dies tun [macht die Geste der Umarmung]. Er umarmt uns alle. Er zeigt uns Jesus am Kreuz, der seine Arme so weit geöffnet hat, um gekreuzigt zu werden und für uns zu sterben. Jesus verschließt niemals die Tür, niemals, sondern lädt dich ein einzutreten; „komm und sieh“. Jesus empfängt, Jesus heißt willkommen. In diesen Tagen möge ein jeder von uns die Sprache der Liebe Jesu weitergeben: „Gott liebt dich, Gott ruft dich“. Wie schön dies ist! Gott liebt mich, Gott ruft mich. Er will, dass ich ihm nahe bin.

(https://www.vatican.va/content/francesco/de/speeches/2023/august/documents/20230803-portogallo-cerimonia-accoglienza.html)

 

In Verbindung mit dem Evangelium bekräftigen die Worte von Papst Franziskus meine Überzeugung noch einmal mehr, dass Jesus keine Ausnahmen macht oder Sortierungen vornimmt. Er ist für alle da und steht mit ausgebreiteten Armen bereit, denn „Jesus Christus spricht: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.“ (Joh. 6,37) Der „Christus Salvator“ in der St. Moritzkirche in Augsburg geht allen sogar aktiv und mit offenen Armen entgegen.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 15, 21-28: Der Glaube der heidnischen Frau

21 Jesus ging weg von dort und zog sich in das Gebiet von Tyrus und Sidon zurück. 22 Und siehe, eine kanaanäische Frau aus jener Gegend kam zu ihm und rief: Hab Erbarmen mit mir, Herr, du Sohn Davids! Meine Tochter wird von einem Dämon gequält. 23 Jesus aber gab ihr keine Antwort. Da traten seine Jünger zu ihm und baten: Schick sie fort, denn sie schreit hinter uns her! 24 Er antwortete: Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt. 25 Doch sie kam, fiel vor ihm nieder und sagte: Herr, hilf mir! 26 Er erwiderte: Es ist nicht recht, das Brot den Kindern wegzunehmen und den kleinen Hunden vorzuwerfen. 27 Da entgegnete sie: Ja, Herr! Aber selbst die kleinen Hunde essen von den Brotkrumen, die vom Tisch ihrer Herren fallen. 28 Darauf antwortete ihr Jesus: Frau, dein Glaube ist groß. Es soll dir geschehen, wie du willst. Und von dieser Stunde an war ihre Tochter geheilt.

Impuls vom 12.08.2023, "Mut zur Kirche"

Mut zur Kirche

 

Petrus beweist im Evangelium Mut zur Kirche – einer Kirche im stetigen Aufbruch, damals wie heute:

 

„AUFBRECHEN findet da statt, wo ein Bisheriges veraltet ist und zurückbleiben muß… Die alte, die mittlere, die neue und die heutige Kirchengeschichte ist fortlaufend eine offene oder verborgene Geschichte solcher Aufbrüche.

 

Das nicht genug zu beleuchtende und zu bedenkende Modell:

der Auszug Israels aus Ägypten in das ihm verheißene Land.

Aufbrechen vollzieht sich also in einer Krisis.

 

Entschlossener Abschied wird da genommen von etwas Bekanntem, jetzt noch sehr Nahem, das vielleicht (etwa in Gestalt der berühmten Fleischtöpfe Ägyptens) auch seine Vorteile hatte.

Und entschlossene Zuwendung findet da statt zu etwas noch Fernem, in Hoffnung Bejahtem, das immerhin den Nachteil hat, in seiner herrlichen Gestalt noch reichlich unbekannt zu sein.

 

Indem die Kirche aufbricht, hat sie gewählt, sich entschieden.

Sie hat sich das Heimweh nach dem, was sie hinter sich läßt, im voraus verboten.

Sie begrüßt und liebt schon, was vor ihr liegt.

Sie ist noch hier und doch nicht mehr hier, noch nicht dort und doch schon dort.

Sie hat eine weite Wanderschaft vor sich – auch Kämpfe, auch Leiden, auch Hunger und Durst.

 

Nicht zu verkennen: sie seufzt.

Aber noch weniger zu verkennen: sie freut sich.

Dementsprechend denkt, redet, handelt sie.

In dieser Krisis besteht das Aufbrechen der Kirche:

das noch gefangene, schon befreite Volk Gottes.“

 

Karl Barth

 

Aus: Schott – Messbuch für die Wochentage Teil II, S. 91f. Herder Verlag 1986.

 

Evangelium:  

 

Mt 14, 22-33: Die Offenbarung des Gottessohnes auf dem Wasser

22 Gleich darauf drängte er die Jünger, ins Boot zu steigen und an das andere Ufer vorauszufahren. Inzwischen wollte er die Leute nach Hause schicken. 23 Nachdem er sie weggeschickt hatte, stieg er auf einen Berg, um für sich allein zu beten. Als es Abend wurde, war er allein dort. 24 Das Boot aber war schon viele Stadien vom Land entfernt und wurde von den Wellen hin und her geworfen; denn sie hatten Gegenwind. 25 In der vierten Nachtwache kam er zu ihnen; er ging auf dem See. 26 Als ihn die Jünger über den See kommen sahen, erschraken sie, weil sie meinten, es sei ein Gespenst, und sie schrien vor Angst. 27 Doch sogleich sprach Jesus zu ihnen und sagte: Habt Vertrauen, ich bin es; fürchtet euch nicht! 28 Petrus erwiderte ihm und sagte: Herr, wenn du es bist, so befiehl, dass ich auf dem Wasser zu dir komme! 29 Jesus sagte: Komm! Da stieg Petrus aus dem Boot und kam über das Wasser zu Jesus. 30 Als er aber den heftigen Wind bemerkte, bekam er Angst. Und als er begann unterzugehen, schrie er: Herr, rette mich! 31 Jesus streckte sofort die Hand aus, ergriff ihn und sagte zu ihm: Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt? 32 Und als sie ins Boot gestiegen waren, legte sich der Wind. 33 Die Jünger im Boot aber fielen vor Jesus nieder und sagten: Wahrhaftig, Gottes Sohn bist du.

Impuls vom 05.08.2023, "Jesus strahlt aus!"

Jesus strahlt aus!

Wie überwältigend ist die Vorstellung, die Verklärung Jesu selbst miterleben und seine ungeheure Ausstrahlung auf diese besondere Weise erfahren zu dürfen. Das leibhaftige Erleben Jesu war für die Menschen seiner Zeit bereits tiefgreifend, aber hier in der Verklärungserzählung strahlt er nochmals unvergleichlich aus.

Trotz aller Sorgen und dem Leid in der Welt und im persönlichen Leben, dürfen auch wir die Hoffnung und Perspektive Jesu ausstrahlen. Er will uns sagen: Es lohnt sich zu leben, auch wenn das Leben von Not und Grenzerfahrungen geprüft wird.

 

Dabei muss ich an ein Zitat des Philosophen Friedrich Nietzsche denken:

»Die Christen müssten mir erlöster aussehen.«

 

Sicherlich auch eine provokative Aussage, jedoch regt es mich eher an als auf, denn es stimmt: Wenn wir Jesus ganz in die Mitte unseres Lebens setzen und auf ihn vertrauen – egal wie verrückt die Welt um uns herum spielt –, erblicken wir hinter dem Leid immer wieder Hoffnung. Wir bleiben mit ihm in Verbindung und halten an ihm fest, denn kein anderer kann uns tragen wie er, kein anderer kann uns Mut machen in unseren Sorgen wie er und kein anderer kann uns solche Hoffnung, solche Erfüllung geben wie er. Er geht mit uns seinen Weg. Dies ganzheitlich zu leben und wahrhaftig zu spüren, könnte doch zur Folge haben, dass wir erlöst aussehen und diese Hoffnung ausstrahlen und in die Welt strahlen lassen – oder nicht?

Wir sollen die Probleme und die vielen Schicksalsschläge, die es in unserer Nähe oder auch bei uns selbst gibt, nicht verdrängen. Um aber leben zu können, ist es wichtig, den Blick auf den verklärten Herrn zu richten.

Die Kreuzesnachfolge ist nicht nur ein Weg durch bunte Blumenwiesen, sondern auch durch Dornen. Aber Nachfolge bedeutet auch, einen Herrn zu haben, der die Fülle des Lebens besitzt, der alle Schönheit und Güte ausstrahlt, an der wir teilhaben dürfen.

 

Viel zusätzliche Hoffnung schenkt mir grade auch das Buch „Blick in die Ewigkeit“ von Dr. Eben Alexander, in dem er als Neurochirurg von seiner faszinierenden Nahtoderfahrung berichtet, die ihn in so großer Bedrängnis erst zum Glauben führte.

Gott kommt uns auf Erden vielfältig nah und strahlt durch viele Poren aus!

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 17, 1-9: Die Verklärung Jesu

1 Sechs Tage danach nahm Jesus Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg.

2 Und er wurde vor ihnen verwandelt; sein Gesicht leuchtete wie die Sonne und seine Kleider wurden weiß wie das Licht.

3 Und siehe, es erschienen ihnen Mose und Elija und redeten mit Jesus.

4 Und Petrus antwortete und sagte zu Jesus: Herr, es ist gut, dass wir hier sind. Wenn du willst, werde ich hier drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija.

5 Noch während er redete, siehe, eine leuchtende Wolke überschattete sie und siehe, eine Stimme erscholl aus der Wolke: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören.

6 Als die Jünger das hörten, warfen sie sich mit dem Gesicht zu Boden und fürchteten sich sehr.

7 Da trat Jesus zu ihnen, fasste sie an und sagte: Steht auf und fürchtet euch nicht!

8 Und als sie aufblickten, sahen sie niemanden außer Jesus allein.

9 Während sie den Berg hinabstiegen, gebot ihnen Jesus: Erzählt niemandem von dem, was ihr gesehen habt, bis der Menschensohn von den Toten auferweckt ist!

Impuls vom 29.07.2023, "Das Wunder der Perle"

Das Wunder der Perle

 

Wie entsteht eine Perle?

Aus einem Sandkorn in einer Auster.

Manchmal ist es Sand, manchmal aber auch ein Parasit oder ein anderer Fremdkörper.

Anfangs versucht die Auster, den Störenfried loszuwerden.

Aber wenn ihr das nicht gelingt, dann bildet sie eine Kapsel um ihn herum.

Diese wird nach und nach mit Perlmutt überzogen –

derselben Substanz, aus der die Innenseite ihrer Schale besteht.

Im Lauf ihres Lebens fügt die Auster Schicht um Schicht hinzu.

Aus: Sharon Garlough Brown: Unterwegs mit dir, S. 78.

Perlenketten und Perlenschmuck im Allgemeinen sind für uns sehr wertvolle Schätze und werden mit Wohlhabenheit und vielleicht sogar Reinheit assoziiert. Mit Blick auf den obigen Text ist es bemerkenswert, dass Perlen jedoch aus einem störenden Fremdkörper wie einem Sandkorn oder sogar einem Parasiten entstehen!

Wenn die betroffene Auster den Eindringling nicht loswerden kann, bildet sie nach und nach Schichten aus Perlmutt. Sie akzeptiert gewissermaßen, dass der Störenfried nun zu ihr gehört und formt etwas Wunderschönes daraus – aus ihren eigenen Ressourcen.

Wenn Sie also das nächste Mal eine Perlenkette anschauen, denken Sie daran, dass die Perlen Grabstätten für Parasiten waren und etwas Wunderschönes daraus entstanden ist. Vielleicht ändert dieser Gedanke unseren Blickwinkel auf unser Leben.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 13, 44-46:

 

Die Gleichnisse vom Schatz und von der Perle

44 Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Schatz, der in einem Acker vergraben war. Ein Mann entdeckte ihn und grub ihn wieder ein. Und in seiner Freude ging er hin, verkaufte alles, was er besaß, und kaufte den Acker.

 

45 Auch ist es mit dem Himmelreich wie mit einem Kaufmann, der schöne Perlen suchte.

46 Als er eine besonders wertvolle Perle fand, ging er hin, verkaufte alles, was er besaß, und kaufte sie.

Impuls vom 22.07.2023, "Nie krank ist auch nicht gesund"

Nie krank ist auch nicht gesund

 

Hugo Enomiya Lassalle erzählte mir einmal, ein Mitbruder hätte bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit gesagt: „Hauptsache gesund.“ Lassalle pflegte zu antworten: „Dafür bin ich nicht in den Orden eingetreten.“

 

Hauptsache gesund. Diese zwei Worte gehen uns wie selbstverständlich über die Lippen. Kein Grund, sie zu hinterfragen. Gesundheit ist uns teuer, buchstäblich. Die entsprechenden Kosten steigen, und die Diskussion, wie sie einzudämmen sind, nimmt kein Ende. Gesundheit ist so etwas wie ein goldenes Kalb, um das wir tanzen und dem wir gesellschaftlich und privat viel zu opfern bereit sind. Hauptsache gesund! Stimmt das? Ist dieser Spruch, genauer besehen, nicht lebensfeindlich und ist die Haltung, die dahintersteckt, nicht ungesund? Ich wage jedenfalls die Behauptung: Nie krank ist auch nicht gesund.

 

„Es tut weh, es lebt!“ so rief kürzlich mein Zahnarzt schon fast begeistert, nachdem er meinen Zahn abgeklopft und ich das Gesicht verzogen hatte. Schmerzen und Krankheit gehören zum Leben. Mehr noch: Sie sind Zeichen des Lebens. Angefangen von den Kinderkrankheiten über schmerzvolle Wachstumskrisen bis zu den Altersbeschwerden. Nicht Gesundheit und Schmerzfreiheit sind das höchste Gut, sondern ein sinnvolles, erfülltes Leben. Ignatius von Loyola, der Gründer des Jesuitenordens, sagt es so: Um zu seinem Lebensziel zu gelangen und also glücklich zu werden, sei es notwendig, sich allen Dingen gegenüber gleichmütig zu verhalten und Gesundheit nicht mehr zu verlangen als Krankheit, langes Leben nicht mehr als kurzes … Dabei wusste Ignatius, dass dies ohne Übung nicht geht. Und darum schrieb er die „Geistlichen Übungen“, bekannt als Exerzitien. In der Schule des Ignatius (und für mich auch in der Schule des Zen) lerne ich mehr und mehr, dass es zum Glück nicht die Erfüllung aller Wünsche braucht, dass ich glücklich sein kann auch dann, wenn ich Schweres erlebe, wenn ich zum Beispiel liebe Menschen verliere oder eben krank bin.

 

Vor mir liegt der Brief einer Frau, die eine schwere seelische Krankheit durchgemacht hatte. Sie schreibt: „Durch die Krankheit bin ich ein anderer Mensch geworden, toleranter, gelassener und zufriedener. Ich möchte nicht mehr so sein wie vor der Krankheit.“ Mit anderen Worten: Krankheit kann ein Segen sein.

 

Gesund ist, wenn auch nicht das höchste, so doch ein hohes Gut. Darum empfehle ich: Tun Sie etwas für die Gesundheit und gegen krankmachenden Stress. Für mich sind regelmäßige Auszeiten das probate Mittel. Rechtzeitig trage ich „Freizeiten“ in meine Agenda ein. Eine Auszeit zur rechten Zeit wirkt Wunder – wenn nur dabei der Stille genügend Raum gegeben wird.

Kluge Ärzt*innen verschreiben gehetzten Menschen Ruhe. Damit beherzigen sie den Rat Sören Kirkegaards: „Wenn ich Arzt wäre und man mich fragte: Was rätst du? Ich würde antworten: schaffe Stille.“

Ruhe heilt. In der Ruhe können die Selbstregulations- und Selbstheilungskräfte ihre lebenserhaltende Wirkung entfalten. Wenn wir achtsam mit uns umgehen, können wir auch ohne Arzt zu dieser Einsicht kommen, dass Ruhe gesund hält, so wie eine gewisse Art von Stress krank macht.

Also denn: Stille statt Pille!

 

Niklaus Brantschen SJ

 

(Quelle: JESUITEN, Informationen der Jesuiten in Zentraleuropa an unsere Freunde und Förderer, 74. Jahrgang2023/1, S. 22f)

 

Evangelium:  

 

Mt 13, 24-30:  Das Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen

24 Jesus legte ihnen ein anderes Gleichnis vor: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Mann, der guten Samen auf seinen Acker säte. 25 Während nun die Menschen schliefen, kam sein Feind, säte Unkraut unter den Weizen und ging weg. 26 Als die Saat aufging und sich die Ähren bildeten, kam auch das Unkraut zum Vorschein. 27 Da gingen die Knechte zu dem Gutsherrn und sagten: Herr, hast du nicht guten Samen auf deinen Acker gesät? Woher kommt dann das Unkraut? 28 Er antwortete: Das hat ein Feind getan. Da sagten die Knechte zu ihm: Sollen wir gehen und es ausreißen? 29 Er entgegnete: Nein, damit ihr nicht zusammen mit dem Unkraut den Weizen ausreißt. 30 Lasst beides wachsen bis zur Ernte und zur Zeit der Ernte werde ich den Schnittern sagen: Sammelt zuerst das Unkraut und bindet es in Bündel, um es zu verbrennen; den Weizen aber bringt in meine Scheune!

Impuls vom 15.07.2023, "Als ich mit Jesus auf dem Balkon sitze"

Als ich mit Jesus auf dem Balkon sitze

 

„Ich bin glücklich.“

Die Sonne ist gerade hinter den Häusern verschwunden.

Du hast die Füße auf die Brüstung gelegt und balancierst auf deinem Bein ein Bitter Lemon.

„Überrascht dich das?“, fragst du.

„Ich weiß nicht. Glück ist so ein großes Wort. Muss man sich das nicht für die wirklich großen Momente aufsparen?“

Du lachst.

„Hast du Angst, dass es sich abnutzt?“

Was weißt du schon vom Glück, frage ich mich stumm, um dich nicht zu verletzen.

Du hörst es trotzdem.

„Du denkst, ich habe mein Glück geopfert. Für etwas Größeres. Aber so ist es nicht. Jetzt zum Beispiel möchte ich nichts lieber tun, als hier mit dir zu sitzen.“

Ich bin ein bisschen verlegen, weil ich mich freue.

„Ich kaufe Brot“, fährst du fort. „Ich helfe einem Gelähmten auf die Beine. Wenn es einen Dämon zu vertreiben gibt, vertreibe ich ihn. Ich bete. Ich wasche meine Füße. Ich kämpfe für so etwas Großes wie Gerechtigkeit. Aber ich denke nicht darüber nach, ob ich lieber etwas anderes täte. Oder woanders sein wollte.“

„Wirklich nie?“

Du schüttelst langsam den Kopf.

Deshalb also fühle ich mich so wohl bei dir.

 

Susanne Niemeyer

Autorin und Bloggerin

 

Evangelium:  

 

Mt 13, 1-9: Das Gleichnis vom Sämann

1 An jenem Tag verließ Jesus das Haus und setzte sich an das Ufer des Sees.

2 Da versammelte sich eine große Menschenmenge um ihn. Er stieg deshalb in ein Boot und setzte sich. Und alle Menschen standen am Ufer.

3 Und er sprach lange zu ihnen in Gleichnissen. Er sagte: Siehe, ein Sämann ging hinaus, um zu säen.

4 Als er säte, fiel ein Teil auf den Weg und die Vögel kamen und fraßen es.

5 Ein anderer Teil fiel auf felsigen Boden, wo es nur wenig Erde gab, und ging sofort auf, weil das Erdreich nicht tief war;

6 als aber die Sonne hochstieg, wurde die Saat versengt und verdorrte, weil sie keine Wurzeln hatte.

7 Wieder ein anderer Teil fiel in die Dornen und die Dornen wuchsen und erstickten die Saat. 8 Ein anderer Teil aber fiel auf guten Boden und brachte Frucht, teils hundertfach, teils sechzigfach, teils dreißigfach.

9 Wer Ohren hat, der höre!

Impuls vom 08.07.2023, "Ist seine Last wirklich leicht?!"

Ist seine Last wirklich leicht?!

 

Wenn ich an die Leidens- und Passionsgeschichte Jesu denke, verbinde ich diese auch im zweiten Moment nicht mit einer leichten Last und einem sanften Joch (Vgl. Mt 11, 30). Es klingt erst einmal irritierend, dass Jesus diese Worte im Angesicht seines bevorstehenden Weges wählt. Doch es ist sein Weg und für uns ebnet er auf diese Weise den Pfad in ein erlöstes Leben – Freiheit und Erfüllung dürfen dieses Leben bestimmen. Das bedeutet nicht, dass wir in unserem Leben kein Leid erfahren oder erblicken werden. Und auch nicht, dass wir das Joch mal etwas mehr auf den Schultern spüren und die Last uns herausfordert und spürbar wird oder sogar bleibt. Sicherlich empfindet der Mann auf dem Bild sein Joch als Last, die je nach Gewicht und Befüllung schwerer oder etwas leichter wiegt. Und doch ist diese Last lebens- wenn nicht sogar überlebenswichtig. Denn er trägt mit Hilfe seines Joches und den Gefäßen das für ihn und seine Familie lebensnotwendige Wasser vom Brunnen zurück bis nach Hause.  Diese Last und dieses Joch Jesu anzunehmen, ist eine sozusagen lebensnotwendige Tugend. Das Bild des Mannes auf dem Foto ist eine gute Metaphorik, die uns das Anliegen Jesu für unser Leben näherbringt. Womöglich unterstützt auch der nachfolgende Text aus einem Buch über die Klosterkirche in Dinklage – herausgegeben von den Benediktinerinnen der Abtei Burg Dinklage – diese Vorstellung:

 

Die Welt hält uns ihre blutigen Wunden hin.

Wir weichen ihnen nicht aus.

Wir nehmen sie an.

Wir tragen sie mit.

Unser „Auferstandener“ sendet uns.

 

(Aus: Lasst euch vom Geist entflammen. 60 Jahre Scheunenkirche auf Burg Dinklage, S. 90.)

 

Wir können das Joch als Botschaft Jesu annehmen, sodass das Leben mit all seinen Höhen und Tiefen vor allem in dunklen Zeiten nicht zu schwer, sondern mit den Perspektiven Hoffnung und Ewigkeit sanft und leicht wird.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 11, 25-30:  Der Lobpreis Jesu

25 In jener Zeit sprach Jesus: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du das vor den Weisen und Klugen verborgen und es den Unmündigen offenbart hast.

26 Ja, Vater, so hat es dir gefallen.

27 Alles ist mir von meinem Vater übergeben worden; niemand kennt den Sohn, nur der Vater, und niemand kennt den Vater, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will.

28 Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch erquicken.

29 Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; und ihr werdet Ruhe finden für eure Seele.

30 Denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht.

Impuls vom 01.07.2023, "Ganz oder gar nicht!"

Ganz oder gar nicht!

 

Die Entscheidung, sich in den Dienst Gottes zu stellen und sein Leben mit Jesus als treuen Begleiter zu gestalten, ist eine ganzheitliche! Keine halbe Sache, denn ich kann mich gar nicht nur so halb für Jesus entscheiden oder so halb ihm und den Menschen dienen. Die Sache Jesu braucht Begeisterte heißt der Titel eines Liedes von Alois Albrecht und diese Begeisterung braucht Vollkommenheit – sonst ist es womöglich gar keine wahrhaftige Begeisterung. Den Geist und somit Gott und Jesus Christus in uns wirken zu lassen, braucht Bewusstsein für den Glauben und das gewisse Mitgehen. Damit möchte ich absolut nicht verleugnen, dass Phasen des Zweifelns, des Nicht-Glaubens und auch des Auf-der-Suche-Seins und des Annäherns dazugehören und im Leben existent sowie wichtig und richtig sind. Wer jedoch einmal die große Entscheidung für Jesus getroffen hat und somit sein/ihr Leben als Christ/in gestalten will, hat durch die feste Entschlossenheit dennoch häufig Ressourcen, um Phasen des Haderns zu überstehen – durchaus auch unabhängig von offizieller Kirchenmitgliedschaft.

 

Im Leben generell ist es doch oft so, dass fest getroffene Entscheidungen eine große Erleichterung und Befreiung mit sich bringen. Zumeist ist klar und deutlich, dass die Entscheidung nicht mehr revidiert wird und der Prozess der Entscheidungsfindung ausreichend durchlaufen wurde, sodass wir hinter dem Entschluss stehen und standhaft bleiben können. Vage Entscheidungen dagegen, die qua Definition schon gar nicht wirklich beschlossen wurden, erschweren das Leben eher. Immer wieder wird der vermeintliche Entschluss überdacht und nimmt in gewisser Weise gefangen, da das Gedankenkreisen nicht endet.

 

Viel freier macht es, sich ganz und wahrhaftig für eine Sache zu entscheiden und entschlossen einen Weg einzuschlagen – voll Froh- und Wagemut geht es dann voran und vielleicht sogar hoch hinaus. Dies meine ich nicht im Sinne von Karriereleitern, sondern vielmehr in Bezug auf innere Freiheit und auch um im Glauben immer höher hinaus bzw. näher zu Jesus zu finden. Die vollkommene und feste Entscheidung für Jesus und ein Leben mit ihm und in seinem Dienst wird uns befreien und ganz machen.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 10, 37-42:

 

37 Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert, und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert.

38 Und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und mir nachfolgt, ist meiner nicht wert.

39 Wer das Leben findet, wird es verlieren; wer aber das Leben um meinetwillen verliert, wird es finden.

40 Wer euch aufnimmt, der nimmt mich auf, und wer mich aufnimmt, nimmt den auf, der mich gesandt hat.

41 Wer einen Propheten aufnimmt, weil es ein Prophet ist, wird den Lohn eines Propheten erhalten. Wer einen Gerechten aufnimmt, weil es ein Gerechter ist, wird den Lohn eines Gerechten erhalten.

42 Und wer einem von diesen Kleinen auch nur einen Becher frisches Wasser zu trinken gibt, weil es ein Jünger ist – Amen, ich sage euch: Er wird gewiss nicht um seinen Lohn kommen.

Impuls vom 24.06.2023, "Sprechen mit Gott – aber über Ihn?!"

Sprechen mit Gott – aber über Ihn?!

 

Eine persönliche Gottesbeziehung zu führen, in den Alltag zu integrieren und auszufüllen, ist sehr wertvoll und kostbar. Ganz individuell kann ich sie für mich gestalten und brauche dabei keine Scheu oder Zurückhaltung zeigen.

Mit Gott zu sprechen ist das eine, aber über Ihn zu sprechen, scheint eine weitaus größere Herausforderung zu sein. Es sind die Kontexte und Situationen, die verschiedene Möglichkeiten bzw. mehr oder weniger Raum dazu eröffnen.

Auch privater oder dienstlicher Rahmen spielen eine Rolle. Für mich ist es beruflich natürlich einfach – ich würde vermuten, dass von mir sogar qua Profession erwartet wird, dass ich über Gott spreche. Die Anliegen der Menschen in meiner seelsorglichen Tätigkeit bedürfen häufig – sicherlich nicht immer – einer Ermutigung Gottes oder eines passenden Bibelverses, aber manchmal kommt Gott, Jesus und/oder der Heilige Geist auch ganz unbemerkt und/oder unverhofft zu Wort. Etwas Anderes ist es im privaten Bereich: Mein Umfeld weiß um meine Arbeit als Theologin und Seelsorgerin, aber deshalb ist es natürlich nicht Gesprächsthema Nummer Eins. Daher ist dort die Hemmschwelle manchmal höher und es ist schwierig, Gott ins Gespräch zu bringen. Sowieso möchte ich dies nicht aufzwingen, aber es gibt doch die ein oder andere Situation, in der ich von einer persönlichen Erfahrung berichten möchte oder es einfach als passend empfinde, Ihn ins Wort oder sogar zu Wort kommen zu lassen. Ja, es ist schwieriger, aber oftmals umso überraschender! Ich erlebe unerwartete Gleichgesinnung, manchmal auch großen Respekt für den gelebten Glauben und die Tiefe der Religiosität und Gottesbeziehung. Natürlich habe ich auch schon häufig Empörung und Frust oder starke Ablehnung entgegengebracht bekommen, doch auch diese oder vielleicht gerade diese Gespräche haben sehr viele Erkenntnisse und gegenseitige Bereicherung geschenkt. Teilweise gelingt es durch die offene und ehrliche Aussprache, die Empörung sogar gewissermaßen zu verwandeln. Vielleicht verschwinden die negativen Einstellungen dadurch nicht, doch die Wut und der Ärger lassen ein wenig nach und die Kraft kann anders und positiver investiert werden.

Nicht selten braucht es „nur“ einen mutigen Eisbrecher im Gespräch – damit meine ich, dass wir als Christen und Christinnen Gott bewusst ins Wort bringen und uns so vor den Menschen zu Gott bekennen. So wird auch Jesus sich zu uns bekennen und wir brauchen keine Verleugnung fürchten.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 10, 26-33:

 

26 Darum fürchtet euch nicht vor ihnen! Denn nichts ist verhüllt, was nicht enthüllt wird, und nichts ist verborgen, was nicht bekannt wird.

27 Was ich euch im Dunkeln sage, davon redet im Licht, und was man euch ins Ohr flüstert, das verkündet auf den Dächern!

28 Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können, sondern fürchtet euch eher vor dem, der Seele und Leib in der Hölle verderben kann!

29 Verkauft man nicht zwei Spatzen für einen Pfennig? Und doch fällt keiner von ihnen zur Erde ohne den Willen eures Vaters.

30 Bei euch aber sind sogar die Haare auf dem Kopf alle gezählt.

31 Fürchtet euch also nicht! Ihr seid mehr wert als viele Spatzen.

32 Jeder, der sich vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem werde auch ich mich vor meinem Vater im Himmel bekennen.

33 Wer mich aber vor den Menschen verleugnet, den werde auch ich vor meinem Vater im Himmel verleugnen.

Impuls vom 17.06.2023, "… und er gab ihnen die Vollmacht!"

… und er gab ihnen die Vollmacht!

 

Vollmacht – welch ein großes und vor allem mächtiges Wort! Es ist auch in unserer Gesellschaft ein keineswegs selten gebrauchter Begriff. Dabei denke ich an die Pflege- und Vorsorgevollmacht, die jeder Mensch in einem gewissen Alter ausgestellt haben mag. Die Angehörigen bzw. eine vertraute Person sollen im Falle des Falles befähigt sein, Entscheidungen in Bezug auf Pflege bzw. Vorsorge für den/die Betroffene zu fällen. Diese Vollmacht kann daher lebenserhaltend und existenziell wichtig sein.

 

Auch Jesus spricht im heutigen Evangelium von einer Vollmacht: er gab ihnen die Vollmacht, die unreinen Geister auszutreiben und alle Krankheiten und Leiden zu heilen. (Mt 10, 1b) Doch diese Vollmacht tritt nicht nur im Falle des Falles ein, sondern IMMER! Die übertragene Aufgabe – die auch eine Gabe ist – ist so groß und wertvoll, dass die Jünger mit dieser Vollmacht Heil und Segen für die Menschen auf der Erde bringen können. Die Jünger dürfen Jesu Wirken so in direkter Nachfolge weiterleben und weitergeben – eine große Berufung, die ihnen zugemutet aber auch zugetraut wird. Sicherlich war es für den einen oder die andere eine große Herausforderung!

 

Jesus fordert auch uns auf: Heilt Kranke, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt Dämonen aus! (Mt 10, 8a) Im Maße unserer Möglichkeiten können auch wir dafür sorgen, dass die Welt zu einem besseren Ort wird und einen wertschätzenden und fürsorglichen Umgang mit unseren Mitmenschen pflegen. Dies tun wir auch, indem wir die Pflege- und/oder Vorsorgevollmacht für eine Person übernehmen. Jedoch ist zwischenmenschlich und ganzheitlich noch mehr drin – wie ich es formulieren würde.

Mit Nachdruck dürfen wir auch den zweiten Teil des Verses verstehen: Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben. (Mt 10, 8b) Sich darauf zurückzubesinnen, dass wir Beschenkte durch Christus sind und uns zudem die Gnade zuteilwird, dieses Geschenk weitergeben zu dürfen, wird uns dabei helfen, diese Aufgabe immer wieder anzunehmen. Diese als Gabe zu begreifen, ist eine ungemeine Motivation und verspricht Erfüllung und Sinnstiftung in unserem ganz persönlichen Leben und darüber hinaus. Die verliehene Vollmacht zu leben und ohne mächtig sein zu wollen, liebevoll zu füllen und zu gebrauchen, wird der Welt und unseren Mitmenschen ein Segen sein.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 9, 36 – 10, 8:

 

9

36 Als er die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen; denn sie waren müde und erschöpft wie Schafe, die keinen Hirten haben.

37 Da sagte er zu seinen Jüngern: Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter.

38 Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden!

 

10

1 Dann rief er seine zwölf Jünger zu sich und gab ihnen die Vollmacht, die unreinen Geister auszutreiben und alle Krankheiten und Leiden zu heilen.

2 Die Namen der zwölf Apostel sind: an erster Stelle Simon, genannt Petrus, und sein Bruder Andreas, dann Jakobus, der Sohn des Zebedäus, und sein Bruder Johannes,

3 Philippus und Bartholomäus, Thomas und Matthäus, der Zöllner, Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Thaddäus,

4 Simon Kananäus und Judas Iskariot, der ihn ausgeliefert hat.

5 Diese Zwölf sandte Jesus aus und gebot ihnen: Geht nicht den Weg zu den Heiden und betretet keine Stadt der Samariter,

6 sondern geht zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel!

7 Geht und verkündet: Das Himmelreich ist nahe!

8 Heilt Kranke, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt Dämonen aus! Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben.

Impuls vom 10.06.2023, "Format Jesus"

Format Jesus

 

Das Evangelium über den Zöllner Matthäus berichtet über Irritationen der außenstehenden Pharisäer. Jesus isst abermals mit Sündern und entgegnet den kritischen Stimmen, dass er nicht die Gerechten, sondern die Sünder ruft und so Barmherzigkeit in die Welt bringen möchte. Diese Auffassung widerspricht den damaligen Haltungen und bricht eingeprägte Vorstellungen in der Gesellschaft auf. Was Jesus lebt und predigt, ist kaum greifbar, weil es so neuartig ist und bleibt wohl für viele damals bruchstückhaft, da sie es nicht wirklich fassen und begreifen können.

 

Heute kennen wir Jesu Maßstäbe und möchten als Christinnen und Christen nach ihnen leben. Und doch bleibt es immer eine Herausforderung, denn es ist kein geschlossener Rahmen – wie es das Bild auch andeutet. Dabei denke ich auch an die konsequente Inkonsequenz Jesu, die wir in einigen Erzählungen der Bibel hören. Das Format Jesus ist nicht perfekt abgesteckt und auf alle Lebenssituationen übertragbar, dennoch können wir mit seiner Hilfe immer wieder auf Gottes Wort hören und uns hineinbegeben in seine Vorstellungen. Was würde Jesus dazu sagen? Diese Frage kann helfen, in gewissen Situationen im Alltag – aber auch in Grenzerfahrungen und Ausnahmesituationen – nachzuspüren, wie wir in Christi Nachfolge reagieren mögen.

 

„Hilf uns, dass wir Christus nicht dem Format der Welt anpassen, sondern die Welt auf das Format Jesu Christi erhöhen.“

Madeleine Delbrêl

 

Madeleine Delbrêl bringt die Gratwanderung gut auf den Punkt, auf die wir uns in der Welt und dem voranschreitenden Zeitalter begeben. In theologischen Diskursen und Diskussionen ist es immer wieder gefragt, die Moderne mit hineinzunehmen und zu schauen, was die Menschen heute bewegt. Allerdings darf es niemals geschehen, dass wir das Format Jesu Christi verändern oder, wie sie schreibt, „dem Format der Welt anpassen.“ Jesus bleibt der Gleiche und bewegt sich mit uns durch die Zeit und Zukunft. Seine Werte und Rahmenvorstellungen einer guten und gerechteren Welt verändern sich dadurch jedoch nicht. Das Format Jesus vermag uns immer begleiten.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 9, 9-13: Nachfolge und Mahl

9 Als Jesus weiterging, sah er einen Mann namens Matthäus am Zoll sitzen und sagte zu ihm: Folge mir nach! Und Matthäus stand auf und folgte ihm nach. 10 Und als Jesus in seinem Haus bei Tisch war, siehe, viele Zöllner und Sünder kamen und aßen zusammen mit ihm und seinen Jüngern. 11 Als die Pharisäer das sahen, sagten sie zu seinen Jüngern: Wie kann euer Meister zusammen mit Zöllnern und Sündern essen? 12 Er hörte es und sagte: Nicht die Gesunden bedürfen des Arztes, sondern die Kranken. 13 Geht und lernt, was es heißt: Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer! Denn ich bin nicht gekommen, um Gerechte zu rufen, sondern Sünder.

Impuls zum Dreifaltigkeitssonntag, "Lebendig bleiben"

Lebendig bleiben

 

Es ist hart, anderen zu begegnen und sich dabei in sich selbst verschlossen zu fühlen. Um ihnen dennoch begegnen zu können, sucht man nach künstlichen Brücken.

Man denkt sich Rezepte aus. Man stellt sich eine Sprache vor, die nicht mehr unsere eigene wäre, die sie aber vielleicht verstehen würden.

Wenn wir spüren, wie anders sie sind, ganz anders als wir, sind wir versucht, ein Geschäft aufzusuchen, in dem es Uniformen gibt, und Kleider zu kaufen, in denen wir so aussehen wie sie. Wir setzen dann auf Technik und kommen vom Leben ab.

Das äußere Leben entfernt uns von dem Leben, das in uns sprudelt.

Das äußere Leben lässt uns daran zweifeln, dass es im Innersten unserer selbst das einzig Notwendige gibt, das es uns unfehlbar ermöglichen würde, uns jeder Begegnung mühelos anzupassen, wo immer sich Wege kreuzen, jeder Liebe.

 

Eine kleine Geschichte aus der Welt der Fische kann uns als Gleichnis dienen, wie wir uns diesem Leben überlassen können, das allein geeignet ist, uns die Liebe zu lehren.

 

In einer unterirdischen Höhle, in die kein Licht drang, gab es einmal blinde Fische.

Ein Wissenschaftler nahm einige von ihnen und setzte sie in ein dunkles Aquarium.

Schritt für Schritt ließ er Licht hineindringen, bis das ganze Wasser erhellt war.

Unter der Lichteinwirkung veränderte sich ganz allmählich diese Art der Fische.

Nach und nach bildeten sich Augen. Die blinden Fische wurden zu sehenden Fischen. Das Leben hatte sie an die Dunkelheit angepasst. Dasselbe Leben passte sie an das Licht an. Für diese Metamorphose hatte es genügt, dass sie lebendig waren.

 

So auch bei uns. In den Stunden unserer Tage und Jahre durschreiten wir unzählige Welten. Manchmal sind wir unter den Blinden, manchmal unter den Hellsichtigen, manchmal unter den Sehenden.

Wir sind unterwegs mit denen, die sich freuen, und am nächsten Tage mit denen, die leiden. Wir begegnen dem Lachen, wir begegnen den Tränen.

Doch mitten unter allen bleiben wir lebendig, und als Lebendige tragen wir in uns den Keim für alle Verwandlungen, die notwendig sind.

 

Von dem blinden Fisch wurde nicht anderes verlangt, als im Wasser lebendig zu bleiben, und sein Leben schenkte ihm Augen, als das Wasser immer heller wurde.

 

Von uns ist nichts anderes verlangt, als im überquellenden Leben Gottes zu bleiben.

Er ist es, der uns Augen schenkt.

Er ist es, der uns ein Herz schenkt.

Er ist es, der uns die Liebe schenkt.

 

Madeleine Delbrêl

 

Aus: Annette Schleinzer (Hrsg.): Du lebtest, und ich wusste es nicht, S.105-107.

 

Evangelium:  

 

Joh 3, 16-18:

 

16 Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat.

17 Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird.

18 Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er nicht an den Namen des einzigen Sohnes Gottes geglaubt hat.

Impuls zu Pfingsten, "Komm und störe mich, Heiliger Geist!"

Komm und störe mich, Heiliger Geist!

 

Das Pfingstevangelium erinnert uns heute an das Osterereignis. Die Geistsendung, die wir an Pfingsten feiern, gehört ganz deutlich zum Ostergeschehen dazu und verbindet die beiden Hochfeste. Und nicht nur das – der Heilige Geist verbindet die Jünger für immer mit dem auferstandenen Herrn und somit auch uns alle als Christi NachfolgerInnen.

Doch was bedeutet es, den Heiligen Geist ganz in mein Leben hineinwirken zu lassen? Ich glaube, dass ich ihn durch das sogenannte Bauchgefühl erspüren kann und vor allem in Entscheidungssituationen zu Rate ziehen darf. Ein ungutes Bauchgefühl hilft mir auch dabei, innezuhalten und in gewissen Situationen mein Handeln zu hinterfragen und eventuell einen anderen Weg einzuschlagen. Diese Warnzeichen schätze ich sehr und bin sehr dankbar dafür, dass der Heilige Geist einschreitet. Sicherlich fühlt sich dieses Einschreiten nicht immer angenehm an und es gibt definitiv Situationen, in denen ich es lieber ignoriert und einfach weitergemacht habe – was sich allerdings erfahrungsgemäß immer als nachteilig für mich erwiesen hat…

Um den Heiligen Geist zu beten und ihn zu bitten, in mein Leben zu kommen, hat also automatisch eine zweite Facette zur Folge: „Komm und störe mich, Heiliger Geist!“ Diese Bitte auszusprechen, muss ich bereit sein, um das Wirken des Geistes vollumfänglich in meinem Leben zuzulassen. Ich eröffne ihm so Gelegenheit, falls nötig, auch ganz plötzlich und unerwartet die Notbremse zu ziehen und mich wieder auf das richtige Gleis zu verweisen. Dieser Handgriff soll allerdings nur bei wirklicher Gefahr gezogen werden – so wie es auch auf dem Warnschild heißt.

Und weiter heißt es: Jeder Mißbrauch wird bestraft! Eingebungen des Heiligen Geistes zu verfälschen oder ihn selbst als Machtinstrument zu missbrauchen, sei uns fern! Wie von den Begrifflichkeiten abzuleiten ist, handelt es sich dabei um Geistlichen Missbrauch, der unendlich viel Leid und Schaden anrichtet. Die Verbindung zum Heiligen Geist ist eine ganz persönliche Beziehung, die durch Geistliche Begleitung unterstützt und vertieft werden kann – jedoch niemals durch eine andere Person dominiert werden darf! Diese sinnstiftende Begleitung im Glauben und in der Christus- sowie Gottesbeziehung unter Einbeziehung des Heiligen Geistes ist auch eines unserer Anliegen im Katholischen Forum in unserer Tätigkeit als SeelsorgerInnen.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Joh 20, 19-23: Die Erscheinung Jesu vor allen Jüngern am Osterabend

19 Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden bei verschlossenen Türen beisammen waren, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch!

20 Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, als sie den Herrn sahen.

21 Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.

22 Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sagte zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist!

23 Denen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; denen ihr sie behaltet, sind sie behalten.

Impuls vom 20.05.2023, "Gott ist nicht unser Problemlöser!"

Gott ist nicht unser Problemlöser!

 

Nur allzu gut kenne ich Gespräche, in denen die Wirkkraft Gottes infrage gestellt wird. Es gibt die Vorstellung, dass Gott immer hilfsbereit und als Problemlöser parat stehen muss. Macht der Glaube denn Sinn, wenn nicht sichergestellt ist, dass jedes Gebet erhört wird und Gott in jeder Notlage einschreitet und uns rettet?

Natürlich glauben wir daran, dass unser Gott Wunder bewirken kann und uns in der Bedrängnis nahe ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass auf jedes Stoßgebet eine Antwort oder eine Rettungsaktion mit sofortiger Wirkung folgt!

 

Dazu fällt mir folgende Geschichte ein:

 

Als ich in der Früh im Bett lag und nicht mehr schlafen konnte

und die Uhr einsam tickte, da stellte ich mir einen Engel vor.

Er kam direkt zur Tür herein und setzte sich auf meine Bettkante.

Da war ich nicht mehr allein.

„Mach, dass alles wieder gut ist“, sagte ich.

Der Engel schüttelte bedauernd den Kopf.

„Das kann ich nicht. Ich bin kein Zauberer.“

Ich war enttäuscht. „Was kannst du dann?“

„Ich kann bei dir sein, bis es wieder gut ist.“

Susanne Niemeyer

 

Auch Gott ist kein Zauberer! Er kann gewisse Situationen und Lebenswege nicht hinwegnehmen, doch er hilft uns durch das Leid hindurch.

 

Wie Jesus in seiner Abschiedsrede auch seinen Jüngern verkündet, schenkt Gott uns darüber hinaus das ewige Leben – das größte Geschenk, das wir uns vorstellen können.

Gott wird in unserer Welt sichtbar und schlägt Wurzeln in unserem Leben, die uns tragen und gedeihen lassen. Mit seiner Hilfe und Kraft können wir blühen und erfüllt leben.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Joh 17, 1-11: Das Gebet des scheidenden Jesus

1 Dies sprach Jesus. Und er erhob seine Augen zum Himmel und sagte: Vater, die Stunde ist gekommen. Verherrliche deinen Sohn, damit der Sohn dich verherrlicht! 2 Denn du hast ihm Macht über alle Menschen gegeben, damit er allen, die du ihm gegeben hast, ewiges Leben schenkt. 3 Das aber ist das ewige Leben: dass sie dich, den einzigen wahren Gott, erkennen und den du gesandt hast, Jesus Christus. 4 Ich habe dich auf der Erde verherrlicht und das Werk zu Ende geführt, das du mir aufgetragen hast. 5 Jetzt verherrliche du mich, Vater, bei dir mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, bevor die Welt war! 6 Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Sie gehörten dir und du hast sie mir gegeben und sie haben dein Wort bewahrt. 7 Sie haben jetzt erkannt, dass alles, was du mir gegeben hast, von dir ist. 8 Denn die Worte, die du mir gabst, habe ich ihnen gegeben und sie haben sie angenommen. Sie haben wahrhaftig erkannt, dass ich von dir ausgegangen bin, und sie sind zu dem Glauben gekommen, dass du mich gesandt hast. 9 Für sie bitte ich; nicht für die Welt bitte ich, sondern für alle, die du mir gegeben hast; denn sie gehören dir. 10 Alles, was mein ist, ist dein, und was dein ist, ist mein; in ihnen bin ich verherrlicht. 11 Ich bin nicht mehr in der Welt, aber sie sind in der Welt und ich komme zu dir.

Impuls vom 13.05.2023, "Eine Zelle der Liebe bewirkt mehr als eine ganze Armee!"

Eine Zelle der Liebe bewirkt mehr als eine ganze Armee!

 

Wir Christen und Christinnen sind dazu aufgerufen, unseren Glauben und die Liebe Gottes in die Welt zu tragen. Für die einen ist dies eine erfüllende Aufgabe, die ihrem Leben Sinn gibt – für die anderen aber eine auferlegte Pflicht, die sie unter Druck setzt.

Die Liebe, von der Jesus spricht, ist jedoch weitaus mehr als nur Erfüllung von Pflichten durch uns. Er verheißt uns den Heiligen Geist als Beistand: die Liebe Gottes in Person, die Freude Gottes, die Kraft Gottes. Wir glaubenden und liebenden Menschen werden zu Gott kommen und bei ihm wohnen. Göttliche Weite und Fülle wird uns geschenkt, wenn wir bereit sind, die Gabe Gottes anzunehmen.

Auch wenn Jesus als Person heute nicht mehr bei uns ist, lässt er uns nicht mit leeren Händen zurück. Indem wir sein Wort und seine Weisung mitnehmen in unseren Alltag, dürfen wir darauf vertrauen, dass der Heilige Geist uns als Beistand begleitet und wir mit der Liebe Gottes beschenkt werden.

 

Und dennoch bleibt für viele die Frage so groß, ob es sich denn wirklich lohnt und die Taten effektiv genug sind, um unsere Mitmenschen zu erreichen und das Reich Gottes weiter zu bauen auf Erden. Darauf möchte ich mit einem Zitat von Madeleine Delbrêl eingehen: „Seien Sie eine kleine Zelle der Liebe da, wo Sie sind, und Sie werden für die Sache Gottes mehr bewirken als eine ganze Armee […].“

Diese kleine Zelle stelle ich mir bildlich wie eine biologische Zelle mit vielen Synapsen vor, die weitaus mehr Menschen erreichen, als wir uns vielleicht vorstellen können.

 

Um diesem Geheimnis noch näher zu kommen, begeben wir uns in der kommenden Woche auf die Spuren der französischen Sozialarbeiterin und dürfen ihrem Wirken in Ivry, einer Vorstadt von Paris, hautnah nachspüren. Madeleine Delbrêl gilt uns als Vorbild und ‚Schutzpatronin‘, und so ist es nun an der Zeit, sich konkret auf den Weg nach Frankreich ‚vorwärts zu ihren Wurzeln‘ zu machen.

 

Wir werden nicht die ganze Welt verändern. Aber vielleicht können wir als „Zelle“ an unserem kleinen Ort, in unserer begrenzten Zeit sinnvoll etwas zum großen Ganzen beitragen, damit es Hoffnung auf der Erde gibt.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Joh 14, 15-21:

 

15 Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten. 16 Und ich werde den Vater bitten und er wird euch einen anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll, 17 den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht sieht und nicht kennt. Ihr aber kennt ihn, weil er bei euch bleibt und in euch sein wird. 18 Ich werde euch nicht als Waisen zurücklassen, ich komme zu euch. 19 Nur noch kurze Zeit und die Welt sieht mich nicht mehr; ihr aber seht mich, weil ich lebe und auch ihr leben werdet. 20 An jenem Tag werdet ihr erkennen: Ich bin in meinem Vater, ihr seid in mir und ich bin in euch. 21 Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt; wer mich aber liebt, wird von meinem Vater geliebt werden und auch ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren.

Impuls vom 06.05.2023, "Jesus bereitet uns die ewige Wohnung"

Jesus bereitet uns die ewige Wohnung

 

Das Gefühl der Heimat und des Zuhauses ist für viele ein so wohliges und wichtiges Empfinden. Eine eigene Familie gründen, gemeinsam wohnen und vielleicht sogar ein Eigenheim besitzen, das lebenslang als Zuhause gelten kann – das ist das Lebensziel.

 

Aber ist Heimat durch einen festen Ort schon ausgefüllt? Heimat ist kein Ort, Heimat ist ein Gefühl heißt es auch in Herbert Grönemeyers Lied „Heimat“. Und weiter heißt es in einer Strophe:

Wer zieht zuerst am gleichen Strang

Wer glaubt an die gleiche Idee

Wer lebt den halben Traum vom Ziel

Wer traut sich zuerst über’n See

 

Diese Zeilen suggerieren, dass es auch die Mitmenschen sind, die uns das Gefühl von Heimat vermitteln oder zumindest näherbringen können. Es sind die Menschen, die mit mir am gleichen Strang ziehen und die ähnliche Ziele verfolgen. Gemeinsam träumen und Wagnisse eingehen, schweißt zusammen, erzeugt Bindung und gibt Halt.

 

Doch was geschieht, wenn wir dieses Gefühl im irdischen Leben nicht ausfüllen können oder nicht einmal erahnen dürfen? Vielleicht haben wir Heimat in unserem Leben erfahren, doch dann ist eine Beziehung in die Brüche gegangen und wir haben das Gefühl wieder verloren. Ist es dann eine für immer vertane Chance gewesen?

 

NEIN.

 

Jesus spricht uns zu, dass er im ewigen Leben einen Platz für uns vorbereiten wird. Die vielen Wohnungen im Hause Gottes warten darauf, von uns bewohnt zu werden und stehen bereit. Auch hier sind das Haus und die Wohnungen darin symbolisch zu verstehen, denn das Heimatgefühl füllt Gott auf vielfältige Weise und vor allem in Vollkommenheit aus.

Ja, bei Gott, dem Höchsten, hast du Heimat gefunden. (Psalm 91, 9b).

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

Joh 14, 1-12:

1 Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott und glaubt an mich! 2 Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, hätte ich euch dann gesagt: Ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten? 3 Wenn ich gegangen bin und einen Platz für euch vorbereitet habe, komme ich wieder und werde euch zu mir holen, damit auch ihr dort seid, wo ich bin. 4 Und wohin ich gehe – den Weg dorthin kennt ihr. 5 Thomas sagte zu ihm: Herr, wir wissen nicht, wohin du gehst. Wie können wir dann den Weg kennen? 6 Jesus sagte zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich. 7 Wenn ihr mich erkannt habt, werdet ihr auch meinen Vater erkennen. Schon jetzt kennt ihr ihn und habt ihn gesehen. 8 Philippus sagte zu ihm: Herr, zeig uns den Vater; das genügt uns. 9 Jesus sagte zu ihm: Schon so lange bin ich bei euch und du hast mich nicht erkannt, Philippus? Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen. Wie kannst du sagen: Zeig uns den Vater? 10 Glaubst du nicht, dass ich im Vater bin und dass der Vater in mir ist? Die Worte, die ich zu euch sage, habe ich nicht aus mir selbst. Der Vater, der in mir bleibt, vollbringt seine Werke. 11 Glaubt mir doch, dass ich im Vater bin und dass der Vater in mir ist; wenn nicht, dann glaubt aufgrund eben dieser Werke! 12 Amen, amen, ich sage euch: Wer an mich glaubt, wird die Werke, die ich vollbringe, auch vollbringen und er wird noch größere als diese vollbringen, denn ich gehe zum Vater.

Impuls vom 29.04.2023, "Der richtigen Stimme folgen..."

Der richtigen Stimme folgen…

 

Die Unterscheidung der Geister ist für viele eine bekannte theologische Thematik sowie alltägliche Herausforderung für viele Gläubige. Ähnliche Gedanken löste das Evangelium in mir aus. Denn es appelliert, die Stimme Jesu zu erkennen bzw. seine Stimme von der eines Fremden zu unterscheiden.

Dabei ist auch nur im übertragenen Sinne eine Stimme gemeint, die akustisch wahrzunehmen ist und klare Aussagen äußert. Jesu Stimme hören wir zumeist in der Stille, aber auch da müssen wir ganz genau hinhören. Denn je nach Situation und Anliegen kommt es doch häufig vor, dass sich alte Gefühle oder auch Wünsche aus der Kindheit einschleichen und diese gar nicht dem Kontext entsprechen geschweige denn angemessen sind.

So braucht es Geduld und vor allem ein gutes Selbstbewusstsein – und zwar im eigentlichen Sinne: sich selbst bewusst sein und das Innere wahrnehmen.

Auf Jesu Stimme hören und seiner Spur folgen: darauf kommt es an. – Den Alltag zu unterbrechen, mich neu auszurichten an dem, was meinem Leben Sinn und Tiefe gibt.

Die Ruhelosigkeit der Menschen ist ein sehr spürbares Phänomen geworden und doch können viele gar nicht genau sagen, was sie so ruhelos macht. Es ist schwer geworden, Gefühle zu identifizieren und diese richtig einzuordnen.

In der Stille und der inneren Ruhe können wir uns wieder sammeln und vielleicht dort die ersehnten Antworten finden für den weiteren (Lebens-)Weg.

Neben der Geduld und Ruhe braucht es allerdings auch einen großen Willen, Jesu Botschaften zu empfangen und zu verstehen. Im Evangelium heißt es, dass die Pharisäer den Sinn nicht verstanden, aber wollten sie es denn auch zutiefst verstehen?

 

Diese Nachfrage meine ich absolut nicht wertend, denn auch jene, die Jesus am besten gekannt haben, erkennen ihn nach seiner Auferstehung nicht sofort und verstehen ihn nicht unmittelbar.

Maria Magdalena erkannte ihn zum Beispiel an seiner Stimme! Diese zu entdecken, richtig hinzuhören und Jesus durch seine Tür zu folgen, möge unser Ziel sein. Er ruft uns alle beim Namen und führt uns in die Freiheit und das Leben in Fülle hinaus! Wenn wir uns auf Jesus einlassen können und seine Worte hören, werden wir Rettung finden.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

 

Joh 10, 1-10

 

Der gute Hirt

1 Amen, amen, ich sage euch: Wer in den Schafstall nicht durch die Tür hineingeht, sondern anderswo einsteigt, der ist ein Dieb und ein Räuber. 2 Wer aber durch die Tür hineingeht, ist der Hirt der Schafe. 3 Ihm öffnet der Türhüter und die Schafe hören auf seine Stimme; er ruft die Schafe, die ihm gehören, einzeln beim Namen und führt sie hinaus. 4 Wenn er alle seine Schafe hinausgetrieben hat, geht er ihnen voraus und die Schafe folgen ihm; denn sie kennen seine Stimme. 5 Einem Fremden aber werden sie nicht folgen, sondern sie werden vor ihm fliehen, weil sie die Stimme der Fremden nicht kennen. 6 Dieses Gleichnis erzählte ihnen Jesus; aber sie verstanden nicht den Sinn dessen, was er ihnen gesagt hatte. 7 Weiter sagte Jesus zu ihnen: Amen, amen, ich sage euch: Ich bin die Tür zu den Schafen. 8 Alle, die vor mir kamen, sind Diebe und Räuber; aber die Schafe haben nicht auf sie gehört. 9 Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden; er wird ein- und ausgehen und Weide finden. 10 Der Dieb kommt nur, um zu stehlen, zu schlachten und zu vernichten; ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.

Impuls vom 22.04.2023, "„Auf dein Wort will ich die Netze auswerfen“ (Lk 5,5)"

„Auf dein Wort will ich die Netze auswerfen“ (Lk 5,5)

 

Aller guten Dinge sind 3 – so lautet ein bekanntes Sprichwort. Jesus offenbart sich den Jüngern im heutigen Evangelium bereits zum dritten Male. Er erscheint ihnen beim bisweilen erfolglosen Fischen und ermutigt sie, das Netz auf der rechten Seite auszuwerfen (es bleibt zu vermuten, dass sie es zuvor zur linken Seite getan hatten).

Sie tun es und fangen so viele Fische, dass sie das Netz nicht mehr einholen können. Daraufhin erkennen sie den Herrn und Simon Petrus ist so erschrocken, dass er ins Wasser springt und erst am Ufer wieder unter die Jünger und Jesus tritt, um das Netz an Land zu ziehen. Es sind 153 Fische, die sie gefangen haben – auch hier kam mir eine vielleicht etwas weit hergeholte Verbindung zur Zahl 3, denn die Quersumme (1+5+3 = 9) ist wiederum durch 3 teilbar.

„…und obwohl es so viele waren, zerriss das Netz nicht.“ (Joh 21,11b) Dies ist eine tolle Symbolik Jesu, denn auch er ist uns ein sicheres Netz. Den Jüngern gegenüber hält er sein Versprechen, dass sie zu essen finden werden und er sie sicher an Land bringen werde.

Obwohl Simon Petrus im ersten Augenblick sehr erschrocken ist und sich abrupt der Situation entzieht, vertraut er Jesus und nutzt die nächste Chance, um am Ufer das Netz voller Fische an Land zu ziehen. Er ist so überwältigt von der Erscheinung Jesu, dass er mutig ins Wasser springt. Er hat keinen Zweifel, dass Jesu Worte wahr sind.

 

Dass wir dieses sichere Netz immer unter den Füßen haben und nicht tiefer als in Gottes Hand fallen können, mögen wir uns immer wieder vergegenwärtigen. Und auch wenn uns gewisse Situationen überwältigen und wir erst einmal fliehen, können wir jederzeit zu Jesus zurückkehren – sein Versprechen bleibt bestehen!

 

Auch wenn die Fülle des Netzes auf dem Foto nicht so deutlich sichtbar wird, dürfen wir darauf vertrauen: Gott hat für uns ein Leben in Fülle vorgesehen – eine Fülle, die nicht materiell messbar ist, sondern die Seele erfüllt.

 

Es bleibt das Staunen über das, was Jesus in uns und unter uns wirkt. Und die Dankbarkeit für das Geschenk, ihm begegnen zu dürfen – auch über die 3 Male hinaus!

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

Joh 21, 1-14: Die Erscheinung Jesu am See von Tiberias

1 Danach offenbarte sich Jesus den Jüngern noch einmal, am See von Tiberias, und er offenbarte sich in folgender Weise. 2 Simon Petrus, Thomas, genannt Didymus, Natanaël aus Kana in Galiläa, die Söhne des Zebedäus und zwei andere von seinen Jüngern waren zusammen. 3 Simon Petrus sagte zu ihnen: Ich gehe fischen. Sie sagten zu ihm: Wir kommen auch mit. Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot. Aber in dieser Nacht fingen sie nichts. 4 Als es schon Morgen wurde, stand Jesus am Ufer. Doch die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war. 5 Jesus sagte zu ihnen: Meine Kinder, habt ihr keinen Fisch zu essen? Sie antworteten ihm: Nein. 6 Er aber sagte zu ihnen: Werft das Netz auf der rechten Seite des Bootes aus und ihr werdet etwas finden. Sie warfen das Netz aus und konnten es nicht wieder einholen, so voller Fische war es. 7 Da sagte der Jünger, den Jesus liebte, zu Petrus: Es ist der Herr! Als Simon Petrus hörte, dass es der Herr sei, gürtete er sich das Obergewand um, weil er nackt war, und sprang in den See. 8 Dann kamen die anderen Jünger mit dem Boot – sie waren nämlich nicht weit vom Land entfernt, nur etwa zweihundert Ellen – und zogen das Netz mit den Fischen hinter sich her. 9 Als sie an Land gingen, sahen sie am Boden ein Kohlenfeuer und darauf Fisch und Brot liegen. 10 Jesus sagte zu ihnen: Bringt von den Fischen, die ihr gerade gefangen habt! 11 Da stieg Simon Petrus ans Ufer und zog das Netz an Land. Es war mit hundertdreiundfünfzig großen Fischen gefüllt, und obwohl es so viele waren, zerriss das Netz nicht. 12 Jesus sagte zu ihnen: Kommt her und esst! Keiner von den Jüngern wagte ihn zu befragen: Wer bist du? Denn sie wussten, dass es der Herr war. 13 Jesus trat heran, nahm das Brot und gab es ihnen, ebenso den Fisch. 14 Dies war schon das dritte Mal, dass Jesus sich den Jüngern offenbarte, seit er von den Toten auferstanden war.

Impuls vom 15.04.2023. "Hab Mut zum Unglauben!"

Hab Mut zum Unglauben!

 

Der ungläubige Zweifler Thomas ist vielen als einer der Jünger Jesu bekannt und auch die biblische Geschichte dahinter, in welcher Thomas Jesus den Finger in die Wunde halten durfte. Er ist eine umstrittene Figur und doch so zentral und wichtig für den christlichen Glauben, der doch auf natürliche Weise von Zweifeln und Zeiten des Unglaubens geprägt ist.

Thomas zeigt uns, dass wir Ansichten und Gegebenheiten nicht einfach hinzunehmen und sogar anzunehmen brauchen, sondern dass das Nachfragen sich lohnt und den eigenen Glauben stark vertiefen kann. Doch für dieses Erleben muss Thomas viel Geduld aufbringen – 8 Tage muss er auf die persönliche Begegnung mit seinem Herrn warten, nachdem die anderen Jünger ihm von der ersten Erscheinung berichtet haben.

Ich kann es gut nachvollziehen, dass Thomas mit dieser Situation haderte. Er fragt sich vermutlich, wieso er nicht dabei sein durfte und fühlt sich ausgeschlossen. Denn Jesus kommt nicht gleich. Eine Woche dauert es, eine Woche voller Warten-müssen, Aushalten-müssen, Ringen-müssen. Eine lange Zeit, in der einiges geschehen kann und auch geschieht. Dabei hat doch auch Thomas – genau wie die anderen Jünger – im gleichen Maße an Jesu Wirken teilgehabt und unter seinem Tod gelitten. Wieso wird nicht auch er mit der Begegnung des Auferstandenen aufgebaut und mit neuer Hoffnung erfüllt? Er ist sicherlich enttäuscht und frustriert oder fühlt sich sogar minderwertig – 8 Tage lang!

 

Warten können und sich in Geduld üben scheint ein fester Bestandteil des Weges zu sein. Jesus begegnet Thomas nach dieser Zeit nicht im stillen Kämmerlein, er tritt durch die verschlossene Tür mitten in die Gemeinschaft der Jünger, die gemeinsam ausharren und sich tragen. Vielleicht ist dies eine Weisung oder ein Appell an uns alle:

Verliere nur nicht so schnell die Geduld und suche die Gemeinschaft von Menschen, die Jesus begegnet sind und höre auf ihre Erfahrungen – dann kannst du damit rechnen, dass Jesus auch durch deine verschlossenen Türen kommt.

 

Glaube und Zweifel werden wohl immer zusammengehören. Gerade deswegen aber ist die Geschichte von Thomas so bedeutsam, weil sie das Versprechen gibt, dass wir trotz aller Zweifel mit Jesus rechnen dürfen.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium: Joh 20, 19-31

 

19 Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden bei verschlossenen Türen beisammen waren, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! 20 Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, als sie den Herrn sahen. 21 Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. 22 Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sagte zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! 23 Denen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; denen ihr sie behaltet, sind sie behalten.

24 Thomas, der Didymus genannt wurde, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. 25 Die anderen Jünger sagten zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er entgegnete ihnen: Wenn ich nicht das Mal der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in das Mal der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht. 26 Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder drinnen versammelt und Thomas war dabei. Da kam Jesus bei verschlossenen Türen, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch! 27 Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger hierher aus und sieh meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! 28 Thomas antwortete und sagte zu ihm: Mein Herr und mein Gott! 29 Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.

30 Noch viele andere Zeichen hat Jesus vor den Augen seiner Jünger getan, die in diesem Buch nicht aufgeschrieben sind. 31 Diese aber sind aufgeschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben Leben habt in seinem Namen.

Impuls zur Osternacht, "Ein Engel, der dir deinen Weg weist…"

Ein Engel, der dir deinen Weg weist…

 

Ein Engel Gottes führe dich aus der Enge in die Weite,

aus der Angst ins Vertrauen.

Ein Engel, der Türen öffnet, damit du heraustrittst

aus deinen inneren Zwängen und Mut findest,

du selbst zu sein.

Ein Engel, dem du folgst auf dem Weg in die Freiheit,

für das zu leben, was dich im Herzen bewegt.

Dorthin, wovon du nicht zu träumen wagst.

 

E rhört

N icht allein

G eborgen

E rleuchtend

L ebensretter

 

Ein Engel, der dir richtig zuhört

Der das verjagt, was dich nachts in deiner Ruh‘ stört

Ein Engel, der dich mal im Arm hält

Und der im Winter deine Heizung auf warm stellt

Ein Engel, der dir einen Brief schreibt

Der mit dir wach bleibt, wenn die Angst dich umtreibt

Und der sich für dich den Kopf zerbricht

Du sagst: „diesen Engel gibt es nicht“

 

Doch dieser Engel ist da

Um dich zu schützen und zu halten

Dieser Engel ist da

Jeden Tag in verschiedenen Gestalten

Er lässt dich nie im Regen stehen

Er lässt dich nie allein

Doch er ist leicht zu übersehen

Denn er kann überall sein                                                (WISE GUYS: „Ein Engel“)

 

Evangelium:

 

Mt 28, 1-10: Die Frauen am leeren Grab

1 Nach dem Sabbat, beim Anbruch des ersten Tages der Woche, kamen Maria aus Magdala und die andere Maria, um nach dem Grab zu sehen. 2 Und siehe, es geschah ein gewaltiges Erdbeben; denn ein Engel des Herrn kam vom Himmel herab, trat an das Grab, wälzte den Stein weg und setzte sich darauf. 3 Sein Aussehen war wie ein Blitz und sein Gewand weiß wie Schnee. 4 Aus Furcht vor ihm erbebten die Wächter und waren wie tot. 5 Der Engel aber sagte zu den Frauen: Fürchtet euch nicht! Ich weiß, ihr sucht Jesus, den Gekreuzigten. 6 Er ist nicht hier; denn er ist auferstanden, wie er gesagt hat. Kommt her und seht euch den Ort an, wo er lag! 7 Dann geht schnell zu seinen Jüngern und sagt ihnen: Er ist von den Toten auferstanden und siehe, er geht euch voraus nach Galiläa, dort werdet ihr ihn sehen. Siehe, ich habe es euch gesagt. 8 Sogleich verließen sie das Grab voll Furcht und großer Freude und sie eilten zu seinen Jüngern, um ihnen die Botschaft zu verkünden.

 

9 Und siehe, Jesus kam ihnen entgegen und sagte: Seid gegrüßt! Sie gingen auf ihn zu, warfen sich vor ihm nieder und umfassten seine Füße. 10 Da sagte Jesus zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Geht und sagt meinen Brüdern, sie sollen nach Galiläa gehen und dort werden sie mich sehen.

Impuls vom 01.04.2023, "Als Minderheiten-Christentum sollten wir mutiger und frecher sein"

Als Minderheiten-Christentum sollten wir mutiger und frecher sein

 

Großbritannien und Deutschland haben im letzten Jahr bemerkt, dass inzwischen weniger als die Hälfte der Bevölkerung den christlichen Glauben teilen. Im Blick auf den Missionsauftrag ‚Macht alle Menschen zu meinen Jüngern‘ ist das ein Rückschlag.

 

Man kann darauf mit Selbstmitleid reagieren, was allerdings eine der unproduktivsten Regungen der Seele ist. Oder man kann versuchen, es sich in dem zu groß gewordenen Haus der Volkskirche doch noch irgendwie einzurichten. Im Stil etwas zurückhaltender vielleicht, aber immer noch recht bequem: Ressourcen sind ja durchaus noch vorhanden. So ähnlich wie die einstigen Herrscherhäuser nach 1918, die dann doch noch eine ganze Weile recht komfortabel über die Runden gekommen sind.

Besser nehmen wir das allerdings als Anlass zur Rückbesinnung. Der christliche Glaube ist ja nicht als Staatsreligion auf die Welt gekommen. Vor der konstantinischen Wende war er Minderheit, Diaspora; nicht Volkskirche, sondern Salz der Erde und Sauerteig.

Wenn es wieder so wird, dann muss das Minderheiten-Christentum auch nicht mehr so staatstragend sein. ‚Nicht staatstragend‘, das heißt: nicht mehr unbedingt konsensorientiert und breitenkompatibel. Das entspricht dem Evangelium, wo es ein paar Handlungsempfehlungen gibt, die nicht ins bürgerliche Weltbild oder zum Kategorischen Imperativ passen: die Empfehlung der Ehelosigkeit kommt einem in den Sinn, oder der Rat: ‚Geh und verkaufe alles, was du hast, und gib das Geld den Armen.‘ Oder: ‚Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt.‘

Gerade bei diesen sperrigen Sätzen erhaschen wir etwas vom Göttlichen. Das Evangelium ist immer wieder paradox. Diese Paradoxien haben das System einer christlichen Welt- und Gesellschaftsethik immer schon angebohrt und etwas göttliche Frischluft eindringen lassen. Wenn dieser Wind jetzt stärker wehen darf, wird das nachkonstantinische Christentum mutiger und frecher. Gott helfe, dass uns dabei so viel Weltläufigkeit erhalten bleibt, dass es ohne Engstirnigkeit und Sektierertum abgeht.

 

Jeremias Schröder, Abtprimas der Benediktinerkongregation von St. Ottilien

 

(Quelle: STANDPUNKT auf ‚Katholisch.de‘ – veröffentlicht am 15.03.2023 um 00:01 Uhr)

 

 

Evangelium:

 

Mt 21, 1-11: Der Einzug in Jerusalem

 

1 Als sie sich Jerusalem näherten und nach Betfage am Ölberg kamen, schickte Jesus zwei Jünger aus 2 und sagte zu ihnen: Geht in das Dorf, das vor euch liegt; dort werdet ihr eine Eselin angebunden finden und ein Fohlen bei ihr. Bindet sie los und bringt sie zu mir! 3 Und wenn euch jemand zur Rede stellt, dann sagt: Der Herr braucht sie, er lässt sie aber bald zurückbringen. 4 Das ist geschehen, damit sich erfüllte, was durch den Propheten gesagt worden ist: 5 Sagt der Tochter Zion: / Siehe, dein König kommt zu dir. / Er ist sanftmütig / und er reitet auf einer Eselin / und auf einem Fohlen, / dem Jungen eines Lasttiers. 6 Die Jünger gingen und taten, wie Jesus ihnen aufgetragen hatte. 7 Sie brachten die Eselin und das Fohlen, legten ihre Kleider auf sie und er setzte sich darauf. 8 Viele Menschen breiteten ihre Kleider auf dem Weg aus, andere schnitten Zweige von den Bäumen und streuten sie auf den Weg. 9 Die Leute aber, die vor ihm hergingen und die ihm nachfolgten, riefen: Hosanna dem Sohn Davids! / Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn. / Hosanna in der Höhe! 10 Als er in Jerusalem einzog, erbebte die ganze Stadt und man fragte: Wer ist dieser? 11 Die Leute sagten: Das ist der Prophet Jesus von Nazaret in Galiläa.

Impuls vom 25.03.2023, "Jesus weint..."

Jesus weint…

 

Wie wohltuend ist es, bei Kummer und Schmerz einfach die Tränen laufen und die Traurigkeit aus der Seele fließen zu lassen! Auch wenn viele Menschen sich dafür schämen, weinend gesehen zu werden, bin ich überzeugt davon, dass es ein großes Glück ist, die Fähigkeit zum Weinen zu besitzen. Ich bin sogar dankbar darüber, dass wir teilweise sogar die Kontrolle verlieren und die Tränen gar nicht mehr zurückhalten können. Denn auch hier gilt der allzu wahre Satz von Petrus Ceelen:

Deine Schwächen machen dich erst zu dem Menschen, für den andere eine Schwäche haben. (Petrus Ceelen: Was ich Euch noch sagen wollte, S. 48.)

 

Im heutigen Evangelium zeigt auch Jesus Tränen und gibt mit ihnen seiner großen Traurigkeit Ausdruck. Es tut ihm weh, dass die Schwestern von Lazarus so sehr leiden und ihren Bruder vermissen. Sie hingegen trauern nicht nur um den Verlust, sondern auch darum, dass Jesus nicht zur Stelle gewesen war und den Tod hätte verhindern können. Die Betroffenen stellen sich vermutlich viele Fragen, warum dies so gewesen ist. Lazarus wird letztlich von den Toten auferweckt, aber warum musste es so weit kommen?

Wenn Gott nicht sofort hilft, heißt das nicht, dass es ihm egal ist. Gottes Wege sind häufig unergründlich für uns Menschen und unterscheiden sich von unseren Plänen und Vorstellungen. Und obwohl Gott einen herrlichen Plan für Lazarus hatte, obwohl Jesus wusste, dass Lazarus in Kürze das Wunder der Auferstehung zuteil wird, weint Jesus. Der menschgewordene Sohn tritt mit den Emotionen der anderen in Resonanz und es überkommen ihn selbst Tränen. Denn Jesus weint mit ihnen und mit uns, weil Jesus leidet, wenn wir leiden – obwohl er den guten großen Plan für uns kennt. Gott steht uns so nahe, dass er diese tiefen Emotionen nicht zurückhalten kann. (Seine) Tränen stiften Beziehung und machen uns deutlich, dass auch jede zwischenmenschliche Beziehung daran wächst und sich intensiviert, wenn wir Weinen zulassen können. Auch gemeinsames Weinen lässt das geteilte Leid lindern.

Und so dürfen wir auf die Worte Petri vertrauen, die von der wohltuenden Erfahrung überstandenen Leids sprechen und zugleich ihre Notwendigkeit nicht verleugnen:

„Nachdem ihr eine Weile gelitten habt, wird er euch aufbauen, stärken und kräftigen; und er wird euch auf festen Grund stellen.“ (1. Petrus Kapitel 5, Vers 10)

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

 

Joh 11, 1–45: Die Auferweckung des Lazarus

1 Ein Mann war krank, Lazarus aus Betanien, dem Dorf der Maria und ihrer Schwester Marta. 2 Maria war jene, die den Herrn mit Öl gesalbt und seine Füße mit ihren Haaren abgetrocknet hatte; deren Bruder Lazarus war krank. 3 Daher sandten die Schwestern Jesus die Nachricht: Herr, sieh: Der, den du liebst, er ist krank. 4 Als Jesus das hörte, sagte er: Diese Krankheit führt nicht zum Tod, sondern dient der Verherrlichung Gottes. Durch sie soll der Sohn Gottes verherrlicht werden. 5 Jesus liebte aber Marta, ihre Schwester und Lazarus. 6 Als er hörte, dass Lazarus krank war, blieb er noch zwei Tage an dem Ort, wo er sich aufhielt. 7 Danach sagte er zu den Jüngern: Lasst uns wieder nach Judäa gehen. 8 Die Jünger sagten zu ihm: Rabbi, eben noch suchten dich die Juden zu steinigen und du gehst wieder dorthin? 9 Jesus antwortete: Hat der Tag nicht zwölf Stunden? Wenn jemand am Tag umhergeht, stößt er nicht an, weil er das Licht dieser Welt sieht; 10 wenn aber jemand in der Nacht umhergeht, stößt er an, weil das Licht nicht in ihm ist. 11 So sprach er. Dann sagte er zu ihnen: Lazarus, unser Freund, schläft; aber ich gehe hin, um ihn aufzuwecken. 12 Da sagten die Jünger zu ihm: Herr, wenn er schläft, dann wird er gesund werden. 13 Jesus hatte aber von seinem Tod gesprochen, während sie meinten, er spreche von dem gewöhnlichen Schlaf. 14 Darauf sagte ihnen Jesus unverhüllt: Lazarus ist gestorben. 15 Und ich freue mich für euch, dass ich nicht dort war; denn ich will, dass ihr glaubt. Doch wir wollen zu ihm gehen. 16 Da sagte Thomas, genannt Didymus, zu den anderen Jüngern: Lasst uns mit ihm gehen, um mit ihm zu sterben! 17 Als Jesus ankam, fand er Lazarus schon vier Tage im Grab liegen. 18 Betanien war nahe bei Jerusalem, etwa fünfzehn Stadien entfernt. 19 Viele Juden waren zu Marta und Maria gekommen, um sie wegen ihres Bruders zu trösten. 20 Als Marta hörte, dass Jesus komme, ging sie ihm entgegen, Maria aber blieb im Haus sitzen. 21 Marta sagte zu Jesus: Herr, wärst du hier gewesen, dann wäre mein Bruder nicht gestorben. 22 Aber auch jetzt weiß ich: Alles, worum du Gott bittest, wird Gott dir geben. 23 Jesus sagte zu ihr: Dein Bruder wird auferstehen. 24 Marta sagte zu ihm: Ich weiß, dass er auferstehen wird bei der Auferstehung am Jüngsten Tag. 25 Jesus sagte zu ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, 26 und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben. Glaubst du das? 27 Marta sagte zu ihm: Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommen soll. 28 Nach diesen Worten ging sie weg, rief heimlich ihre Schwester Maria und sagte zu ihr: Der Meister ist da und lässt dich rufen. 29 Als Maria das hörte, stand sie sofort auf und ging zu ihm. 30 Denn Jesus war noch nicht in das Dorf gekommen; er war noch dort, wo ihn Marta getroffen hatte. 31 Die Juden, die bei Maria im Haus waren und sie trösteten, sahen, dass sie plötzlich aufstand und hinausging. Da folgten sie ihr, weil sie meinten, sie gehe zum Grab, um dort zu weinen. 32 Als Maria dorthin kam, wo Jesus war, und ihn sah, fiel sie ihm zu Füßen und sagte zu ihm: Herr, wärst du hier gewesen, dann wäre mein Bruder nicht gestorben. 33 Als Jesus sah, wie sie weinte und wie auch die Juden weinten, die mit ihr gekommen waren, war er im Innersten erregt und erschüttert. 34 Er sagte: Wo habt ihr ihn bestattet? Sie sagten zu ihm: Herr, komm und sieh! 35 Da weinte Jesus. 36 Die Juden sagten: Seht, wie lieb er ihn hatte! 37 Einige aber sagten: Wenn er dem Blinden die Augen geöffnet hat, hätte er dann nicht auch verhindern können, dass dieser hier starb? 38 Da wurde Jesus wiederum innerlich erregt und er ging zum Grab. Es war eine Höhle, die mit einem Stein verschlossen war. 39 Jesus sagte: Nehmt den Stein weg! Marta, die Schwester des Verstorbenen, sagte zu ihm: Herr, er riecht aber schon, denn es ist bereits der vierte Tag. 40 Jesus sagte zu ihr: Habe ich dir nicht gesagt: Wenn du glaubst, wirst du die Herrlichkeit Gottes sehen? 41 Da nahmen sie den Stein weg. Jesus aber erhob seine Augen und sprach: Vater, ich danke dir, dass du mich erhört hast. 42 Ich wusste, dass du mich immer erhörst; aber wegen der Menge, die um mich herumsteht, habe ich es gesagt, damit sie glauben, dass du mich gesandt hast. 43 Nachdem er dies gesagt hatte, rief er mit lauter Stimme: Lazarus, komm heraus! 44 Da kam der Verstorbene heraus; seine Füße und Hände waren mit Binden umwickelt und sein Gesicht war mit einem Schweißtuch verhüllt. Jesus sagte zu ihnen: Löst ihm die Binden und lasst ihn weggehen! 45 Viele der Juden, die zu Maria gekommen waren und gesehen hatten, was Jesus getan hatte, kamen zum Glauben an ihn.

Impuls vom 18.03.2023. "Alles eine Frage der Sünde?!"

Alles eine Frage der Sünde?!

 

Das heutige Evangelium zeigt sehr deutlich, dass in der Gesellschaft auch noch heute der Schuld-Ergehen-Zusammenhang eine zentrale Rolle im Denken der Menschen spielt. Die Sünde ist das Kriterium und das Maß zur Beurteilung von Geschehnissen und Ereignissen, die uns ereilen und über uns hineinbrechen. Die Warum-Frage ist riesengroß und die Menschen begeben sich schnell in eine Opferrolle, statt nach dem Wozu und den Chancen zu fragen.

Erstaunlich ist es auch, dass die Menschen unbedingt wissen möchten, was geschehen ist und über das Geschehene richten wollen. Die gewisse Neugier bei solch einem Wunder ist allzu menschlich und doch frage ich mich, welche Motivationen noch dahinter stecken. Möchten die kritischen Stimmen jemanden verurteilen oder steckt vielleicht auch ein gewisser Neid dahinter? Natürlich wird das gesamte Denken auf den Kopf gestellt. Denn einem vermeintlichen Sünder, der aufgrund seiner angeborenen Blindheit in diesem Verständnis sündhaft sein muss, wird solch ein Glück zuteil. Ein Schlüsselmoment, das den Umherstehenden dennoch nicht schlüssig zu sein scheint, sodass sie immer wieder nachfragen und auch bei den Eltern des Geheilten Nachforschungen anstellen. Die Ungläubigkeit über die Aussagen bringen sie zum Zorn und sie stoßen den Mann hinaus. So tief überzeugt sind sie von ihren Ansichten und ihrem Schuld- und Sündenverständnis, dass sie ihm keinen Glauben schenken können.

 

Schließlich kommt Jesus selbst zu Wort – auch den Pharisäern gegenüber – und obwohl es keine genaue Beschreibung ihrer Reaktion gibt, lässt sich vermuten, dass die Worte Jesu sie zum starken Nachdenken angeregt haben. Die Begegnung mit dem Christus ist für sie notwendig, um gegebenenfalls umzudenken und ihre Blindheit in Bezug auf ihn und die Wunderheilung zu reflektieren.

 

Es ist gar nicht der Anspruch, dass wir immer direkt erkennen, was Jesus und somit Gott von uns möchte. Das muss nicht gelingen und doch ist die Geschichte des geheilten Blindgeborenen ein Ansporn, immer wieder nach dem Willen Gottes zu fragen und ihn zu suchen. Es lohnt sich!

 

Thale Schmitz

 

Evangelium: 

 

Joh 9, 1-41: Die Heilung des Blindgeborenen

1 Unterwegs sah Jesus einen Mann, der seit seiner Geburt blind war. 2 Da fragten ihn seine Jünger: Rabbi, wer hat gesündigt? Er selbst oder seine Eltern, sodass er blind geboren wurde? 3 Jesus antwortete: Weder er noch seine Eltern haben gesündigt, sondern die Werke Gottes sollen an ihm offenbar werden. 4 Wir müssen, solange es Tag ist, die Werke dessen vollbringen, der mich gesandt hat; es kommt die Nacht, in der niemand mehr wirken kann. 5 Solange ich in der Welt bin, bin ich das Licht der Welt. 6 Als er dies gesagt hatte, spuckte er auf die Erde; dann machte er mit dem Speichel einen Teig, strich ihn dem Blinden auf die Augen 7 und sagte zu ihm: Geh und wasch dich in dem Teich Schiloach! Das heißt übersetzt: der Gesandte. Der Mann ging fort und wusch sich. Und als er zurückkam, konnte er sehen. 8 Die Nachbarn und jene, die ihn früher als Bettler gesehen hatten, sagten: Ist das nicht der Mann, der dasaß und bettelte? 9 Einige sagten: Er ist es. Andere sagten: Nein, er sieht ihm nur ähnlich. Er selbst aber sagte: Ich bin es. 10 Da fragten sie ihn: Wie sind deine Augen geöffnet worden? 11 Er antwortete: Der Mann, der Jesus heißt, machte einen Teig, bestrich damit meine Augen und sagte zu mir: Geh zum Schiloach und wasch dich! Ich ging hin, wusch mich und konnte sehen. 12 Sie fragten ihn: Wo ist er? Er sagte: Ich weiß es nicht. 13 Da brachten sie den Mann, der blind gewesen war, zu den Pharisäern. 14 Es war aber Sabbat an dem Tag, als Jesus den Teig gemacht und ihm die Augen geöffnet hatte. 15 Auch die Pharisäer fragten ihn, wie er sehend geworden sei. Er antwortete ihnen: Er legte mir einen Teig auf die Augen und ich wusch mich und jetzt sehe ich. 16 Einige der Pharisäer sagten: Dieser Mensch ist nicht von Gott, weil er den Sabbat nicht hält. Andere aber sagten: Wie kann ein sündiger Mensch solche Zeichen tun? So entstand eine Spaltung unter ihnen. 17 Da fragten sie den Blinden noch einmal: Was sagst du selbst über ihn? Er hat doch deine Augen geöffnet. Der Mann sagte: Er ist ein Prophet. 18 Die Juden aber wollten nicht glauben, dass er blind gewesen und sehend geworden war. Daher riefen sie die Eltern des von der Blindheit Geheilten 19 und fragten sie: Ist das euer Sohn, von dem ihr sagt, dass er blind geboren wurde? Wie kommt es, dass er jetzt sieht? 20 Seine Eltern antworteten: Wir wissen, dass er unser Sohn ist und dass er blind geboren wurde. 21 Wie es kommt, dass er jetzt sieht, das wissen wir nicht. Und wer seine Augen geöffnet hat, das wissen wir auch nicht. Fragt doch ihn selbst, er ist alt genug und kann selbst für sich sprechen! 22 Das sagten seine Eltern, weil sie sich vor den Juden fürchteten; denn die Juden hatten schon beschlossen, jeden, der ihn als den Christus bekenne, aus der Synagoge auszustoßen. 23 Deswegen sagten seine Eltern: Er ist alt genug, fragt ihn selbst! 24 Da riefen die Pharisäer den Mann, der blind gewesen war, zum zweiten Mal und sagten zu ihm: Gib Gott die Ehre! Wir wissen, dass dieser Mensch ein Sünder ist. 25 Er antwortete: Ob er ein Sünder ist, weiß ich nicht. Nur das eine weiß ich, dass ich blind war und jetzt sehe. 26 Sie fragten ihn: Was hat er mit dir gemacht? Wie hat er deine Augen geöffnet? 27 Er antwortete ihnen: Ich habe es euch bereits gesagt, aber ihr habt nicht gehört. Warum wollt ihr es noch einmal hören? Wollt etwa auch ihr seine Jünger werden? 28 Da beschimpften sie ihn: Du bist ein Jünger dieses Menschen; wir aber sind Jünger des Mose. 29 Wir wissen, dass zu Mose Gott gesprochen hat; aber von dem da wissen wir nicht, woher er kommt. 30 Der Mensch antwortete ihnen: Darin liegt ja das Erstaunliche, dass ihr nicht wisst, woher er kommt; dabei hat er doch meine Augen geöffnet. 31 Wir wissen, dass Gott Sünder nicht erhört; wer aber Gott fürchtet und seinen Willen tut, den erhört er. 32 Noch nie hat man gehört, dass jemand die Augen eines Blindgeborenen geöffnet hat. 33 Wenn dieser nicht von Gott wäre, dann hätte er gewiss nichts ausrichten können. 34 Sie entgegneten ihm: Du bist ganz und gar in Sünden geboren und du willst uns belehren? Und sie stießen ihn hinaus. 35 Jesus hörte, dass sie ihn hinausgestoßen hatten, und als er ihn traf, sagte er zu ihm: Glaubst du an den Menschensohn? 36 Da antwortete jener und sagte: Wer ist das, Herr, damit ich an ihn glaube? 37 Jesus sagte zu ihm: Du hast ihn bereits gesehen; er, der mit dir redet, ist es. 38 Er aber sagte: Ich glaube, Herr! Und er warf sich vor ihm nieder. 39 Da sprach Jesus: Um zu richten, bin ich in diese Welt gekommen: damit die nicht Sehenden sehen und die Sehenden blind werden. 40 Einige Pharisäer, die bei ihm waren, hörten dies. Und sie fragten ihn: Sind etwa auch wir blind? 41 Jesus sagte zu ihnen: Wenn ihr blind wärt, hättet ihr keine Sünde. Jetzt aber sagt ihr: Wir sehen. Darum bleibt eure Sünde.

Impuls vom 11.03.2023, "Gib uns vom Wasser des Lebens – vorurteilsfrei!"

Gib uns vom Wasser des Lebens – vorurteilsfrei!

 

Bei meiner täglichen Arbeit im Refugium ist es mir ein großes Anliegen, den Menschen und unseren Gästen unvoreingenommen zu begegnen – ihnen keine Schablonen aufzudrücken, sie nicht nach ihrer Optik zu bewerten oder überhaupt zu be- geschweige denn zu verurteilen. Vorurteile ganz abzubauen und gar nicht erst entstehen zu lassen, ist eine große Aufgabe und vielleicht psychologisch gar nicht möglich, aber ich darf in meinem Lernfeld Refugium immer wieder erfahren, dass sich diese Angewohnheiten ändern lassen. Die Gedanken tauchen in gewissen Situationen auf, aber es kann gelingen, sie kurz wahrzunehmen und dann wieder ziehen zu lassen.

Wir blicken in das Evangelium: Eine Frau, die hautnah erlebt, dass Jesus sie nicht verurteilt, findet zum Glauben.

Jesus ist müde und durstig. Daher bittet er die Frau, ihm zu trinken zu geben, und bringt so das Gespräch in Gang. Mit seiner Bitte um Hilfe sprechen die beiden gleichsam auf gleicher Augenhöhe miteinander. Das ist sehr ungewöhnlich in damaliger Zeit und jegliche Hierarchie ist damit aufgebrochen. Und dann lenkt Jesus ihre Aufmerksamkeit auf das, was Gott geben will, nämlich „lebendiges Wasser“, und gibt sich als Messias zu erkennen. Damit beschreibt Jesus kein fließendes Wasser aus einem Fluss, sondern nutzt die Metaphorik: Er vergleicht das „lebendige Wasser“ mit dem Geschenk Gottes, im Glauben an ihn von aller Schuld befreit zu werden.

Die mutige Samariterin tut den entscheidenden Schritt zum Glauben, als sie merkt, dass Jesus sie nicht verurteilt. In diesem Moment weiß sie sich befreit von all ihrer Schuld und kann anfangen, neu zu leben.

Sicherlich können wir diese tiefe Glaubenserfahrung nicht all unseren Gästen weitergeben, vermitteln oder in ihnen auslösen. Und doch stärkt mich das Evangelium, an der beurteilungsfreien Haltung festzuhalten und im Rahmen meiner Möglichkeiten vollkommen zu leben. Vielleicht ist diese Art von Begegnung ein erster Schritt und eine wohltuende Erfahrung, die den Glauben und das Wirken Jesu möglich machen.

Auf unserer Suche nach Sinn und Erfüllung im Leben werden wir immer wieder feststellen, dass wir sein lebendiges Wasser brauchen! Möge es durch unsere pastorale und seelsorgliche Arbeit fließen und bei vielen Menschen überschwappen.

Das vielleicht irritierende Bild ist mir unter dem Suchbegriff „Verurteilung“ begegnet.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium: 

Joh 4, 5-42:

 

5 So kam er zu einer Stadt in Samarien, die Sychar hieß und nahe bei dem Grundstück lag, das Jakob seinem Sohn Josef vermacht hatte. 6 Dort befand sich der Jakobsbrunnen. Jesus war müde von der Reise und setzte sich daher an den Brunnen; es war um die sechste Stunde. 7 Da kam eine Frau aus Samarien, um Wasser zu schöpfen. Jesus sagte zu ihr: Gib mir zu trinken! 8 Seine Jünger waren nämlich in die Stadt gegangen, um etwas zum Essen zu kaufen. 9 Die Samariterin sagte zu ihm: Wie kannst du als Jude mich, eine Samariterin, um etwas zu trinken bitten? Die Juden verkehren nämlich nicht mit den Samaritern. 10 Jesus antwortete ihr: Wenn du wüsstest, worin die Gabe Gottes besteht und wer es ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken!, dann hättest du ihn gebeten und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben. 11 Sie sagte zu ihm: Herr, du hast kein Schöpfgefäß und der Brunnen ist tief; woher hast du also das lebendige Wasser? 12 Bist du etwa größer als unser Vater Jakob, der uns den Brunnen gegeben und selbst daraus getrunken hat, wie seine Söhne und seine Herden? 13 Jesus antwortete ihr: Wer von diesem Wasser trinkt, wird wieder Durst bekommen; 14 wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird niemals mehr Durst haben; vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe, in ihm zu einer Quelle werden, deren Wasser ins ewige Leben fließt. 15 Da sagte die Frau zu ihm: Herr, gib mir dieses Wasser, damit ich keinen Durst mehr habe und nicht mehr hierherkommen muss, um Wasser zu schöpfen! 16 Er sagte zu ihr: Geh, ruf deinen Mann und komm wieder her! 17 Die Frau antwortete: Ich habe keinen Mann. Jesus sagte zu ihr: Du hast richtig gesagt: Ich habe keinen Mann. 18 Denn fünf Männer hast du gehabt und der, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann. Damit hast du die Wahrheit gesagt. 19 Die Frau sagte zu ihm: Herr, ich sehe, dass du ein Prophet bist. 20 Unsere Väter haben auf diesem Berg Gott angebetet; ihr aber sagt, in Jerusalem sei die Stätte, wo man anbeten muss. 21 Jesus sprach zu ihr: Glaube mir, Frau, die Stunde kommt, zu der ihr weder auf diesem Berg noch in Jerusalem den Vater anbeten werdet. 22 Ihr betet an, was ihr nicht kennt, wir beten an, was wir kennen; denn das Heil kommt von den Juden. 23 Aber die Stunde kommt und sie ist schon da, zu der die wahren Beter den Vater anbeten werden im Geist und in der Wahrheit; denn so will der Vater angebetet werden. 24 Gott ist Geist und alle, die ihn anbeten, müssen im Geist und in der Wahrheit anbeten. 25 Die Frau sagte zu ihm: Ich weiß, dass der Messias kommt, der Christus heißt. Wenn er kommt, wird er uns alles verkünden. 26 Da sagte Jesus zu ihr: Ich bin es, der mit dir spricht. 27 Inzwischen waren seine Jünger zurückgekommen. Sie wunderten sich, dass er mit einer Frau sprach, doch keiner sagte: Was suchst du? oder: Was redest du mit ihr? 28 Die Frau ließ ihren Wasserkrug stehen, kehrte zurück in die Stadt und sagte zu den Leuten: 29 Kommt her, seht, da ist ein Mensch, der mir alles gesagt hat, was ich getan habe: Ist er vielleicht der Christus? 30 Da gingen sie aus der Stadt heraus und kamen zu ihm. 31 Währenddessen baten ihn seine Jünger: Rabbi, iss! 32 Er aber sagte zu ihnen: Ich habe eine Speise zu essen, die ihr nicht kennt. 33 Da sagten die Jünger zueinander: Hat ihm jemand etwas zu essen gebracht? 34 Jesus sprach zu ihnen: Meine Speise ist es, den Willen dessen zu tun, der mich gesandt hat, und sein Werk zu vollenden. 35 Sagt ihr nicht: Noch vier Monate dauert es bis zur Ernte? Sieh, ich sage euch: Erhebt eure Augen und seht, dass die Felder schon weiß sind zur Ernte! 36 Schon empfängt der Schnitter seinen Lohn und sammelt Frucht für das ewige Leben, sodass sich der Sämann und der Schnitter gemeinsam freuen. 37 Denn hier hat das Sprichwort recht: Einer sät und ein anderer erntet. 38 Ich habe euch gesandt zu ernten, wofür ihr euch nicht abgemüht habt; andere haben sich abgemüht und euch ist ihre Mühe zugutegekommen. 39 Aus jener Stadt kamen viele Samariter zum Glauben an Jesus auf das Wort der Frau hin, die bezeugt hatte: Er hat mir alles gesagt, was ich getan habe. 40 Als die Samariter zu ihm kamen, baten sie ihn, bei ihnen zu bleiben; und er blieb dort zwei Tage. 41 Und noch viel mehr Leute kamen zum Glauben an ihn aufgrund seiner eigenen Worte. 42 Und zu der Frau sagten sie: Nicht mehr aufgrund deiner Rede glauben wir, denn wir haben selbst gehört und wissen: Er ist wirklich der Retter der Welt.

Impuls vom 04.03.2023, "Was (v)erklärt Jesus?!"

Was (v)erklärt Jesus?!

 

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber wenn ich das Wort Verklärung höre, muss ich im ersten Moment an ein Klärwerk denken. Obwohl ein Klärwerk sehr sinnvolle Reinigungsvorgänge für uns vollzieht, ist der Begriff – vermutlich aufgrund der Geruchs- und auch der optischen Assoziationen – sehr stark negativ konnotiert. Daher habe ich mich an dem Wort Verklärung erst einmal gestoßen.

 

Jesus verklärt sich vor den drei Jüngern Petrus, Jakobus und Johannes, das heißt er offenbart sich ihnen als Sohn Gottes, indem er sich vor ihnen leuchtend verwandelt. Als Bestätigung spricht sogar Gott selbst aus einer leuchtenden Wolke zu ihnen: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören. (Mt 17, 5b) Bei all den überwältigenden Eindrücken treten zudem noch Mose und Elija hinzu, die den Jüngern aus dem Alten Testament bekannt sind. Die Ereignisse überschlagen sich und sie reagieren mit Furcht auf diese Gotteserfahrung.

 

Schon zu Lebzeiten dürfen die drei Jünger bereits die himmlische Herrlichkeit Jesu Christi spüren und wahrhaftig sehen. Die Proklamation Jesu zu Gottes geliebtem Sohn (durch Gott selbst!) vermag ihnen Kraft und Bestätigung im Glauben zu geben, um dem Kommenden mit weniger Furcht entgegen zu gehen. Sie brauchen Kraft für das Bevorstehende und doch reagieren sie mit großer Angst. Die Erschrockenheit der Jünger liegt in der tiefen, besonders überraschenden Gotteserfahrung begründet. Die unmittelbare Nähe zu Gott löst bei den Menschen im ersten Moment Furcht aus und das Vermögen, die göttliche Herrlichkeit zu fassen, scheint so überraschend nicht jedem/r möglich zu sein. In Bezug auf die Verklärungserzählung erschließt sich auch, warum Menschen auf einem Berg eine besondere Gottesnähe vermuten und erwarten. Das klare Leuchten lässt Gott durch Jesus hindurch in unsere Welt scheinen – der Glanz ist so blendend, dass die Menschen ihn kaum erfassen können.

 

Die Verklärung Jesu hat somit ähnliche wenn auch nicht vergleichbare, bereinigende, klärende Wirkung wie ein Klärwerk: sie klärt unseren Blick und lässt uns ein Leben in Reinheit hoffnungsvoll erwarten. Dies dürfen wir uns immer wieder vor Augen führen.

 

Thale Schmitz

 

 

Evangelium: 

 

Mt 17, 1-9: Die Verklärung Jesu

1 Sechs Tage danach nahm Jesus Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg. 2 Und er wurde vor ihnen verwandelt; sein Gesicht leuchtete wie die Sonne und seine Kleider wurden weiß wie das Licht. 3 Und siehe, es erschienen ihnen Mose und Elija und redeten mit Jesus. 4 Und Petrus antwortete und sagte zu Jesus: Herr, es ist gut, dass wir hier sind. Wenn du willst, werde ich hier drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija. 5 Noch während er redete, siehe, eine leuchtende Wolke überschattete sie und siehe, eine Stimme erscholl aus der Wolke: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören. 6 Als die Jünger das hörten, warfen sie sich mit dem Gesicht zu Boden und fürchteten sich sehr. 7 Da trat Jesus zu ihnen, fasste sie an und sagte: Steht auf und fürchtet euch nicht! 8 Und als sie aufblickten, sahen sie niemanden außer Jesus allein. 9 Während sie den Berg hinabstiegen, gebot ihnen Jesus: Erzählt niemandem von dem, was ihr gesehen habt, bis der Menschensohn von den Toten auferweckt ist!

Impuls vom 25.02.2023, "GUT FÜR DIE SEELE"

GUT FÜR DIE SEELE

 

Seit fast 30 Jahren beten die Schwestern auf Burg Dinklage täglich fünf Minuten ausdrücklich um Frieden, benennen die aktuellen Krisenherde und proklamieren ihre Bereitschaft, selbst Friedensstifterinnen in ihrem Alltag zu werden.

Ist die Welt dadurch friedlicher geworden? Gibt es weniger Krieg, Tyrannei und Katastrophen im Großen und weniger Konflikte, mehr Liebe und Fürsorge im Kleinen? Es sieht nicht danach aus und lässt sich nicht empirisch ermitteln.

Aber sie glauben daran, dass in einer jeden von ihnen Mut, Wachsamkeit für Unrecht und die Bereitschaft, friedensstiftend zu handeln gewachsen ist; klein, leise, zaghaft und zugleich nachhaltig und zäh. Ja, sie glauben daran, dass ihr Gebet eine Dynamik entwickelt, die nicht zu unterschätzen ist! Die vielen einzelnen ‚Ich‘ gehen verwandelt aus dem Gebet hervor und lösen eine Kettenreaktion der Wandlung aus.

Der amerikanische Theologe Walter Wink fasst es so zusammen: „Die Geschichte gehört den Fürbittenden, die durch ihren Glauben die Zukunft heraufführen. Durch unsere Fürbitten werfen wir wahrhaft Feuer auf die Erde und posaunen die Zukunft ins Dasein.“

(Quelle: „Lasst euch vom Geist entflammen – Benediktinerinnen Burg Dinklage“ in ‚… die Hand hinhalten – WEGE KLÖSTERLICHER WEISHEIT‘, S. 37)

 

HERZLICHE EINLADUNG, WEITERHIN MIT UNS DIENSTAGS BIS SAMSTAGS UM „5 VOR 12“ IM PROPSTEIHOF DIESES FRIEDENSGEBET GEMEINSAM ZU BETEN!

Impuls vom 18.02.2023, "Vollkommen - mit sich - sein!"

Vollkommen – mit sich – sein!

 

Auch wenn der Rosenmontag noch vor uns liegt, können wir den Vorausblick wagen und auf das schauen, was nach den Karnevalstagen auf uns wartet: die Fastenzeit.

Ich kann mir gut vorstellen, dass der eine oder die andere diese Zeit ganz unterschiedlich im Leben und in den verschiedenen Lebensabschnitten wahrgenommen hat. In der Jugend ist es vielleicht eine eher negativ konnotierte Zeit – es wird versucht, zu verzichten und doch fällt es schwer, denn der Verzicht bezieht sich auf leckere Süßigkeiten oder den Konsum von digitalen Medien in der Freizeit.

Gerne möchte ich die Gedanken in eine andere Richtung lenken und überlegen, wie die Fastenzeit eine Zeit der Fülle und Vollkommenheit werden und uns bereichern kann. Die klassische Idee, mehr Gutes zu tun als auf weniger Gutes zu verzichten, kann dabei ein Wegweiser oder Startgedanke sein.

 

Im Evangelium fordert uns Jesus dazu auf, bei erlebter Gewalt und erlittenem Unrecht keine Gegenwehr zu leisten, sondern sich im Vertrauen auf Gott, der der wahre Richter über uns Menschen ist, zurückzuhalten. Wer zu Unrecht von uns fordert oder uns zwingt, möge überrascht sein, dass wir sogar mehr abgeben oder leisten und für unsere Feinde beten und sie lieben.

Das heißt mit anderen Worten: Lasst uns Unerwartetes tun und die Menschen mit der Güte Gottes überraschen! Dabei machen wir keine Unterschiede zwischen uns nahestehenden Menschen und jenen, die wir vielleicht gar nicht mögen bzw. leiden können. Unser Verhalten sei nicht kontext- und personengebunden, sodass wir uns im Reinen mit uns fühlen können und danach handeln. Da spielt auch hinein, dass wir Vorurteile und Kategorisierungen oder Schubladendenken ablegen mögen und die Vollkommenheit Jesu Christi im Christsein ausleben und erfahrbar zu machen versuchen. Inmitten der jecken Tage klingt das Evangelium sehr radikal und lässt einige vermutlich zweifeln an der Wirkmächtigkeit dieses Handelns – doch Mahatma Gandhi bringt die Kraft und Wahrheit dahinter sehr stark ins Wort und auf den Punkt:

„Jesus hat sein Leben am Kreuz verloren, und der Römer Pilatus hat gesiegt. Hat er wirklich? Nein. Jesus war der Sieger, wie die Weltgeschichte reichlich beweist.“

 

Thale Schmitz

 

Evangelium: 

 

Mt 5, 38-48:

 

38 Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Auge für Auge und Zahn für Zahn. 39 Ich aber sage euch: Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin! 40 Und wenn dich einer vor Gericht bringen will, um dir das Hemd wegzunehmen, dann lass ihm auch den Mantel! 41 Und wenn dich einer zwingen will, eine Meile mit ihm zu gehen, dann geh zwei mit ihm! 42 Wer dich bittet, dem gib, und wer von dir borgen will, den weise nicht ab! 43 Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. 44 Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, 45 damit ihr Kinder eures Vaters im Himmel werdet; denn er lässt seine Sonne aufgehen über Bösen und Guten und er lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. 46 Wenn ihr nämlich nur die liebt, die euch lieben, welchen Lohn könnt ihr dafür erwarten? Tun das nicht auch die Zöllner? 47 Und wenn ihr nur eure Brüder grüßt, was tut ihr damit Besonderes? Tun das nicht auch die Heiden? 48 Seid also vollkommen, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist!

Impuls vom 11.02.2023, "Ich schwöre!?"

„Ich schwöre!?“

 

Was bedeutet Schwören eigentlich? – Im DUDEN stehen folgende Einträge:

  • einen Eid, Schwur leisten, ablegen / in einem Eid, Schwur versichern oder geloben
  • nachdrücklich [unter Verwendung von Beteuerungsformeln] versichern; beteuern / geloben; [unter Verwendung von Beteuerungsformeln] feierlich versprechen
  • sich etwas ganz fest vornehmen
  • jemanden, etwas (für einen bestimmten Zweck) für am besten geeignet halten („auf etwas schwören“)

(siehe: https://www.duden.de/rechtschreibung/schwoeren)

Die Bedeutungen und Facetten des Schwörens sind sehr vielfältig und erstrecken sich auf Bereiche, in denen Druck von außen und durch andere entsteht bis zur eigenen Person, die sich selbst etwas ganz fest vornimmt oder Aussagen über etwas trifft.

 

Ohne dass ich mir zuvor größere Gedanken zu diesem Begriff gemacht habe, ist das Wort Schwören sehr negativ besetzt. Meine ersten Assoziationen waren Konfliktsituationen, in denen sich Sätze oder Androhungen wie „Ich schwöre Dir, dass das die falsche Entscheidung war.“ Oder „Ich schwöre Dir, dass du das bereuen wirst.“ Schwören bringt tatsächlich mit sich, dass etwas – ein Entschluss oder ein Versprechen – nicht mehr ruckgängig gemacht werden kann. Doch ist das eine Form der Lebensgestaltung im Sinne Jesu? Die Umkehr und das Umdenken auch im Kleinen dürfen doch stets möglich sein!

Noch unheilvoller wird es, wenn beim Namen oder sogar im Namen Gottes geschworen wird – ein Missbrauch seines Wortes geschieht. Davor möchte Jesus uns bewahren und bringt sehr deutlich ins Wort, dass wir überhaupt nicht schwören sollen. Vielmehr mögen wir entschlossen ein Ja oder Nein äußern und diesem Wort treu bleiben – ohne dies darstellend und nachdrücklich beteuern oder versichern zu müssen. In der Umsetzung und der konkreten Tat heißt dies dennoch, dass wir uns gewisse Dinge ganz fest vornehmen. Jedoch verzichten wir darauf, dies in besonderer Weise bekunden oder ausdrücken zu müssen und sehen davon ab, auf irdische Güter zu schwören und diese im Vergleich zu anderen Menschen oder Dingen zu erhöhen.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium: 

 

Mt 5, 20–22a.27–28.33–34a.37:

 

Das Wort Gottes

 

Darum sage ich euch: Wenn eure Gerechtigkeit nicht weit größer ist als die der Schriftgelehrten und der Pharisäer, werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen. Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt worden ist: Du sollst nicht töten; wer aber jemand tötet, soll dem Gericht verfallen sein. Ich aber sage euch: Jeder, der seinem Bruder auch nur zürnt, soll dem Gericht verfallen sein; und wer zu seinem Bruder sagt: Du Dummkopf!, soll dem Spruch des Hohen Rates verfallen sein; wer aber zu ihm sagt: Du (gottloser) Narr!, soll dem Feuer der Hölle verfallen sein. Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst nicht die Ehe brechen. Ich aber sage euch: Wer eine Frau auch nur lüstern ansieht, hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen. Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt worden ist: Du sollst keinen Meineid schwören, und: Du sollst halten, was du dem Herrn geschworen hast. Ich aber sage euch: Schwört überhaupt nicht, weder beim Himmel, denn er ist Gottes Thron. Euer Ja sei ein Ja, euer Nein ein Nein; alles andere stammt vom Bösen.

Impuls vom 04.02.2023, "Das Salz sei unser Zucker!"

Das Salz sei unser Zucker!

 

Wenn ich an Salz denke und es mir bildlich vor Augen ausmale, kann ich nicht anders, als gleichzeitig auch an Zucker zu denken. Die beiden Lebensmittel sehen doch identisch aus und gerade Hagelzucker bzw. grobe Salzkörner sind sich doch zum Verwechseln ähnlich. Beide Nahrungsmittel sind in großen Mengen sehr ungesund für den Körper, doch wesentlich häufiger ist es der Zucker, der uns zu hohem Konsum verführt. Ich würde behaupten, dass es allgemein schneller passiert, dass ein Gericht versalzen ist, als dass zu viel Zucker im Kuchen, Dessert oder Plätzchen zu finden ist.

Die „süße Verführung“ ist größer oder sogar gefährlicher als die salzige Alternative.

 

Und nun dürfen wir Menschen doch das Salz der Erde sein – so steht es im heutigen Evangelium: „Ihr seid das Salz der Erde.“ (Mt 5, 13a)

Vielleicht lassen sich einige Gedanken aus dem Salz-Zucker-Vergleich bzw. der sehr ähnlichen Struktur und Optik ableiten. Salz gibt Geschmack – jedes ungewürzte Essen schmeckt fade und es gibt kein neues Geschmackserlebnis bzw. keine neuen Impulse. Als Salz der Erde vermögen wir der Welt und unserer Umgebung stetig wandelnde Anreize zu geben und auch im Gegenzug zu empfangen. Den Geschmack und das gewisse Etwas sollen wir dabei nie verlieren und auch versuchen, ihn nicht verblassen zu lassen. Wichtig ist auch, dass wir das vermeintliche Salz gewissermaßen prüfen – ist es wirklich Salz bzw. ein ertragreiches Tun und Handeln? Ist es auch in angemessener Dosis erkannt und von uns eingesetzt worden? Sehr leicht ist es mit verführerischem Zucker zu verwechseln – welcher uns anzieht im Genuss und womöglich weitere Reflexion über eventuell egoistische Handlungsmotive verschleiert.

Ein Gericht oder eine Mahlzeit als herzhaft zu bezeichnen, finde ich dabei auch eine sehr passende Beschreibung. Eine Handlung, die am Herzen haftet – von Herzen bewusst und liebevoll getan wird, ohne egoistische Hintergründe und Selbstbeweihräucherung. So mögen wir unser Salz einsetzen: nicht bewusst darstellend oder offensichtlich, sondern versteckt. Die Salzkörner sind wichtig für das Gelingen des Gerichtes, denn sie verleihen dem Brot oder der Suppe den Geschmack und doch gehen sie ganz darin auf.

So dürfen auch wir ganz im Reich Gottes als Salz der Erde aufgehen und in ihm wirken.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium: 

 

Mt 5, 13-16: Das Doppelbildwort vom Salz und vom Licht

13 Ihr seid das Salz der Erde. Wenn das Salz seinen Geschmack verliert, womit kann man es wieder salzig machen? Es taugt zu nichts mehr, außer weggeworfen und von den Leuten zertreten zu werden. 14 Ihr seid das Licht der Welt. Eine Stadt, die auf einem Berg liegt, kann nicht verborgen bleiben. 15 Man zündet auch nicht eine Leuchte an und stellt sie unter den Scheffel, sondern auf den Leuchter; dann leuchtet sie allen im Haus. 16 So soll euer Licht vor den Menschen leuchten, damit sie eure guten Taten sehen und euren Vater im Himmel preisen.

Impuls vom 28.01.2023, "Selig werden..."

Selig werden…

 

Die Seligpreisungen sind ein Leitfaden zur Errichtung der Welt Gottes, die sich stark von unserer irdischen Welt unterscheidet. Durch die einzelnen oder auch alle Verse insgesamt fühlen sich viele Gläubige unter Druck gesetzt, da sie der Inhalt zu scheinbar unmöglichen Taten und Verhaltensweisen auffordert. Womöglich würde durch die Umsetzung die gesamte bisherige Lebensgestaltung auf den Kopf gestellt. Eine andere Perspektive auf die Worte Jesu in der Bergpredigt ist jedoch viel fruchtbarer und geradezu wohltuend. Denn die Seligpreisungen appellieren an unsere innere Freiwilligkeit. Der Großmut des Herzens soll hervorgebracht und die persönliche Verantwortungsbereitschaft stark gemacht werden. Die eigene Selbstwirksamkeit zu spüren und mit uns und unserem Handeln im Reinen zu sein, lässt uns wachsen. Verantwortung zu übernehmen – im Kleinen wie im Großen; im eigenen Leben wie für andere – spricht von persönlicher Größe im Sinne Jesu sowie vom Anbruch des Reiches Gottes hier auf Erden. Die Seligpreisungen ziehen uns daher keine Zwangsjacke an, sondern zeigen uns in Freiheit einen Weg, um selig zu werden. Nicht für die Außenwirkung, sondern in uns selbst mögen wir selig werden, um so auch an anderen selig zu handeln.

Entscheidend ist dabei das Anfangen – genau dort, wo ich stehe. Wichtig ist es, weiterzugehen und das Beste zu geben. Entscheidend ist das Verstehen des inneren Sinns einer Handlung und nicht der äußere Erfolg.

Sicherlich spricht nicht jeder Vers gleich tief in die individuelle Lebensgeschichte, doch

vielleicht trifft eine Seligpreisung besonders ins Herz und in den Glauben: weil es die aktuelle Lebenssituation betrifft; weil ein einschneidendes Ereignis stattgefunden hat; weil Unrecht erlebt und/oder nicht verhindert wurde;… – das Leben ist so vielfältig und facettenreich!

Ich wünsche uns, dass die Seligpreisungen uns tief im Herzen berühren und etwas bewirken, denn dafür hat Christus sie bestimmt. Gott will uns durch Jesus Christus die Augen für eine andere Sichtweise öffnen und in seine Welt einladen. Denn: Unser Glück ist Jesu Herzensanliegen. Dies bringt er in den Seligpreisungen auf den Punkt.

Ein tiefes Empfinden vom Beseelt Sein wünsche ich uns allen und vielleicht kann das gewählte Foto einen Eindruck oder Vorgeschmack von diesem Gefühl wiedergeben.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

 

Mt 5, 1-12a: Die Seligpreisungen

 

1 Als Jesus die vielen Menschen sah, stieg er auf den Berg. Er setzte sich und seine Jünger traten zu ihm. 2 Und er öffnete seinen Mund, er lehrte sie und sprach:

3 Selig, die arm sind vor Gott; / denn ihnen gehört das Himmelreich. 4 Selig die Trauernden; / denn sie werden getröstet werden. 5 Selig die Sanftmütigen; / denn sie werden das Land erben. 6 Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; / denn sie werden gesättigt werden. 7 Selig die Barmherzigen; / denn sie werden Erbarmen finden. 8 Selig, die rein sind im Herzen; / denn sie werden Gott schauen. 9 Selig, die Frieden stiften; / denn sie werden Kinder Gottes genannt werden. 10 Selig, die verfolgt werden um der Gerechtigkeit willen; / denn ihnen gehört das Himmelreich. 11 Selig seid ihr, wenn man euch schmäht und verfolgt und alles Böse über euch redet um meinetwillen. 12 Freut euch und jubelt: Denn euer Lohn wird groß sein im Himmel.

Impuls vom 21.01.2023, "Jesus – das Licht der Welt – leitet uns den Weg"

Jesus – das Licht der Welt – leitet uns den Weg

 

Jesus strahlt solch eine Kraft und Faszination aus, dass die ersten Jünger ihm ohne zu zögern folgen. Sie lassen ihre Arbeit, ihre Familien, ihre Heimat, ihr ganzes Leben zurück und lassen sich von Jesu Worten und seinem Licht leiten. Die Situation erinnert mich an den Stern zu Jesu Geburt, der die Magier bzw. die heiligen drei Könige dazu aufruft, ihm zu folgen, um an der Krippe die Erfüllung zu sehen. Auch sie zögern nicht und ziehen sofort los, ohne wirklich zu wissen, was sie erwartet.

 

Auch die Brüder im heutigen Evangelium hören den Ruf und verstehen ihn mit dem Herzen, noch ehe sie mit dem Verstand wissen, wie die Nachfolge ihr Leben verändern wird. Sie sind so gebannt und überzeugt von Jesus, dass sie die Entscheidung, ihm nachzufolgen, keineswegs infrage stellen und sofort losziehen. Es scheint selbst die Vermutung berechtigt, dass die Brüder keinen einzigen Moment darüber nachdenken mussten, sondern sich einfach von der Erscheinung Jesu und seiner faszinierenden Ausstrahlung leiten ließen.

Dies klingt in Ansätzen für den einen oder die andere vielleicht sogar irritierend, dass jemand auf der Erde zu solchem Einfluss fähig ist. Die Wirkung auf die Menschen, die Jesus begegnen, ist beinah manipulativ und sie scheinen nicht mehr Herr ihrer eigenen Sinne zu sein. Doch es bleibt ein Angebot Jesu, dem sich niemand verpflichten muss. In Freiheit dürfen wir uns für ihn entscheiden und somit die Richtung unseres Lebens bestimmen. Dieses Festlegen kann zunächst freiheitseinschränkend wirken, doch vermögen wir die erlösende Erfüllung schon bald zu spüren. Jesus nachzufolgen, gibt unserem Leben ein Ziel und einen bedeutenden Sinn – womöglich können wir durch diese Nachfolge den Sinn des Lebens begreifen.

 

Und so wird es auch die Erfahrung der Brüder gewesen sein. Die Wirkung Jesu auf sie war keineswegs manipulativ oder angsteinflößend, sondern vielmehr von einem guten Gefühl geprägt, welches sie dazu veranlasste, auf der Stelle alles stehen und liegen zu lassen und ihm nachzugehen. Vielleicht lässt sich diese Redewendung sogar auf diese Bibelstelle zurückführen. Und das Schöne an diesem Angebot Jesu ist: THE SAME FOR EVERYONE. Uns allen wird dieses Geschenk in gleichem Maße zuteil.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  Mt 4, 12-23: Jesus – Licht für die Menschen

 

12 Als Jesus hörte, dass Johannes ausgeliefert worden war, kehrte er nach Galiläa zurück. 13 Er verließ Nazaret, um in Kafarnaum zu wohnen, das am See liegt, im Gebiet von Sebulon und Naftali. 14 Denn es sollte sich erfüllen, was durch den Propheten Jesaja gesagt worden ist: 15 Das Land Sebulon und das Land Naftali, / die Straße am Meer, das Gebiet jenseits des Jordan, / das heidnische Galiläa: 16 Das Volk, das im Dunkel saß, / hat ein helles Licht gesehen; / denen, die im Schattenreich des Todes wohnten, / ist ein Licht erschienen.

17 Von da an begann Jesus zu verkünden: Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe. 18 Als Jesus am See von Galiläa entlangging, sah er zwei Brüder, Simon, genannt Petrus, und seinen Bruder Andreas; sie warfen gerade ihr Netz in den See, denn sie waren Fischer. 19 Da sagte er zu ihnen: Kommt her, mir nach! Ich werde euch zu Menschenfischern machen. 20 Sofort ließen sie ihre Netze liegen und folgten ihm nach. 21 Als er weiterging, sah er zwei andere Brüder, Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und seinen Bruder Johannes; sie waren mit ihrem Vater Zebedäus im Boot und richteten ihre Netze her. Er rief sie 22 und sogleich verließen sie das Boot und ihren Vater und folgten Jesus nach.

23 Er zog in ganz Galiläa umher, lehrte in den Synagogen, verkündete das Evangelium vom Reich und heilte im Volk alle Krankheiten und Leiden.

Impuls vom 14.01.2023, "Wasser folgt Geist..."

Wasser folgt Geist…

 

Johannes der Täufer bezeugt im heutigen Evangelium, dass Jesus der wahre Gesandte ist – derjenige, welcher mit dem Heiligen Geist tauft. Johannes als sein Vorläufer taufte zuvor mit Wasser, um Jesus zu erkennen zu geben und auch, um ihn selbst als den gesandten Sohn Gottes identifizieren zu können.

 

Durch die Taufe mit dem Heiligen Geist werden wir von oben neu geboren. Er kommt auf uns von Gott gesandt herab und zeigt uns den Weg zu einem freien, erfüllten Leben in und mit ihm. Wir dürfen ausbrechen aus irdischen Zwängen und in hoffnungsvoller Zuversicht leben und das Kommen unseres Erlösers erwarten.

Auch wenn Johannes „nur“ mit Wasser taufte, wies er vielen Menschen bereits den Weg und die Richtung zu Jesus und zum Glauben hin. So ist es ein schöner Brauch, auch heute mit Wasser zu taufen, denn Wasser bedeutet Leben. Im Vertrauen darauf durch die Taufe in die Gemeinschaft Gottes aufgenommen zu sein und Jesus an unserer Seite zu wissen, dürfen wir in das vorläufig irdische Leben starten und uns getragen fühlen – langfristig und ohne Unterbrechungen.

 

Wir können unser Leben von unten auf der Erde gestalten – doch brauchen wir dies nicht alleine zu tun. Denn von oben kommt uns Hilfe: der Heilige Geist, mit dem Jesus die Menschen tauft, verspricht, unsere Wege zu begleiten und für uns hörbar zu sein. Aus einer für uns neuen Perspektive blickt er auf unser Leben und die Erde und vermag Blickwinkel und Türen zu öffnen, die wir selbst nicht sehen oder wahrnehmen.

Er lockt uns in eine neue Sichtweise – die Sichtweise Gottes – auf unser Leben und bestärkt uns, mit Mut und Zuversicht voran zu schreiten und auch ungewisse Wege zu wagen.

Ich glaube, dass das sogenannte Bauchgefühl uns durch den Heiligen Geist geschenkt ist und wir uns an diesem orientieren dürfen, um Entscheidungen zu treffen und das Leben zu gestalten. Auch wenn dies nicht immer gelingt, bekommen wir eine neue Chance und Jesus hilft uns durch die Verarbeitungsphasen, die auch Gewissenskonflikte beinhalten können, hindurch. Wir dürfen aus diesen Erfahrungen lernen und es beim nächsten Mal besser machen. Initial entzündet durch die Taufe!

 

Thale Schmitz

 

Evangelium: 

 

Joh 1, 29–34:

29 Am Tag darauf sah er Jesus auf sich zukommen und sagte: Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt! 30 Er ist es, von dem ich gesagt habe: Nach mir kommt ein Mann, der mir voraus ist, weil er vor mir war. 31 Auch ich kannte ihn nicht; aber ich bin gekommen und taufe mit Wasser, damit er Israel offenbart wird. 32 Und Johannes bezeugte: Ich sah, dass der Geist vom Himmel herabkam wie eine Taube und auf ihm blieb. 33 Auch ich kannte ihn nicht; aber er, der mich gesandt hat, mit Wasser zu taufen, er hat mir gesagt: Auf wen du den Geist herabkommen und auf ihm bleiben siehst, der ist es, der mit dem Heiligen Geist tauft. 34 Und ich habe es gesehen und bezeugt: Dieser ist der Sohn Gottes.

Impuls vom 07.01.2023, "Sind wir denn nicht alle Vorläufer?"

Sind wir denn nicht alle Vorläufer?

 

Das heutige Evangelium über die Taufe Jesu ist recht kurz und enthält dennoch so viele spannende und erkenntnisreiche Aspekte:

Jesus ist Gottes Sohn und doch begegnet er uns auf Augenhöhe! Von Johannes – seinem Vorläufer – lässt er sich taufen und wird von Gott in genau diesem Moment zu seinem geliebten Sohn deklariert. Jesus lässt sich wie jede/r andere als Sünder taufen.

Johannes glaubt ohne feste Gewissheit, dass Jesus der Auserwählte, der Angekündigte ist! Er geht ihm voraus und bereitet den Weg, ohne genau und sicher zu wissen, wem er dient. Es ist beeindruckend, wie er sein Lebenswerk dieser Aufgabe widmet, denn seine eigene Bedeutung nimmt in dem Maße ab, wie das Kommende aufgeht. Er war also bereit abzunehmen, damit der Kommende wachsen konnte und hat sich selbst – seine Person und seine Relevanz – bewusst zurückgestellt bzw. zurückstellen lassen. Dieses Handeln und diese Denkweise spiegeln sich auch in seiner Reaktion auf die Anfrage Jesu wider, dass er ihn taufen möge: Ich müsste von dir getauft werden und du kommst zu mir? (Mt 3, 14b)
Jesus spricht daraufhin von der Gerechtigkeit, die durch diese Taufe erfüllt werde und bricht so konstruierte und erwartete Hierarchien auf.

Wir selbst leben in Vorläuferschaft – auch uns geht immer etwas voran und voraus. Natürlich geht Jesus uns voran und wir dürfen ihm folgen – doch immer liegt er uns voraus und im irdischen Leben werden wir ihn wohl nie ganz einholen können und auch nicht müssen. Das Gleiche gilt für viele weitere Elemente in unserem Leben. Es gibt keine bleibende Stätte; nach jedem Ende kommt ein neuer Anfang und auch jede Antwort verwandelt sich in eine neue Frage. Das Leben bedeutet eine anhaltende Dynamik, die auch dunkle Zeiten zu meistern hat. Jedoch und auch im Bilde bzw. in der Symbolik der Taufe gesprochen kann jeder Untergang (jedes Untertauchen) der Aufgang des Lebens sein.
So lasst uns die adventliche Reise nachweihnachtlich auch in diesem Jahr weiterführen, bis wir im ewigen Licht und im ewigen Leben ankommen mögen.

Thale Schmitz

 

Evangelium:

 

Mt 3, 13-17: Die Taufe Jesu

13 Zu dieser Zeit kam Jesus von Galiläa an den Jordan zu Johannes, um sich von ihm taufen zu lassen.
14 Johannes aber wollte es nicht zulassen und sagte zu ihm: Ich müsste von dir getauft werden und du kommst zu mir?
15 Jesus antwortete ihm: Lass es nur zu! Denn so können wir die Gerechtigkeit ganz erfüllen. Da gab Johannes nach.
16 Als Jesus getauft war, stieg er sogleich aus dem Wasser herauf. Und siehe, da öffnete sich der Himmel und er sah den Geist Gottes wie eine Taube auf sich herabkommen.
17 Und siehe, eine Stimme aus dem Himmel sprach: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe.

Impuls zu Silvester, "Rückblick statt Vorausblick?!"

Rückblick statt Vorausblick?!

 

Der Silvesterabend ist meist von Vorhaben und guten Vorsätzen für das neue Jahr geprägt. Ein mehr oder weniger ausführlicher Jahresrückblick ist für viele auch zur Tradition geworden. Negative Erinnerungen verblassen und hinter sich zu lassen, gehört häufig auch dazu, aber was ist mit all den guten Dingen? Diese wertzuschätzen und dankbar mit ins neue Jahr zu nehmen, tut sicherlich sehr gut. Die Spannung zwischen Rückblick aufs alte und Vorausschau auf das neue Jahr – zwischen Festhalten und Loslassen – spiegelt sich im folgenden Gedicht wider und kann als Impuls für die Tage im Jahreswechsel gelten:

 

DEZEMBERGEFÜHLE

 

Am Jahresende verwundert spüren

Wie sich im tiefen Seelengrund bereits

Die Hoffnungen und Vorsätze für das Kommende

Wie schlafende Keime leise regen.

 

Vertrauen haben, dass es wieder

Raum geben wird für

Neues, Frisches, Anfängliches.

 

Das Geschenk der Zeit erkennen,

Sie als Verbündete betrachten

Und wie ein nützliches Werkzeug

Achtsam gebrauchen und pflegen.

 

Darauf hoffen, dass unser Herz auch künftig

Zur Krippe werden kann

In welcher das göttliche Kind immer wieder

Aufs Neue geboren wird.

 

Angelika Wolff

 

 

Evangelium:  Joh 1, 1-18

1 Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott. 2 Dieses war im Anfang bei Gott. 3 Alles ist durch das Wort geworden und ohne es wurde nichts, was geworden ist. 4 In ihm war Leben und das Leben war das Licht der Menschen. 5 Und das Licht leuchtet in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht erfasst. 6 Ein Mensch trat auf, von Gott gesandt; sein Name war Johannes. 7 Er kam als Zeuge, um Zeugnis abzulegen für das Licht, damit alle durch ihn zum Glauben kommen. 8 Er war nicht selbst das Licht, er sollte nur Zeugnis ablegen für das Licht. 9 Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt. 10 Er war in der Welt und die Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn nicht. 11 Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf. 12 Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, allen, die an seinen Namen glauben, 13 die nicht aus dem Blut, nicht aus dem Willen des Fleisches, nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind. 14 Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt und wir haben seine Herrlichkeit geschaut, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit. 15 Johannes legt Zeugnis für ihn ab und ruft: Dieser war es, über den ich gesagt habe: Er, der nach mir kommt, ist mir voraus, weil er vor mir war. 16 Aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, Gnade über Gnade. 17 Denn das Gesetz wurde durch Mose gegeben, die Gnade und die Wahrheit kamen durch Jesus Christus. 18 Niemand hat Gott je gesehen. Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht.

Impuls zu Heiligabend, "Ist denn nicht das ganze Leben ein einziger Advent?"

Ist denn nicht das ganze Leben ein einziger Advent?

 

Gerade heute am Heiligen Abend bereiten wir uns auf das nahestehende Weihnachtsfest vor und gleichzeitig geht die Zeit des Advents zuende. Doch ist das wirklich so? Gerne möchte ich dazu passende Gedanken des katholischen Theologen Karl Rahner mit Ihnen teilen:

 

Adventliche Reise ist, wenn wir laufen und uns beim Lauf das entgegenkommen lassen, was wir selbst durch den Lauf nicht einholen würden, Gott, der uns insgeheim laufen ließ, wo wir meinten, nach unseren eigenen Zielen zu laufen, und uns sich selbst gibt, wo das Greifbare und Ergriffene uns entwunden wird, weil wir selbst Vorläufer sind und alles Ergriffene vorläufig bleibt. Wer arglos nimmt und arglos lässt, so wie es je die Stunde gebietet, der ist im Advent, dem wird in Wahrheit nichts genommen, weil alles, das er hinter sich lassen muss, nur das Zeichen dafür ist, dass er weiterzieht, bis er wirklich ankommt im ewigen Licht und in dem ewigen Leben.

 

Diese Zeilen beschränken sich wahrlich nicht auf die Adventszeit vor Weihnachten, sondern beziehen sich auf die Gestaltung des gesamten Lebens. Wir dürfen uns Gott entgegenkommen lassen. Auf unserer Reise durchs Leben mögen wir offen sein für ihn und ganz im Vertrauen auf ihn unsere irdischen, vermeintlichen Sicherheiten nicht festhalten, sondern vielmehr arglos wie es je die Stunde gebietet handeln und im Moment leben. Indem wir das irdische Leben Stück für Stück hinter uns lassen, begeben wir uns immer näher in Richtung Ewigkeit und dürfen das ewige Licht und Leben erwarten. Advent bedeutet Ankunft und so ist das Ankommen bei Gott das Ziel, welches wir unser Leben lang verfolgen dürfen – nicht nur im Advent, aber vielleicht besonders und bewusst in der vorweihnachtlichen Zeit. Mögen wir uns immer wieder darauf zurückbesinnen und dem Licht – wie es das Bild suggeriert – entgegengehen.

Karl Rahner schlussfolgert:

 

Das Leben ist ein einziger Advent. Ob wir das Leben als solchen Advent anzunehmen und zu feiern gewillt sind, das ist die Frage.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  Mt 1, 18-25

Über die Geburt Jesu

18 Mit der Geburt Jesu Christi war es so: Maria, seine Mutter, war mit Josef verlobt; noch bevor sie zusammengekommen waren, zeigte sich, dass sie ein Kind erwartete – durch das Wirken des Heiligen Geistes. 19 Josef, ihr Mann, der gerecht war und sie nicht bloßstellen wollte, beschloss, sich in aller Stille von ihr zu trennen. 20 Während er noch darüber nachdachte, siehe, da erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum und sagte: Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen; denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist. 21 Sie wird einen Sohn gebären; ihm sollst du den Namen Jesus geben; denn er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen. 22 Dies alles ist geschehen, damit sich erfüllte, was der Herr durch den Propheten gesagt hat: 23 Siehe: Die Jungfrau wird empfangen / und einen Sohn gebären / und sie werden ihm den Namen Immanuel geben, / das heißt übersetzt: Gott mit uns. 24 Als Josef erwachte, tat er, was der Engel des Herrn ihm befohlen hatte, und nahm seine Frau zu sich. 25 Er erkannte sie aber nicht, bis sie ihren Sohn gebar. Und er gab ihm den Namen Jesus.

Impuls vom 17.12.2022, "Josef - Der stille Heilige"

Josef – Der stille Heilige
Wir wissen nur wenig über Jesu Kindheit aus den Evangelien. Am wenigsten wissen wir über Josef, Marias Verlobten und späteren Mann. Kein einziges Wort spricht er. Gott interveniert sonst nicht direkt im Leben Jesu.

 

In der Anfangszeit jedoch schon, sogar mehrmals. Immer wieder schickt Gott Josef Träume, damit dem kleinen Jesus und der Familie kein Leid zugefügt wird.

 

Später in den Evangelien taucht Josef nicht mehr auf. So heißt es bei Matthäus: „Als Jesus noch mit den Leuten redete, standen seine Mutter und seine Brüder vor dem Haus und wollten mit ihm sprechen. Da sagte jemand zu ihm: Deine Mutter und deine Brüder stehen draußen und wollen mit dir sprechen. Dem, der ihm das gesagt hatte, erwiderte er: Wer ist meine Mutter, und wer sind meine Brüder? Und er streckte die Hand über seine Jünger aus und sagte: Das hier sind meine Mutter und meine Brüder. Denn wer den Willen meines himmlischen Vaters erfüllt, der ist für mich Bruder und Schwester und Mutter.“ (Mt 12, 46-50). Von Josef aber ist nirgends die Rede. Man nimmt an, dass er früh gestorben ist.

 

Josef gilt als der Lieblingsheilige der Mystiker. Und zwar nicht nur, weil er nichts sagt, weil er ein Meister des Schweigens ist. Der „gerechte“ Josef hat genaue Vorstellungen vom Leben, ebenso von Recht und Gesetz. Und er ist barmherzig, er möchte Maria seine Verlobte nicht bloßstellen.

 

Auch wenn er vielleicht nicht alles versteht, entscheidend ist, dass Josef nicht an seinen Vorstellungen hängt. So hat Gottes Handeln Raum in Josefs Leben, es verändert ihn und durchdringt sein ganzes Wesen. Es macht Josef menschlich und liebesfähig.

 

Wer seine eigenen Konzepte und Vorstellungen von Gott und den Menschen mehr liebt als Gott und die Menschen selbst, wird es schwer haben, eine echte mystische Gotteserfahrung zu machen, mag er sich noch so sehr anstrengen. Wie für alle Kinder sind auch für den heranwachsenden Jesus die Eltern wichtig. Von Maria und Josef hat Jesus sein Verständnis von Gott und der Welt gelernt, auch wenn er später auf seine Weise darüber hinausgewachsen ist.

 

An Weihnachten dürfen wir uns mit Josef und Maria vor allem über das Kindsein Jesu freuen. Kinder kennen keine Konzepte und sind immer zur Freude bereit. Durch die Geburt Jesu schenkt Gott uns eine neue Schöpfung. Ein Kind hat das Leben noch vor sich. Und wenn es schläft, strahlt es tiefen Frieden und Vertrauen aus. Auf unserer Erde haben Frieden und Vertrauen ihre Grenzen. Gottes Friede ist grenzenlos.

 

Vielleicht staunen wir darüber so still wie der Heilige Josef.

Christof Wolf SJ

 

Evangelium:

 

Mt 1, 18-24: Über die Geburt Jesu

18 Mit der Geburt Jesu Christi war es so: Maria, seine Mutter, war mit Josef verlobt; noch bevor sie zusammengekommen waren, zeigte sich, dass sie ein Kind erwartete – durch das Wirken des Heiligen Geistes.

19 Josef, ihr Mann, der gerecht war und sie nicht bloßstellen wollte, beschloss, sich in aller Stille von ihr zu trennen.

20 Während er noch darüber nachdachte, siehe, da erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum und sagte: Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen; denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist.

21 Sie wird einen Sohn gebären; ihm sollst du den Namen Jesus geben; denn er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen.

22 Dies alles ist geschehen, damit sich erfüllte, was der Herr durch den Propheten gesagt hat:

23 Siehe: Die Jungfrau wird empfangen / und einen Sohn gebären / und sie werden ihm den Namen Immanuel geben, / das heißt übersetzt: Gott mit uns.

24 Als Josef erwachte, tat er, was der Engel des Herrn ihm befohlen hatte, und nahm seine Frau zu sich.

25 Er erkannte sie aber nicht, bis sie ihren Sohn gebar. Und er gab ihm den Namen Jesus.

Impuls vom 10.12.2022, "Ist es dieser oder jener?"

Ist es dieser oder jener?

 

Diese Frage stellen sich die Menschen zu der Zeit Jesu und sind verunsichert, denn auch Johannes der Täufer zeigt prophetische Taten, obgleich er Jesus als den Messias ankündigt und ihm den Weg bahnen will. Vielleicht ist der Erwartete auch ein ganz Anderer, von welchem bislang nichts erahnt oder erfahren wurde.

Auch Johannes selbst stellt diese Frage im heutigen Sonntagsevangelium und entsendet seine Jünger zu Jesus, um ihn zu fragen: „Bist du der, der kommen soll, oder sollen wir auf einen anderen warten?“ (Mt 11, 3) Dass er selbst zeitweise von den Menschen in seinem Umfeld für den Messias gehalten wird, lässt ihn unbeeindruckt und in großer Demut geht er den ihm aufgezeigten Weg weiter, um Gottes Zeichen zu erkennen und so Jesus den Weg zu bereiten.

 

Aufgrund mehrerer Aspekte und Perspektiven empfinde ich das gewählte Bild als sehr passend in Bezug auf diese Gedanken: Die sehr vagen Gesichtszüge weisen auf die Uneindeutigkeit der Person hin, welche die Messiasschaft bezeugen soll. Sind es vielleicht sogar zwei sich gegenüberstehende Rivalen, die die Menschen noch nicht erkennen können?

Andererseits sehe ich in diesem Bild Jesus und Johannes – die beiden stehen sich gegenüber, arbeiten einander zu und dennoch sind ihre Rollen nicht ganz auf Augenhöhe zu beschreiben (ich vermute die Nasenspitze der linken Person einen Hauch höher wahrzunehmen).

Das Bild enthält durch optische Effekte bzw. Täuschungen schon in sich zwei deutlich unterschiedliche Perspektiven. Wo einige Menschen die zwei Gesichter sehen, sehen andere im ersten Moment einen Kelch in der in Rottönen ausgeschmückten Form.

Der Kelch ist ebenso ein überaus passendes Symbol für die Geschichte Jesu und Johannes. Jesus nimmt diesen schweren Kelch letztendlich an, auch wenn er Gott darum bittet, ihn an ihm vorbeiziehen zu lassen. Und auch Johannes bekommt einen bitteren Kelch gereicht und stellt sich diesen Herausforderungen. Vielleicht kann dieses Symbol des Kelches die zentrale Frage nicht beantworten, jedoch zeigt es auf, wie wir alle mit der Perspektive Ewigkeit den Mut fassen können, unseren Kelch anzunehmen und in unserem Leben Gestalt zu geben.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium: 

Mt 11, 2-11: Die Frage des Täufers und seine Bedeutung

2 Johannes hörte im Gefängnis von den Taten des Christus. Da schickte er seine Jünger zu ihm 3 und ließ ihn fragen: Bist du der, der kommen soll, oder sollen wir auf einen anderen warten? 4 Jesus antwortete ihnen: Geht und berichtet Johannes, was ihr hört und seht: 5 Blinde sehen wieder und Lahme gehen; Aussätzige werden rein und Taube hören; Tote stehen auf und Armen wird das Evangelium verkündet. 6 Selig ist, wer an mir keinen Anstoß nimmt. 7 Als sie gegangen waren, begann Jesus zu der Menge über Johannes zu reden: Was habt ihr denn sehen wollen, als ihr in die Wüste hinausgegangen seid? Ein Schilfrohr, das im Wind schwankt? 8 Oder was habt ihr sehen wollen, als ihr hinausgegangen seid? Einen Mann in feiner Kleidung? Siehe, die fein gekleidet sind, findet man in den Palästen der Könige. 9 Oder wozu seid ihr hinausgegangen? Um einen Propheten zu sehen? Ja, ich sage euch: sogar mehr als einen Propheten. 10 Dieser ist es, von dem geschrieben steht: Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her, / der deinen Weg vor dir bahnen wird. 11 Amen, ich sage euch: Unter den von einer Frau Geborenen ist kein Größerer aufgetreten als Johannes der Täufer; doch der Kleinste im Himmelreich ist größer als er.

Impuls vom 03.12.2022, "Bereitet Maria den Weg"

Bereitet Maria den Weg!

 

Der Zweite Advent ist da und wie Johannes der Täufer im heutigen Evangelium spricht, wollen wir in dieser Zeit des Ankommens und Wartens auf Weihnachten dem Herrn den Weg bereiten! (Vgl. Mt 3, 3b)

 

Diesen Impuls möchte ich jedoch gerne dazu nutzen, um von unserem neuesten Experiment zu berichten: Maria ToGo! Seit vergangenem Samstag ist die auf dem Foto abgedruckte Marienfigur auf Reisen durch Dortmund und Umgebung. Wir haben sie im Anschluss an die Eucharistiefeier am Vorabend zum 1. Advent entsendet und sie wird nun täglich an eine weitere Person oder Familie weitergegeben. Wie ein Wanderpokal zieht sie durch die Umgebung und im mitgegebenen Pilgerbuch können Erfahrungen, Impulse und Geschichten festgehalten werden, die wir im kommenden Jahr in die Liturgie einfließen lassen möchten.

Die Marienfigur kommt aus Togo und so entstand der – wie wir finden – überaus passende Projektname „Maria ToGo“. Wir sind gespannt, wohin die Reise sie führen wird… Womöglich vermag sie einige Hoffnungsgeschichten und Friedenszeichen ans Licht der Welt zu bringen.

Am 24. Dezember soll sie dann inklusive Pilgerbuch wieder bei uns im Refugium des Katholischen Forums Dortmund (Propsteihof 5) abgegeben werden. Wir freuen uns schon jetzt auf die Einträge und Texte, die wir erhalten dürfen und danken allen, die sich an diesem Projekt beteiligen und auf dieses Experiment einlassen.

Natürlich wird nicht jeder und jede unsere Maria ToGo in Empfang nehmen können, aber vielleicht können wir gedanklich mit auf die Reise gehen und Maria und somit der Geburt unseres Herrn den Weg bereiten. Was ist in meinem ganz persönlichen Leben noch notwendig, damit Weihnachten für mich werden kann? Was muss geschehen, damit ich das Fest genießen und auch spirituell mit Gott gestalten kann? Bin ich bereit, umzukehren und in Vorfreude und Besinnung auf das Wesentliche und wirklich Wichtige in meinem Leben zu schauen und Jesus so Eintritt zu gewähren?

 

Wir wollen uns seiner Liebe ausliefern […] Gott zur Welt bringen, ihn dahin bringen, wo man ist: in seine Gruppe, in seine Stadt, in sein Land und in die Kirche.

(Zitiert nach: Schleinzer, Annette (Hrsg.), Madeleine Delbrêl: Prophetin einer Kirche im Aufbruch, S.209.)

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  Mt 3, 1-12: Das Auftreten des Täufers

1 In jenen Tagen trat Johannes der Täufer auf und verkündete in der Wüste von Judäa: 2 Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe. 3 Er war es, von dem der Prophet Jesaja gesagt hat: Stimme eines Rufers in der Wüste: / Bereitet den Weg des Herrn! / Macht gerade seine Straßen! 4 Johannes trug ein Gewand aus Kamelhaaren und einen ledernen Gürtel um seine Hüften; Heuschrecken und wilder Honig waren seine Nahrung. 5 Die Leute von Jerusalem und ganz Judäa und aus der ganzen Jordangegend zogen zu ihm hinaus; 6 sie bekannten ihre Sünden und ließen sich im Jordan von ihm taufen. 7 Als Johannes sah, dass viele Pharisäer und Sadduzäer zur Taufe kamen, sagte er zu ihnen: Ihr Schlangenbrut, wer hat euch denn gelehrt, dass ihr dem kommenden Zorngericht entrinnen könnt? 8 Bringt Frucht hervor, die eure Umkehr zeigt, 9 und meint nicht, ihr könntet sagen: Wir haben Abraham zum Vater. Denn ich sage euch: Gott kann aus diesen Steinen dem Abraham Kinder erwecken. 10 Schon ist die Axt an die Wurzel der Bäume gelegt; jeder Baum, der keine gute Frucht hervorbringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen. 11 Ich taufe euch mit Wasser zur Umkehr. Der aber, der nach mir kommt, ist stärker als ich und ich bin es nicht wert, ihm die Sandalen auszuziehen. Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen. 12 Schon hält er die Schaufel in der Hand; und er wird seine Tenne reinigen und den Weizen in seine Scheune sammeln; die Spreu aber wird er in nie erlöschendem Feuer verbrennen.

Impuls vom 26.11.2022, "Erster Advent: ‚Die Nacht ist vorgerückt, der Tag ist nahe.‘ (Röm 13,12a)"

Erster Advent: ‚Die Nacht ist vorgerückt, der Tag ist nahe.‘ (Röm 13,12a)

 

 LEBEN mit / im / trotz TOD‘ – eine starker Themenmonat mit sehr vielen sehr unterschiedlichen Erfahrungen und Begegnungen ist uns aufgrund des beeindruckenden Engagements zahlreicher Menschen ermöglicht und geschenkt! Im heutigen Impuls gibt’s dazu – so viel sei bereits an dieser Stelle verraten – dazu noch einmal schwere Kost, die es – für mein Empfinden im guten Sinne – in sich hat > passend zur Themenreihe und ebenfalls passend zum Evangelium des heutigen ersten Adventssonntages (Mk 13,24-37).

 

Wie meine ich das? Nun, Etty Hillesum kommt zu Wort – eine niederländische, jüdische Studentin – hochbegabt, lebensfroh, leidenschaftlich und humorvoll. Mitten in Krieg und Judenverfolgung begann sie im Frühjahr 1941 als siebenundzwanzigjährige Frau mit Tagebuchaufzeichnungen, die sie bis zu ihrer Deportation in bisweilen atemberaubender Ehrlichkeit und Schärfe fortführte. Zwei Jahre später starb sie in Auschwitz.

 

Je mehr ihr äußerer Lebensraum durch die Schikanen der Judenverfolgung eingeschränkt wird, um so reicher gedeiht ihr geistiges und religiöses Wachstum. Im Juli 1942 notiert sie u.a. in ihrem Tagebuch: ‚Wenn ich sage, „mit dem Leben abgerechnet“, so meine ich damit: Die Möglichkeit des Todes ist mir absolut gegenwärtig; mein Leben hat dadurch eine Erweiterung erfahren, dass ich dem Tod, dem Untergang ins Auge blicke und ihn als Teil des Lebens akzeptiere.

Man darf nicht vorzeitig einen Teil des Lebens dem Tod zum Opfer bringen, indem man sich vor ihm fürchtet und sich gegen ihn wehrt, das Widerstreben und die Angst lassen uns nur ein armselig verkümmertes Restchen Leben übrig, das man kaum noch Leben nennen kann.

Es klingt fast paradox: Wenn man den Tod aus seinem Leben verdrängt, ist das Leben niemals vollständig, und indem man den Tod in sein Leben einbezieht, erweitert und bereichert man das Leben. Dies ist meine erste Konfrontation mit dem Tod. – Ich habe keinerlei Erfahrung mit ihm. Dem Tod gegenüber bin ich jungfräulich. Man stelle sich das vor, in dieser mit Millionen Leichen übersäten Welt habe ich in meinem 28. Lebensjahr noch nie einen Toten gesehen. Ich habe mich zwar manchmal gefragt: Wie stehe ich eigentlich zum Tod? Aber für meine Person habe ich ihn nie ernstlich in Betracht gezogen, dazu hatte ich keine Zeit.

Und jetzt ist der Tod gekommen, in seiner vollen Größe, zum ersten Mal und doch wie ein alter Bekannter, der zum Leben gehört und akzeptiert werden muss.

Es ist alles ganz einfach. Es bedarf keiner tiefsinnigen Betrachtungen: Unversehens ist der Tod in mein Leben getreten, groß und einfach und selbstverständlich und fast geräuschlos. Er hat seinen Platz darin eingenommen, und ich weiß jetzt, dass er zum Leben dazu gehört.‘ (vgl. ‚Das denkende Herz – Die Tagebücher von Etty Hillesum 1941-43‘, rororo, 1998, S. 125f)

 

Angesichts einer solchen jüdischen Zeitzeugin aus dem zweiten Weltkrieg klingt das heutige Evangelium m.E. noch einmal anders und nüchterner – zumal all das ja nicht nur in der Vergangenheit, sondern auch heute an vielen Orten dieser Welt auf ganz unterschiedliche Weise real und präsent ist, was wir im heutigen Evangelium von Jesus hörten: ‚In jenen Tagen, nach der großen Not, wird sich die Sonne verfinstern und der Mond wird nicht mehr scheinen; die Sterne werden vom Himmel fallen und die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden. … Genauso sollt ihr erkennen, wenn ihr all das geschehen seht, dass das Ende vor der Tür steht. … Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen. … Seht euch also vor und bleibt wach! – Denn ihr wisst nicht, wann die Zeit da ist. … Seid also wachsam!‘

 

‚Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.‘ Ich weiß, dass wir solche, in der Bibel mehrfach auftauchende Gedanken am liebsten ignorieren und bisweilen für unvereinbar halten mit der frohen Botschaft des Christentums! Wenn wir allerdings nüchtern, offen und ehrlich durchs Leben gehen, können, werden, müssen und dürfen wir die Realität von Krisen und Not und Elend und Vergänglichkeit nicht ignorieren und weichspülen. Auch dürfen wir die Schuld nicht allzu schnell Gott in die Schuhe schieben.

 

Etty Hillesum schreibt dazu in ihren Tagebüchern klar und unverblümt folgendes: ‚Gott ist uns keine Rechenschaft schuldig, wohl aber wir ihm. … Und falls wir am Leben bleiben, sind das ebenso viele Wunden, an denen wir unser ganzes Leben lang tragen müssen. Und dennoch halte ich das Leben nicht für sinnlos, Gott, ich kann mir nicht helfen. Gott ist uns auch keine Rechenschaft schuldig für die Sinnlosigkeit, die wir selbst anrichten.

Wir sind Rechenschaft schuldig! (vgl. ‚Das denkende Herz – Die Tagebücher von Etty Hillesum 1941-43‘, rororo, 1998, S. 120)

 

Die französische Mystikerin Madeleine Delbrêl bringt dieses ‚Geheimnis unseres Glaubens‘ nüchtern-zuversichtlich so ins Wort: ‚Ich glaube nicht an einen Glauben, der uns das Leiden erspart. So kann der Glaube an einen gekreuzigten Christus nicht sein. Aber ich glaube an einen Glauben, der das Leiden und den Tod erhellen und in die Ordnung der Liebe versetzen kann; an einen Glauben, der durch den Schmerz hindurch in eine geheimnisvoll-dunkle, aber endgültige Seligkeit hineinführt.‘ (Madeleine Delbrêl: Prophetin einer Kirche im Aufbruch – Impulse für Realisten, HG: Annette Schleinzer, Verlag Neue Stadt, S. 150)

 

Denn ein für alle Mal gilt das Geheimnis unseres Glaubens: Im Tod ist das Leben! Denn LEBEN ist mit / im / trotz TOD stärker als alle Not, alles Elend und alle Vergänglichkeit! Weil Christus spricht und verheißt: ‚Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.‘

 

Stefan Tausch, Pastor

 

 

Evangelium: Mt 24, 29–44

 

Das Kommen des Menschensohnes

29 Sofort nach den Tagen der großen Drangsal wird die Sonne verfinstert werden und der Mond wird nicht mehr scheinen; die Sterne werden vom Himmel fallen und die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden. 30 Danach wird das Zeichen des Menschensohnes am Himmel erscheinen; dann werden alle Völker der Erde wehklagen und man wird den Menschensohn auf den Wolken des Himmels kommen sehen, mit großer Kraft und Herrlichkeit. 31 Er wird seine Engel unter lautem Posaunenschall aussenden und sie werden die von ihm Auserwählten aus allen vier Windrichtungen zusammenführen, von einem Ende des Himmels bis zum andern.

 

Der nahe, aber unbekannte Zeitpunkt

32 Lernt etwas aus dem Vergleich mit dem Feigenbaum! Sobald seine Zweige saftig werden und Blätter treiben, erkennt ihr, dass der Sommer nahe ist. 33 So erkennt auch ihr, wenn ihr das alles seht, dass das Ende der Welt nahe ist. 34 Amen, ich sage euch: Diese Generation wird nicht vergehen, bis das alles geschieht. 35 Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen. 36 Doch jenen Tag und jene Stunde kennt niemand, auch nicht die Engel im Himmel, nicht einmal der Sohn, sondern nur der Vater.

 

Die Vollendung als Moment der Entscheidung

37 Denn wie es in den Tagen des Noach war, so wird die Ankunft des Menschensohnes sein. 38 Wie die Menschen in jenen Tagen vor der Flut aßen und tranken, heirateten und sich heiraten ließen, bis zu dem Tag, an dem Noach in die Arche ging, 39 und nichts ahnten, bis die Flut hereinbrach und alle wegraffte, so wird auch die Ankunft des Menschensohnes sein. 40 Dann wird von zwei Männern, die auf dem Feld arbeiten, einer mitgenommen und einer zurückgelassen. 41 Und von zwei Frauen, die an derselben Mühle mahlen, wird eine mitgenommen und eine zurückgelassen. 42 Seid also wachsam! Denn ihr wisst nicht, an welchem Tag euer Herr kommt.

 

Das Gleichnis vom Hausherrn als Mahnung zur Wachsamkeit

43 Bedenkt dies: Wenn der Herr des Hauses wüsste, in welcher Stunde in der Nacht der Dieb kommt, würde er wach bleiben und nicht zulassen, dass man in sein Haus einbricht. 44 Darum haltet auch ihr euch bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht erwartet.

Impuls vom 19.11.2022, "CHRISTKÖNIGSSONNTAG: Der entmachtete Tod"

CHRISTKÖNIGSSONNTAG: Der entmachtete Tod

 

Fast könnte man innerhalb der lukanischen Leidensgeschichte, der das heutige Evangelium zum Christkönigssonntag (Lk 23, 35b-43) entnommen ist, das in Anknüpfung an unsere aktuelle Novemberreihe ‚Leben mit / im / trotz Tod‘ gewählte Thema des heutigen Gottesdienstes als Zwischenüberschrift einfügen: ‚Der entmachtete Tod‘.

 

Auf den ersten Blick fällt natürlich erst einmal die wuchtige Macht des Todes ins Auge, weil mit dem unschuldigen Jesus zwei Verbrecher am Kreuz hängend quasi unmittelbar dem Tod ins Angesicht schauen. Hohn und Spott erfährt Christus nicht nur von den anwesenden Soldaten, sondern auch von den beiden nach eigenem Bekunden wohl zu Recht verurteilten Verbrechern.

 

Dem einen Verbrecher aber wird der Zynismus des anderen zu krass und gotteslästerlich. Und so erfährt er – der sich nach eigenem Bekunden zu Recht zum Tode verurteilt fühlt – im Angesicht des Todes die Gnade der Bekehrung zum hoffnungsvollen Glauben an Christus und setzt quasi alles auf eine Karte: ‘Denk an mich, wenn du in dein Reich kommst – wann und wie und wo auch immer das geschehen wird…!‘ An genau dieser Stelle entdecke ich bei den drei Gekreuzigten eine erste Entmachtung des Todes!

 

Und Jesus? In seiner eigenen Todesstunde erweist er sich als der wahre, liebende und barmherzige Christus, indem er mit einem einzigen bis heute faszinierenden, ergreifenden und markanten Satz den Tod zu entmachten weiß: ‚Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein.‘

 

‚Geheimnis des Glaubens: im Tod ist Leben.‘ Unzählige ChristInnen schöpften und schöpfen aus dieser bis heute lebendigen und frohen Botschaft Kraft, Mut und Zuversicht – auch und möglicherweise sogar insbesondere in den schwersten Krisen ihres Lebens.

 

Zwei markante ‚theologische Zeitzeugen‘ aus dem 20. Jahrhundert sollen hier und jetzt heute Abend zu dieser in Erinnerung an Tod und Auferstehung Christi von Paulus formulierten ‚Entmachtung des Todes‘ zu Wort kommen:

 

Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist mit uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag. In inhaltlicher Anknüpfung an diese vielen Menschen bekannten Worte des evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer verschriftlichte der von den Nazis kurz vor Kriegsende im April 1945 hingerichtete Christ an der Wende zum Jahr 1943 folgende zur ‚Entmachtung des Todes‘ passenden, allerdings weniger bekannten Gedanken:

 

Der Gedanke an den Tod ist uns in den letzten Jahren immer vertrauter geworden. Wir wundern uns selbst über die Gelassenheit, mit der wir Nachrichten von dem Tod unserer Altersgenossen aufnehmen. Wir können den Tod nicht mehr so hassen, wir haben in seinen Zügen etwas von Güte entdeckt und sind fast ausgesöhnt mit ihm. Im Grunde empfinden wir wohl, dass wir ihm schon gehören und dass jeder neue Tag ein Wunder ist.

Es wäre wohl nicht richtig zu sagen, dass wir gern sterben – obwohl keinem jene Müdigkeit unbekannt ist, die man doch unter keinen Umständen aufkommen lassen darf -, dazu sind wir schon zu neugierig oder etwas ernsthafter gesagt: wir möchten gern noch etwas vom Sinn unseres zerfahrenen Lebens zu sehen bekommen.

Wir heroisieren den Tod auch nicht, dazu ist uns das Leben zu groß und zu teuer. Erst recht weigern wir uns, den Sinn des Lebens in der Gefahr zu sehen, dafür sind wir nicht verzweifelt genug und wissen wir zu viel von den Gütern des Lebens, dafür kennen wir auch die Angst um das Leben zu gut und all die anderen zerstörenden Wirkungen einer dauernden Gefährdung des Lebens.

Noch lieben wir das Leben, aber ich glaube, der Tod kann uns nicht mehr sehr überraschen. Unseren Wunsch, er möchte uns nicht zufällig, jäh, abseits vom Wesentlichen, sondern in der Fülle des Lebens und in der Ganzheit des Einsatzes treffen, wagen wir uns seit den Erfahrungen des Krieges kaum mehr einzustehen.

Nicht die äußeren Umstände, sondern wir selbst werden es sein, die unseren Tod zu dem machen, was er sein kann, zum Tod in freier Einwilligung.‘ (Dietrich Bonhoeffer: Widerstand und Ergebung – Briefe und Aufzeichnungen aus der Haft, Herausgegeben von Eberhard Bethge, 16. Auflage 1997, Kaiser Taschenbücher, S. 24f)

 

Dietrich Bonhoeffer hat von dieser ‚Entmachtung des Todes‘ nicht nur ‚fromm geschrieben‘. Sogar kurz vor seiner Ermordung bezeugte er diese christliche Hoffnung in unerschütterlicher Zuversicht mit folgenden Worten: ‚Das ist das Ende – für mich der Beginn des Lebens‘ (Dietrich Bonhoeffer: Widerstand und Ergebung – Briefe und Aufzeichnungen aus der Haft, Herausgegeben von Eberhard Bethge, 16. Auflage 1997, Kaiser Taschenbücher, S. 227)

 

Jahre später wusste Pater Karl Rahner SJ die ‚Entmachtung des Todes‘ theologisch so ins Wort zu bringen: ‚Der Geist Gottes ist das Leben in uns, durch das wir schon hinter den Tod gekommen sind.

Er ist das Glück ohne Grenzen, das die Bäche unserer Tränen in ihren letzten Quellen schon zum Versiegen gebracht hat, auch wenn sie das Flachland unserer Alltagserfahrung noch so sehr überschwemmen.‘ (‚Karl Rahner: UNBEGREIFLICHER – SO NAH. Täglich ein Text‘, Matthias-Grünewald-Verlag Mainz, 1999, S. 139)

 

Stefan Tausch, Pastor

 

Evangelium: Lk 23, 35-43

 

35 Das Volk stand dabei und schaute zu; auch die führenden Männer verlachten ihn und sagten: Andere hat er gerettet, nun soll er sich selbst retten, wenn er der Christus Gottes ist, der Erwählte. 36 Auch die Soldaten verspotteten ihn; sie traten vor ihn hin, reichten ihm Essig 37 und sagten: Wenn du der König der Juden bist, dann rette dich selbst! 38 Über ihm war eine Aufschrift angebracht: Das ist der König der Juden. 39 Einer der Verbrecher, die neben ihm hingen, verhöhnte ihn: Bist du denn nicht der Christus? Dann rette dich selbst und auch uns! 40 Der andere aber wies ihn zurecht und sagte: Nicht einmal du fürchtest Gott? Dich hat doch das gleiche Urteil getroffen. 41 Uns geschieht recht, wir erhalten den Lohn für unsere Taten; dieser aber hat nichts Unrechtes getan. 42 Dann sagte er: Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst! 43 Jesus antwortete ihm: Amen, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein.

Impuls vom 12.11.2022, "Volkstrauertag 2022: AUF LEBEN UND TOD"

Volkstrauertag 2022: AUF LEBEN UND TOD

 

Kein Stein bleibt auf dem anderen. Alles wird niedergerissen werden. Lasst euch durch Kriege und Unruhen nicht erschrecken! Es wird gewaltige Erdbeben und Seuchen und Hungersnöte geben! Schreckliche Dinge werden geschehen! Familienstreitereien! (vgl. Lk 21, 5-19 – Evangelium vom 33. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C)

 

Wie aktuelle Schlagzeilen und Nachrichten lesen sich diese Zitate am diesjährigen Volkstrauertag aus dem heutigen Sonntagsevangelium – zeitlose Erfahrungen und Schicksalsschläge auf Leben und Tod damals in der Bibel genauso wie heute im November 2022.

 

Der Volkstrauertag wurde 1919 vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge 

als Gedenktag für die gefallenen  deutschen Soldaten  des Ersten Weltkriegs  vorgeschlagen. Am 5. März 1922 fand die erste Gedenkstunde im Reichstag  statt. In den darauffolgenden Jahrzehnten durchlebte der Volkstrauertag inhaltlich und auch mit Blick auf das Datum des Gedenktages in der Weimarer Republik, in der Nazizeit, in DDR und Bundesrepublik eine wechselvolle Geschichte. Seit 1952, seit 70 Jahren also, wird der Gedenktag zwei Sonntage vor dem ersten Adventssonntag 

begangen. Seit Jahrzehnten geht es an diesem Tag um Fragen, Themen, Ereignisse AUF LEBEN UND TOD – erfunden und ins Leben gerufen aufgrund des grausamen und schrecklichen ersten Weltkrieges von 1914-18.

 

Passend dazu erinnere ich an einen Klassiker der Antikriegsliteratur, der seit einigen Wochen in einer Neuverfilmung in den Kinos zu sehen ist: ‚Im Westen nichts Neues‘ von Erich-Maria Remarque aus Osnabrück. Dazu zunächst einmal eine kurze inhaltliche Zusammenfassung des Buches:

 

Paul Bäumer gehört zu einer Gruppe von Soldaten an der Westfront im Ersten Weltkrieg. In der Ruhestellung hinter der Front erinnert er sich zurück an seine Schulzeit. Die patriotischen Reden seines Lehrers Kantorek hatten die ganze Klasse überzeugt, sich freiwillig zu melden.

Unter dem Drill ihres Ausbilders Unteroffizier Himmelstoß mussten sie bereits in der Grundausbildung lernen, dass alle ihnen bislang in der Schule vermittelten Werte auf dem Kasernenhof ihre Gültigkeit verlieren.

Sie wurden an die Westfront verlegt, wo sie von einer Gruppe alter Frontsoldaten um den erfahrenen Katczinsky in die Gefahren an der Front eingewiesen wurden. Zwischen „Kat“ und Bäumer hat sich ein Vater-Sohn ähnliches Verhältnis entwickelt. Paul lernt, zu überleben, die verschiedenen Geschosse schon am Klang zu unterscheiden, auch unter widrigsten Bedingungen etwas zu essen zu finden, und sich gegen den wirklichen Feind zu wehren – den Tod.

Bei einem kurzen Heimataufenthalt stellt Bäumer fest, wie sehr ihn die Erlebnisse an der Front verändert haben. Es ist ihm unmöglich, seiner Familie die grausamen Erfahrungen aus dem Schützengraben mitzuteilen. Enttäuscht kehrt er zurück zu den Menschen, die ihm nun am nächsten sind, seinen Kameraden an der Front.

Bei einem Angriff wird er durch Splitter verwundet und verbringt ein paar Wochen im Lazarett. In den nächsten Monaten zurück an der Front zerfällt Bäumers Gruppe. Einer nach dem anderen stirbt durch die Gas- und Granatenangriffe, im Trommelfeuer oder im Kampf Mann gegen Mann. Bis zuletzt auch er, nachdem er Verwundung und Wochen im Lazarett überlebt hat, als letzter seiner Gruppe kurz vor Ende des Krieges tödlich getroffen wird, »an einem Tag, der so ruhig und so still war, dass der Heeresbericht sich auf den Satz beschränkte, im Westen sei nichts Neues zu melden.«

 

Ein in mehrfacher Hinsicht brisantes Buch mit erschreckend zeitlos-aktuellem Inhalt: weil es zum Volkstrauertag passt; weil es auf erschütternde Weise zeigt, dass mehr als einhundert Jahre zurückliegende Kriegserfahrungen nicht verdrängt bzw. vergessen werden dürfen > deswegen wohl auch die aktuelle Neuverfilmung; weil es auf brutale Art und Weise an den aktuellen Krieg zwischen Russland und der Ukraine bzw. zwischen Russland und dem Westen und auch an viele andere Krisenherde auf der Welt erinnert; weil es uralte biblische Gedanken und Äußerungen aufgreift – ich erinnere an das heutige Sonntagsevangelium mit seinen klaren Bezügen zu Krieg und anderen schrecklichen Dingen.

 

Der Evangelist Lukas verfasste sein Evangelium nach der Zerstörung des Tempels im Jahr 70 nach Christus, er hat also erlebt, dass der von vielen Zeitgenossen erwartete Weltuntergang ausgeblieben ist. Nach jüdischem Verständnis bedeutete die Zerstörung des Tempels nämlich das Ende der Welt. Genau diese Vorstellung aber relativiert Lukas. Deshalb läuft in Jesu Ausführungen alles auf die Mahnung zu, standhaft zu bleiben und sich durch nichts erschüttern zu lassen. Er widerspricht jeder Endzeithysterie sowie sämtlichen Verschwörungstheorien, die meinen, alle vermeintlichen Zeichen verstehen und deuten zu können. Ja, das Ende wird seine Schatten vorauswerfen, doch wer sich von all dem nicht beirren lässt und im Glauben an und Hoffen auf Jesus Christus nachfolgt, der wird das Leben gewinnen.

 

Passend ein Gedanke von Dietrich Bonhoeffer: Was ein Gott, so wie wir ihn uns denken, alles tun müsste und könnte, damit hat der Gott Jesu Christi nichts zu tun. (Dietrich Bonhoeffer: Widerstand und Ergebung – Briefe und Aufzeichnungen aus der Haft, Herausgegeben von Eberhard Bethge, 16. Auflage 1997, Kaiser Taschenbücher, S. 227)

 

In diesem Sinne abschließend das Ende des heutigen Evangeliums: „Wenn ihr standhaft bleibt, werdet ihr das Leben gewinnen.“

 

Stefan Tausch, Pastor

 

Evangelium: Lk 21, 5-19

 

Die Ankündigung der Zerstörung des Tempels

5 Als einige darüber sprachen, dass der Tempel mit schön bearbeiteten Steinen und Weihegeschenken geschmückt sei, sagte Jesus: 6 Es werden Tage kommen, an denen von allem, was ihr hier seht, kein Stein auf dem andern bleibt, der nicht niedergerissen wird.

 

Der Anfang der endzeitlichen Not

7 Sie fragten ihn: Meister, wann wird das geschehen und was ist das Zeichen, dass dies geschehen soll? 8 Er antwortete: Gebt Acht, dass man euch nicht irreführt! Denn viele werden unter meinem Namen auftreten und sagen: Ich bin es! und: Die Zeit ist da. – Lauft ihnen nicht nach! 9 Wenn ihr von Kriegen und Unruhen hört, lasst euch nicht erschrecken! Denn das muss als Erstes geschehen; aber das Ende kommt noch nicht sofort. 10 Dann sagte er zu ihnen: Volk wird sich gegen Volk und Reich gegen Reich erheben. 11 Es wird gewaltige Erdbeben und an vielen Orten Seuchen und Hungersnöte geben; schreckliche Dinge werden geschehen und am Himmel wird man gewaltige Zeichen sehen. 12 Aber bevor das alles geschieht, wird man Hand an euch legen und euch verfolgen. Man wird euch den Synagogen und den Gefängnissen ausliefern, vor Könige und Statthalter bringen um meines Namens willen. 13 Dann werdet ihr Zeugnis ablegen können. 14 Nehmt euch also zu Herzen, nicht schon im Voraus für eure Verteidigung zu sorgen; 15 denn ich werde euch die Worte und die Weisheit eingeben, sodass alle eure Gegner nicht dagegen ankommen und nichts dagegen sagen können. 16 Sogar eure Eltern und Geschwister, eure Verwandten und Freunde werden euch ausliefern und manche von euch wird man töten. 17 Und ihr werdet um meines Namens willen von allen gehasst werden. 18 Und doch wird euch kein Haar gekrümmt werden. 19 Wenn ihr standhaft bleibt, werdet ihr das Leben gewinnen.

 

 

Impuls vom 05.11.2022, "Novemberreihe ‚Leben mit / im / trotz Tod‘"

Novemberreihe ‚Leben mit / im / trotz Tod‘

 

Wie ein roter Faden zieht sich durch die gesamte Novemberreihe das folgende Wort des hl. Paulus aus dem Römerbrief: Was kann uns scheiden von der Liebe Christi? Bedrängnis oder Not oder Verfolgung, Hunger oder Kälte, Gefahr oder Schwert? Ich bin gewiss: Weder Tod noch Leben können uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn. (vgl. Röm 8,35-39) FAZIT: ‚Leben mit / im / trotz Tod‘ > Weder Tod noch Leben können uns scheiden von der Liebe Christi!

 

  1. ‚Leben MIT Tod‘

 

Wir alle müssen MIT dem Tod leben – ob uns das passt oder nicht > TODSICHER! Vielleicht das einzige, was tatsächlich TODSICHER früher oder später auf uns alle zukommt!

 

Passend dazu soll ein 8-jähriger Junge zu Wort kommen, den ich vor einigen Jahren in einem Kurs in St. Bonifatius in Elkeringhausen kennenlernen durfte, als die TeilnehmerInnen einen Meditationsweg zum Sonnengesang des hl. Franziskus gestalteten. Daniel wollte sich auf eigenen Wunsch ganz bewusst allein mit ‚Schwester Tod‘ aus dem Sonnengesang befassen. Bis heute sind seine nachfolgenden Worte am Franziskusweg in Elkeringhausen öffentlich nachzulesen. Daniel schreibt:

 

Tod

Wenn unser Opa stirbt, ist es etwas Schlimmes für uns.

Aber wenn wir mit Todesschmerzen im Krankenhaus liegen, wollen wir dann nicht lieber zu Schwester Tod und dann zu Gott, um ein neues Leben zu beginnen?

Oder wollen wir im Krankenhaus liegen und die Todesschmerzen ertragen?

Entscheidet Euch!                              (Daniel, 8 Jahre > Franziskus- und Sonnengesang-Baukurs in St. Bonifatius im August 2018)

 

Der hl. Paulus wusste darum und konnte so nüchtern und zugleich zuversichtlich im Römerbrief schreiben: Denn keiner von uns lebt sich selber und keiner stirbt sich selber: Leben wir, so leben wir dem Herrn, sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Ob wir leben oder ob wir sterben, wir gehören dem Herrn. Denn Christus ist gestorben und lebendig geworden, um Herr zu sein über Tote und Lebende. (Röm 14,7-9)

 

Geheimnis des Glaubens:Leben und Tod lege ich dir vor. …Wähle also das Leben, damit du lebst, du und deine Nachkommen.‘ (vgl. Dtn 30,19)

 

  1. ‚Leben IM Tod‘

 

Dazu ein Wort Jesu aus dem Johannesevangelium: Amen, amen, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht. (Joh 12,24)

 

Geheimnis des Glaubens: IM Tod ist Leben!

 

  1. ‚Leben TROTZ Tod‘

 

Passend dazu heißt es in den Abschiedsreden im Johannesevangelium: Jesus erhob seine Augen zum Himmel und sagte: Vater, du hast mir Macht gegeben, damit ich allen, die du mir gegeben hast, ewiges Leben schenke.

Das aber ist das ewige Leben: dass sie dich, den einzigen wahren Gott, erkennen und den du gesandt hast, Jesus Christus. (vgl. Joh 17,1-3)

 

Geheimnis des Glaubens: Deinen Tod, o Herr, verkünden wir, und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit.

 

Ich weiß bzw. ahne, was viele LeserInnen jetzt denken und fühlen: Meine Güte, das sagt sich alles so leicht daher. Die Realität meines Lebens, meines Glaubens sieht da doch ziemlich anders aus.

 

Ja, das darf sein! > Und das ist gut so! > Und all das ist auch nicht neu. Zweifel und Hader im Zusammenhang mit dem christlichen Glauben an ‚Leben mit / im / trotz Tod‘ gibt es quasi solange wie es die Auferstehung Jesu selbst gibt.

 

Schon wenige Jahrzehnte nach Kreuz und Auferstehung Jesu sah sich der heilige Paulus darum genötigt, der Gemeinde in Korinth ziemlich deutliche Worte zu schreiben, die auch für uns hier und heute gültig und aufschlussreich sein können: Wenn aber verkündet wird, dass Christus von den Toten auferweckt worden ist, wie können dann einige von euch sagen: Eine Auferstehung der Toten gibt es nicht? Wenn es keine Auferstehung der Toten gibt, ist auch Christus nicht auferweckt worden. Ist aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer, leer auch euer Glaube. … Denn wenn Tote nicht auferweckt werden, ist auch Christus nicht auferweckt worden. Wenn aber Christus nicht auferweckt worden ist, dann ist euer Glaube nutzlos. (vgl. 1 Kor 15,12-17)

 

Von Anfang an also hatten ChristInnen Probleme mit dem Glauben an das Geheimnis unseres christlichen Glaubens – für mein Empfinden tröstet das ungemein!  Trotzdem ist und bleibt das Ganze Schwarzbrot. Der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer formulierte es in einem seiner Bücher folgendermaßen: War die Auferstehung nur eine nette Geschichte, ein Marketing-Gag oder politische Provokation, fehlt dem Christentum seine pulsierende Mitte. (aus: ‚Trägt – Die Kunst, Hoffnung und Liebe zu glauben‘, HG: Heiner Wilmer, Herder 2020, S. 28)

 

Und genau deswegen nähern und stellen wir uns dem Leben und auch dem Tod in diesem November auf unterschiedliche Weise an unterschiedlichen Orten in Kooperation mit ganz unterschiedlichen Personen und Einrichtungen – praktisch, rechtlich, medizinisch, theologisch und auch humoristisch. Wir laden herzlich ein zu Gottesdiensten, Vorträgen, Filmen, Exkursionen sowie zu Literatur und Musik – passend zu folgendem beeindruckenden Wort der deutschen Bischöfe: Christen gedenken der Toten, weil sie leben, nicht damit sie leben. (aus: ‚Tote begraben und Trauernde trösten – Bestattungskultur im Wandel aus katholischer Sicht‘ – Herausgeber: Die deutschen Bischöfe, 20. Juni 2005 > S. 56)

 

Stefan Tausch, Pastor

Impuls vom 29.10.2022, „Alles wirkliche Leben ist Begegnung“ (Martin Buber)

„Alles wirkliche Leben ist Begegnung“ (Martin Buber)

 

Einem Menschen begegnen heißt: in sein Leben eintreten, so dass die Wege sich nie mehr ganz trennen können. Die Begegnung geschieht von beiden Seiten her. Zachäus, der Zöllner, steigt auf einen Baum, um Jesus zu sehen; Jesus schaut zu ihm hinauf und kehrt dann in sein Haus ein. Entsetzen bei den Frommen, Freude im Himmel. Freude auch im Herzen des Zöllners, weil er, zum ersten Mal vielleicht, Liebe erfährt. (Einunddreissigster Sonntag – im Jahreskreis im Schott: Zum Evangelium)

 

Diese einleitenden Worte zum Evangelium geben die Essenz der Begegnung zwischen Jesus und Zachäus wieder. Das gegenseitige aufeinander Zubewegen löst in beiden und auch für die umstehenden Menschen prägende – positive als auch negative – Emotionen aus. Die Freude im Himmel beschreibt dabei auch die Freude Jesu und für Zachäus selbst ist es ein unglaubliches Ereignis, das ihn nachhaltig verändert und zur Umkehr befähigt.

Wie schön ist die Erfahrung, dass andere Menschen uns solche Segensbegegnungen schenken können. Nicht selten durfte ich erleben, dass mir in einem sehr trüben und traurigen Moment ganz unerwartet eine Person über den Weg lief, die mich mit Kraft erfüllte und mir neue Anstöße und ermutigende Impulse gab, um wieder viel positiver in die Zukunft zu blicken. Dankbar blicke ich auf jede einzelne dieser Fügungen zurück und bin mir sehr sicher, dass Jesus dahinter steckt, der uns durch diese Menschen hindurch selbst begegnet.

Diese Begegnungen im Zwischenmenschlichen geben uns Halt, spenden Kraft und schenken Hoffnung – sie lassen uns Gott schauen, mitten im Alltag.

 

Oder wie es Rudolf Pesch formuliert: In der liebenden Begegnung mit dem Bruder leuchtet uns das Bild Christi auf, geschieht Epiphanie: im Lächeln des Kindes, im Blick des geliebten Menschen, im dankbaren Auge des Beschenkten, im sorgendurchfurchten Gesicht des Kranken – in jeder liebenden Bewegung des Herzens, in jedem Dank, jedem Du.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium       

Lk 19, 1-10: Der Zöllner Zachäus in Jericho

1 Dann kam er nach Jericho und ging durch die Stadt. 2 Und siehe, da war ein Mann namens Zachäus; er war der oberste Zollpächter und war reich. 3 Er suchte Jesus, um zu sehen, wer er sei, doch er konnte es nicht wegen der Menschenmenge; denn er war klein von Gestalt. 4 Darum lief er voraus und stieg auf einen Maulbeerfeigenbaum, um Jesus zu sehen, der dort vorbeikommen musste. 5 Als Jesus an die Stelle kam, schaute er hinauf und sagte zu ihm: Zachäus, komm schnell herunter! Denn ich muss heute in deinem Haus bleiben. 6 Da stieg er schnell herunter und nahm Jesus freudig bei sich auf. 7 Und alle, die das sahen, empörten sich und sagten: Er ist bei einem Sünder eingekehrt. 8 Zachäus aber wandte sich an den Herrn und sagte: Siehe, Herr, die Hälfte meines Vermögens gebe ich den Armen, und wenn ich von jemandem zu viel gefordert habe, gebe ich ihm das Vierfache zurück. 9 Da sagte Jesus zu ihm: Heute ist diesem Haus Heil geschenkt worden, weil auch dieser Mann ein Sohn Abrahams ist. 10 Denn der Menschensohn ist gekommen, um zu suchen und zu retten, was verloren ist.

Impuls vom 22.10.2022, "Wenn wir uns doch viel mehr selbst-wert wären…"

Wenn wir uns doch viel mehr selbst-wert wären…

 

Jeder Mensch möchte seine Identität entdecken und sich so definieren, dass er sich wohlfühlt. Zu oft gebrauchen wir dazu Vergleiche mit anderen Menschen – irgendwoher muss der Vergleichswert ja kommen, den wir zu Rate ziehen wollen.

Dabei sind es doch nicht die Anderen, die über uns bestimmen! Und wer sagt eigentlich, dass diese oder jene dem Ideal entsprechen? Unseren eigenen Selbstwert sollten wir vielmehr in uns selbst suchen. Uns abhängig von dem Verhalten Anderer zu machen, ist nicht sehr glücksversprechend und lässt uns auf keinem festen Fundament stehen. In uns selbst gefestigt und mit unserem Sein zufrieden zu sein, ist die große Herausforderung, die Jesus mit uns angehen möchte. Und dabei spielt es keine Rolle, ob dieser Selbstwert von außen und für andere sichtbar ist – ich selbst möchte mir wert sein.

 

Sich über andere zu erheben bzw. abzuheben, um die Anderen unter sich zu wissen, ist eine große Missetat und lässt uns nicht gerechtfertigt nach Hause gehen (Lk 18, 14a) – so spricht Jesus selbst zu uns im heutigen Evangelium. Es versperrt uns vielmehr zahlreiche Wege zu ihm und zur Gnade Gottes. Von Vorurteilen befreit und nicht in der Abhängigkeit von der Bewertung durch andere zu stehen, erscheint mir ein wesentlich erfüllteres Leben zu versprechen. Noch dazu folgt die klare Lehre Jesu, die uns die Konsequenzen bzw. guten Verheißungen aufzeigt: Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, wer sich aber selbst erniedrigt, wird erhöht werden. (Lk 18, 14b)

Wir können uns selbst erniedrigen, indem wir Vergleiche mit anderen heranziehen – dies geschieht jedoch nicht um der anderen Willen. Jesus meint vielmehr, dass wir alle Erniedrigung durch andere nicht mit Gegengewalt abfangen und ertragen mögen, sondern auf ihn vertrauen und sicher sein dürfen, dass dieses Unrecht am Ende bei ihm in uns Vergeltung findet. Wir brauchen uns nicht mit anderen zu vergleichen oder gegen sie anzukämpfen – Jesus selbst schaut auf uns und schenkt uns seine Liebe und Gnade bedingungslos. Lasst uns gemeinsam und miteinander leben, das gegenseitige Fehlverhalten annehmen und verzeihen. Denn es macht keinen Menschen glücklich, abgehoben – wenn auch mit vermeintlich erhobenem und gekröntem Haupt – über allen anderen Mitmenschen zu schweben statt mit ihnen und mit Gott in Gemeinschaft zu leben.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium       

Lk 18, 9-14: Das Gleichnis vom Pharisäer und vom Zöllner

9 Einigen, die von ihrer eigenen Gerechtigkeit überzeugt waren und die anderen verachteten, erzählte Jesus dieses Gleichnis: 10 Zwei Männer gingen zum Tempel hinauf, um zu beten; der eine war ein Pharisäer, der andere ein Zöllner. 11 Der Pharisäer stellte sich hin und sprach bei sich dieses Gebet: Gott, ich danke dir, dass ich nicht wie die anderen Menschen bin, die Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner dort. 12 Ich faste zweimal in der Woche und gebe den zehnten Teil meines ganzen Einkommens. 13 Der Zöllner aber blieb ganz hinten stehen und wollte nicht einmal seine Augen zum Himmel erheben, sondern schlug sich an die Brust und betete: Gott, sei mir Sünder gnädig! 14 Ich sage euch: Dieser ging gerechtfertigt nach Hause hinab, der andere nicht. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, wer sich aber selbst erniedrigt, wird erhöht werden.

Impuls vom 15.10.2022, "Es ströme das Recht... wie Wasser!"

Es ströme das Recht… wie Wasser!

 

„Allezeit beten und darin nicht nachlassen“ – das bedeutet auch für Gerechtigkeit einzustehen und diese ganz konsequent einzufordern. Beten und Recht fordern – Beten und Gerechtigkeit einklagen auf der einen und Glauben auf der anderen Seite – das gehört zusammen. Jesus möchte uns durch das Gleichnis von der bittenden Witwe und dem ungerechten Richter deutlich machen, dass das Recht wie Wasser zu strömen habe und wir uns mit aller Kraft dafür einsetzen mögen.

 

Die Witwe hat durch den Verlust ihres Mannes keinen Rückhalt, aber auch keinen Stand mehr in der Gesellschaft. Es ist zu vermuten, dass sie ihren Erbteil einklagt, da er ihr vorenthalten wird. Trotz ihrer niedrigen Stellung verhält sie sich eindrucksvoll. Sie wird nicht unsichtbar und unhörbar. Im Gegenteil: Sie spricht. Sie fordert. Sie ist penetrant. Und sie wird laut. Sie fordert eindringlich: Verhilf mir zu meinem Recht.

 

„Verschaffe mir Recht – Ich will ihr Recht verschaffen“ – Es ist diese Auseinandersetzung, weshalb Jesus diese Geschichte erzählt. Er ermutigt die Jüngerinnen und Jünger: „Lasst nicht nach, euer Recht zu fordern, bleibt dran, vertraut darauf, dass ihr es bekommt.“ Von den Menschen und von Gott gleichermaßen. So macht er uns ganz deutlich, dass er unseren Ruf nach Gerechtigkeit hört und ihm nachgeht. Er gibt uns Durchhaltevermögen, um dran zu bleiben und nicht aufzugeben.

 

So erfährt es auch die Witwe: Gott schenkt ihr die Kraft, sich beharrlich für Recht und Gerechtigkeit einzusetzen. Ihr ist versprochen, dass sie Gott gegen Unrecht und Ungerechtigkeit anrufen und um Recht und Gerechtigkeit bitten und beten darf. Und dabei nicht ungehört bleiben wird. Wir als Gemeinde Jesu sind daher bis heute gefordert, Recht und Gerechtigkeit zur Geltung zu bringen.

 

Zu gut kenne ich es, dass es nur zu unterdrückter Wut führt, wenn ich in Situationen nicht eingeschritten bin, anstatt die Stimme zu erheben. Gegenseitig dürfen wir uns ermutigen, dies ständig zu tun. Wir wollen nicht nachlassen, „bis das Recht strömt wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein mächtiger Strom”. (Martin Luther King)

 

Thale Schmitz

 

Evangelium       

Lk 18,1-8: Das Gleichnis vom Richter und der Witwe

1 Jesus sagte ihnen durch ein Gleichnis, dass sie allezeit beten und darin nicht nachlassen sollten: 2 In einer Stadt lebte ein Richter, der Gott nicht fürchtete und auf keinen Menschen Rücksicht nahm. 3 In der gleichen Stadt lebte auch eine Witwe, die immer wieder zu ihm kam und sagte: Verschaff mir Recht gegen meinen Widersacher! 4 Und er wollte lange Zeit nicht. Dann aber sagte er sich: Ich fürchte zwar Gott nicht und nehme auch auf keinen Menschen Rücksicht; 5 weil mich diese Witwe aber nicht in Ruhe lässt, will ich ihr Recht verschaffen. Sonst kommt sie am Ende noch und schlägt mich ins Gesicht. 6 Der Herr aber sprach: Hört, was der ungerechte Richter sagt! 7 Sollte Gott seinen Auserwählten, die Tag und Nacht zu ihm schreien, nicht zu ihrem Recht verhelfen, sondern bei ihnen zögern? 8 Ich sage euch: Er wird ihnen unverzüglich ihr Recht verschaffen. Wird jedoch der Menschensohn, wenn er kommt, den Glauben auf der Erde finden?

Impuls vom 08.10.2022, "Du bist nicht nur geheilt - du bist gerettet!"

„Du bist nicht nur geheilt – du bist gerettet!“

 

Aussatz bedeutete für die Menschen damals, am Rande der Gesellschaft zu stehen und sich sogar von anderen Menschen fernhalten zu müssen. Eine vollkommene Isolation auf Lebenszeit, die wir vielleicht nur durch eine zeitlich beschränkte Corona-Quarantäne nachfühlen können (und auch diese „kurze“ Zeit der Separation war und ist für viele eine Grenzerfahrung).

Jesus hält sich im heutigen Evangelium bezeichnenderweise in einem Grenzgebiet auf und möchte gezielt diesen Menschen begegnen. Er heilt die Gruppe der zehn Aussätzigen, indem er sie zu den Priestern aussendet. Sie werden bereits auf dem Weg geheilt und das Ziel scheint beinahe gar nicht so relevant zu sein. Allerdings schickt Jesus sie zurück in die Zivilisation, denn die Priester werden als Teil der Gesellschaft mitten unter den Menschen gelebt haben. Jesus heilt sie also und ermöglicht ihnen so einen Weg zurück ins Leben – aus der Einsamkeit und Ausgrenzung zurück in die Gemeinschaft und die Begegnung mit ihren Familien und Freunden. Sicherlich sind sie über diese Kehrtwende überaus dankbar, doch nur einer kehrt auch wirklich um zu Jesus und bringt seinen Dank zum Ausdruck. Er hat sein Herz Gott geöffnet. Ihn hat der Glaube nicht nur gesund gemacht, sondern er ist gerettet. Er erkennt Gott in dem, was er erfahren hat – er sieht Gott in Jesus handeln.

 

Die Gruppe der Aussätzigen hält das gemeinsame Leid zusammen. Vermutlich haben sie sich durch ihr Schicksal verbündet und sich weniger über einen ihnen zugewandten Gott unterhalten. Alle werden sie unglaublich dankbar über das neu gewonnene Leben sein, aber nur einer macht die noch tiefere Gotteserfahrung – er kann Gott im realen Leben schauen. Jesus selbst spricht zu ihm: „Steh auf und geh! Dein Glaube hat dich gerettet.“ Erlöst und befreit kann er nun in ein neues Leben starten – das Gefühl mag einer Auferstehung gleichen. Der Samariter erkennt mit dem Herzen, wo er hingehört. Womöglich mag er die Erkrankung als Strafe interpretiert haben, doch Gott ist nicht länger sein strafendes Gegenüber geblieben, sondern hat ihm die Hand gereicht und ihn als sein Kind angenommen.

Vielleicht ist die Erzählung ein guter Anstoß dazu, schwierige Lebensphasen nicht zu beklagen und als Strafe anzusehen, sondern als gewinnbringende Chance zur Umkehr zu betrachten und darin Gott zu spüren, ihm näher zu kommen und an Bord zu gehen.

 

Thale Schmitz

 

 

Evangelium       

Lk 17,11-19: Der dankbare Samariter

11 Und es geschah auf dem Weg nach Jerusalem: Jesus zog durch das Grenzgebiet von Samarien und Galiläa. 12 Als er in ein Dorf hineingehen wollte, kamen ihm zehn Aussätzige entgegen. Sie blieben in der Ferne stehen 13 und riefen: Jesus, Meister, hab Erbarmen mit uns! 14 Als er sie sah, sagte er zu ihnen: Geht, zeigt euch den Priestern! Und es geschah, während sie hingingen, wurden sie rein. 15 Einer von ihnen aber kehrte um, als er sah, dass er geheilt war; und er lobte Gott mit lauter Stimme. 16 Er warf sich vor den Füßen Jesu auf das Angesicht und dankte ihm. Dieser Mann war ein Samariter. 17 Da sagte Jesus: Sind nicht zehn rein geworden? Wo sind die neun? 18 Ist denn keiner umgekehrt, um Gott zu ehren, außer diesem Fremden? 19 Und er sagte zu ihm: Steh auf und geh! Dein Glaube hat dich gerettet.

Impuls vom 01.10.2022, "Ist denn die Größe des Glaubens entscheidend?"

Ist denn die Größe des Glaubens entscheidend?

 

Auf das Anliegen der Jünger, in ihrem Glauben durch Jesus gestärkt zu werden, reagiert Jesus mit sehr undurchsichtigen Worten und Vergleichen. Er beschreibt, dass der persönliche Glaube in der Größe eines Senfkorns genügen würde, um von einem Maulbeerbaum zu fordern, dass er sich entwurzle und ins Meer umsiedelt. In einem weiteren Gedanken macht er uns darauf aufmerksam, dass wir alle Knechte sind und keine besondere Dankbarkeit oder Wertschätzung für unsere Aufgaben zu erwarten brauchen. Indem wir Gott und anderen Menschen in seinem Sinne dienen, gehen wir lediglich unserem gewöhnlichen Tagewerk nach. Dazu passt der Gedanke des folgenden, jüdischen Sprichwortes: „Wenn du dich an das Gesetz hältst, erwarte kein Lob, denn schließlich wurdest du dazu geschaffen.“

 

Wir neigen jedoch leicht dazu, mehr zu wollen, größere Dinge vollbringen zu wollen und dabei übersehen wir unsere „kleinen Berufungen“. Während ein Glaube, der Bäume verpflanzt, in unseren Augen gewaltig und überwältigend ist, zeigt uns Jesus im heutigen Evangelium, dass dahinter schnell unser Wunsch nach dem eigenen Wohl und der eigenen Ehre stehen kann. Auch wenn Gott seine erwählten Gläubigen als seine geliebten Kinder ansieht, und Jesus davon spricht, dass er uns „Freunde“ und nicht mehr „Sklaven“ nennt, bleibt der Aspekt bestehen, dass wir noch immer „unnütze Knechte“ sind. Es geht zuerst um Gott, um seine Ehre, seinen Willen und wir sollten das tun, was wir zu tun schuldig sind! In diesem Handeln setzen wir aber schon unseren noch so kleinen Glauben in Taten um. Und das ist es, worauf es ankommt!

Unser Wille und der Tatendrang, im Sinne Gottes zu handeln, führen uns auf die richtige Spur. So trägt unser Glaube Früchte und an ihren Taten werdet ihr sie erkennen! Wir brauchen nicht in den Gedanken verharren, ob unser Glaube groß genug ist. Viel eher dürfen wir den Heiligen Geist in uns wirken lassen, der machtvolle Taten durch uns zu vollbringen mag. James Edwards bringt dies gut auf den Punkt:

 

„Der Punkt ist klar. Christen, auch Apostel, zeichnen sich nicht durch die Größe ihres Glaubens aus, sondern durch den Einsatz ihres Glaubens; nicht die Größe des Glaubens entscheidet, sondern ob der Glaube zum Handeln führt, selbst dann, wenn er nur so groß wie ein Senfkorn ist.“

 

Thale Schmitz

 

Evangelium       

Lk 17, 5-10: Wenn ihr doch Glauben hättet wie ein Senfkorn!

5 Die Apostel baten den Herrn: Stärke unseren Glauben! 6 Der Herr erwiderte: Wenn ihr Glauben hättet wie ein Senfkorn, würdet ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: Entwurzle dich und verpflanz dich ins Meer! und er würde euch gehorchen. 7 Wenn einer von euch einen Knecht hat, der pflügt oder das Vieh hütet, wird er etwa zu ihm, wenn er vom Feld kommt, sagen: Komm gleich her und begib dich zu Tisch? 8 Wird er nicht vielmehr zu ihm sagen: Mach mir etwas zu essen, gürte dich und bediene mich, bis ich gegessen und getrunken habe; danach kannst auch du essen und trinken. 9 Bedankt er sich etwa bei dem Knecht, weil er getan hat, was ihm befohlen wurde? 10 So soll es auch bei euch sein: Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen wurde, sollt ihr sagen: Wir sind unnütze Knechte; wir haben nur unsere Schuldigkeit getan.

Impuls vom 24.09.2022, "Wer ist schon arm und wer ist reich?"

Wer ist schon arm und wer ist reich?

 

„Arm“ und „reich“ – diese beiden Begriffe rufen in uns häufig feste Bilder und Vorstellungen hervor. Sie zielen auf Besitz und Machtverhältnisse ab und sprechen so von äußeren und sichtbaren Lebensumständen. Obwohl diese Einschätzungen auch trügen können – denken wir zum Beispiel an Menschen, die sich durch ihre Optik und vermeintliche materielle Güter profilieren, aber in Wahrheit gar nicht reich sind.

In diesen Situationen zeigt sich sehr deutlich, dass das Leben doch oft nur Schein und Sein ist und jede und jeder sich ein Bild von der Welt macht, das sich teils manifestiert, jedoch gar nicht geprüft wurde. Und selbst wenn ein Mensch aufgrund seines Einflusses und seines Eigentums als „reich“ betitelt werden könnte, ist doch die Frage berechtigt, ob er sich als „reich“ empfindet im Sinne eines erfüllenden Lebens. Reich für die Außenwelt zu wirken, bedeutet noch längst nicht, dass die Seele reich an Herzenswärme, Begegnungen und Zuversicht ist.

 

Im heutigen Evangelium lesen wir von der Geschichte des Lazarus. Er war ein armer und darbender Mann auf Erden und sehnte sich sogar nach den Essensresten, die die Hunde bekamen. Im Himmel wird er von den Engeln in Abrahams Schoß getragen und erlebt ein Paradies, das er sich zuvor nicht hätte ausmalen können. Im Gegensatz zum „reichen“ Mann, welcher auf Erden sein Geld dazu verwendete, um sich selbst in edle Stoffe zu kleiden und große Feste zu feiern. Er findet sich nach seinem Tod in der Unterwelt wieder, in der er höllische Qualen leidet. Es ist sicherlich keine Sünde, irdischen Reichtum zu besitzen – zumal dieser auch in die Wiege gelegt und vererbt werden kann. Jedoch sind der Umgang und Einsatz von großer Bedeutung im Sinne eines christlichen Lebens. Verwende ich das Geld nur für mich oder setze ich es so ein, dass auch andere und vor allem bedürftige Menschen davon profitieren können?

 

Dem reichen Mann wäre es möglich gewesen, seinen Tisch zu verlängern und so noch weitere und bedürftige Menschen zu seinen Festen einzuladen. Indem er seine Festgesellschaft aus seinen Kreisen zusammenstellt, wird der Zaun zwischen den sozialen Gruppen immer höher gebaut.

Die wirklich offensichtliche Armut von Lazarus im irdischen Leben führt in den wahren Reichtum und das Seelenheil bei Gott. Das sollte uns doch zu denken geben.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium       

Lk 16, 19-31: Das Beispiel vom reichen Mann und vom armen Lazarus

19 Es war einmal ein reicher Mann, der sich in Purpur und feines Leinen kleidete und Tag für Tag glanzvolle Feste feierte. 20 Vor der Tür des Reichen aber lag ein armer Mann namens Lazarus, dessen Leib voller Geschwüre war. 21 Er hätte gern seinen Hunger mit dem gestillt, was vom Tisch des Reichen herunterfiel. Stattdessen kamen die Hunde und leckten an seinen Geschwüren. 22 Es geschah aber: Der Arme starb und wurde von den Engeln in Abrahams Schoß getragen. Auch der Reiche starb und wurde begraben. 23 In der Unterwelt, wo er qualvolle Schmerzen litt, blickte er auf und sah von Weitem Abraham und Lazarus in seinem Schoß. 24 Da rief er: Vater Abraham, hab Erbarmen mit mir und schick Lazarus; er soll die Spitze seines Fingers ins Wasser tauchen und mir die Zunge kühlen, denn ich leide große Qual in diesem Feuer. 25 Abraham erwiderte: Mein Kind, erinnere dich daran, dass du schon zu Lebzeiten deine Wohltaten erhalten hast, Lazarus dagegen nur Schlechtes. Jetzt wird er hier getröstet, du aber leidest große Qual. 26 Außerdem ist zwischen uns und euch ein tiefer, unüberwindlicher Abgrund, sodass niemand von hier zu euch oder von dort zu uns kommen kann, selbst wenn er wollte. 27 Da sagte der Reiche: Dann bitte ich dich, Vater, schick ihn in das Haus meines Vaters! 28 Denn ich habe noch fünf Brüder. Er soll sie warnen, damit nicht auch sie an diesen Ort der Qual kommen. 29 Abraham aber sagte: Sie haben Mose und die Propheten, auf die sollen sie hören. 30 Er erwiderte: Nein, Vater Abraham, aber wenn einer von den Toten zu ihnen kommt, werden sie umkehren. 31 Darauf sagte Abraham zu ihm: Wenn sie auf Mose und die Propheten nicht hören, werden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn einer von den Toten aufersteht.

 

Impuls vom 17.09.2022, "Es kann nur einen geben..."

Es kann nur einen geben…

 

Zu gut kennen wir Menschen es doch, dass wir unseren Werten und Vorhaben treu bleiben wollen und dennoch versucht sind, kleine Abstriche oder Ausnahmen zu machen. Zumeist sind es keine großen Sünden, die wir so begehen – ich denke beispielhaft an ein paar Süßigkeiten, obwohl wir doch fasten wollten. Es bewirkt allerdings, dass wir nicht ganz im Einklang sind mit uns selbst. Je nach Situation und Begebenheit ist es sogar möglich, dass wir uns unzufrieden machen durch unser Verhalten und frustriert sind.

 

Im heutigen Evangelium ist diese Problematik noch einmal in größeren und vor allem konsequenzreicheren Kontext gesetzt. Was geschieht, wenn wir uns mehr an Besitz, den Mammon, binden als an unseren himmlischen Vater?

Dann fehlt uns nicht nur der Einklang mit uns selbst, sondern auch mit Gott. Er, der uns beschützen und begleiten möchte, möge doch eine wichtige Rolle in unserem Leben spielen.

Vielleicht klingt es für einige Menschen so, als würde uns großer Besitz nicht vergönnt sein, wenn wir nach Gott unser Leben ausrichten. Dabei steckt auch eine große Befreiung darin, sich vom Besitz und irdischen Gütern zu lösen. Wenn uns das gelingt, spielen Vergleiche und Konkurrenz untereinander kaum eine Rolle mehr und wir können im Vertrauen darauf leben, dass wir versorgt werden. Ohne dass wir dafür in Vorleistung gehen müssen, ist es uns ein gegebenes Geschenk, dass wir uns nicht sorgen brauchen.

 

All das bedeutet nicht, dass uns der hier genannte Einklang allzeit gelingen kann und muss. Wichtig ist nur, dass wir das Ziel im Blick behalten und unseren irdischen Besitz zwar wertschätzen, aber ihn keine Macht über uns gewinnen lassen. Unser Vermögen mögen wir dazu einsetzen, Menschen zusammen zu bringen und Gemeinschaft zu stiften – keinesfalls um einen Zaun zwischen uns und den Himmel zu setzen. Die Gefahren der Welt vermag Gott für uns und von uns abzuschirmen.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium       

Lk 16, 10-13:  Vom Umgang mit Besitz

10 Wer in den kleinsten Dingen zuverlässig ist, der ist es auch in den großen, und wer bei den kleinsten Dingen Unrecht tut, der tut es auch bei den großen.

11 Wenn ihr nun im Umgang mit dem ungerechten Mammon nicht zuverlässig gewesen seid, wer wird euch dann das wahre Gut anvertrauen?

12 Und wenn ihr im Umgang mit dem fremden Gut nicht zuverlässig gewesen seid, wer wird euch dann das Eure geben?

13 Kein Sklave kann zwei Herren dienen; er wird entweder den einen hassen und den andern lieben oder er wird zu dem einen halten und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.

 

Impuls vom 10.09.2022. "Kommt alle zu mir... > GRATIS - AUS GNADE!"

Kommt alle zu mir… > GRATIS – AUS GNADE!

 

Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch erquicken.  Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; und ihr werdet Ruhe finden für eure Seele. Denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht. (Mt 11, 28-30)

 

Jesus spricht und lädt ein:

Kommt alle zu mir. Nicht nur die Frommen und Zufriedenen, sondern auch die, die es zu nichts gebracht haben, die Bettler, die Penner, die Ausbeuter; die Säufer, die Süchtigen, die Huren und Ehebrecher.

Kommt alle zu mir, die ihr Gott verloren habt und nicht mehr glauben könnt.

Kommt zu mir, traut euch mir zu, vertraut euch mir an, werdet meine JüngerInnen.

Kommt und geht mit mir, dann findet ihr den Herzensfrieden und die Geborgenheit wieder, die ihr verloren habt, weil ihr auf falschen Wegen suchtet.

 

Gottes Revolution wird selbst Sünder in Bekehrte verwandeln.

 

Und sie sind gekommen, zuallererst die, die von sich selbst nichts mehr erwartet haben, die gefangen waren in ihren Süchten und eingesperrt in ihren schlechten Ruf. Die Verfahrenheit ihrer Existenz hat sie feinfühlig gemacht für das, was einzig Macht hat, sie zu erlösen aus diesem quälenden Teufelskreis der Entfremdung: weil da einer war, der ihnen einen neuen Anfang geschenkt hat, ohne Vorleistung und Vorbedingung, einfach so – gratis, aus Gnade!

 

Sie haben gespürt, was Jesus durch seinen Umgang mit ihnen beglaubigt hat: Gott ist barmherzig!

 

Und, so heißt es, es waren viele, die da kamen. Wir können kommen, etwa, wie wir sind, wo wir uns befinden, wie schlecht wir über uns selbst denken. Hauptsache, wir kommen! Da ist einer, der uns mit offenen Armen aufnimmt. (vgl. Gemeinde-Bibel, Die Lesungen und Evangelien der Messfeier für die Wochentage der Lesejahre I und II, S. 334)

 

Stefan Tausch, Pastor

 

Evangelium Lk 15, 1-10

Das Doppelgleichnis vom verlorenen Schaf und von der verlorenen Drachme

1 Alle Zöllner und Sünder kamen zu ihm, um ihn zu hören. 2 Die Pharisäer und die Schriftgelehrten empörten sich darüber und sagten: Dieser nimmt Sünder auf und isst mit ihnen. 3 Da erzählte er ihnen dieses Gleichnis und sagte: 4 Wenn einer von euch hundert Schafe hat und eins davon verliert, lässt er dann nicht die neunundneunzig in der Wüste zurück und geht dem verlorenen nach, bis er es findet? 5 Und wenn er es gefunden hat, nimmt er es voll Freude auf die Schultern, 6 und wenn er nach Hause kommt, ruft er die Freunde und Nachbarn zusammen und sagt zu ihnen: Freut euch mit mir, denn ich habe mein Schaf wiedergefunden, das verloren war! 7 Ich sage euch: Ebenso wird im Himmel mehr Freude herrschen über einen einzigen Sünder, der umkehrt, als über neunundneunzig Gerechte, die keine Umkehr nötig haben. 8 Oder wenn eine Frau zehn Drachmen hat und eine davon verliert, zündet sie dann nicht eine Lampe an, fegt das Haus und sucht sorgfältig, bis sie die Drachme findet? 9 Und wenn sie diese gefunden hat, ruft sie die Freundinnen und Nachbarinnen zusammen und sagt: Freut euch mit mir, denn ich habe die Drachme wiedergefunden, die ich verloren hatte! 10 Ebenso, sage ich euch, herrscht bei den Engeln Gottes Freude über einen einzigen Sünder, der umkehrt.

 

Impuls vom 03.09.2022, "Sein Weg - ein Ding der Unmöglichkeit?"

Sein Weg – ein Ding der Unmöglichkeit?

 

Jesus nachzufolgen ist eine große Aufgabe, die uns vor die ein oder andere Herausforderung stellt. Viele Menschen, die ihr Leben im christlichen Sinne gestalten wollen, fürchten, nicht gut genug zu sein. Der Druck bzw. die selbsterzeugten Ansprüche an sich selbst sind zu hoch. Sicherlich fordert uns Jesus heraus – er lockt uns aus der Komfortzone und möchte uns wachsen sehen. Dennoch bedeutet es nicht, dass wir unter Druck stehen und unter Versagensängsten leiden sollen. Dabei ist es auch gar nicht der richtige Gedanke, sich mit anderen ChristInnen zu vergleichen oder sich selbst einen Maßstab zu setzen. Denn Jesus verlangt nicht von allen das Gleiche, schon gar nicht das Unmögliche. Er ruft jeden auf seinen ihm eigenen Weg – entsprechend seiner Charismen und Fähigkeiten.

 

Gleichzeitig ist es wichtig zu bedenken, dass wir als Einzelpersonen das Reich Gottes nicht auf Erden finden geschweige denn erschaffen können. Wir brauchen unsere Mitmenschen und die Gemeinschaft, um die Sache Jesu am laufen zu halten.

Vielleicht ist das Bild des Zahnrades an einer Fahrradkette dazu ganz passend. Als unterschiedliche Glieder einer großen Gemeinschaftskette halten wir zusammen und Jesus verbindet uns und legt – metaphorisch wie das Zahnrad – unterschiedliche Charismen in uns, die wir der bzw. seiner Gemeinschaft zur Verfügung stellen können. So bleibt das Rad am laufen und es bewegt sich weiter fort in der Welt.

 

Ganz nach dem Motto: „To keep your balance, you must keep moving!“

„Um die Balance zu halten, müssen wir uns weiter bewegen!“

 

In Bewegung bleiben und das Ziel immer im Blick zu behalten, ist sicherlich anzustreben. Doch auch wenn es mal nicht gelingt oder phasenweise ins Stolpern gerät, ist es kein Weltuntergang. Unser Gott ist ein verzeihender Gott und geht auch die ungeraden Wege mit!

 

Denn auch wenn es mal knarzt und knackt in der Kette, reißt sie nicht sofort, sondern läuft weiter. Vielmehr kann ein lautes Quietschen uns darauf aufmerksam machen, dass wir das Ziel neu fokussieren und vielleicht sogar die Richtung ändern mögen.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium       

Lk 14, 25-33: Die Forderungen der Nachfolge

25 Viele Menschen begleiteten ihn; da wandte er sich an sie und sagte:

26 Wenn jemand zu mir kommt und nicht Vater und Mutter, Frau und Kinder, Brüder und Schwestern, ja sogar sein Leben gering achtet, dann kann er nicht mein Jünger sein.

27 Wer nicht sein Kreuz trägt und hinter mir hergeht, der kann nicht mein Jünger sein.

28 Denn wenn einer von euch einen Turm bauen will, setzt er sich dann nicht zuerst hin und berechnet die Kosten, ob seine Mittel für das ganze Vorhaben ausreichen?

29 Sonst könnte es geschehen, dass er das Fundament gelegt hat, dann aber den Bau nicht fertigstellen kann. Und alle, die es sehen, würden ihn verspotten 30 und sagen: Der da hat einen Bau begonnen und konnte ihn nicht zu Ende führen.

31 Oder wenn ein König gegen einen anderen in den Krieg zieht, setzt er sich dann nicht zuerst hin und überlegt, ob er sich mit seinen zehntausend Mann dem entgegenstellen kann, der mit zwanzigtausend gegen ihn anrückt?

32 Kann er es nicht, dann schickt er eine Gesandtschaft, solange der andere noch weit weg ist, und bittet um Frieden.

33 Ebenso kann keiner von euch mein Jünger sein, wenn er nicht auf seinen ganzen Besitz verzichtet.

Impuls vom 27.08.2022, "Wie viel ist Dir genug?"

Wie viel ist Dir genug?

Sehr vielen Menschen fällt es schwer, sich unterzuordnen. Sie streben nach Reichtum und Masse und möchten sich in gehobener Sicherheit wissen. Doch wozu das alles?

Konkurrenzdenken hat bislang noch niemandem gutgetan, sondern vielmehr Stress, Druck und Unzufriedenheit ausgelöst. Neid und Eifersucht sind an der Tagesordnung und es braucht immer die anderen, um einen Vergleichswert bemessen zu können.

 

Ich bewundere Menschen, die mit wenig so zufrieden sind und sein können! Dabei ist es natürlich ohnehin eine sehr subjektive Einschätzung, die jede/r für sich vornimmt. Das Glück und die innere Zufriedenheit hängen nicht an unserem Besitz und an unseren Leistungen. Vielmehr spielen andere Faktoren eine wichtige Rolle: unsere Mitmenschen, unser Lebensgefühl (innerer Frieden) und der Glaube an Gott.

 

Im aktuellen Evangelium spricht Jesus die bekannten Worte „Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.“ (Lk 14, 11) Unsere Ansprüche und Erwartungen an unser Leben und an uns selbst übertragen sich schnell auf das Miteinander mit anderen Menschen. Ich selbst kenne die Gedanken zu gut, dass ich darüber grübele, ob ich womöglich zu wenig oder sogar zu viel gegeben habe. Sorge des Ungleichgewichts in Freundschaften und Beziehungen spielen da mit rein, aber auch manchmal die Angst, für das Wohlwollen und die Großzügigkeit ausgenutzt zu werden. Es ist so schade, das Geben und Schenken nicht einfach genießen zu können und manchmal so ins Grübeln zu geraten. Dabei können wir doch gar nicht enttäuscht werden. Selbst wenn eine Person unser Handeln oder unsere Gabe nicht wertschätzt, dürfen wir doch sicher sein, dass Gott sie sieht und wohlwollend betrachtet. Es ist eine große Lebensaufgabe zu dem Schritt zu gelangen, nicht zurück zu verlangen oder in eine Erwartungshaltung dem anderen gegenüber zu kommen. Doch es ist alle Mühen wert, denn in dieser Umkehr liegt so viel Kraft und Erlösung – unter anderem von den beschriebenen Gedanken und Gefühlen. Er schickt uns in die Freiheit und zu innerer Ruhe und Zufriedenheit.

 

Lieber in einer Hütte wohnen, in der man glücklich ist, als in einem Palast, in dem man weint.“ (Zitat aus China)

 

Thale Schmitz

 

 

Evangelium Lk 14, 1.7-14:

 

1 Und es geschah: Jesus kam an einem Sabbat in das Haus eines führenden Pharisäers zum Essen. Da beobachtete man ihn genau. 7 Als er bemerkte, wie sich die Gäste die Ehrenplätze aussuchten, erzählte er ihnen ein Gleichnis. Er sagte zu ihnen: 8 Wenn du von jemandem zu einer Hochzeit eingeladen bist, nimm nicht den Ehrenplatz ein! Denn es könnte ein anderer von ihm eingeladen sein, der vornehmer ist als du, 9 und dann würde der Gastgeber, der dich und ihn eingeladen hat, kommen und zu dir sagen: Mach diesem hier Platz! Du aber wärst beschämt und müsstest den untersten Platz einnehmen. 10 Vielmehr, wenn du eingeladen bist, geh hin und nimm den untersten Platz ein, damit dein Gastgeber zu dir kommt und sagt: Mein Freund, rück weiter hinauf! Das wird für dich eine Ehre sein vor allen anderen Gästen. 11 Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden. 12 Dann sagte er zu dem Gastgeber: Wenn du mittags oder abends ein Essen gibst, lade nicht deine Freunde oder deine Brüder, deine Verwandten oder reiche Nachbarn ein; sonst laden auch sie dich wieder ein und dir ist es vergolten. 13 Nein, wenn du ein Essen gibst, dann lade Arme, Verkrüppelte, Lahme und Blinde ein. 14 Du wirst selig sein, denn sie haben nichts, um es dir zu vergelten; es wird dir vergolten werden bei der Auferstehung der Gerechten.

Impuls vom 20.08.2022, "Brich auf, bewege dich..."

Brich auf, bewege dich…

…denn nur ein erster Schritt verändert dich, verändert mich, brich auf, bewege dich. (Thomas Laubach/Thomas Quast in: ‚Kreuzungen – Neues Geistliches Lied, 11. Auflage 2014, S. 39)

 

„AUFBRECHEN findet da statt, wo ein Bisheriges veraltet ist und zurückbleiben muss … Die alte, die mittlere, die neue und die heutige Kirchengeschichte ist fortlaufend eine offene oder verborgene Geschichte solcher Aufbrüche. Das nicht genug zu beleuchtende und zu bedenkende Modell: der Auszug Israels aus Ägypten in das ihm verheißene Land.

 

Aufbrechen vollzieht sich also in einer Krisis:

Entschlossener Abschied wird da genommen von etwas Bekanntem, jetzt noch sehr Nahem, das vielleicht (etwa in Gestalt der berühmten Fleischtöpfe Ägyptens) auch seine Vorteile hatte.

Und entschlossene Zuwendung findet da statt etwas noch Fernem, in Hoffnung Bejahtem, das immerhin den Nachteil hat, in seiner herrlichen Gestalt noch reichlich unbekannt zu sein.

 

Indem die Kirche aufbricht, hat sie gewählt, sich zu entscheiden. Sie hat sich das Heimweh nach dem, was sie hinter sich lässt, im Voraus verboten. Sie begrüßt und liebt schon, was vor ihr liegt. Sie ist noch hier und doch nicht mehr hier, noch nicht dort und doch schon dort.

 

Sie hat eine weite Wanderschaft vor sich – auch Kämpfe, auch Leiden, auch Hunger und Durst. Nicht zu verkennen: sie seufzt. Aber noch weniger zu verkennen: sie freut sich. Dementsprechend denkt, redet, handelt sie. In dieser Krisis besteht das Aufbrechen der Kirche: das noch gefangene, schon befreite Volk Gottes.“ (vgl. Karl Barth in: Schott-Messbuch für die Wochentage, Teil II, Herder-Verlag 1997, S. 91f)

 

In diesem Sinne gilt der oben bereits zitierte Liedruf für Einzelpersonen genauso wie für die gesamte Kirche: Brich auf, bewege dich, denn nur ein erster Schritt verändert dich, verändert mich, brich auf, bewege dich.

 

Passend dazu inspiriert und ermutigt uns in diesen Zeiten mit ihren bisweilen massiven Um-, Auf- und Durchbrüche des hl. Paulus: „Brüder und Schwestern, ich bilde mir nicht ein, dass ich es schon ergriffen hätte. Eines aber tue ich: Ich vergesse, was hinter mir liegt, und strecke mich nach dem aus, was vor mir ist. Das Ziel vor Augen, jage ich nach dem Siegespreis: der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus.“ (Phil 3,13f)

 

Stefan Tausch, Pastor

Impuls vom 13.08.2022, "Feuer entfacht Neues!"

Feuer entfacht Neues!

Das heutige Evangelium und die Worte Jesu klingen gewaltig – beinahe angsteinflößend. Er sei gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen und somit alles in Brand zu setzen. Ist das nicht zerstörerisch und gar nicht im Sinne Gottes?

Die gute Nachricht ist jedoch, dass nach einem Brand der Boden genährt ist und wieder Neues auf der Erde entstehen kann. Dies ist auch die Intention Jesu – vieles muss auf der Erde verändert und runtergebrannt werden, sodass Neues entstehen kann. Bildlich gesprochen ist der Geist Gottes das Feuer, in dem alles geprüft und geläutert und in Reinheit vollendet wird. Ein Grund für wahre Hoffnung!

 

Am 14. August begehen wir den Gedenktag des Heiligen Maximilian Kolbe. Er ist Namenspatron des Katholischen Centrums hier in Dortmund und hat als Märtyrer im Zweiten Weltkrieg unter den Nationalsozialisten gelitten und wurde von ihnen ermordet. Immer wieder hat er versucht, den Menschen Hoffnung zu geben – ganz egal wie sehr das kriegerische Feuer des Regimes sich über ihm auszubreiten vermochte. Als Franziskaner-Minorit hatte er Flüchtlingen Zuflucht gewährt und wurde von der Gestapo verhaftet. Über das Warschauer Zentralgefängnis wurde er nach Auschwitz deportiert, wo er weiter als Priester und Seelsorger im Geheimen wirkte.

Für einen Mithäftling und Familienvater ging er in den Hungerbunker und wurde dort am 14. August 1941 durch Phenolspritzen ermordet. Anschließend wurden die Leichen im Krematorium verbrannt.

Er ging somit selbst in Flammen auf und hat mit seiner Geschichte die Menschen berührt, ihnen Kraft und Hoffnung und Leben geschenkt und all dies ist auf fruchtbaren Boden gestoßen. Er hat das Leiden Christi selbst angenommen und ist für einen anderen in den Tod gegangen. Erschreckend zeigt das ausgewählte Bild, wie die Nationalsozialisten und die ausführenden Männer Macht über seinen Körper gewinnen konnten. Doch seine Botschaft, seine Würde und was er im Herzen trug, kann ihm keiner nehmen. Er hat all dies an die Nachwelt hinterlassen und aus dem bedrohlichen Feuer viele Taten der Nächstenliebe und große Fruchtbarkeit entstehen lassen.

 

Viele Feuer und Brände im Leben – auch innerlich im eigenen Herzen – können wir nicht abwenden, doch wir können Großes, Neues und Gutes daraus entstehen lassen.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

 

Lk 12, 49-53: Die Zeit der Entscheidung

 

49 Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen. Wie froh wäre ich, es würde schon brennen! 50 Ich muss mit einer Taufe getauft werden und wie bin ich bedrängt, bis sie vollzogen ist. 51 Meint ihr, ich sei gekommen, um Frieden auf der Erde zu bringen? Nein, sage ich euch, sondern Spaltung.

52 Denn von nun an werden fünf Menschen im gleichen Haus in Zwietracht leben: Drei werden gegen zwei stehen und zwei gegen drei; 53 der Vater wird gegen den Sohn stehen und der Sohn gegen den Vater, die Mutter gegen die Tochter und die Tochter gegen die Mutter, die Schwiegermutter gegen ihre Schwiegertochter und die Schwiegertochter gegen die Schwiegermutter.

Impuls vom 06.08.2022, "Denn er kann überall sein..."

Denn er kann überall sein…

Das ausgewählte Bild lässt vielleicht vermuten, dass es sich um einen österlichen Impuls handelt – So ist es auch, denn Ostern wirkt jeden Tag in unser Leben hinein.

 

Das Leiden und Auferstehen Jesu hat uns so viel Hoffnung gebracht, dass alles erstrahlt und die Frohe Botschaft allgegenwärtig ist. Manchmal strahlt das Licht auch nur hintergründig – wie es hier auf dem Bild zu erkennen ist. Doch es ist immer da und hört niemals auf zu leuchten.

 

Im Sonntagsevangelium ermahnt Jesus seine Jünger zur Aufmerksamkeit – er spricht: Haltet auch ihr euch bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht erwartet. (Lk 12, 40) Damit ist nicht nur die Endzeitvorstellung des Kommens Jesu gemeint. Nein! Er wirkt in unseren Alltag in zahlreichen Momenten und ist präsent für uns ansprechbar. Doch um ihn zu erkennen, braucht es Aufmerksamkeit und auch eine gewisse Erwartungshaltung. Nicht in dem Sinne, dass Jesus immer da sein muss und uns stets aus der Bedrängnis zu führen hat, sondern die Erwartung und der Glaube daran, dass er da ist und wirkmächtig sein kann. Wir müssen nur ganz genau hinschauen und in uns und in Situationen hineinspüren. Gott sozusagen in allen Dingen suchen und dort auch erwarten und vermuten. Indem wir so für ihn bereit und offen sind, entsteht eine große Vorfreude auf ihn, in der wir leben dürfen.

 

Manchmal ist es natürlich gar nicht so ersichtlich. Es gibt die Situationen, in denen wir keinen Ausweg mehr sehen und plötzlich tut sich eine Lösung auf, die wir auf übermenschlichen Beistand zurückführen können oder dürfen. Allerdings fühlen sich Wege manchmal auch richtig an, jedoch werden die Pläne durch negative Ereignisse und vielleicht sogar Katastrophen zerstört und unmöglich gemacht. Ich erinnere mich an Zeiten der Verzweiflung und Abgeschlagenheit in meinem Leben, in denen ich die gegebene Situation absolut nicht akzeptieren konnte. Mit etwas Abstand und im Nachhinein konnte ich jedoch erkennen, dass es sehr gut war, dass ich in meinen Plänen und ihrer Umsetzung ausgebremst wurde. Dankbar durfte ich sein, dass es nicht anders gekommen war. Gott setzt auch Grenzen, die uns bewahren, aber auch zurechtweisen. Lasst uns in Erwartung auf viele Begegnungen mit ihm leben!

Thale Schmitz

 

Evangelium:

 

Lk 12, 35-40: Haltet auch ihr euch bereit!                                         KURZFASSUNG

 

35 Eure Hüften sollen gegürtet sein und eure Lampen brennen! 36 Seid wie Menschen, die auf ihren Herrn warten, der von einer Hochzeit zurückkehrt, damit sie ihm sogleich öffnen, wenn er kommt und anklopft! 37 Selig die Knechte, die der Herr wach findet, wenn er kommt! Amen, ich sage euch: Er wird sich gürten, sie am Tisch Platz nehmen lassen und sie der Reihe nach bedienen. 38 Und kommt er erst in der zweiten oder dritten Nachtwache und findet sie wach – selig sind sie. 39 Bedenkt: Wenn der Herr des Hauses wüsste, in welcher Stunde der Dieb kommt, so würde er verhindern, dass man in sein Haus einbricht. 40 Haltet auch ihr euch bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht erwartet.

 

Lk 12, 32-48: Haltet auch ihr euch bereit!

 

32 Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben. 33 Verkauft euren Besitz und gebt Almosen! Macht euch Geldbeutel, die nicht alt werden! Verschafft euch einen Schatz, der nicht abnimmt, im Himmel, wo kein Dieb ihn findet und keine Motte ihn frisst! 34 Denn wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz.

35 Eure Hüften sollen gegürtet sein und eure Lampen brennen! 36 Seid wie Menschen, die auf ihren Herrn warten, der von einer Hochzeit zurückkehrt, damit sie ihm sogleich öffnen, wenn er kommt und anklopft! 37 Selig die Knechte, die der Herr wach findet, wenn er kommt! Amen, ich sage euch: Er wird sich gürten, sie am Tisch Platz nehmen lassen und sie der Reihe nach bedienen. 38 Und kommt er erst in der zweiten oder dritten Nachtwache und findet sie wach – selig sind sie. 39 Bedenkt: Wenn der Herr des Hauses wüsste, in welcher Stunde der Dieb kommt, so würde er verhindern, dass man in sein Haus einbricht. 40 Haltet auch ihr euch bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht erwartet. 41 Da sagte Petrus: Herr, sagst du dieses Gleichnis nur zu uns oder auch zu allen? 42 Der Herr antwortete: Wer ist denn der treue und kluge Verwalter, den der Herr über sein Gesinde einsetzen wird, damit er ihnen zur rechten Zeit die Tagesration gibt? 43 Selig der Knecht, den der Herr damit beschäftigt findet, wenn er kommt! 44 Wahrhaftig, ich sage euch: Er wird ihn über sein ganzes Vermögen einsetzen. 45 Wenn aber der Knecht in seinem Herzen sagt: Mein Herr verspätet sich zu kommen! und anfängt, die Knechte und Mägde zu schlagen, auch zu essen und zu trinken und sich zu berauschen, 46 dann wird der Herr jenes Knechtes an einem Tag kommen, an dem er es nicht erwartet, und zu einer Stunde, die er nicht kennt; und der Herr wird ihn in Stücke hauen und ihm seinen Platz unter den Ungläubigen zuweisen. 47 Der Knecht, der den Willen seines Herrn kennt, sich aber nicht darum kümmert und nicht danach handelt, der wird viele Schläge bekommen. 48 Wer aber, ohne den Willen des Herrn zu kennen, etwas tut, was Schläge verdient, der wird wenig Schläge bekommen. Wem viel gegeben wurde, von dem wird viel zurückgefordert werden, und wem man viel anvertraut hat, von dem wird man umso mehr verlangen.

Impuls vom 30.07.2022, "Nimm alles von mir, was mich fernhält von dir!"

Nimm alles von mir, was mich fernhält von dir!

Aller Reichtum verfällt, aber es gibt etwas Besseres, einen Reichtum „vor Gott“: nicht das, was der Mensch hat, sondern das, was Gott aus ihm gemacht hat.

Gott, ich bitte dich um Verzeihung, wo ich dich in meinem Leben durch andere Dinge ersetzen wollte, wo ich falschen Sicherheiten vertraut habe. Ich will dir wieder den ersten Platz in meinem Leben einräumen und nur auf dich vertrauen. Nimm alles von mir weg, was mich nicht wirklich satt macht und fülle du dann meine Armut mit deinem Reichtum.

Gebet zur Eucharistiefeier im Schott zum 18. Sonntag im Jahreskreis

 

Um sich an den vielen schönen und guten Dingen, mit denen uns die Welt beschenkt, wirklich erfreuen zu können, müssen wir uns von ihnen lösen. Sich lösen bedeutet nicht, ihnen gegenüber gleichgültig oder uninteressiert zu sein, sondern heißt, nicht von ihnen Besitz ergreifen zu wollen.

Ein Leben ohne Besitz ist ein freies Leben. Darin vor allem besteht ein Leben der „Loslösung“. Es ist ein Leben, in dem wir frei sind, um zu loben und zu danken.

Henri Nouwen

 

Was sich nicht kaufen lässt

Ein Bett, aber keinen Schlaf.

Bücher, aber keine Intelligenz.

Essen, aber keinen Appetit.

Schmuck, aber keine Schönheit.

Häuser, aber keine Gemeinschaft.

Medizin, aber keine Gesundheit.

Luxusartikel, aber keine Freude!

Allerlei, aber kein Glück.

Sogar eine Kirche,

aber niemals den Himmel!

AUS GUATEMALA

 

Evangelium:

 

Lk 12, 13-21: Die Vorläufigkeit des Besitzes

 

13 Einer aus der Volksmenge bat Jesus: Meister, sag meinem Bruder, er soll das Erbe mit mir teilen! 14 Er erwiderte ihm: Mensch, wer hat mich zum Richter oder Erbteiler bei euch eingesetzt? 15 Dann sagte er zu den Leuten: Gebt Acht, hütet euch vor jeder Art von Habgier! Denn das Leben eines Menschen besteht nicht darin, dass einer im Überfluss seines Besitzes lebt. 16 Und er erzählte ihnen folgendes Gleichnis: Auf den Feldern eines reichen Mannes stand eine gute Ernte. 17 Da überlegte er bei sich selbst: Was soll ich tun? Ich habe keinen Platz, wo ich meine Ernte unterbringen könnte. 18 Schließlich sagte er: So will ich es machen: Ich werde meine Scheunen abreißen und größere bauen; dort werde ich mein ganzes Getreide und meine Vorräte unterbringen. 19 Dann werde ich zu meiner Seele sagen: Seele, nun hast du einen großen Vorrat, der für viele Jahre reicht. Ruh dich aus, iss und trink und freue dich! 20 Da sprach Gott zu ihm: Du Narr! Noch in dieser Nacht wird man dein Leben von dir zurückfordern. Wem wird dann das gehören, was du angehäuft hast? 21 So geht es einem, der nur für sich selbst Schätze sammelt, aber bei Gott nicht reich ist.

Impuls vom 23.07.2022, "Welch ein Glück, Freunde zu haben!"

Welch ein Glück, Freunde zu haben!

Gerade in diesen Zeiten ist es mir noch einmal mehr bewusst geworden, wie groß das Privileg ist, gute Freunde zu haben. Sowohl ganz nah als auch in der Ferne ist es ein Segen zu wissen, dass da jemand ist, der oder die an mich denkt, mir physischen und/oder seelischen Beistand leistet und einfach verfügbar und ansprechbar für mich ist. Auch wenn Gott diese Rolle für uns einnimmt, brauchen wir doch Gemeinschaft und die reale Sicherheit von Menschen, die uns direkt umgeben und mit denen wir in Kommunikation und Austausch treten können.

Jesus geht im Sonntagsevangelium auf das Wesen der Freundschaft ein. Ganz deutlich sagt er, dass ein Freund allein um seines Freundseins willen auf das Hilfegesuch oder eine Bitte eingehen wird. Es steht ganz außer Frage, dass er oder sie den bequemen Weg wählt und sich mit Ausreden aus der Unterstützung zurückzieht. Die bedingungslose Präsenz und der große Einsatz für den/die jeweils andere/n ist ein Wesensmerkmal wahrer und guter Freundschaft.

Immer wieder im Leben kommen wir in Situationen der Bedrängnis, die uns vielleicht Angst machen, in denen wir Halt und Unterstützung brauchen. Im aktuellen Alltag sind viele in häuslicher Quarantäne und so darauf angewiesen, dass jemand für sie einkaufen geht. Es ist nicht selbstverständlich, dass dies immerzu möglich ist und es Menschen/Freunde in der direkten Umgebung gibt, die dies übernehmen können.

Diese Erfahrung habe ich in sehr beglückender Weise machen dürfen, denn in einer Zeit der Corona-Erkrankung habe ich von meinen Freunden zahlreiche Angebote zum Einkaufen bekommen, sodass ich noch nicht einmal darum bitten musste. Täglich bekam ich mindestens eine Nachricht, in der ich gefragt wurde, ob mir noch etwas fehlt oder ich etwas brauche. Einer Freundin bin ich dafür besonders dankbar und habe ihr sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es wirklich nicht selbstverständlich ist. Daraufhin sagte sie: „Ich würde mir das, glaube ich, selber mehr wünschen, dass das selbstverständlich ist.“ Ich denke von dieser Sehnsucht können viele Menschen berichten. Doch wir können schon jetzt und in jedem Moment daran mitwirken.

Lasst uns Freunde füreinander sein, uns gegenseitig Halt und Sicherheit schenken. Dazu müssen wir auch gar nicht engste Vertraute oder schon lange Bekannte sein. Jedem Menschen Freund sein zu dürfen und ihm/ihr freundschaftlich und aufmerksam gegenüber zu treten, ist ein großes Geschenk, das uns allen zu einem Leben in Fülle verhilft – im Wissen umeinander sind wir so alle gut versorgt und können uns aufeinander verlassen.

Thale Schmitz

 

Evangelium:

Lukas 11, 1-13: Das Vaterunser und der Aufruf zum beharrlichen Bitten

1 Und es geschah: Jesus betete einmal an einem Ort; als er das Gebet beendet hatte, sagte einer seiner Jünger zu ihm: Herr, lehre uns beten, wie auch Johannes seine Jünger beten gelehrt hat! 2 Da sagte er zu ihnen: Wenn ihr betet, so sprecht: Vater, geheiligt werde dein Name. / Dein Reich komme. 3 Gib uns täglich das Brot, das wir brauchen! 4 Und erlass uns unsere Sünden; / denn auch wir erlassen jedem, was er uns schuldig ist. / Und führe uns nicht in Versuchung! 5 Dann sagte er zu ihnen: Wenn einer von euch einen Freund hat und um Mitternacht zu ihm geht und sagt: Freund, leih mir drei Brote; 6 denn einer meiner Freunde, der auf Reisen ist, ist zu mir gekommen und ich habe ihm nichts anzubieten!, 7 wird dann der Mann drinnen antworten: Lass mich in Ruhe, die Tür ist schon verschlossen und meine Kinder schlafen bei mir; ich kann nicht aufstehen und dir etwas geben? 8 Ich sage euch: Wenn er schon nicht deswegen aufsteht und ihm etwas gibt, weil er sein Freund ist, so wird er doch wegen seiner Zudringlichkeit aufstehen und ihm geben, was er braucht. 9 Darum sage ich euch: Bittet und es wird euch gegeben; sucht und ihr werdet finden; klopft an und es wird euch geöffnet. 10 Denn wer bittet, der empfängt; wer sucht, der findet; und wer anklopft, dem wird geöffnet. 11 Oder welcher Vater unter euch, den der Sohn um einen Fisch bittet, gibt ihm statt eines Fisches eine Schlange 12 oder einen Skorpion, wenn er um ein Ei bittet? 13 Wenn nun ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gute Gaben zu geben wisst, wie viel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist denen geben, die ihn bitten.

Impuls vom 16.07.2022, "Das wird ein Fest - aber nicht für den/die Gastgeber/in!"

Das wird ein Fest – aber nicht für den/die Gastgeber/in!

Ein großes Fest oder eine Familienfeier bedeuten für den Gastgebenden in unserer Gesellschaft häufig sehr viel Stress. Die Vorbereitungen und der Wunsch, dass alles perfekt wird, lösen enormen Druck aus und so kann sich zum Beispiel das Geburtstagskind gar nicht richtig auf die eigene Feier freuen. Dabei sind doch die Gemeinschaft und das Zusammenkommen vieler naher Menschen, die wir vermutlich sehr selten nur alle gemeinsam sehen können, das Wichtigste!

Die ausrichtende Person hat von dieser Gemeinschaft meist nicht viel, da sie durchgängig versucht, alle Gäste gut zu versorgen und keine leeren Gläser vorzufinden. Die Gäste haben es umso bequemer, da sie sich untereinander gemütlich austauschen können und noch dazu bedient werden. Schon als kleines Kind war mir dieses Szenario schleierhaft. Sollte denn nicht das Geburtstagskind verwöhnt werden und im Fokus stehen?

Ich erinnere mich dabei auch an meine eigene Familie. Meine Mutter war häufig sehr gestresst, wenn wir eingeladen hatten und zweifelte noch dazu an ihren tollen Speisen und Vorbereitungen. Natürlich halfen wir alle mit, denn es sollte ja auch alles sauber und ordentlich sein im Haus. Die Gesamtsituation machte uns allerdings alle stets nervös. Schon damals fand ich es völlig übertrieben, dass alles perfekt und blitzblank sein sollte. Es kam mir fast künstlich vor, denn bei einem Spontanbesuch würden die Gäste unser Haus ja auch anders vorfinden. Die Anspannung löste sich manchmal erst nach der Feier, wenn es ans Aufräumen ging. Das taten wir allerdings überraschend gern im Anschluss – schade ist es dennoch, dass die Feier an sich viel weniger genossen wurde.

Jesus zeigt uns stellvertretend in seinen Worten zu Marta, dass es genau auf diese Dinge gar nicht ankommt. Ganz beim Gast zu sein und sich nur ihm zu widmen – wie Maria es tut -, bringt so viel mehr Erfüllung. Sich einem Leistungsdruck als Gastgeberin hinzugeben, führt gewiss nicht ans Ziel. Vielleicht verpassen wir sogar alles, wenn der Druck und die vermeintliche Bewertung anderer im Vordergrund stehen. Eine Einladung auszusprechen und Menschen zusammenzubringen, ist bereits eine große Wohltat, die für alle Gäste ein Geschenk ist. Das Drumherum ist zweitrangig und so dürfen wir auch als Gastgeber/in selbstbewusst einfach die Gemeinschaft genießen.

Thale Schmitz

Evangelium:

Lk 10, 38-42: Maria und Marta

38 Als sie weiterzogen, kam er in ein Dorf. Eine Frau namens Marta nahm ihn gastlich auf.

39 Sie hatte eine Schwester, die Maria hieß. Maria setzte sich dem Herrn zu Füßen und hörte seinen Worten zu.

40 Marta aber war ganz davon in Anspruch genommen zu dienen. Sie kam zu ihm und sagte: Herr, kümmert es dich nicht, dass meine Schwester die Arbeit mir allein überlässt? Sag ihr doch, sie soll mir helfen!

41 Der Herr antwortete: Marta, Marta, du machst dir viele Sorgen und Mühen.

42 Aber nur eines ist notwendig. Maria hat den guten Teil gewählt, der wird ihr nicht genommen werden.

 

Impuls vom 09.07.2022, "Handle danach und du wirst leben!"

Handle danach und du wirst leben!

Im heutigen Evangelium geht es um die Nächstenliebe – ein Wort, das sicherlich jeder Mensch schon einmal gehört hat, aber es vielleicht ganz unterschiedlich auffasst oder inhaltlich gar nicht richtig einordnen kann. So stellt der Gesetzeslehrer zurecht gewisse Nachfragen an Jesus, die dieser allerdings nicht mit großen Erklärungen beantwortet.

Interessant ist, dass geschrieben steht: Der Gesetzeslehrer wollte sich rechtfertigen (Lk 10, 29a). Rechtfertigen, wofür? Es hatte ihn niemand darum gebeten und es bleibt unklar, ob er seine Fragen allgemein rechtfertigen möchte oder vielleicht seine Unwissenheit, indem er noch eine weitere Nachfrage stellt.

Ich finde das Bedürfnis zur Rechtfertigung bei uns Menschen ein wirklich spannendes Phänomen. In vielen Situationen wollen wir unser Handeln und Denken begründen und erklären, um sicherzugehen, dass es bei unserem Gegenüber nicht falsch rüberkommt. Wir legen viel zu viel Wert auf die Meinungen der anderen und verstricken uns in Rechtfertigungen, anstatt einfach selbstbewusst zu unserem Tun zu stehen und davon überzeugt zu sein.

Ich kenne die Situation selber sehr gut, dass ich mein Denken und Handeln infrage stelle bzw. viel mehr, dass etwas von mir falsch überkommt, was ich gar nicht so gemeint habe. Früher bin ich stets den Weg der Rechtfertigung gegangen und habe mich versucht zu erklären. Oftmals war dies dann zu viel des Guten und die schrägen Gedanken und möglichen Falschinterpretationen wurden so in meinem Gegenüber erst entfacht. Aus diesen Erfahrungen habe ich viel gelernt und mir ein ganz neues Selbstbewusstsein angeeignet. Zweifel und Bedenken im Nachhinein zuzulassen, ist dabei völlig in Ordnung. Jedoch sollten wir uns immer wieder bewusstmachen, dass die Kommunikation auf beiden Seiten wichtig ist. Hätte wirklich jemand etwas in den falschen Hals bekommen, können wir genauso gut darauf setzen, dass dies angesprochen wird.

Bezogen auf die Nächstenliebe ist es aus auch eine Gegenseitigkeit, die wir Menschen uns entgegenbringen dürfen. Den/Die Andere/n mit liebevollen Augen sehen und ihm/ihr nichts Böses unterstellen wollen. In Interaktion zu bleiben und sich durch Gedanken nicht vom (Re-)Agieren abhalten zu lassen, ist dabei das Wichtigste. Vertrauen wir auf unser Gewissen und handeln wir so, wie wir es von Jesus gelernt haben – auch uns selbst gegenüber.

Thale Schmitz

Evangelium:

Lk 10, 25-37: Der barmherzige Samariter als Beispiel

25 Und siehe, ein Gesetzeslehrer stand auf, um Jesus auf die Probe zu stellen, und fragte ihn: Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu erben? 26 Jesus sagte zu ihm: Was steht im Gesetz geschrieben? Was liest du? 27 Er antwortete: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und deiner ganzen Seele, mit deiner ganzen Kraft und deinem ganzen Denken, und deinen Nächsten wie dich selbst. 28 Jesus sagte zu ihm: Du hast richtig geantwortet. Handle danach und du wirst leben! 29 Der Gesetzeslehrer wollte sich rechtfertigen und sagte zu Jesus: Und wer ist mein Nächster? 30 Darauf antwortete ihm Jesus: Ein Mann ging von Jerusalem nach Jericho hinab und wurde von Räubern überfallen. Sie plünderten ihn aus und schlugen ihn nieder; dann gingen sie weg und ließen ihn halbtot liegen. 31 Zufällig kam ein Priester denselben Weg herab; er sah ihn und ging vorüber. 32 Ebenso kam auch ein Levit zu der Stelle; er sah ihn und ging vorüber. 33 Ein Samariter aber, der auf der Reise war, kam zu ihm; er sah ihn und hatte Mitleid, 34 ging zu ihm hin, goss Öl und Wein auf seine Wunden und verband sie. Dann hob er ihn auf sein eigenes Reittier, brachte ihn zu einer Herberge und sorgte für ihn. 35 Und am nächsten Tag holte er zwei Denare hervor, gab sie dem Wirt und sagte: Sorge für ihn, und wenn du mehr für ihn brauchst, werde ich es dir bezahlen, wenn ich wiederkomme. 36 Wer von diesen dreien meinst du, ist dem der Nächste geworden, der von den Räubern überfallen wurde? 37 Der Gesetzeslehrer antwortete: Der barmherzig an ihm gehandelt hat. Da sagte Jesus zu ihm: Dann geh und handle du genauso!

Impuls vom 02.07.2022, "Esst und trinkt, was man euch anbietet!"

Esst und trinkt, was man euch anbietet!

Jesus erwählt weitere 72 Menschen, um sie auszusenden und in seinem Namen die Frohe Botschaft und das Kommen des Reiches Gottes zu verkünden. Seine Forderungen, die er ihnen mitgibt, klingen überwiegend sehr herausfordernd. Denn sie sollen kein Geld, keinen Vorrat und keine Kleidung mitnehmen und er schickt sie bewusst wie Schafe mitten unter die Wölfe. (Lk 10, 3b) Weniger schwierig klingt der Satz „Esst und trinkt, was man euch anbietet“. Es hätte die nachfolgenden Jünger – neben den anderen Bedingungen – vermutlich nicht überrascht, wenn sie in gewisser Weise auch auf das Essen hätten verzichten und fasten sollen.

In meinen Gedanken erschien direkt das Bild einer Essenstafel im Hier und Jetzt. Unvermeidlich wurde mir bewusst, wie viele Menschen in der heutigen Gesellschaft vorsichtig damit sind, alles zu essen, was ihnen vorgesetzt wird. Aus unterschiedlichen Gründen sind sie empfindlich aufgrund von Unverträglichkeiten, ethischen Werten (vegetarisch/vegan) oder weil es einfach viele Lebensmittel gibt, die ihnen nicht schmecken. So ist das Vermögen oder auch die Bereitschaft, sich ganz auf die Menschen und auch ihre Ernährung und Küche einzulassen, sehr begrenzt. Die Neugier auf das Unbekannte hält den vielen Filtern schwer stand und das kulturelle Erleben wird sowohl bewusst als auch unbewusst erschwert.

Gastfreundschaft ganz anzunehmen und zu genießen, ist durch eingefahrene Gewohnheiten zumindest in unserer Gesellschaft für einige Menschen (sicherlich nicht alle!) gar nicht so einfach. Zu sehr nehmen persönliche Vorstellungen und auch Privilegien Raum ein, dass wir unsere eigenen Bedürfnisse ungern zurückstellen.

Einfach offen sein für das, was kommt und liebevoll angeboten wird, geht mit Kontrollverlust einher – ein Phänomen, das wirklich gern vermieden wird. Doch indem wir aus Unsicherheit Geschenke und Zuneigungen ablehnen, entsteht automatisch eine Distanz.

Dieses Bild ist tatsächlich sehr gut auf unseren Glauben übertragbar. Jesus hält uns einiges hin, was wir nicht verstehen und wohinter wir den Sinn noch nicht erahnen können. Doch er weiß und weist den Weg für uns. Wir dürfen offen sein und seine Gaben ohne Zögern empfangen. Wir sollten zumindest mal davon probieren – denn vielleicht ist es der beste Geschmack, den wir uns hätten vorstellen können.

Thale Schmitz

 

Evangelium:

Lk 10, 1-9: Die Aussendung der zweiundsiebzig Jünger

1 Danach suchte der Herr zweiundsiebzig andere aus und sandte sie zu zweit vor sich her in alle Städte und Ortschaften, in die er selbst gehen wollte.

2 Er sagte zu ihnen: Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter. Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden!

3 Geht! Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe.

4 Nehmt keinen Geldbeutel mit, keine Vorratstasche und keine Schuhe! Grüßt niemanden auf dem Weg!

5 Wenn ihr in ein Haus kommt, so sagt als Erstes: Friede diesem Haus!

6 Und wenn dort ein Sohn des Friedens wohnt, wird euer Friede auf ihm ruhen; andernfalls wird er zu euch zurückkehren.

7 Bleibt in diesem Haus, esst und trinkt, was man euch anbietet; denn wer arbeitet, ist seines Lohnes wert. Zieht nicht von einem Haus in ein anderes!

8 Wenn ihr in eine Stadt kommt und man euch aufnimmt, so esst, was man euch vorsetzt.

9 Heilt die Kranken, die dort sind, und sagt ihnen: Das Reich Gottes ist euch nahe!

Impuls vom 25.06.2022, "Wer sich an Gott festmacht, der kann losgehen."

Wer sich an Gott festmacht, der kann losgehen.

Der obige Titel ist ein Zitat der Autorin Andrea Schwarz und greift die Thematik der Nachfolge im heutigen Sonntagsevangelium auf. Die Worte Jesu klingen sehr fordernd und womöglich bedrohlich für diejenigen, die sich auf ihn einlassen und ihm folgen möchten. Es klingt beinahe unempathisch, dass seine Jünger nicht einmal Abschied nehmen sollen von ihrer Familie oder einen nahestehenden Verstorbenen zuvor begraben dürfen. Ganz deutlich stellt Jesus die Relevanz der Verkündigung des Reiches Gottes heraus und dass dies höchste Priorität für die Nachfolge hat. Vermutlich haben diese scharfen Worte Jesu zu Verunsicherung und Zweifeln bei den Menschen geführt. Können sie – die ihm doch nachfolgen wollen – diesen Anforderungen gerecht werden und wollen sie das wirklich? Weitere Ausführungen von Andrea Schwarz können dazu inspirierende Impulse geben:

Wenn man sich auf einen einlässt, der von sich sagt: „Ich bin der Weg“, dann kann man nicht sitzen bleiben. Dann ist Aufbruch angesagt. Das kann ein innerer Aufbruch, ein inneres Losgehen sein, das können Wege sein, die mein Herz geht – das können aber auch ganz konkrete äußere Aufbrüche sein. Das heißt, sich einlassen auf Neues, Anderes, Ungewohntes – auf sein Wort hin. (Andrea Schwarz)

Nachfolge als Aufbruch zu begreifen, erscheint mir sehr passend. Und dennoch macht Andrea Schwarz hier gut deutlich, dass es auch „nur“ oder vorerst ein innerer Aufbruch sein kann, der mich im Herzen bewegt – auch wenn er nicht spürbar für andere oder durch Aktion sichtbar wird. Es ist eine Entscheidung, die von innen kommt und in ihrem Ausdruck variieren kann.

Sowieso gilt: Jesus akzeptiert unsere Entscheidung. Auch wenn sie negativ für die Nachfolge ausfällt, wird Jesus uns Menschen nicht ablehnen oder abweisen, wenn wir zu ihm (zurück-)kommen (Vgl. Jahreslosung 2022: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen. (Joh 6, 37)). Seine Ehrlichkeit und Transparenz machen ganz klar, welche Konsequenzen eine Nachfolge mit sich zieht und wir selbst können so auch die Konsequenzen einer Nicht-Nachfolge abwägen. Ist das, was wir empfangen nicht viel größer als jegliche, subjektive Einbußen und Einsätze, die Jesus von uns fordert?

Es liegt an uns – WIR können und dürfen uns für oder gegen die Nachfolge entscheiden und die Gnade Gottes in unserem Leben wirksam werden lassen.

Thale Schmitz

 

Evangelium: Der Weg Jesu nach Jerusalem

Lk 9, 51-62: Ablehnung und Konsequenz der Nachfolge

51 Es geschah aber: Als sich die Tage erfüllten, dass er hinweggenommen werden sollte, fasste Jesus den festen Entschluss, nach Jerusalem zu gehen. 52 Und er schickte Boten vor sich her. Diese gingen und kamen in ein Dorf der Samariter und wollten eine Unterkunft für ihn besorgen. 53 Aber man nahm ihn nicht auf, weil er auf dem Weg nach Jerusalem war. 54 Als die Jünger Jakobus und Johannes das sahen, sagten sie: Herr, sollen wir sagen, dass Feuer vom Himmel fällt und sie verzehrt? 55 Da wandte er sich um und wies sie zurecht. 56 Und sie gingen in ein anderes Dorf. 57 Als sie auf dem Weg weiterzogen, sagte ein Mann zu Jesus: Ich will dir nachfolgen, wohin du auch gehst. 58 Jesus antwortete ihm: Die Füchse haben Höhlen und die Vögel des Himmels Nester; der Menschensohn aber hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann. 59 Zu einem anderen sagte er: Folge mir nach! Der erwiderte: Lass mich zuerst weggehen und meinen Vater begraben! 60 Jesus sagte zu ihm: Lass die Toten ihre Toten begraben; du aber geh und verkünde das Reich Gottes! 61 Wieder ein anderer sagte: Ich will dir nachfolgen, Herr. Zuvor aber lass mich Abschied nehmen von denen, die in meinem Hause sind. 62 Jesus erwiderte ihm: Keiner, der die Hand an den Pflug gelegt hat und nochmals zurückblickt, taugt für das Reich Gottes.

Impuls vom 18.06.2022, "Ich aber - für wen halte ich IHN?"

Ich aber – für wen halte ich IHN?

Vieles im Leben wird von Mehrheitsmeinungen und Gesellschaftsansichten bestimmt. Ich erlebe häufig, dass es Menschen schwerfällt, eine eigene Meinung zu bilden. Zu stark sind die Außeneinflüsse, sodass wir verlernen in uns selbst hineinzuhorchen und auf das eigene Gefühl zu vertrauen.

Gerade im Glauben und im spirituellen Kontext ist es die persönliche Beziehung zu Gott, die wir pflegen und gestalten wollen. Obwohl die Religiosität ganz individuell und vor allem Privatsphäre ist, gibt es doch viele Gegenstimmen und Diskussionsforen in unserer Gesellschaft und in der Welt. Innerhalb der Communities müssen Menschen sich nicht rechtfertigen, sondern haben im religiösen Sinne Gleichgesinnte gefunden. Tritt man doch aus diesen Rahmen heraus, werden viele bekennende Christen und Christinnen – genauso wie Juden und Jüdinnen, Muslime und Musliminnen z.B. – die Situation kennen, infrage gestellt zu werden. Dabei handelt es sich häufig um Menschen, die großes Interesse daran haben und/oder diese Glaubensebene nicht haben sowie nicht nachvollziehen können. Im Studium – außerhalb des theologischen Kontextes – habe ich diese Nachfragen sehr oft erlebt. Tatsächlich mit ganz unterschiedlichen Hintergründen der Fragenden: Von provokativer Nachfrage bis hin zu Ausdruck von Respekt oder sogar dem Eingeständnis, selber gläubig zu sein und sich nicht so leicht dazu bekennen zu können. Jede Begegnung habe ich als sehr wertvoll empfunden. Die eigene Auseinandersetzung wurde durch die Nachfragen stets vertieft und die neuen Impulse regten weiterführende Gedanken in mir an.

Dass wir uns zu unserem Glauben bekennen und von unserem Gott Zeugnis geben, sollte uns auch durch Provokation und Unverständnis nicht genommen werden. Denn das Wichtigste für eine gelingende Gottesbeziehung ist der ganz eigene und persönliche tiefe Glaube und die Gewissheit, fest dahinter zu stehen und auf die Frage „Für wen halte ich meinen Gott?“ deutlich und klar antworten zu können. Ohne Rechenschaft ablegen zu müssen, schenkt mir diese Gewissheit Standfestigkeit im Glauben, der mich in Hoffnung, Sicherheit und Zuversicht leben lässt. Die Klarheit in der bleibenden Unklarheit (siehe Bild) scheint der Schlüssel zu einem erfüllten Leben mit Gott zu sein. Die Perspektive mit Jesus Christus den Lebensweg gemeinsam zu gehen, lässt uns wie Petrus klar und deutlich auf die Frage im Titel antworten: Für den Christus Gottes (Lk 9, 20b).

Thale Schmitz

 

Evangelium:

Lk 9, 18-24:

18 Und es geschah: Jesus betete für sich allein und die Jünger waren bei ihm. Da fragte er sie: Für wen halten mich die Leute?

19 Sie antworteten: Einige für Johannes den Täufer, andere für Elija; wieder andere sagen: Einer der alten Propheten ist auferstanden.

20 Da sagte er zu ihnen: Ihr aber, für wen haltet ihr mich? Petrus antwortete: Für den Christus Gottes.

21 Doch er befahl ihnen und wies sie an, es niemandem zu sagen.

22 Und er sagte: Der Menschensohn muss vieles erleiden und von den Ältesten, den Hohepriestern und den Schriftgelehrten verworfen werden; er muss getötet und am dritten Tage auferweckt werden.

23 Zu allen sagte er: Wenn einer hinter mir hergehen will, verleugne er sich selbst, nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge mir nach.

24 Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, der wird es retten.

Impuls vom 11.06.2022, "Keine Last, die wir nicht tragen könnten..."

Keine Last, die wir nicht tragen könnten…

Dreieinig und doch dreifaltig – die Zahl drei ist eine symbolische und stärkende Zahl, die mir häufig als Orientierung dient. Aller guten Dinge sind drei ist daher ein sehr passendes Sprichwort.

Allen dreien – Vater, Sohn und heiligem Geist – ist in ihrer Einheit auch gemein, dass sie uns niemals eine Last aufbürden würden, die wir nicht tragen könnten. Jesus bringt es im heutigen Evangelium sehr deutlich ins Wort und spricht: Noch vieles habe ich euch zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht tragen. (Joh 16, 12) Er hat ein Gespür dafür, was er seinen Jüngern und Nachfolgern zumuten kann.

Gott legt uns nie mehr auf, als wir tragen können. (Dietrich Bonhoeffer)

In Anlehnung an diesen Gedanken fiel mir das gerade genannte Zitat von Dietrich Bonhoeffer ein. Es ermutigt mich immer wieder neu, jede Herausforderung anzunehmen und durchzuhalten statt nachzulassen, wenn es brenzlig wird.

Auch die Jünger werden sich in einer brenzligen Situation wiedergefunden haben. Denn Jesus kündigt an, bald nicht mehr bei ihnen zu sein. Es wird ihnen schwergefallen sein, seine Worte zu verstehen und richtig einzuordnen. Dennoch dürfen sie darauf vertrauen, dass der Herr es gut mit ihnen meint und ihnen nichts auferlegt, was sie nicht tragen könnten. Er will ihnen und uns heute die Herausforderungen des Lebens nicht zumuten, sondern vielmehr zutrauen!

Jesus nachzufolgen, bedeutet, sein Kreuz auf sich zu nehmen. Das Bild des skulpturalen Kreuzweges auf dem Friedhof in Brilon-Madfeld (Hochsauerlandkreis) zeigt in sehr eindrücklicher Weise, wie viel Kraft und Entschlossenheit es braucht, um immer neu aufzustehen und sich sowie das Kreuz wieder aufzurichten. Indem wir uns wieder erheben, wird auch das Kreuz erhoben – ganz im Jesu Sinne.

Die tiefe Verbundenheit zwischen Vater, Sohn und Geist ist uns Zeichen und Stärke zugleich. Sie zeigt uns, dass auch wir diese Verbindung haben, sowie leben und gestalten können. Niemand muss sein Kreuz allein tragen! Wir können und dürfen unsere Last teilen und sollen sie sogar Jesus anvertrauen und ihn mittragen lassen. Er lässt uns nicht allein und schenkt uns in seiner Dreieinigkeit den Geist der Wahrheit. Er wird uns leiten, ihm dürfen wir ganz vertrauen und in Zuversicht und Hoffnung leben.

Thale Schmitz

 

Evangelium:

Joh 16, 12-15:

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:

12 Noch vieles habe ich euch zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht tragen.

13 Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in der ganzen Wahrheit leiten. Denn er wird nicht aus sich selbst heraus reden, sondern er wird reden, was er hört, und euch verkünden, was kommen wird.

14 Er wird mich verherrlichen; denn er wird von dem, was mein ist, nehmen und es euch verkünden.

15 Alles, was der Vater hat, ist mein; darum habe ich gesagt: Er nimmt von dem, was mein ist, und wird es euch verkünden.

Impuls vom 04.06.2022, "7 PLUS - Pfingsten ist da!"

7 PLUS – Pfingsten ist da!

Beim Verfassen dieser Zeilen ist unsere Aktion zwar noch nicht im Gange, doch voller Vorfreude blicken wir auf die bevorstehenden, sicherlich zahlreichen Begegnungen in der Stadt. Den Menschen ein Geschenk zu machen, in Form von 7 symbolischen Gegenständen, die uns dem Herabkommen des Heiligen Geistes näher bringen mögen, scheint uns eine tolle Möglichkeit, Pfingsten spürbar zu machen und mit den Menschen in der Stadt – in unserem Forum – ins Gespräch zu kommen.

Was sich hinter den Geschenken bzw. in den Tüten verbirgt, können Sie unter der folgenden Homepage herausfinden: http://7.plus.ruhr/ 

Was ist das Besondere an dieser Aktion? Erstmalig starten wir ein Projekt gemeinsam mit den citypastoralen Teams in Bochum und Essen – „Citypastoral an der A40“. Das bedeutet, wir sind in allen drei Städten gemeinsam unterwegs und verteilen die Tüten. Außerdem haben wir über die Pfingsttage verteilt jeweils einen Gottesdienst geplant. Die symbolische Zahl 7 begegnet uns in verschiedenen Kontexten und besticht durch die hohe Metaphorik. Wer auch noch das PLUS genießen möchte, liest einfach auf der Homepage weiter und erhält begeisternde Hintergrundinformationen und Anregungen.

Während Sie nun diese Zeilen lesen, liegt die Verteil-Aktion sowie der thematisch passende Gottesdienst in Dortmund bereits hinter uns. Ich selbst bin gespannt, wie wir den Tag erleben werden. Ist unser Wunsch in Erfüllung gegangen, in großer Offenheit und Freiheit auf die Menschen zuzugehen und sie durch unsere Begegnung und die Aktion 7 PLUS zu begeistern?

Wie es im Evangelium zum Vorabend zu Pfingsten heißt, ist der Geist am Pfingstsamstag noch nicht gegeben. Jedoch können wir die Menschen auf das Herabkommen des Heiligen Geist vielleicht in gewisser Weise vorbereiten – auf ihn aufmerksam machen und seine Potentiale für die Menschen bewusstmachen. Gewiss ist der Heilige Geist uns heute jederzeit zugegen – wenn wir ihn nur einlassen. Das Pfingstfest und die 7 PLUS Aktion unterstützen uns, ihn in diesen Tagen auf ganz besondere Weise zu spüren und ihm vor allem nachzuspüren. Vielleicht können unsere kleinen Geschenke und die dazugehörigen Impulse und Anregungen auf der Homepage dabei helfen. Lassen Sie sich überraschen und nutzen Sie diese Tage mal ganz besonders, um darauf zu achten, wo der Heilige Geist Ihnen im Alltag begegnet.

Thale Schmitz

 

 

Evangelium:

Joh 7, 37-39:

37 Am letzten Tag des Festes, dem großen Tag, stellte sich Jesus hin und rief: Wer Durst hat, komme zu mir und es trinke,

38 wer an mich glaubt! Wie die Schrift sagt: Aus seinem Inneren werden Ströme von lebendigem Wasser fließen.

39 Damit meinte er den Geist, den alle empfangen sollten, die an ihn glauben; denn der Geist war noch nicht gegeben, weil Jesus noch nicht verherrlicht war.

Impuls vom 28.05.2022, "Wozu ist Christsein gut?"

Wozu ist Christsein gut?

Angesichts dieser bedrohlichen Gedanken stellt sich mir die Frage, wozu Christsein bei alldem gut ist? Dabei kommt mir als erstes das Friedensgebet des Heiligen Franziskus von Assisi in den Sinn – insbesondere die folgenden Verse:

Herr, mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens,

dass ich Liebe übe, wo man hasst;

dass ich verzeihe, wo man beleidigt;

dass ich verbinde, wo Streit ist.

 

Sicherlich ist dies ein gutes und zielführendes Vorhaben, das mehr Macht gewinnt, wenn die Einheit aller Christen auf der Erde dem entgegenstrebt. Christsein bedeutet, dass wir so leben, wie Jesus gelebt hat; dass wir zu anderen hingehen und ihnen konkret helfen. Wir dürfen Gottes Hilfe anbieten, weil Gott in uns allen lebt und der Heilige Geist uns erfüllt. Dazu brauchen wir einen aufmerksamen Blick, um zu sehen, wo Gottes Hilfe benötigt wird; wo wir vergeben können; wo wir Freude schenken dürfen und Trostlosigkeit verschwindet. Gott möchte nicht, dass wir uns trostlos fühlen. Er schenkt uns die Kraft, die Traurigkeit zu überwinden und auch unsere Mitmenschen dort heraus zu holen. Der Heilige Geist wirkt wie eine Energiequelle (wie eine Glühbirne) auf die Welt ein und steht in fester Verbindung zu ihr. Auch wenn die Welt gespalten ist bzw. wird und das Sicherheitsschloss nicht mehr hält, bleibt dennoch die Perspektive erhalten, stets zur Einheit zurückzufinden.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

Joh 17, 20–26

20 Ich bitte nicht nur für diese hier, sondern auch für alle, die durch ihr Wort an mich glauben.

21 Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast.

22 Und ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast, damit sie eins sind, wie wir eins sind,

23 ich in ihnen und du in mir. So sollen sie vollendet sein in der Einheit, damit die Welt erkennt, dass du mich gesandt hast und sie ebenso geliebt hast, wie du mich geliebt hast.

24 Vater, ich will, dass alle, die du mir gegeben hast, dort bei mir sind, wo ich bin. Sie sollen meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast, weil du mich schon geliebt hast vor Grundlegung der Welt.

25 Gerechter Vater, die Welt hat dich nicht erkannt, ich aber habe dich erkannt und sie haben erkannt, dass du mich gesandt hast.

26 Ich habe ihnen deinen Namen kundgetan und werde ihn kundtun, damit die Liebe, mit der du mich geliebt hast, in ihnen ist und ich in ihnen bin.

Impuls vom 21.05.2022, "Dein Geist weht, wo er will!"

Dein Geist weht, wo er will!

In Vorfreude auf Pfingsten verspricht uns Jesus im heutigen Evangelium den Heiligen Geist, der uns immer wieder – auch wenn Jesus nicht mehr sichtbar für die Jünger ist – allgegenwärtig ist. Er lässt uns die Gegenwart Jesu spüren und bestätigt uns den geschenkten Frieden Jesu stets neu. Welch ein Segen, dass wir für den Heiligen Geist bitten dürfen und gerade in schwierigen Situationen seinen Beistand erbeten können.

Der (Lied-)Titel „Dein Geist weht, wo er will“ klingt im ersten Moment sehr unberechenbar für uns Menschen. Wir haben keinen Einfluss auf das Wirken des Heiligen Geistes, doch durch das Gebet öffnen wir uns für ihn und lassen ihn bei uns Wohnung finden. Genau wie Jesus es beschreibt: Wenn jemand mich liebt, wird er mein Wort halten; mein Vater wird ihn lieben und wir werden zu ihm kommen und bei ihm Wohnung nehmen. (Joh 14, 23)

Und doch ist es die Unverfügbarkeit, die uns so viel Hoffnung und Zuversicht schenkt. Der Heilige Geist trägt den Frieden in und durch die Welt und wird dort spürbar, wo ihm Einlass gewährt wird. Die Inhalte des Liedtextes geben uns weitere Impulse:

Dein Geist weht, wo Er will, wir können es nur ahnen. Er greift nach unsren Herzen und bricht sich neue Bahnen.

Dein Geist weht, wo Er will, Er spricht in unsre Stille, in allen Sprachen redet Er, verkündet Gottes Wille.

Dein Geist weht, wo Er will, ist Antrieb für die Liebe, die Hoffnung hat Er aufgeweckt, wo sonst nur Trauer bliebe.

Dein Geist weht, wo Er will, Er ist wie ein Erfinder, aus Erde hat Er uns gemacht als Seines Geistes Kinder.

ER greift nach unseren Herzen – wir müssen sie ihm nur öffnen.

ER spricht in unsere Stille – wir brauchen nur still zu werden.

ER schenkt uns Hoffnung sowie Mut und Wagnis zur Liebe.

ER ist wie ein Erfinder und zeigt uns neue Wege, Perspektiven und Lösungen, die wir nicht für möglich gehalten haben.

Dein Geist ist in dieser Welt, er will uns berühren und Dich bei uns wohnen lassen.

Thale Schmitz

 

Evangelium:

Joh 14, 23–29

23 Jesus antwortete ihm: Wenn jemand mich liebt, wird er mein Wort halten; mein Vater wird ihn lieben und wir werden zu ihm kommen und bei ihm Wohnung nehmen.

24 Wer mich nicht liebt, hält meine Worte nicht. Und das Wort, das ihr hört, stammt nicht von mir, sondern vom Vater, der mich gesandt hat.

25 Das habe ich zu euch gesagt, während ich noch bei euch bin.

26 Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.

27 Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht, wie die Welt ihn gibt, gebe ich ihn euch. Euer Herz beunruhige sich nicht und verzage nicht.

28 Ihr habt gehört, dass ich zu euch sagte: Ich gehe fort und komme wieder zu euch. Wenn ihr mich liebtet, würdet ihr euch freuen, dass ich zum Vater gehe; denn der Vater ist größer als ich.

29 Jetzt schon habe ich es euch gesagt, bevor es geschieht, damit ihr, wenn es geschieht, zum Glauben kommt.

Impuls vom 14.05.2022, "DER HERR AM UFER"

DER HERR AM UFER

 

Wenn wir am Ende sind mit unsrer Kraft,

mit unsrer Hoffnung, daß ein neuer Morgen kommt,

wenn wir enttäuscht die Hände sinken lassen

und meinen, alle Mühe war vergebens,

wenn unsre Netze leer sind, leer wie unsre Hände,

dann stehst du, Herr, am Ufer.

 

Wenn etwas uns gelingt, womit wir nicht gerechnet,

wenn etwas uns geschenkt wird, unverdient,

wenn meine Frau ein treuer Kumpel ist

und wenn die Kinder etwas aus sich machen,

wenn es so viele Gründe gibt zum Danke-sagen,

dann stehst du, Herr, am Ufer.

 

Wenn wir an Menschen denken, die der Hunger quält,

denen der Reis fehlt und der Fisch, ihr täglich Brot,

wenn wir an jene denken, die nach Liebe hungern,

nach Anerkennung, Zärtlichkeit, Gerechtigkeit,

wenn wir an unsre eigene unerfüllte Sehnsucht denken,

dann stehst du, Herr, am Ufer.

 

Wenn uns die Schuld bedrückt, weil wir verleugnet

haben und verraten oder einfach nur vergessen,

wenn uns ein Name einfällt, den wir schwer enttäuscht,

den wir zu wenig liebten, dem wir Unrecht taten,

wenn wir uns fragen, ob wir dich wohl lieben, Gott,

dann stehst du, Herr, am Ufer.

 

Wenn wir zurück an unsre Jugend denken,

an unsre Pläne, die Begeisterung, den Schwung von einst,

wenn wir uns heute sehen und bedenken,

was denn die Früchte sind aus allen diesen Knospen,

wenn wir versuchen, mühsam das zu lernen jetzt:

mich führen lassen, wohin ich nicht will,

und trotzdem dieser Führung zu vertrauen,

dann stehst du, Herr, am Ufer.

 

Wenn wir uns sammeln jetzt um einen schlichten Tisch,

auf dem nichts steht als etwas Brot und Wein,

ein Bissen nur, ein Schluck zum Überleben,

wenn wir das alles, was sich angesammelt hat in uns

an Hoffnung und Enttäuschung der vergangenen Woche,

zusammenfassen in die knappe Bitte:

„Herr, bleibe bei uns!“ – jetzt in dieser Stunde,

und gleich, wenn wir hinausgehn,

und morgen, wenn der graue Alltag wieder kommt,

dann stehst du, Herr, am Ufer.

 

Hermann Josef Coenen

Impuls vom 07.05.2022, "Ist der gute Hirt uns allzeit nah?"

Ist der gute Hirt uns allzeit nah?

Die Verse im heutigen Evangelium sprechen von Jesu Zusage, immer für uns da zu sein. Beim Lesen der Zeilen empfinde ich beinahe eine Art Kuschel-Theologie. Es klingt nach Wohlgefühl und Geborgenheit, die Jesus uns verspricht. Aber ist das in dieser Weise realistisch bzw. spür- und erlebbar in unserem Alltag?

Mit einem Blick auf den Beginn des Lebens zeigt sich vielleicht ein vergleichbares Gefühl. Wohlgeborgen und geschützt ist der ungeborene Mensch im Mutterleib und hört immer wieder die vertraute Stimme der Mutter und darüber hinaus die Stimmen der Menschen in ihrem nächsten Umfeld. Das Kind im Bauch wird auch die Wärme und Berührungen der Mutter spüren, aber auch das Schwere mittragen.

 

Durch einige Gespräche mit einer werdenden Mutter, die ich im Rahmen einer Exerzitienwoche vor vielen Jahren kennenlernen durfte, wurde mir noch einmal mehr bewusst, wie tief und innig die Beziehung zwischen dem ungeborenen Kind und der Mutter ist. Sehr belastet von ihren Lebensumständen und beladen von Schuldgefühlen brachte sie mir gegenüber sehr ehrlich ins Wort, dass sie nicht gewollt hat, dass ihr ungeborenes Kind dies nun alles miterleben und mittragen muss.

Diese Aussage berührte mich sehr und beschäftigte mich nachdrücklich. Über diese Auswirkungen für das Kind hatte ich zuvor noch nie tiefgründig nachgedacht.

Einige Menschen bezeichnen die Geburt als erstes gewaltsames Trauma im Leben. Plötzlich wird es laut und eng für das Kind und es findet sich in einer undurchsichtigen Welt wieder. Das Geborgenheitsgefühl ist durch diesen abrupten Wechsel durchbrochen. Durch die Fürsorge und Zuneigung der Eltern und der Mitmenschen kann diese Geborgenheit wieder geschenkt und spürbar werden. Aber vielleicht ist es auch schon vor der Geburt zu Grenzerfahrungen für das Kind gekommen.

 

Sicherlich ist das ganze Leben durchwoben von Herausforderungen, Hoch- und Tiefpunkten sowie Glück und Trauer. Wir dürfen Momente der Geborgenheit erleben, aber auch Momente großer Unsicherheiten und Ängste. Und auch wenn alles noch so ausweglos scheint, ist Jesus Christus, unser guter Hirte, uns nah. Er verspricht: Ich gebe ihnen ewiges Leben. Sie werden niemals zugrunde gehen und niemand wird sie meiner Hand entreißen. (Joh 10, 28)

 

Thale Schmitz

 

 

Evangelium

Joh 10, 27-30: Ich gebe meinen Schafen ewiges Leben

In jener Zeit sprach Jesus:

27 Meine Schafe hören auf meine Stimme;

ich kenne sie

und sie folgen mir.

28 Ich gebe ihnen ewiges Leben.

Sie werden niemals zugrunde gehen

und niemand wird sie meiner Hand entreißen.

29 Mein Vater, der sie mir gab, ist größer als alle

und niemand kann sie der Hand meines Vaters entreißen.

30 Ich und der Vater sind eins.

Impuls vom 30.04.2022, "Glauben die Jünger denn nicht stark genug?"

Glauben die Jünger denn nicht stark genug?

 

In diesen Wochen der Osterzeit lesen wir immer wieder von den Offenbarungen Jesu an seine Jünger. Er tritt ganz real in ihr Leben zurück und zeigt sich in ihrem Alltag. Auch im heutigen Evangelium geschieht es so: Jesus offenbart sich seinen Jüngern zum dritten Male. Diesmal brauchen sie wesentlich weniger Zeit, um ihn zu erkennen. Seine Zeichen und Wunder sprechen für sich und einer der Jünger spricht es laut aus: „Es ist der Herr!“ (Joh 21, 7b) Es werden keine weiteren Zweifel ins Wort gebracht und auch keine Rückfragen zur Vergewisserung gestellt. Denn sie wussten, dass es der Herr war. (Joh 21, 12b)

Dennoch stellt sich die Frage, warum Jesus sich so viele Male offenbaren muss. Waren nicht auch die vorherigen Begegnungen mit dem Auferstandenen prägend genug, um den Jüngern jegliche Zweifel an dem Osterwunder zu nehmen? Glauben die Jünger denn nicht stark genug, dass auch eine einzelne Begegnung mit ihrem auferstandenen Herrn Großes in Ihnen bewirkt hätte?

Ich denke, dass dies völlig gerechtfertigt ist. Zudem ist es sehr gut übertragbar auf unseren Glauben und unsere Lebenssituation heute. Ein einmaliges Erleben kann einen großen und festen Glauben bewirken und die gesamte Weltsicht verändern. Jedoch sind Bestärkung und Bekräftigung von Nöten, um ihn groß und aufrecht zu erhalten.

Diese Erfahrung mache ich selber immer wieder. Nach einer intensiven Zeit mit Gott im Rahmen von Exerzitien, einer spirituellen Fahrt oder eines Taizé-Besuches oder -Treffens ist der Glaube neu entfacht und wieder stärker für mich spürbar. Dieses Gefühl und diese Wahrnehmung tragen sich weiter in meinen Alltag, doch nach einer gewissen Zeit ebbt es dann auch wieder etwas ab. Es tut sehr gut, immer wieder besondere Gotteserfahrungen machen zu dürfen und diese in einer Gruppe und Weggemeinschaft teilen zu können.

Sicherlich haben auch die Jünger, die die Weggemeinschaft für und mit Jesus gebildet haben, dieses große Bedürfnis gehabt. Sie brauchten die Begegnungen mit ihrem auferstandenen Herrn, um ihrem Glauben Gestalt geben zu können und diesen auszubauen. Gerade nach einer Zeit großer Ernüchterung, Trauer und Verzweiflung in den Tagen nach Jesu Leiden. Wir brauchen Hoffnung, die immer neu erfahrbar wird.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium

Joh 21, 1-19:

Die Erscheinung Jesu am See von Tiberias

1 Danach offenbarte sich Jesus den Jüngern noch einmal, am See von Tiberias, und er offenbarte sich in folgender Weise. 2 Simon Petrus, Thomas, genannt Didymus, Natanaël aus Kana in Galiläa, die Söhne des Zebedäus und zwei andere von seinen Jüngern waren zusammen. 3 Simon Petrus sagte zu ihnen: Ich gehe fischen. Sie sagten zu ihm: Wir kommen auch mit. Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot. Aber in dieser Nacht fingen sie nichts. 4 Als es schon Morgen wurde, stand Jesus am Ufer. Doch die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war. 5 Jesus sagte zu ihnen: Meine Kinder, habt ihr keinen Fisch zu essen? Sie antworteten ihm: Nein. 6 Er aber sagte zu ihnen: Werft das Netz auf der rechten Seite des Bootes aus und ihr werdet etwas finden. Sie warfen das Netz aus und konnten es nicht wieder einholen, so voller Fische war es. 7 Da sagte der Jünger, den Jesus liebte, zu Petrus: Es ist der Herr! Als Simon Petrus hörte, dass es der Herr sei, gürtete er sich das Obergewand um, weil er nackt war, und sprang in den See. 8 Dann kamen die anderen Jünger mit dem Boot – sie waren nämlich nicht weit vom Land entfernt, nur etwa zweihundert Ellen – und zogen das Netz mit den Fischen hinter sich her. 9 Als sie an Land gingen, sahen sie am Boden ein Kohlenfeuer und darauf Fisch und Brot liegen. 10 Jesus sagte zu ihnen: Bringt von den Fischen, die ihr gerade gefangen habt! 11 Da stieg Simon Petrus ans Ufer und zog das Netz an Land. Es war mit hundertdreiundfünfzig großen Fischen gefüllt, und obwohl es so viele waren, zerriss das Netz nicht. 12 Jesus sagte zu ihnen: Kommt her und esst! Keiner von den Jüngern wagte ihn zu befragen: Wer bist du? Denn sie wussten, dass es der Herr war. 13 Jesus trat heran, nahm das Brot und gab es ihnen, ebenso den Fisch. 14 Dies war schon das dritte Mal, dass Jesus sich den Jüngern offenbarte, seit er von den Toten auferstanden war.

Der Auftrag an Petrus und sein Ruf in die Nachfolge

15 Als sie gegessen hatten, sagte Jesus zu Simon Petrus: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als diese? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Lämmer! 16 Zum zweiten Mal fragte er ihn: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe! 17 Zum dritten Mal fragte er ihn: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Da wurde Petrus traurig, weil Jesus ihn zum dritten Mal gefragt hatte: Liebst du mich? Er gab ihm zur Antwort: Herr, du weißt alles; du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe! 18 Amen, amen, ich sage dir: Als du jünger warst, hast du dich selbst gegürtet und gingst, wohin du wolltest. Wenn du aber alt geworden bist, wirst du deine Hände ausstrecken und ein anderer wird dich gürten und dich führen, wohin du nicht willst. 19 Das sagte Jesus, um anzudeuten, durch welchen Tod er Gott verherrlichen werde. Nach diesen Worten sagte er zu ihm: Folge mir nach!

Impuls vom 23.04.2022, "Verpasst Thomas die einzigartige Chance?"

Verpasst Thomas die einzigartige Chance?

Anhand der Bibelstelle im heutigen Evangelium durfte ich erleben, wie durch einen intensiven Austausch im Rahmen eines Bibelteilens viele neue Erkenntnisse entstehen können. So bekam ich durch eigene Impulse in der Stille sowie Anregungen aus meiner Austauschgruppe ein ganz neues Bild von Thomas, dem Jünger Jesu, der vermeintlich nicht glauben wollte. Einige Gedanken möchte ich auch hier nun teilen:

Vermutlich war es für Thomas schwer auszuhalten, solch ein prägendes, einschneidendes Erlebnis mit Jesu Erscheinen versäumt zu haben. Seine Reaktion und seine Worte waren inhaltlich vielleicht gar nicht in seiner Wut begründet. Er drückte auf diese Weise vielmehr seinen Frust darüber aus, dass er nicht dabei gewesen war.

Bestärkt sehe ich diese hypothetische Vorstellung darin, dass es bei der realen Begegnung von Thomas mit dem auferstandenen Jesus letztendlich gar nicht zu einer Berührung der Wunden Jesu kommt. Was Thomas ankündigt, sehen zu müssen, um glauben zu können, findet praktisch nicht statt, als Jesus wieder durch die verschlossene Tür in die Mitte der Jünger tritt. Jesus fordert Thomas zwar dazu auf, doch es steht nicht geschrieben, dass Thomas dem nachgeht. Allein die Erscheinung und der Friedensgruß Jesu scheinen in ihm tiefen Glauben ausgelöst zu haben.

Thomas erlebt also acht Tage lang eine Zeit der inneren Unruhe – die anderen Jünger hatten den nötigen Frieden bereits von Jesus zugesagt bekommen. Dies hat den Druck in Thomas sicherlich erhöht. Acht Tage des Grübelns und Nachdenkens enden jedoch in erlösender Befreiung, als Jesus sich auch ihm offenbart.

Der Friede Gottes ist kraftspendendes und lebensnotwendiges Gut für uns Menschen. Durch Jesus den Heiligen Geist eingehaucht zu bekommen, ist zudem eine erfrischende und hoffnungsspende Vorstellung. Darauf möchte ich mich immer wieder in schwierigen Momenten besinnen – die Augen schließen, Jesu Atemhauch spüren und neue Kraft schöpfen.

Durch geschlossene Türen tritt Jesus in unser Leben und jede Angstsituation hinein. Er bringt uns Frieden und neue Geisteskraft für jede Herausforderung. Wir dürfen sicher sein: Auch wenn wir eine Situation verpassen und ihm vermeintlich nicht begegnen, gibt es eine zweite (und sicherlich viele weitere) Chancen. Wir brauchen nicht in Unruhe zu verfallen, sondern dürfen auf ihn hoffen und ihm vertrauen.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium

Joh 20, 19-31:

Die Erscheinung Jesu vor allen Jüngern am Osterabend

19 Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden bei verschlossenen Türen beisammen waren, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! 20 Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, als sie den Herrn sahen. 21 Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. 22 Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sagte zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! 23 Denen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; denen ihr sie behaltet, sind sie behalten.

Eine weitere Erscheinung Jesu und der Glaube des Thomas

24 Thomas, der Didymus genannt wurde, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. 25 Die anderen Jünger sagten zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er entgegnete ihnen: Wenn ich nicht das Mal der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in das Mal der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht. 26 Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder drinnen versammelt und Thomas war dabei. Da kam Jesus bei verschlossenen Türen, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch! 27 Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger hierher aus und sieh meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! 28 Thomas antwortete und sagte zu ihm: Mein Herr und mein Gott! 29 Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.

Erster Schluss des Johannesevangeliums

30 Noch viele andere Zeichen hat Jesus vor den Augen seiner Jünger getan, die in diesem Buch nicht aufgeschrieben sind. 31 Diese aber sind aufgeschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben Leben habt in seinem Namen.

Impuls zu Ostern, "Leiden-schaf(f)!t"

Leiden-schaf(f)t!

Die Ostergeschichte zeigt uns eine oft nicht wahrgenommene Bedeutung des Wortes „Leidenschaft“. Die Leidensgeschichte Jesu wird auch häufig als „Passion Christi“ betitelt, selten jedoch als „Leidenschaft Christi“.

Dabei sind Passion und Leidenschaft doch weitestgehend Synonyme, wenn wir an die etymologische Herkunft des Wortes denken oder auch an die Herleitung aus dem Englischen mit dem Wort passion.

Leidenschaft klingt für mich nach einem Gefühl von Erfülltsein, ganz in den Bann gezogen sein durch eine Erkenntnis oder Tätigkeit, die mich antreibt, weiterzumachen. Durchweg positiv konnotiert ist dieses Wort, wenn ich es kontextunabhängig betrachte und im Idealfall kann ich eine Leidenschaft mit meinem Beruf verknüpfen und so zur Berufung werden lassen.

Die Passion Christi rückt diese Gedanken allerdings in ein anderes Licht. Sie erzählt von Leid und einer ganzen Leidensgeschichte, die weniger davon spricht, dass Jesus seine Leidenschaft im zuvor genannten Sinne ausleben kann. Doch an dieser Stelle tritt eine neue Sichtweise auf und ich erkenne das Wort in anderer Weise: Leiden schaf(f)t (…)! Leiden lässt etwas entstehen, schafft Neues! Gerade die Geschichte Jesu zeigt uns, dass Leiden Hoffnung und Erlösung schaffen und bedeuten kann. Dazu schreibt und singt Oliver Fietz in seinem Lied „Jesus, du meine Passion“:

Dein Leiden schafft, was kein Mensch sonst vermag. (ABAKUS Musik)

Aber auch wenn wir in die eigenen Lebens- und Leidensgeschichten schauen, werden wir feststellen, dass eine schwierige Zeit – eine Krise, eine Trennung, eine Krankheit oder der Verlust eines Menschen – uns oft neue Perspektiven eröffnet hat. Ich bin sicher, dass tiefe Leidenserfahrungen etwas in uns auslösen, uns prägen und Raum für neue Leidenschaften im „eigentlichen“ Sinne schaffen können. Dabei gilt auch, dass das Leiden geschafft und getragen werden will. Das Durchhalten, Annehmen und Akzeptieren von großen Herausforderungen und Schmerzen ist sicherlich nicht einfach. Glücklicherweise müssen wir auch durch die größten Ängste nicht alleine gehen und dürfen sicher sein: Da geht einer mit und begleitet uns!

Leiden lässt das Leben in neuem Licht (!) sehen.

Thale Schmitz

Impuls vom 09.04.2022, "Wenn sie schweigen, werden die Steine schreien."

Wenn sie schweigen, werden die Steine schreien.

Ganz aus dem Kontext des Evangeliums gerissen, erinnert mich dieser Vers aus dem Lukasevangelium (Lk 19, 40) an die Stolpersteine – ein Projekt, das die Erinnerung an die Vertreibung und Vernichtung der Juden, der Zigeuner / Sinti und Roma, der politisch Verfolgten, der Homosexuellen, der Zeugen Jehovas und der Euthanasieopfer im Nationalsozialismus lebendig erhält. (www.stolpersteine.eu)

Damals in der Schule sind wir im Rahmen des Religionsunterrichtes durch die Straßen gelaufen und haben nach den Stolpersteinen in unserer Heimatstadt Ausschau gehalten. Begleitet wurden wir dabei von Gunter Demnig, der die Stolpersteine seit 1996 verlegt. Zuvor waren sie mir nie aufgefallen, doch die Idee berührte mich sehr. Es folgte eine von uns SchülerInnen organisierte Podiumsdiskussion. Menschen aus unterschiedlichen Bereichen sowie SchülerInnen besetzten das Podium und es wurden auch Negativstimmen zur Idee der Stolpersteine laut. Ein Mann war der Ansicht, dass die Stolpersteine zur Erinnerung der verschleppten und ermordeten Menschen im Nationalsozialismus nicht würdig seien, da man sie mit Füßen trete.

Seitdem liegt es mir besonders am Herzen, die Stolpersteine, die mir sozusagen vor die Füße fallen, bewusst zu lesen und einen Moment innezuhalten. Sehe ich Menschen, die sie stattdessen gar nicht wahrnehmen und leider nicht über sie stolpern, stelle ich mir vor, wie die Steine am liebsten schreien würden. Sie schreien nach Aufmerksamkeit, Erkenntnis und vor allem Gedenken. Und sie tun dies in Stellvertretung für die Menschen, an die sie erinnern.

Dieses Bild finden wir auch im heutigen Evangelium des Einzugs Jesu in Jerusalem wieder. Die Pharisäer wollen die Jünger zum Schweigen bewegen, doch Jesus erwidert: Wenn sie schweigen, werden die Steine schreien. (Lk 19, 40) So gibt er ihnen die Botschaft mit, dass niemand mundtot gemacht werden kann. Das Geschehene wird in Erinnerung behalten. Steine überdauern unser Menschenleben und begleiten uns auch als Grabsteine im Tod. Sie beinhalten unsere Lebensdaten und häufig auch einen Spruch oder eine andere Gestaltung, die uns einen persönlichen Ausdruck verleiht. In dieser Symbolik bekommen Steine Vieles mit, was uns Menschen bewegt. So stelle ich mir auch vor, wie die Steine zurzeit in der Ukraine schreien und aus all der Unbegreiflichkeit vor Wut zerbrechen und dennoch nichts in Vergessenheit gerät.

Thale Schmitz

 

Evangelium

Lk 19, 28-40: Der Einzug Jesu in Jerusalem

28 Nach dieser Rede zog Jesus voran und ging nach Jerusalem hinauf. 29 Und es geschah: Er kam in die Nähe von Betfage und Betanien, an den Berg, der Ölberg heißt, da schickte er zwei seiner Jünger aus 30 und sagte: Geht in das Dorf, das vor uns liegt! Wenn ihr hineinkommt, werdet ihr dort ein Fohlen angebunden finden, auf dem noch nie ein Mensch gesessen hat. Bindet es los und bringt es her! 31 Und wenn euch jemand fragt: Warum bindet ihr es los?, dann antwortet: Der Herr braucht es. 32 Die Ausgesandten machten sich auf den Weg und fanden alles so, wie er es ihnen gesagt hatte. 33 Als sie das Fohlen losbanden, sagten die Leute, denen es gehörte: Warum bindet ihr das Fohlen los? 34 Sie antworteten: Weil der Herr es braucht. 35 Dann führten sie es zu Jesus, legten ihre Kleider auf das Fohlen und halfen Jesus hinauf. 36 Während er dahinritt, breiteten die Jünger ihre Kleider auf dem Weg aus. 37 Als er sich schon dem Abhang des Ölbergs näherte, begann die Schar der Jünger freudig und mit lauter Stimme Gott zu loben wegen all der Machttaten, die sie gesehen hatten. 38 Sie riefen: Gesegnet sei der König, der kommt im Namen des Herrn. Im Himmel Friede und Ehre in der Höhe! 39 Da riefen ihm einige Pharisäer aus der Menge zu: Meister, weise deine Jünger zurecht! 40 Er erwiderte: Ich sage euch: Wenn sie schweigen, werden die Steine schreien.

Impuls vom 02.04.2022, "Wer bin ich über andere zu urteilen?"

Wer bin ich über andere zu urteilen?!

Lange habe ich mich gefragt, warum ich große Diskussionen mit anschuldigendem Charakter untereinander (z.B. in politischen Kontexten) nicht gut verfolgen und ertragen konnte. Ich bezog es auf ein Desinteresse an Politik im Allgemeinen oder in Bezug auf das Diskussionsthema. Diese mir selbst zugeschriebene Eigenschaft bedauerte ich sehr. Gehört es nicht dazu, dass genau diese Themen besprochen und von mir gehört werden?

Mittlerweile verstehe ich, dass ich nicht den Themen ausweichen will, sondern der Umgang unter den Diskutierenden und die Atmosphäre in diesen Kontexten für mich ein großes Problem darstellen. Häufig ist es in hitzigen Diskussionen so, dass die verschiedenen Seiten ihre starke Meinung vertreten und zumeist darauf beharren. Sie wollen fest und standhaft bleiben und weisen andere und/oder gegensätzliche Meinungen gänzlich ab. In diesem Zuge geht aus meiner Sicht eine Verurteilung anderer Denkweisen einher. Natürlich sind dieser Prozess und diese wechselseitige Spannung gerade in der Politik natürlich und notwendig, jedoch fehlt mir eine Ebene der Wertschätzung und gegenseitiger Anerkennung.

In noch extremerer Weise erleben wir es im heutigen Evangelium: Die Schriftgelehrten und Pharisäer bringen Jesus voller gemeinschaftlicher Überzeugung eine Frau und beschuldigen sie des Ehebruchs. Neben der Tatsache, dass sie die Frau zum Tode verurteilen wollen, nutzen sie die Gelegenheit obendrein, um Jesus auf die Probe zu stellen. In all der Aufruhr bleibt Jesus jedoch ganz gelassen, denn er bückte sich und schrieb mit dem Finger auf die Erde (Joh 8, 6b). Diese Ruhe provoziert die Anklagenden vermutlich sehr. Dabei ist es ein guter Hinweis Jesu, nicht zu voreilig zu handeln und eine Reaktion zu zeigen. Vielmehr empfiehlt sich eine Zeit des Nachdenkens und Reflektierens. Die Entlarvung der Schriftgelehrten und Pharisäer durch Jesus bringt sie auf den Boden der Tatsachen zurück und lässt sie die eigene Sündhaftigkeit erkennen. Dabei ist auch interessant, dass die Ältesten zuerst verstehen und den Ort verlassen – vielleicht aufgrund der erworbenen Lebensweisheit.

Auch wenn wir rechtschaffend leben wollen, müssen wir Menschen nicht verurteilen. Das steht uns gar nicht zu! Vielleicht gelingt es uns sogar das Leben und Handeln anderer Menschen überhaupt nicht zu beurteilen und so zu leben und leben zu lassen.

Thale Schmitz

 

Evangelium

Joh 8, 1-11: Jesus und die Ehebrecherin

1 Jesus aber ging zum Ölberg.

2 Und frühmorgens kam er wieder in den Tempel, und alles Volk kam zu ihm, und er setzte sich und lehrte sie.

3 Aber die Schriftgelehrten und Pharisäer brachten eine Frau, beim Ehebruch ergriffen, und stellten sie in die Mitte

4 und sprachen zu ihm: Meister, diese Frau ist auf frischer Tat beim Ehebruch ergriffen worden.

5 Mose aber hat uns im Gesetz geboten, solche Frauen zu steinigen. Was sagst du?

6 Das sagten sie aber, ihn zu versuchen, damit sie ihn verklagen könnten. Aber Jesus bückte sich und schrieb mit dem Finger auf die Erde.

7 Als sie nun fortfuhren, ihn zu fragen, richtete er sich auf und sprach zu ihnen: Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie.

8 Und er bückte sich wieder und schrieb auf die Erde.

9 Als sie aber das hörten, gingen sie weg, einer nach dem andern, die Ältesten zuerst; und Jesus blieb allein mit der Frau, die in der Mitte stand.

10 Jesus aber richtete sich auf und fragte sie: Wo sind sie, Frau? Hat dich niemand verdammt?

11 Sie antwortete: Niemand, Herr. Und Jesus sprach: So verdamme ich dich auch nicht; geh hin und sündige hinfort nicht mehr.

Impuls vom 26.03.2022, "Worauf hoffe ich?"

Worauf hoffe ich?

Ich hoffe auf mir zugewandte Menschen, die mich stützen und begleiten.

Ich hoffe, dass die Welt sich immer weiterdreht und wir auf das Gute bedacht sind.

Ich hoffe auf Veränderungen, die das Reich Gottes auf Erden näher bringen und uns Menschen auf das Wesentliche besinnen lassen.

Ich hoffe, dass viele den Mut haben und das Wagnis wagen, zu dem zu stehen, was sie denken und fühlen – zu revolutionieren und auch zu rebellieren.

Ich hoffe, dass es weniger Krankheit gibt und die Hoffnung über das Leid stets siegt.

Ich hoffe, dass ich geliebt bin – von oben und von Menschen, die mich umgeben.

Ich hoffe, dass es keine Kriege mehr gibt und die Menschheit sich entscheidet, in den Frieden zu ziehen.

Ich hoffe, dass mein Gebet einen Hörer hat und Gott nur eine Handbreit hinter meiner Schulter steht.

Ich hoffe, dass die Ehrlichkeit gewinnt und die Menschen sich zugewandt sind.

Ich hoffe auf die richtigen Worte im richtigen Moment und dass dann plötzlich alles stimmt.

Ich hoffe auf ein Licht in dunkler Nacht, das auch die finstersten Stunden erträglich macht.

Ich hoffe, dass alles gut wird, selbst dann, wenn es gar nicht danach aussieht.

Ich hoffe, dass ich Versprechen halten kann und mein Leben etwas bewirken kann.

Ich hoffe auf Wunder, die hinterrücks passieren und Träume, die in Erfüllung gehen.

Ich hoffe, dass wir einander ein Segen sind und dieser in der Welt spürbar wird.

Ich hoffe, dass Gedichte und Texte Mut machen und wir Vieles wieder gut machen.

Ich hoffe, dass die Tür weit offen steht, wenn ich wieder heimkomme – genau wie es der verlorene Sohn erleben durfte.

Und was hoffen Sie? Worauf hoffst du?

Thale Schmitz

 

Evangelium

Lk 15, 1-3. 11-32

Vom verlorenen Schaf

1 Es nahten sich ihm aber allerlei Zöllner und Sünder, um ihn zu hören.

2 Und die Pharisäer und Schriftgelehrten murrten und sprachen: Dieser nimmt die Sünder an und isst mit ihnen.

3 Er sagte aber zu ihnen dies Gleichnis und sprach:

Vom verlorenen Sohn

11 Und er sprach: Ein Mensch hatte zwei Söhne.

12 Und der jüngere von ihnen sprach zu dem Vater: Gib mir, Vater, das Erbteil, das mir zusteht. Und er teilte Hab und Gut unter sie.

13 Und nicht lange danach sammelte der jüngere Sohn alles zusammen und zog in ein fernes Land; und dort brachte er sein Erbteil durch mit Prassen.

14 Als er nun all das Seine verbraucht hatte, kam eine große Hungersnot über jenes Land und er fing an zu darben

15 und ging hin und hängte sich an einen Bürger jenes Landes; der schickte ihn auf seinen Acker, die Säue zu hüten.

16 Und er begehrte, seinen Bauch zu füllen mit den Schoten, die die Säue fraßen; und niemand gab sie ihm.

17 Da ging er in sich und sprach: Wie viele Tagelöhner hat mein Vater, die Brot in Fülle haben, und ich verderbe hier im Hunger!

18 Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir.

19 Ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße; mache mich zu einem deiner Tagelöhner!

20 Und er machte sich auf und kam zu seinem Vater.

Als er aber noch weit entfernt war, sah ihn sein Vater und es jammerte ihn; er lief und fiel ihm um den Hals und küsste ihn.

21 Der Sohn aber sprach zu ihm: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir; ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße.

22 Aber der Vater sprach zu seinen Knechten: Bringt schnell das beste Gewand her und zieht es ihm an und gebt ihm einen Ring an seine Hand und Schuhe an seine Füße

23 und bringt das gemästete Kalb und schlachtet’s; lasst uns essen und fröhlich sein!

24 Denn dieser mein Sohn war tot und ist wieder lebendig geworden; er war verloren und ist gefunden worden. Und sie fingen an, fröhlich zu sein.

25 Aber der ältere Sohn war auf dem Feld. Und als er nahe zum Hause kam, hörte er Singen und Tanzen

26 und rief zu sich einen der Knechte und fragte, was das wäre.

27 Der aber sagte ihm: Dein Bruder ist gekommen und dein Vater hat das gemästete Kalb geschlachtet, weil er ihn gesund wiederhat.

28 Da wurde er zornig und wollte nicht hineingehen. Da ging sein Vater heraus und bat ihn.

29 Er antwortete aber und sprach zu seinem Vater: Siehe, so viele Jahre diene ich dir und habe dein Gebot noch nie übertreten, und du hast mir nie einen Bock gegeben, dass ich mit meinen Freunden fröhlich gewesen wäre.

30 Nun aber, da dieser dein Sohn gekommen ist, der dein Hab und Gut mit Huren verprasst hat, hast du ihm das gemästete Kalb geschlachtet.

31 Er aber sprach zu ihm: Mein Sohn, du bist allezeit bei mir und alles, was mein ist, das ist dein.

32 Du solltest aber fröhlich und guten Mutes sein; denn dieser dein Bruder war tot und ist wieder lebendig geworden, er war verloren und ist wiedergefunden.

Impuls vom 19.03.2022, "Buße tun heißt abwarten und vertrauen"

Buße tun heißt abwarten und vertrauen

Abwarten ist eine große Herausforderung für viele Menschen. Unsicherheit beängstigt und am liebsten hätten wir stets die Kontrolle über unser Handeln und auch über die äußeren Lebensumstände. Obwohl ich mich im Vertrauen übe, bin ich wesentlich entspannter, wenn ich weiß, was vor mir liegt und alles im Griff habe. Das ist eigentlich schade, denn Unerwartetes kann doch so erfrischend und überraschend sein. Ich denke, dass auch Optimismus und die Fähigkeit des Abwartens bzw. Abwarten Könnens eng verzahnt sind. Wer vertraut und das Positive absieht, kann auch darauf warten. Diese Gedanken finden sich im Gleichnis vom Feigenbaum, welches den zweiten Teil des Sonntagsevangeliums umfasst. Der Weingärtner scheint hoffnungsvoll auf das Blühen des Feigenbaums zu warten; der Besitzer dagegen ist viel voreiliger und will den nutzlosen Baum nicht länger vom Boden ernähren lassen. Gedeihen lassen, zulassen, dass es Hoffnung und neues Leben gibt – das scheint der Schlüssel zu sein.

Doch inwiefern steht dieses Gleichnis im Zusammenhang mit dem ersten Teil des Evangeliums? Jesus macht darin deutlich, dass nicht die Sünden aufgerechnet werden, sondern dass die Buße und der Wille zur Umkehr zählen. Im Umkehrschluss beinhalten diese Worte das große Geschenk, welches uns Jesus gemacht hat: Er ist für unsere Sünden gestorben und gibt uns immer wieder eine neue Chance zur Umkehr. Der Glaube an das Gute in mir selbst und das von Gott Geschaffene spielt dabei eine große Rolle. Die Hoffnung nicht aufzugeben und auf das Fruchtbare zu vertrauen, sind die Schlüssel- und Königsdisziplinen. Jesus hat uns die Fähigkeit geschenkt, unser Tun und Handeln zu reflektieren und falsche Wege zu erkennen. Dennoch ermahnt er uns im heutigen Text, dies nicht zu vergessen. Ausnahmslos jeder und jede hat seine Daseinsberechtigung vor Gott. Auch wenn wir uns mal wertlos und nutzlos fühlen und aus unserer Sicht keine Frucht bringen, bleibt diese bedingungslos bestehen. Vielleicht ist es die große Herausforderung, die Früchte am Baum überhaupt erkennen und somit finden zu können. Die Augen offenhalten, das Gute suchend – auch in mir – scheint mir ein guter Weg zu sein.

Buße tun bedeutet also auch Abwarten und Gedeihen lassen. Geduldig sein im Vertrauen auf Gott und aufmerksam bleiben für seine Botschaften, das ist das Ziel!

Thale Schmitz

 

Evangelium

Lk 13, 1-9: Der Untergang der Galiläer. / Das Gleichnis vom Feigenbaum

1 Es kamen aber zu der Zeit einige, die berichteten ihm von den Galiläern, deren Blut Pilatus mit ihren Opfern vermischt hatte.

2 Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Meint ihr, dass diese Galiläer mehr gesündigt haben als alle anderen Galiläer, weil sie das erlitten haben?

3 Ich sage euch: Nein; sondern wenn ihr nicht Buße tut, werdet ihr alle auch so umkommen.

4 Oder meint ihr, dass die achtzehn, auf die der Turm in Siloah fiel und sie erschlug, schuldiger gewesen sind als alle anderen Menschen, die in Jerusalem wohnen?

5 Ich sage euch: Nein; sondern wenn ihr nicht Buße tut, werdet ihr alle auch so umkommen.

Das Gleichnis vom Feigenbaum

6 Er sagte ihnen aber dies Gleichnis: Es hatte einer einen Feigenbaum, der war gepflanzt in seinem Weinberg, und er kam und suchte Frucht darauf und fand keine.

7 Da sprach er zu dem Weingärtner: Siehe, ich bin nun drei Jahre lang hergekommen und habe Frucht gesucht an diesem Feigenbaum und finde keine. So hau ihn ab! Was nimmt er dem Boden die Kraft?

8 Er aber antwortete und sprach zu ihm: Herr, lass ihn noch dies Jahr, bis ich ihn umgrabe und ihn dünge;

9 vielleicht bringt er doch noch Frucht; wenn aber nicht, so hau ihn ab.

Impuls vom 12.03.2022, "ES IST FÜNF VOR ZWÖLF – Lasset uns beten!"

ES IST FÜNF VOR ZWÖLF – Lasset uns beten!

In Dortmund laden die Katholische Stadtkirche und das Katholische Forum montags bis samstags um 11.55 Uhr draußen im Propsteihof zu einem  Friedensgebet ein – passend zu einem zeitlos starken Gedanken aus dem GOTTESLOB von 1975, wo es unter der Nummer 1 u.a. heißt: Der Christ hat nicht nur den Auftrag, für sich selbst zu beten; betend wird er zur Stimme der Kirche in der ganzen Welt. Gott braucht mein Gebet nicht, aber mein Leben braucht das Gebet.  Gebet hat nicht die Absicht, die Welt aktiv zu verändern. Aber seine verwandelnde Kraft verändert den Menschen.

In inhaltlicher Anlehnung an das seit dem Golfkrieg Anfang der 1990er Jahre tägliche Friedensgebet der Benediktinerinnenabtei St. Scholastika in Dinklage laden wir mitten am Tag zum Gebet ein – passend zu folgendem Gedicht von Reinhold Schneider (1903-1958) aus dem Jahr 1936:

Allein den Betern kann es noch gelingen,
das Schwert ob unsren Häuptern aufzuhalten
und diese Welt den richtenden Gewalten
durch ein geheiligt Leben abzuringen.

Denn Täter werden nie den Himmel zwingen:
was sie vereinen, wird sich wieder spalten,
was sie erneuern, über Nacht veralten,
und was sie stiften, Not und Elend bringen.

Jetzt ist die Zeit, da sich das Heil verbirgt,
und Menschenhochmut auf dem Markte feiert,
indes im Dom die Beter sich verhüllen,
bis Gott aus unsern Opfern Segen wirkt
und in den Tiefen, die kein Aug entschleiert,
die trockenen Brunnen sich mit Leben füllen.


In Anknüpfung an das Gedicht geht unser Beten um Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung über den Krieg Russlands gegen die Ukraine hinaus – einige Intentionen seien exemplarisch aufgeführt: Paralympics in Peking, Klimakrise, Kirchenkrise, Corona, Missbrauchsskandale, Fußballweltmeisterschaft in Katar, Terror und Gewalt…

Wozu das Ganze? Was soll das Beten bringen? Die Antwort hängt ab vom je persönlichen Gottesbild und Gebetsverständnis. In Anknüpfung an die obigen GOTTESLOB-Gedanken antworte ich auf die Frage nach Sinn und Zweck des Betens mit folgendem Zitat aus einem mich faszinierenden Buch: Das Boot, Symbol für mich und mein zerbrechliches Leben wie für die große Gemeinschaft und ihre Probleme, hält derweil stand und kommt voran. Nicht, weil der Wind sich legt, nicht, weil es keine Probleme mehr gibt, sondern durch das leise Wunder der weiter rudernden Ruderer, die sich gegenseitig stützen und Mut machen. Gott handelt nicht als unser Ersatzmann, er holt uns nicht aus den Stürmen heraus, sondern stützt und hält uns in den Stürmen. Gott bewahrt uns nicht VOR allem Leid, aber er bewahrt und trägt uns IN allem Leid. (vgl. ‚Die nackten Fragen des Evangeliums‘, HG: Ermes Ronchi, Verlag Neue Stadt, S. 36f)

Und siehe, ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt. (Mt 28,20b) In tiefem Vertrauen auf diese Verheißung Jesu folgen wir so in guten wie in schlechten Zeiten der biblischen Einladung: Betet ohne Unterlass. (1 Thess 5,17)

Impuls vom 05.03.2022, "Und das soll euch als Zeichen dienen" (Lk 2,12a)

Und das soll euch als Zeichen dienen (Lk 2,12a)

Sich Versuchungen zum Bösen nicht hinzugeben, ist die eine Sache. Denn die Gefahr verleitet zu werden, ist allgegenwärtig. Da heißt es aufmerksam und wachsam sein und das eigene Handeln zu prüfen und zu reflektieren.

Eine andere Sache ist es, dass Gute glauben zu wollen und voll Zuversicht auf positive Veränderungen hoffen zu können.

Schon häufig habe ich Menschen erlebt, die über Gott erbost waren. Sie hatten in einer schwierigen Lage zu ihm gebetet und behaupteten, sie seien nicht erhört worden. Solch eine Aussage zu treffen, löste in mir beinahe Gänsehaut aus, denn woran machen sie das fest? Ich erinnere mich in meiner frühen Jugend an ein Gespräch mit einer damaligen Freundin, deren Mutter eine Krebsdiagnose diagnostiziert bekommen hatte. Mir gegenüber äußerte sie dominierend über ihre Trauer, dass man mit Gott nichts anfangen könne. Sie habe zu ihm gebetet und es sei absolut nichts passiert. Natürlich saß der Schock bei ihr noch tief, aber es stand dennoch recht gut um ihre Mutter. Sie hatte allen Grund zu hoffen, dass die Mutter vollständig geheilt würde. Anhand dieser Erfahrung ist mir bewusst geworden, wie starrsinnig zuweilen deutliche Zeichen von Gott erwartet werden. Viele Menschen brauchen wirklich sichtbare Bestätigungen Gottes, ohne die sie nicht weiter vertrauensvoll am Glauben festhalten.

Mit Blick auf das Sonntagsevangelium, das die Versuchung Jesu in der Wüste durch den Teufel beschreibt, frage ich mich: Wenn wir doch nicht versucht werden wollen – vom Teufel schon gar nicht, aber natürlich auch nicht von Gott: Ist es dann rechtmäßig, dass wir unseren Herrn versuchen, indem wir um Zeichen und Bestätigung unserer Wünsche und Vorstellungen bitten bzw. diese sogar fordern? Die Antwort finden wir schon in der Bibel geschrieben: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen! (Mt 4,7) Damit möchte ich nicht ausschließen, dass es spürbare Zeichen und Wunder geben kann. Doch wie in dem nachfolgenden Bild dargestellt, wird es auf ein gesprochenes Gebet wohl keine direkte Antwort, die im Himmel zeichenhaft geschrieben steht, geben.

Wie der Vers im Weihnachtsevangelium und hier als Titel suggeriert, durften die Hirten damals wahre Zeichen im Erleben des neugeborenen Jesus sehen und spüren. Dies bleibt uns in dieser Form vielleicht verwehrt, aber genau darauf basiert das große Geheimnis unseres Glaubens, das wir in unseren Herzen bewahren dürfen.

Thale Schmitz

 

Evangelium

Lk 4, 1-13: Jesu Versuchung

1 Jesus aber, voll Heiligen Geistes, kam zurück vom Jordan. Und er wurde vom Geist in der Wüste umhergeführt 2 vierzig Tage lang und von dem Teufel versucht. Und er aß nichts in diesen Tagen, und als sie ein Ende hatten, hungerte ihn. 3 Der Teufel aber sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so sprich zu diesem Stein, dass er Brot werde. 4 Und Jesus antwortete ihm: Es steht geschrieben (5. Mose 8,3): »Der Mensch lebt nicht vom Brot allein.« 5 Und der Teufel führte ihn hoch hinauf und zeigte ihm alle Reiche der ganzen Welt in einem Augenblick 6 und sprach zu ihm: Alle diese Macht will ich dir geben und ihre Herrlichkeit; denn sie ist mir übergeben und ich gebe sie, wem ich will. 7 Wenn du mich nun anbetest, so soll sie ganz dein sein. 8 Jesus antwortete und sprach zu ihm: Es steht geschrieben (5. Mose 6,13): »Du sollst den Herrn, deinen Gott, anbeten und ihm allein dienen.« 9 Und er führte ihn nach Jerusalem und stellte ihn auf die Zinne des Tempels und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so wirf dich von hier hinunter; 10 denn es steht geschrieben (Psalm 91,11-12): »Er wird befehlen seinen Engeln für dich, dass sie dich bewahren.« 11 Und: »Sie werden dich auf den Händen tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt.« 12 Jesus antwortete und sprach zu ihm: Es ist gesagt (5. Mose 6,16): »Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.« 13 Und als der Teufel alle Versuchung vollendet hatte, wich er von ihm bis zur bestimmten Zeit.

 

 

Impuls vom 26.02.2022, "Nur Betrunkene sprechen die Wahrheit?!"

Nur Betrunkene sprechen die Wahrheit?!

Vielleicht mag es etwas flapsig und zudem weit hergeholt klingen, aber der Abschlussvers des heutigen Evangeliums „Wovon das Herz überfließt, davon spricht der Mund“ löste in mir folgende Erinnerungen aus: Situationen (vor allem im Jugendalter), in denen Freunde, Bekannte oder auch ganz fremde Menschen im betrunkenen Zustand plötzlich ganz offen und ehrlich ihre Gefühle und Gedanken preisgaben. Dahinter steckt in meinem Verständnis, dass wir Menschen uns viel zu häufig unserer wahren Gefühle schämen und sie nicht zu äußern wagen. Dabei sind es in der Regel Ängste, nicht angenommen zu werden oder sich zu blamieren, die uns daran hindern. In Situationen der Trunkenheit werden die Schamgefühle und Ängste in gewisser Weise abgeschaltet. So kommt es dazu, dass der Mund zu sprechen beginnt und genau die Themen preisgibt, wovon das Herz in Wahrheit überquillt.

Diese Zeilen und Gedanken sollen in keinem Fall dazu verleiten, den Alkohol zu nutzen, um Geheimnisse oder Ähnliches aufzudecken. Doch ich glaube, dass wir viel daraus lernen können. Trotz aller Ängste und Bedenken kann es so befreiend sein, endlich die Wahrheit sagen zu können und vielleicht sogar einer Person gegenüber Gefühle einzugestehen. Diese Erfahrungen dürfen uns zeigen, wie wertvoll und beziehungsstärkend eine ehrliche und wahrhaftige Nachricht und Botschaft sein kann. Natürlich kann es passieren, dass unser Gegenüber diese Wahrheit nicht hören will, Gefühle nicht erwidert oder uns peinlich zur Schau bzw. bloßstellt. Ich denke niemand kann verleugnen, dass solch ein Erlebnis prägt und verletzt. Doch die Verarbeitung und der Umgang mit dieser Verletzung macht uns stärker, erfahrener und lässt uns am Ende häufig mit erhobenem Haupt aus diesem Lernprozess hervorgehen. Also was spricht noch dagegen, sein persönliches Empfinden zu äußern?

Spannend finde ich an dem nachfolgenden Bild, dass die Realität in die eine Richtung und die Wahrheit und die Lügen gleichzeitig in die andere Richtung zeigen… Sicherlich gibt es im Leben Momente, in denen diese beiden parallel existieren oder miteinander verschwimmen. Unser Ziel könnte es jedoch sein, das Schild der Wahrheit auf die andere Seite zu ziehen, sodass Wahrheit und Realität der gleichen Richtung entgegenstreben und sich verbünden. Dazu dürfen wir in einem ersten Schritt auch ehrlich zu uns selbst sein – am besten und auch, wenn wir ganz klar im Kopf sind.

Thale Schmitz

Evangelium

Lk 6, 39-45: Wovon das Herz überfließt, davon spricht der Mund.

39 Er sprach aber auch in Gleichnissen zu ihnen: Kann etwa ein Blinder einen Blinden führen? Werden nicht beide in eine Grube fallen? 40 Ein Jünger steht nicht über dem Meister; jeder aber, der alles gelernt hat, wird wie sein Meister sein. 41 Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem eigenen Auge bemerkst du nicht? 42 Wie kannst du zu deinem Bruder sagen: Bruder, lass mich den Splitter aus deinem Auge herausziehen, während du selbst den Balken in deinem Auge nicht siehst? Du Heuchler! Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge; dann kannst du zusehen, den Splitter aus dem Auge deines Bruders herauszuziehen. 43 Es gibt keinen guten Baum, der schlechte Früchte bringt, noch einen schlechten Baum, der gute Früchte bringt. 44 Denn jeden Baum erkennt man an seinen Früchten: Von den Disteln pflückt man keine Feigen und vom Dornstrauch erntet man keine Trauben. 45 Der gute Mensch bringt aus dem guten Schatz seines Herzens das Gute hervor und der böse Mensch bringt aus dem bösen das Böse hervor. Denn wovon das Herz überfließt, davon spricht sein Mund.

Impuls vom 19.02.2022, "Seid barmherzig wie auch euer Vater barmherzig ist!"

Seid barmherzig wie auch euer Vater barmherzig ist!

Dieser Vers war im vergangenen Jahr die Jahreslosung und befindet sich im heutigen Sonntagsevangelium (Lk 6, 36). Daher begleitete er mich sehr intensiv und auch beim erneuten Lesen des Evangeliums ploppen sofort wieder Erinnerungen und spezifische Erfahrungen in mir auf, die mich stark geprägt haben und mir sehr lehrreich waren.

So denke ich an meine damals beste Freundin in der Schulzeit. Wir hatten eine wirklich enge Freundschaft und haben so ziemlich alles geteilt, was Jugendliche so teilen können. Nach einem heftigen Streit haben sich unsere Lebenswege sehr plötzlich komplett getrennt. Dieses Erleben war für mich mit großer Trauer, aber auch Phasen enormer Wut verbunden. Immer wieder ploppten Erinnerungen und Situationen in mir auf, die mich bis vor Kurzem – beinahe 10 Jahre später – noch traurig stimmten. Vor wenigen Wochen sind wir uns durch eine gemeinsame Freundin aus der Schulzeit sehr unverhofft wiederbegegnet und durften beide spüren, wie sich Versöhnung anfühlen kann. Ich bin unendlich erleichtert und dankbar für dieses Erlebnis und kann die Freude darüber auch beim Verfassen dieser Zeilen wieder deutlich und wohltuend empfinden.

Ein langer Lernprozess war es für mich auch, mich davon zu lösen, gewisse Erwartungen an Menschen zu stellen, denen ich etwas Gutes getan oder geschenkt hatte. Viel zu oft war ich früher enttäuscht und fühlte mich benutzt – dabei hatten meine Mitmenschen ja auch gar nicht von mir erwartet, dass ich dieses oder jenes für sie tat. Ehrliche Gespräche mit guten Freunden brachten mir die Erkenntnis, dass ich mein Handeln und auch meine Gefühle dazu reflektieren konnte und so einen guten Umgang fand. Dies bewahrte mich davor, ungerechte, negative Gedanken zu hegen, die womöglich einen Konflikt oder sogar einen Beziehungsabbruch zur Folge hatten.

Wir müssen uns nicht sofort in die Arme fallen, wie es das Bild suggeriert. Doch die Offenheit zur Versöhnung und das Loslösen von dem Bedürfnis, andere zu be- oder sogar zu verurteilen, macht uns frei und verspricht Heilung. Es ist eine große Herausforderung, genau für jene zu beten, die uns verletzt oder benutzt haben, aber es lohnt sich und lässt uns großen Segen erfahren. Egal was geschieht oder uns widerfährt – Barmherzigkeit ist ein guter Ratgeber, der uns den inneren Frieden erhält. Und vielleicht ist der Begriff der Barmherzigkeit nicht nur ein Ratgeber, sondern vielmehr eine innere (Lebens-)Haltung…

Thale Schmitz

Impuls vom 12.02.2022, "Die Auserkorenen?!"

Die Auserkorenen?!

Oft sprechen wir davon, dass man in ein Leben hineingeboren wird – bzw. in eine Familie, die wir uns nicht aussuchen können und deren Lebensumstände und soziale Verhältnisse uns stark prägen (werden). Doch es gibt ja die Möglichkeit, einen anderen eigenen Lebensweg einzuschlagen! Dabei fallen mir einige Freundinnen und Freunde im direkten Umfeld ein, die ich dafür sehr bewundere. Denn sicherlich ist es kein Zuckerschlecken, aus Mustern und Familienstrukturen auszubrechen und ganz andere Wege zu wählen… Es erfordert das Aushalten von Konflikten und vor allem das Schwimmen gegen den vorgelebten (Familien-)Strom. Die Unterstützung von den Eltern, die ich zuweilen als selbstverständlich annehmen konnte und durfte, ist in dieser Situation nicht vorhanden und so heißt es erst einmal alleine durchboxen.

Die Worte Jesu im heutigen Evangelium lassen den direkten Kontrast zwischen arm und reich sehr deutlich werden. Sie klingen für mich sogar so stark kategorisierend und pauschalisierend, dass in meinem Kopf das Bild entsteht, wie Jesus in dieser Situation die Menschen in Gruppen einsortiert und mit dem Finger auf sie zeigt. Es ist keine schöne Vorstellung, denn gerade in der heutigen Zeit müssen wir uns so sehr zusammenreißen und sollten aufhören, in Mustern und Schubladen zu denken und stattdessen versuchen, Stereotype aufzubrechen. Doch ist das die Botschaft Jesu in seiner Feldrede? Die Begriffe arm und reich werden oftmals auf der materiellen Ebene verstanden und bedeuten doch vor Gott so viel mehr…

Der oder die „Arme vor Gott“ vertraut nicht auf sich selbst oder auf materielle Reichtümer. Er beharrt nicht auf die eigene Meinung – vielmehr wird in Entscheidungsprozessen zugehört und auf Gott vertraut. Auch die Anregungen anderer werden nicht außer Acht gelassen. Egal wie schwer ein Lebensweg sein mag, es lohnt sich das Leid durchzustehen, denn die durch Jesus gegebene Hoffnung bleibt.

Das, was ist und gegeben wurde, muss nicht bleiben – wir dürfen ausbrechen und eigene Wege wählen, die sich richtig anfühlen. Im Vertrauen auf Gott und im Gespräch mit unseren Mitmenschen haben wir die Option, aus Kategorien auszubrechen. Vielleicht ist es uns sogar möglich, die vermeintlichen Gruppen, die unter Pauschalisierungen leiden, näher zueinander zu bringen und so die Schere(n) in unserer Gesellschaft immer kleiner zu machen. Das Leben ist nicht in Stein gemeißelt!

Thale Schmitz

Impuls vom 05.02.2022, "Doch auf dein Wort hin werde ich die Netze auswerfen!"

Doch auf dein Wort hin werde ich die Netze auswerfen!

Ohne dass ich diesen Bibelvers (Lk 5, 5b) im Kontext seiner Erzählung gesehen habe, begleitet er mich schon eine lange Zeit. Auf einem Kalenderblatt war er einmal mit einem Fischerboot in einem Hafen abgedruckt. Ich habe ihn ausgeschnitten und an die Pinnwand geheftet. Für mich spricht er von ganzheitlicher Nachfolge und davon, das eigene Leben soweit es uns möglich ist im Sinne Jesu zu gestalten und in seine Hände zu legen. Als Zeugin kann und darf ich durch mein Verhalten und Erscheinungswesen meinem Glauben an Jesus Christus ein Gesicht geben.

Mit Blick auf die gesamte Situation, in welcher Simon Petrus diesen Satz spricht, werden mir noch mehr Aspekte bewusst. Obwohl er und die anderen Fischer schon die ganze Nacht erfolglos mit den Booten unterwegs waren und keinen einzigen Fisch fangen konnten, zögert Simon Petrus nicht. Er hört auf das Wort Jesu und spricht die Worte: Doch auf dein Wort werde ich die Netze auswerfen! (Lk 5, 5b) In diesem Zuge kommen mir zweierlei Interpretationsweisen in den Sinn: Erst einmal legt Simon Petrus mit diesem Satz die Verantwortung in Jesu Hände – etwa nach dem Motto „Wenn du das sagst, schauen wir mal was passiert…“ Dies passt auch zu Petri Reaktion, als er das Wunder der vielen gefangenen Fische sieht. Er wirft sich Jesus zu Füßen und bekennt sich zu seinem sündhaften Dasein. Andererseits liegt in seinem Handeln und in dem Ausspruch dieses Satzes auch ein enormes Vertrauen. Dies ist notwendig, um nach so langer Erfolglosigkeit dennoch einen erneuten Versuch zu starten. Denn es hätte Simon Petrus auch so sinnlos erscheinen können, dass er sich weiteren Mühen verweigert.

Sinnhaftigkeit des Handelns ist tatsächlich ein sehr großer Faktor für meine eigene Motivation. Ich kann es oft schwer ertragen, wenn viel Arbeit und Anstrengung vergebens waren. Daher spricht mir dieser Vers genau das notwendige Vertrauen zu, welches ich in Momenten des Zweifelns und in Überlegungen der vermeintlichen Sinnhaftig/-losigkeit brauche. Immer wieder kann ich mir so neu bewusst werden, dass ich die nächsten Schritte gar nicht vorhersehen kann, sondern auf gute Fügungen hoffen darf. Dies bezieht sich natürlich nicht nur auf mich und mein eigenes Leben, sondern auch auf meine Mitmenschen und wie ich ihnen begegne.

Jesus gewann vor 2000 Jahren die Herzen der Fischer. Können wir dies auch? Authentisch, glaubwürdig und vorbildlich?

Thale Schmitz

Impuls vom 29.01.2022, "Und dann kam die Wut..."

Und dann kam die Wut…

Sicherlich haben viele von uns schon einmal erlebt, wie die Atmosphäre und Stimmung einer Situation oder innerhalb einer Gruppe plötzlich drastisch kippt und ins Negative umschlägt. Als wäre ein Schalter ganz unerwartet umgelegt worden und die Menschen sind gar nicht mehr wiederzuerkennen. Da wir nicht in die Köpfe der oder des Anderen schauen können, sind die ablaufenden Kaskaden häufig absolut nicht nachvollziehbar und somit auch schnell beängstigend. Wird die Entrüstung über eine Angelegenheit oder eine Person bzw. das Verhalten oder Gesagte einer Person geteilt, stiftet dies oft zu gemeinschaftlichem Handeln und Entfachung impulsiven Verhaltens an. Die Situation gerät außer Kontrolle – sowohl für die Handelnden als auch die Betroffenen.

Solch eine Situation widerfährt Jesus im heutigen Evangelium: Zu Beginn des Gesprächs stimmen ihm ausnahmslos alle zu. Doch als er beginnt auch unangenehme Themen anzusprechen, die die Zuhörenden in Unruhe verfallen lassen, eskaliert die Situation. Die Anwesenden protestieren förmlich gegen die vermeintlichen Wahrheiten, die sie nicht ertragen können und wollen Jesus aus ihrer Wut heraus von einem Berg hinabstürzen.

In einem Lied von Oliver Fietz heißt es: Wer von der Liebe singt, der kann vom Kreuz nicht schweigen. An diese Zeilen musste ich beim Lesen des Evangeliums denken, denn die Frohe Botschaft bzw. die angenehmen Teile davon, die wollen die Menschen hören und glauben. Jedoch ist die Botschaft Jesu keine kuschelige und bequeme, sondern ganz im Gegenteil: sie fordert heraus und beruft uns immer wieder zur Neuorientierung. Weiter im Refrain des Liedes heißt es: Doch Jesu Kreuz verehren, heißt es auf sich zu nehmen. Hier wird noch einmal ganz deutlich, dass die Nachfolge Christi kein gebuchtes „Harmonie“-Paket ist, sondern auch Jesu Kreuzestod in sich birgt und die Last des Kreuzes im Leben eines Gläubigen immer wieder spürbar werden wird. Doch sie verspricht große Erlösung und ein erfülltes Leben, das vor Schwierigkeiten keinen Halt macht, sondern sie angeht und kraftvoll überwindet.

Vielleicht bedarf es in jeder Situation, die noch so aufwühlend und verärgernd erscheint, einer Zeit der Selbstbesinnung: Ist meine Wut gerade richtig und berechtigt? Und auf wen oder vielleicht sogar eher was bezieht sie sich überhaupt? Sicherlich gibt es Erlebnisse im Leben, die mit einer Phase der Wut durchlebt und verarbeitet werden müssen, doch es lohnt sich ganz bestimmt sich zurückzuziehen und zu hinterfragen.

Thale Schmitz

Impuls vom 22.01.2022, "Die Bibel weist den Weg"

Die Bibel weist den Weg

Kennen Sie, kennst Du es auch, dass in gewissen Momenten plötzlich ein Vers aus der Bibel ins Auge springt und Antworten gibt auf gerade ganz akute Fragen und Situationen, die einer Lösung bedürfen? Das können Zitate und Sprüche in einem Kalender oder einem Impulsblatt sein oder sie hängen einfach irgendwo an der Wand. Oder es ist sogar manchmal so, dass die Bibel aufgeschlagen wird und – ohne eine bewusste Orientierung oder gezielt ein Kapitel im Sinn zu haben – stoßen wir auf eine Erzählung oder einen Bibelvers, der genau unsere Frage oder Situation aufgreift und Handlungsmöglichkeiten oder sogar Lösungen aufzeigt. Vielleicht bedarf es dennoch eines Weiterdenkens und Dranbleibens an einzelnen Gedanken, um eine Lösung zu finden und über das weitere Handeln zu entscheiden, doch der Impuls ist gesetzt.

Sehr ähnlich geht es Jesus im heutigen Evangelium. Er bekommt die Schriftrolle des Propheten Jesaja gereicht, öffnet sie und findet die folgende Stelle:

Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn er hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine frohe Botschaft bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe. (Lk 1, 18-19)

Mit diesen Worten kann er sich als Sohn Gottes ganz genau identifizieren und äußert dies gegenüber der Gemeinde in der Synagoge. So könnte von einer Mini-Predigt bzw. Darlegung der Schrift gesprochen werden, denn er entgegnet: Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt. (Lk 1, 21b) Sicherlich war diese Erfahrung auch für Jesus selbst sehr eindrucksvoll, da die Schrift ihn in seinem Tun bestärkte und bestätigte.

So erging es auch mir schon häufig: Wenn ich in einer schwierigen oder nachdenklichen Situation war, begegnete mir ein Bibelvers, der mir eine neue Perspektive bot und mich mit neuer Zuversicht erfüllte. Im Gespräch mit einigen Freunden, die ich im Rahmen eines Hauskreises kennenlernte, erfuhr ich von vielen weiteren Erfahrungen, in denen auch sog. Tageslosungen wie für die Situation der- oder desjenigen gemacht waren. Es ist gut zu wissen, dass wir durch die Heilige Schrift – Gotteswort in Menschenwort – Hinweise finden können, die uns einen neuen Durchblick verschaffen.

Thale Schmitz

Impuls vom 15.01.2022, "Geheime Zeichen und Wunder"

Geheime Zeichen und Wunder

Können wir geheime Zeichen und Wunder, die wir uns nicht erklären können, einfach annehmen und wertschätzen? Häufig ist es doch so, dass Unerklärliches uns ängstigt und wir dem Ursprung irgendwie auf die Schliche kommen wollen. Statt sich über ein wundersames Geschenk zu freuen und dankbar zu sein, werden so Gründe gesucht, die die Situation oder das Geschehene aufklären.

Solch eine Situation begegnet uns auch im heutigen Evangelium. Jesus verwandelt Wasser in Wein und der Verantwortliche für die große Hochzeitsfeier in Kana wirft dem Bräutigam vor, dass er den guten Wein zurückgehalten habe. Stattdessen hätte er sich vielleicht einfach freuen können, dass noch neuer Wein plötzlich aufgetaucht ist… Das ist doch sehr schade, denn aus einem Gefühl der überraschenden Freude über diese wundersame Begebenheit wird ein negatives, abwertendes Gefühl gegenüber dem Bräutigam. Vermutlich gab es für den zuständigen Organisator der Feier auch gar keine andere Option als diese Sichtweise und so fehlte ihm der Blick für ein Wunder.

Es ist erstaunlich, dass die Diener und Jünger, die Bescheid wussten und Jesu Handeln gesehen hatten, stillschweigen. Vielleicht ist dies doch noch gut nachvollziehbar, da sie selbst noch sehr verwundert sind. Es lässt sie den Atem anhalten. Doch Jesu große Stärke zu schweigen und sich nicht seiner Wundertat zu rühmen, ist sehr eindrucksvoll. Er lässt geheime Zeichen und Wunder geschehen, ohne uns Menschen genauer Auskunft darüber zu geben. Wir selbst sind dafür verantwortlich sie zu erkennen und überhaupt wahrzunehmen, sowie einen Umgang zu finden. Das sollte allerdings keineswegs Druck auslösen und uns in eine Hab-Acht-Stellung manövrieren, sondern viel mehr erkennen lassen, dass Unerwartetes, dessen Ursprung wir nicht kennen und auch unentdeckt bleibt, großes Glück bedeuten kann.

Vielleicht ist der Wein, an dem das Wunder Jesu hier vollzogen/festgemacht wird, ein tolles Symbol oder eine gute Metapher. Jesus hat im Blick bzw. in dieser Erzählung ist es die Gottesmutter Maria, die ihn auf den fehlenden Wein hinweist und ihn auffordert zu handeln, was getan werden muss, um die glückliche Feier aufrecht zu erhalten. Und so spüren die Gäste keinen Mangel. Durch den neuen Wein, der auch noch anders und besser zu schmecken scheint, schenkt er den Menschen einen neuen Geschmack fürs Leben – einen liebevollen Geschmack, wenn man ihn nur ganz genau (aus)kostet.

Thale Schmitz

Impuls vom 08.01.2022, "...und der Himmel brach auf!"

…und der Himmel brach auf!

Wie viele andere Menschen lässt auch Jesus sich von Johannes im Jordan taufen. Er ist dabei einer unter vielen, doch das Geschehen nach seiner Taufe macht die besondere Stellung Jesu unmittelbar deutlich:

Und während er betete, öffnete sich der Himmel und der Heilige Geist kam sichtbar in Gestalt einer Taube auf ihn herab und eine Stimme aus dem Himmel sprach:

Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden. (Lk 3, 21b-22)

Wieder ist es ein Epiphanie-Geschehen, welches Jesus von Gottes Stimme selbst und durch den Heiligen Geist in Form der Taube zum Sohn Gottes deklariert. Sicherlich war dies eine unglaublich eindrucksvolle und prägende Erscheinung für alle Anwesenden sowie für Jesus selbst. Das Erleben dieser Situation wird die Menschen überwältigt haben. Daher hat die Metapher „Der Himmel bricht auf“ bis heute seine Berechtigung. Erst vor Kurzem durfte ich genau so eine Erfahrung machen und ganz real erleben. An einem recht trüben und grauen Tag ging ich ein Stück des Jakobsweges durch ein großes Waldgebiet. Ich machte eine Pause an einer Lichtung, die sich an der Grenze zwischen dem Wald und zahlreichen Feldern befand. Es war so nebelig, dass ich kaum etwas vor mir erkennen konnte und auch in meinem Kopf waren eher trübe Gedanken, die mich beschäftigten. Wie ich so dort auf einer Bank saß, brach plötzlich der Himmel auf und mit voller Kraft schien die Sonne zwischen den Wolken hindurch. Sie überstrahlte nach und nach alle Felder, die vor mir lagen und schenkte ganz viel Licht und Wärme. Die positive Energie überschwemmte mich förmlich und ich schnappte mir meinen Rucksack und zog voller Euphorie und Tatendrang weiter. Auch die komplizierten Verstrickungen meiner Gedanken lösten sich und ich konnte völlig befreit und frohen Mutes weitergehen. Dass Gott mir in dieser Situation und insgesamt an diesem Tag besonders nahe war, konnte ich ganz real spüren und diese Nähe ließ mich alle Ängste und Sorgen vergessen.

Wenn der Himmel sich öffnet, ist das nicht nur eine äußerliche Sache, sondern es ist vor allem etwas Innerlich-Religiöses. Von der göttlichen Natur strömt Fülle des Lichts in die menschliche Natur Jesu, […] um mit schöpferischer Gewalt aus seinen menschlichen Worten und Taten eine neue Welt, ein neues Leben, eine Neuschöpfung zu machen: die Welt des Göttlichen mitten im Menschlichen.

Richard Gutzwiller

Thale Schmitz

Impuls zum 06.01.2022, "Wir haben seinen Stern gesehen!"

Wir haben seinen Stern gesehen!

Am heutigen Hochfest der Epiphanie – Erscheinung des Herrn gelangen die Heiligen Drei Könige bzw. Sterndeuter, wie es im Evangelium nach Matthäus heißt, zum Christuskind. Von einem Stern geführt und geleitet dürfen sie dem neugeborenen König der Juden persönlich begegnen. Auf ihrem Weg kommen sie zum regierenden König Herodes und fragen nach dem Königskind, denn sie haben seinen Stern aufgehen sehen (Mt 2, 2).
Ein riesengroßes Geschenk ist die Begegnung mit dem Kind in Betlehem. Die Drei Reisenden werden an ihrem Ziel von großer Freude erfüllt und die Realpräsenz des Königskindes lässt sie niederfallen und ihm huldigen.

Kennen Sie, kennst Du solche Begegnungen, die im Inneren ein Licht aufleuchten lassen? Die einfach guttun und ein Lächeln schenken? Vielleicht sind sie nicht vergleichbar mit der realen Begegnung unseres Herrn Jesus Christus, doch ich glaube, dass uns Erlebnisse geschenkt werden, die solch eine Erfahrung erahnen lassen. Ich spüre es immer wieder, wie sehr mich Zufallsbegegnungen – oder eher tolle Fügungen – mit Glück erfüllen und mich mit neuer Kraft beleben. Solche Segensbegegnungen, die uns diese tiefe Dankbarkeit spüren lassen, wünsche ich jeder und jedem von uns.

Manchmal können es auch ganz andere Zeichen sein, die neue Hoffnung schenken – ein Hinweis, ein Brief, eine Erkenntnis… Vergleichbar mit dem hinweisenden Stern, dem die Sterndeuter folgen. Auch wenn diese Zeichen uns nicht direkt zu Jesus hinführen, bringen sie uns doch näher zu ihm. Manch eine oder einer mag nun denken: „Naja aber das waren doch Sterndeuter und somit Experten, um die wichtigen Zeichen bzw. in diesem Fall den Stern zu erkennen.“ Doch sicherlich können wir alle die Zeichen und Wunder in unserem Leben entdecken – wenn wir nur genau hinschauen. So kann es gelingen, dass wir die Lichtkraft erspüren und unseren persönlichen Stern finden, der uns den Weg für unser Leben und zu unserem Herrn hin weist:

Aus dem Himmel eine Erde machen
aus der Erde einen Himmel
wo jeder aus seiner Lichtkraft
einen Stern ziehen kann.
Rose Ausländer

Thale Schmitz

Impuls vom 01.01.2022, "Ein gesegnetes neues Jahr!"

Ein gesegnetes neues Jahr!

Bricht der erste Morgen des neuen Jahres an,
so erscheint der Himmel nicht anders
als am Tag zuvor, aber doch ist einem seltsam
frisch zu Mute.
Yoshida Kenkõ

Dieses Empfinden am Neujahrstag wünsche ich uns allen – auf dass wir Gottes Himmel offen sehen und alles für möglich halten im Neuen Jahr 2022! Das neue Jahr bedeutet neue Gnade, neue Kraft, neue Hoffnung. Über unseren Leben und der ganzen Welt steht eine wunderbare Aussicht. Das Leben veraltet nicht, sondern wächst einer Vollendung und Erneuerung entgegen. Es gibt nicht nur alte und junge Menschen, sondern auch neue Menschen. Es gibt nicht nur unsere alte Erde und einen verborgenen Himmel, sondern einmal eine neue Erde und einen neuen Himmel, in dem Gerechtigkeit wohnt.

Und nur weil die Nacht uns Ruhe bringt
Kann Morgen neu entfachen
Nur weil die Nacht ein Ende ist
Wo Altes gestern werden kann
Nur weil gestern niemals heute ist
Ist jeder Morgen Neuanfang
Mona Harry

Mögen uns diese Ermutigungen im Neuen Jahr 2022 stets begleiten, sodass wir auch in schwierigen Momenten uns darauf zurückbesinnen und neue Kraft schöpfen können. Das neue Jahr ist ein ungeschriebenes Blatt und wir können es mit Gottes Hilfe gestalten. Denn Jesus spricht: „Siehe: ich mache alles neu!“ (Offenbarung 21,5)

Thale Schmitz

Impuls vom 24.12.2021, "Weihnachten findet statt!"

Weihnachten findet statt!

Weihnachten – wir sind angekommen! Der Advent ist vorbei und wir dürfen besinnlich die Geburt unseres Herrn Jesus Christus feiern. Dieses Ankommen oder auch der Versuch des Zugehens auf Weihnachten sieht für viele Menschen ganz unterschiedlich aus – in voller Vorfreude oder eher beschwerlich und sogar traurig. Vielleicht ist das Weihnachtsfest für einige Menschen auch gar kein Anlass zur Freude, sondern vielmehr eine Zeit, die irgendwie hinter sich gebracht werden muss. Vermutlich fällt es auch in diesem Jahr vielen Menschen nicht leicht, sich zu freuen oder aufgrund der Pandemie-Umstände die Zeit wirklich zu genießen, ohne Sorgen im Hinterkopf zu haben. Viele verbringen die Tage auch ganz alleine zuhause und haben mit Einsamkeit zu kämpfen. Häufiger hörte ich in den Adventswochen den Satz „Es gibt doch gar nichts zu feiern!“ Das hat mich ziemlich traurig gestimmt und so beschloss ich mich, auf das Eigentliche und vor allem Wesentliche des Weihnachtsfestes zurück zu besinnen: Jesus Christus kommt zu uns auf die Erde!

Die Weihnachtsbotschaft von der Freude fällt nicht aus, weil es in unserer Welt so viel Leid und Tränen, Angst und Sorge gibt, sondern gerade deswegen und dann „erst recht“ werden Geburt und Kommen Jesu Christi verständlich.
Weihnachten fällt nicht aus, wenn Trauer und Leid die Menschen bedrängen, sondern es fällt hinein in die ganze Dunkelheit irdischen Lebens. Mitten in Leid und Weh, Schuld und Not müssen wir „erst recht“ Weihnachten feiern, das Kommen Christi besingen, den Retter anbeten und den Heiland finden.
Wir dürfen gewiss sein: Die Erlösung ist nahe und sie ist Anlass zur Hellen Freude:
Weihnacht sagt:
Alle Zeit ist schon umfasst von der Ewigkeit,
die selber Zeit wurde.
Alle Tränen sind im Innersten schon versiegt,
weil Gott selbst sie mitgeweint hat
und schon aus seinen eigenen Augen wischte.
Alle Hoffnung ist eigentlich schon Besitz,
weil Gott schon von der Welt besessen ist.
Die Nacht der Welt ist schon hell geworden.
Karl Rahner
Thale Schmitz

Impuls vom 18.12.2021, "Weil in der Herberge kein Platz für sie war..."

Weil in der Herberge kein Platz für sie war…

Dieser Satz ist für einige von uns vermutlich der charakteristischste Satz des Weihnachtsevangeliums. Er hat sich eingeprägt und ist auch der Grund für die Wendung der Erzählung und weist den Weg für Maria und Josef in den Stall und somit zur Krippe.

Eine Geschichte von Ruth Schmidt-Mumm („Wie man zum Engel wird“) erzählt von einem Krippenspiel einer Schulklasse, die den jüngeren Schüler Tim bittet, aushilfsweise den engstirnigen Wirt zu spielen. Dazu folgen nun ein paar Ausschnitte:

Die Vorstellung begann. Joseph und Maria betraten die Bühne, wanderten schleppenden Schrittes zur Herberge und klopften an. Die Fensterläden öffneten sich und heraus schaute Tim unter seiner großen Wirtsmütze. „Habt Ihr ein Zimmer frei“ fragte Joseph mit müder Stimme.
„Ja, gerne“, antwortete Tim freundlich. Schweigen breitete sich aus im Saal und erst recht auf der Bühne. Joseph versuchte vergeblich irgendwo zwischen den Kulissen Lehrer Larsen mit einem Hilfezeichen zu entdecken. Maria blickte auf ihre Schuhe.
„Ich glaube, Sie lügen“, entrang es sich schließlich Josephs Mund. Die Antwort aus der Herberge war ein unüberhörbares „Nein“. […] Nach einer weiteren Schreckenssekunde nahm er Maria an der Hand und wanderte ungeachtet des Angebotes weiter zum Stall. […]
Tim erklärte, dass Joseph eine so traurige Stimme gehabt hätte, da hätte er nicht Nein sagen können, und zu Hause hätten sie auch immer Platz für alle, notfalls auf der Luftmatratze.

Tim bekommt bei der zweiten Aufführung eine neue Chance:

Der große Saal war voll bis zum letzten Sitzplatz. Dann ging der Vorhang auf, das heilige Paar erschien und wanderte – wie es aussah etwas zögerlich – auf die Herberge zu. Joseph klopfte an die Läden, aber alles blieb still. Er pochte erneut, aber sie öffneten sich nicht. Maria entrang sich ein Schluchzen.
Schließlich rief Joseph mit lauter Stimme. „Hier ist wohl kein Zimmer frei?“ In die schweigende Stille, in der man eine Nadel hätte fallen hören, ertönte ein leises, aber deutliches „Doch.“

Daraufhin wurde Tim als Engel eingesetzt und fühlte sich endlich am richtigen Platz.

In diesem Sinne möchten auch wir an Heiligabend die Türen öffnen und herzlich zu den üblichen Öffnungszeiten (10-18 Uhr) ins Refugium einladen!

Stefan Kaiser                   Thale Schmitz                       Stefan Tausch

Impuls vom 11.12.2021, "Die sind doch alle..."

Die sind doch alle…

Eines der größten Themen in unserer Gesellschaft ist es, dass stark kritisiert wird, Menschen in bestimmte Gruppen zu sortieren und sie gewissermaßen zu kategorisieren. Auch das Wort Ethnie sowie ethnische/r Hintergrund oder Abstammung ist aus vielen Perspektiven kein wertfreier Begriff mehr. Personengruppen, die zum Beispiel durch das äußere Erscheinungsbild gebildet werden, bekommen gewisse Eigenschaft zugeschrieben und leiden so unter starken Verallgemeinerungstendenzen und der Voreingenommenheit des Gegenübers.

Zu Recht setzen sich viele Menschen dafür ein, dass in der Gesellschaft und generell nicht pauschalisiert wird – dies beugt Rassismus und jeder Art von Diskriminierung vor. Dennoch denke ich, dass es sinnvoll ist, die verschiedenen Kulturen in der Form kennenzulernen, dass ich um gewisse Eigenheiten (aus meiner Sicht mit meinem eigenen, kulturellen Hintergrund) weiß sowie besondere Prioritäten und Relevanzen kenne. Ich erinnere mich an einen Kindergeburtstag in den Niederlanden, wo ich als sehr unhöflich wahrgenommen wurde, da ich nicht auch den Eltern und der ganzen Familie gratuliert habe, was dort als ganz selbstverständlich gilt. Natürlich birgt dies wiederum die Gefahr, dass ich nach diesen Erkenntnissen über alle Menschen einer bestimmen Nation gleich denke und sie nicht individuell genug betrachte. Deshalb ist das vorsichtige Herantasten an mein Gegenüber sowie an meine eigenen Gedanken, die ich mir über jemanden mache, ungeheuer wichtig. Sowieso sind die direkte Kommunikation und der Austausch aus erster Hand der idealste Weg, um feinfühlig miteinander umzugehen.

Auch Johannes der Täufer reagiert ganz spezifisch auf die Menschen mit Blick auf den Hintergrund ihrer Tätigkeit. Kritisch betrachtet pauschalisiert er und sortiert die Ratsuchenden in Personengruppen. Er reagiert dementsprechend und gibt ihnen spezifische Antworten auf die jeweils gleiche Frage „Was sollen wir tun?“ (Lk 3, 10.12.14.) Doch ist das schlecht oder gar zu verurteilen? Ich habe den Eindruck, dass die Fragenden sehr dankbar für die Antworten sind, die sie speziell in ihrem Leben umsetzen können und die ihnen klare Handlungsmöglichkeiten aufweisen.

Ein gewisses Wissen umeinander – eingeschlossen der Herkunft und Lebenssituation, aber gleichzeitig ausgeschlossen von verallgemeinerten Unterstellungen – ist sicherlich gewinnbringend für ein gutes Miteinander und darf uns als Ziel gelten.

Ludwig Gotthard Kosegarten wusste es schon im 18. Jahrhundert wie folgt zu sagen:
„Wir mögen sein wer wir wollen, Reiche oder Arme, Vornehme oder Niedrige, Priester oder Layen, Christen oder Juden, weiße, schwarze, braune, kupferrothe oder olivenfarbige Menschen, wir sind alle miteinander einerlei Fleisches und Blutes.“

Thale Schmitz

Impuls vom 04.12.2021, "Fange bei mir an..."

Fange bei mir an…

Im Zugehen auf Weihnachten sind einige vielleicht schon in eine besinnliche Adventsstimmung gekommen, die Raum und Zeit schenkt, um sich auf die wirklich wichtigen und wesentlichen Dinge im eigenen Leben zu fokussieren.

Was sind das für Dinge in meinem Leben und wie kann ich sie genauer in den Blick nehmen? Ist die Adventszeit für mich in diesem Jahr eine besondere Zeit zur Umkehr?

Der Evangeliumstext ermutigt uns dazu, den Weg bereitzumachen und alles wegzuräumen, was die Gegenwart Jesu zu uns verstellt. Darum können wir ihn inständig bitten, denn: Jede Schlucht soll aufgefüllt und jeder Berg und Hügel abgetragen werden. Was krumm ist, soll gerade, was uneben ist, soll zum ebenen Weg werden. (Lk 3, 5)

Alles in unserem Leben und in unserem Umfeld zu begradigen und neue Wege zu ebnen, ist sicherlich eine große Aufgabe und Herausforderung. Doch dieser dürfen wir uns gerade in der Adventszeit hoffnungsvoll stellen, um die große Sehnsucht nach Jesus Christus ein Stück weit zu stillen. Und alle Menschen werden das Heil Gottes schauen. (Lk 3, 6) Nichts könnte mich zuversichtlicher stimmen!

Damit jedoch alle das Heil Gottes schauen können, reicht es nicht aus, dass jeder und jede nur auf sich schaut und die eigene Gottesbeziehung aufrechterhält. Ziel ist es auch, dass wir anderen den Weg bereitmachen und sie in gewisser Weise zu Jesus hinführen. Bei diesem Gedanken erinnere ich mich an ein kürzlich gelesenes Gedicht aus China:

Herr, erwecke deine Kirche und fange bei mir an.

Herr, baue deine Gemeinde auf und fange bei mir an.

Herr, lass Frieden und Gotteserkenntnis überall auf Erden kommen und fange bei mir an.

Herr, bringe Liebe und Wahrheit zu allen Menschen und fange bei mir an.

Auch wenn wir bei uns selbst im Kleinen beginnen, kann und wird Großes daraus erwachsen. Darauf dürfen wir vertrauen und die Adventszeit zum Ankommen und Umkehren nutzen, um so die Magie des Weihnachtsfestes ganzheitlich zu spüren.

Thale Schmitz

Impuls vom 27.11.2021, "Ankommen - das wünsche ich Dir!"

Ankommen – das wünsche ich Dir!

Schon seit ein paar Wochen lebe ich in froher Erwartung auf den Advent. Jedes Jahr wieder spüre ich eine Sehnsucht nach einer erlösenden Zeit, die mir neue Kraft und Hoffnung schenkt und mir einen Neustart ermöglicht.
Die Besinnungszeit und das Ankommen in diesen Wochen bringen sehr viel Ruhe und atmosphärische Momente in mein Leben und ich kann mich auf die wirklich wichtigen Dinge in meinem Leben fokussieren. Natürlich geht es mir – wie vielen anderen Menschen auch – so, dass es zahlreiche Termine im Dezember gibt und es häufig auch sehr hektisch wird. Und dennoch: Die Stimmung in der Stadt, auf den Märkten und in vielen zwischenmenschlichen Kontexten lässt mich eine besinnliche Atmosphäre spüren, die bei all dem Trubel genug Ruhe und Zeit für mich selbst zulässt.
Der anstehende Jahreswechsel spielt sicherlich mit hinein, aber für mich ist es genau der Advent, der mir neue Perspektiven eröffnet und mir zeigt, was ich vielleicht verändern möchte in meinem Leben oder wo ich neue Möglichkeiten für mich entdecken kann.

Und schließlich dürfen wir Christinnen und Christen an Weihnachten ankommen. Die wahre und pure Freude an diesem Fest erspüren und im schönsten Fall alle uns lieben Menschen um uns herum versammeln. Das ist für mich das größte Glück. Dazu gehört es auch ganz eindeutig, Jesus Christus in unserer Mitte zu begrüßen und willkommen zu heißen. Voller Dankbarkeit darf ich spüren, dass die Erlösung nahe ist und Hoffnung und Zuversicht im Rahmen dieses Festes noch einmal in besonders vollem Maße in mir aufblühen. Die Weihnachtstage geben mir das zurück, was ich im vergangenen Jahr in gewisser Weise verloren habe. Vielleicht aufgrund von aufwühlenden Erlebnissen und Herausforderungen oder auch durch den normalen Wahnsinn des Alltags: Freude, Glaube, Hoffnung und Zuversicht kehren zurück und lassen mich inneren Frieden finden.

Eine Postkarte mit dem Spruch „Ankommen – Das wünsche ich Dir!“ ist mir eine liebgewonnene Nachricht an Freundinnen und Freunde geworden und damit möchte ich genau dieses Lebensgefühl im Advent und im Zugehen auf Weihnachten weitergeben. Und so wünsche ich auch Ihnen und Euch eine gesegnete Adventszeit und ein besinnliches Ankommen – bei Ihnen und Euch selbst und vor allem bei Jesus.

Thale Schmitz

Impuls vom 20.11.2021, "Königliches Scheitern?!"

Königliches Scheitern?!

Am heutigen Christkönigssonntag feiern wir Jesus, unseren Herrn, als König. Doch entspricht Jesus einem König, wie wir ihn uns im herrschaftlichen Sinne und voller Prunk vorstellen?
In Jesus ist die Wahrheit Gottes sichtbar geworden. Vom Kreuz hat Christus die Königsherrschaft angetreten. Er entgegnet Petrus ganz deutlich: Mein Königtum ist nicht von dieser Welt. Wenn mein Königtum von dieser Welt wäre, würden meine Leute kämpfen, damit ich den Juden nicht ausgeliefert würde. (Joh 18, 36)
Jesus fordert uns auf, die Nöte der Menschen wahrzunehmen und entsprechend zu handeln. Das ist zugegebenermaßen ein hoher Anspruch. Ihn zu erfüllen, wird uns nicht immer gelingen. Aber auch mit unserem Scheitern dürfen wir „königlich“ umgehen.
„Königlich scheitern?!“
In unserer Gesellschaft ist das Scheitern ein wohl eher negativ konnotierter Begriff und es will vermieden werden. Ich denke in diesem Kontext – etwas flapsig ausgedrückt – an das folgende Sprichwort: „Hinfallen, aufstehen, Krone richten und weiterlaufen.“
Es ist nicht schlimm, hinzufallen und zu scheitern. Wer hinfällt, kann aufstehen und es weiter probieren. Dabei erleben wir sicherlich zahlreiche Hoch- und Tiefpunkte, sammeln Erkenntnisse und können uns weiterentwickeln. Aber es gar nicht erst zu probieren – das wäre alles andere als königlich.
Jesus ist kein König, der sich mit Glanz und Reichtum rühmen möchte, sondern er ist ein königliches Vorbild für uns. Er ermutigt uns durch sein Handeln und Sein, für unsere Werte und uns selbst einzustehen sowie ein Scheitern zuzulassen. Dranbleiben und sich nicht unterkriegen lassen – auch durch höhere Autoritäten – das ist die Devise!
Wir können uns selbstbewusst vor den Spiegel stellen, die Krone richten und zielsicher in den Tag gehen und in die Zukunft blicken.
Thale Schmitz

Impuls vom 13.11.2021, "So erkennt auch ihr, dass er nahe vor der Tür ist."

So erkennt auch ihr, dass er nahe vor der Tür ist.

Dieser Titel ist ein Vers aus dem heutigen Evangelium (Mk 13, 29) und er beschreibt so eindringlich, wie wir Christen uns vermutlich häufig hier auf Erden fühlen: Wir spüren, dass unser Gott uns nahekommt und erahnen ihn in gewissen Situationen – vielleicht sogar zum Greifen nahe –, aber im irdischen Leben werden wir ihn niemals ganz und in seiner Vollkommenheit erfassen können. Eine unendliche Sehnsucht umtreibt uns im Herzen und wie Franz Kamphaus sehr passend beschreibt sind Christen „Menschen, die daheim noch Heimweh haben“ (Franz Kamphaus).
Wenn ich das Wort Heimweh höre, klingen in mir viele Erinnerungen und Emotionen nach. In der Kindheit hatte ich häufig mit diesem Schmerz des Heimwehs zu kämpfen – sei es auf Klassenfahrt, einer Chorfreizeit oder in einem Messdienerlager. Ich kann es noch sehr gut nachspüren, welch ein zermürbendes Gefühl der Sehnsucht und Traurigkeit mich umgab. Wenn ich dann wieder zuhause war, war ich unendlich froh und erleichtert, wieder bei meiner Familie zu sein und schätzte es noch mehr als sonst, daheim zu sein. Doch Franz Kamphaus beschreibt ein Heimweh, das hier auf Erden nicht vorüber geht…
Dieses Heimweh ist jedoch wesentlich positiver konnotiert. Als Christinnen und Christen dürfen wir hoffnungsvoll in die Zukunft blicken und gespannt sein auf das, was kommt. Diese Zuversicht schenkt uns ein weiterer Vers des heutigen Markus-Evangeliums, in welchem geschrieben steht (Mk 13, 31):
Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.
Mit anderen Worten bedeutet es, dass nichts in der Welt von Dauer ist. Die Ewigkeit finden wir nur bei Gott – doch diese wird uns definitiv zugesichert. So können wir uns in der Eucharistiefeier in eine Spannung zwischen Gedächtnis und Erwartung auf das Kommen des Erlösers begeben. Den Zeitpunkt kennt nur Gott allein, jedoch dürfen wir gewiss sein, dass er unsere Tränen abwischt und rechtschaffend für alle, wirklich alle wirken wird. Bis dahin mag unsere Hoffnung greifen und unser Glaube möge uns tragen, bis wir ihn schauen – von Angesicht zu Angesicht.

Thale Schmitz

Impuls vom 06.11.2021, "Armut bedeutet Glück?!"

Armut bedeutet Glück?!

Eine prägende Erfahrung in meiner Kindheit war jedes Jahr aufs Neue die Sternsinger-Aktion. Es machte mir große Freude, zahlreichen Menschen zu begegnen und ihr Zuhause zu sehen. So bekam ich mit meiner Gruppe immer nur einen kleinen und kurzen Einblick in das Leben der Menschen, die wir besuchten, doch ich empfand es als sehr erfüllend, jedem und jeder Einzelnen den Segen zu bringen und ins Gespräch zu kommen. Auch wenn es stets nur ein erster Eindruck war, bekam ich schnell eine grobe Vorstellung von der Lebenssituation. So war es besonders berührend, dass ein älterer Herr, der in sehr bescheidenen Wohnverhältnissen leben musste, uns – ohne groß darüber nachzudenken – einen 5-Euro-Schein in die Dose spendete.
Dieses Erlebnis ploppt sofort in mir auf, wenn ich das heutige Evangelium lese, in welchem eine Witwe mehr in den Opferkasten hineingeworfen hat als alle andern (Mk 12, 43b). Auch wenn es nur zwei kleine Münzen waren, die sie gab, war es doch für sie ihr gesamter Lebensunterhalt und eine viel größere Spende, als wenn andere etwas von ihrem Überfluss hergeben. Und das Wunderschöne dabei ist, dass die arme Frau durch ihr Handeln nicht in Sorgen um das Morgen gerät, sondern glücklich ist! Sie freut sich, dass ihre Gabe angenommen wurde und Gott sie sieht – in dieser Situation schaut Jesus sogar ganz bewusst auf sie und nimmt sie zum Vorbild für seine Jünger. Die arme Witwe hat trotz ihrer Narben im Leben und der stets gegenwärtigen Armut großes Vertrauen in Gott, dass er für sie sorgen wird. Vielleicht entsteht eine besondere und nahe Gottesbeziehung erst aus der Not heraus, doch so mündet die Not in unbeschreiblichem Glück.
Mit diesen Gedanken möchte ich nicht behaupten, dass Armut der einzige Weg zum Glück ist, doch ich möchte den Appell stark machen, dass es sich lohnt, auf die Armen zu schauen und von ihnen zu lernen, dass uns die wirklich wichtigen Dinge im Leben geschenkt werden und wir sie nicht verdienen können. Auch wenn ich nicht in finanziellen Nöten lebe, bin ich angewiesen auf die Gnade Gottes und möchte mich nicht vor ihm verschanzen hinter meinen vermeintlichen Sicherheiten. Lasst uns – wie es in dem Graffiti heißt („Wenn du mehr hast als du brauchst, bau nen längeren Tisch, keinen längeren Zaun“) – mit unserem Überfluss keine höheren Zäune bauen, die uns von Gott fernhalten, sondern längere Tische und Tafeln errichten, um mit allen Menschen gemeinsam Mahl zu feiern und das Leben zu genießen.
Thale Schmitz

Impuls vom 30.10.2021, "Schweigen ist Silber"

Schweigen ist Silber

Neben zahlreichen, wichtigen Lehren Jesu bleibe ich im heutigen Evangelium gedanklich vor allem am letzten Vers bzw. Satz hängen:
Und keiner wagte mehr, Jesus eine Frage zu stellen. (Mk 12, 34)
Die Ehrfurcht vor den Worten Jesu zur Nächstenliebe ist so groß, dass die Menschen nur staunen können und verblüfft schweigen. Sie wagen es nicht bzw. trauen sich nicht einmal mehr eine Nachfrage zu stellen. Vermutlich kreisen die Gedanken und sie reflektieren das Gehörte und versuchen es einzuordnen.

Sicherlich ist es eine gute Idee, in sich zu gehen, bewusst zu schweigen und die Worte nachklingen zu lassen. Denn Gott flüstert und die Welt ist laut, heißt es in einer Weisheit. In der Stille ist es besonders gut möglich, mit Gott ins Gespräch zu kommen und sich ganz auf ihn zu fokussieren. Gewissermaßen lösen wir uns so von den irdischen Impulsen und werden offen und frei für die Stimme des himmlischen Vaters.

Es ist spannend darüber nachzudenken, was auf die beschriebene Situation im Evangelium folgt, welche Prozesse die zuhörenden Menschen durchlaufen und welche Schlüsse sie daraus ziehen. Ich kann mir gut vorstellen, dass das Staunen über die Worte Jesu stets größer wurde und die Menschen immer mehr Facetten erkannten und begreifen konnten. Schweigen ist Silber – so heißt es im Volksmund – und Reden ist Gold. Den Glanz der Botschaft im Schweigen zu erkennen und das silberne Schimmern zu erleben, verhilft uns zum nächsten Schritt. Nämlich dass wir über unsere Erkenntnis mit anderen Menschen sprechen und die Frohe Botschaft zu einer goldenen Erfahrung heranwachsen sehen untereinander.

Das folgende Gedicht fasst all diese Gedanken noch einmal zusammen:

Wenn du nicht hinhörst, der Stille nicht dienst
Nicht vernimmst, was Ewigkeit weiss
Wenn du nur Lautes erhörst
Nur bereits Gehörtes –
Bleibt die Welt
Wie sie ist                                                                     Matthias Krieg

Thale Schmitz

Impuls vom 23.10.2021, "Blind"

Blind

Blind – blind treibe ich umher und sehe den Weg nicht mehr.

Wo ist der Weg? Was ist das Ziel?

Weiß ich eigentlich, was ich will? Was mir wirklich wichtig ist?
Orientierungslos laufe ich durch das Leben – bin auf der Suche nach Glück!

Dabei möchte ich doch nur den Sinn meines Lebens erkennen…

„Glück ist nichts, was wir uns durch immer mehr Leistung erarbeiten müssen, sondern vielmehr etwas, das uns das Leben einfach schenken möchte – wenn es uns denn gelingt, die Hände frei zu haben.“ (Andreas Knapp)

Die Hände frei haben, nicht festbeißen oder an Dingen festkrallen, die doch nur irdisches Glück verheißen sollen….
Es fällt mir schwer, die Kontrolle abzugeben, geschweige denn loszulassen.

Doch vielleicht ist es genau das, was mich befreien wird!
Wenn wir für die Wirklichkeit Gottes offen sind, dann ist das ein großes Glück.

Ich will auf diese innere Stimme hören, mich ganz ihr widmen und begreifen, dass sie mich aus dem Dunkel herausführt.
Jesus, wo bist du? – Dein Wort ist das Licht, das den Weg zum wahren Leben weist. Deine Umarmungen spüre ich in stillen Momenten – wenn ich ganz bewusst schweige und nur bei dir sein will. Du bist da! Ich kann nicht tiefer fallen als in deines Vaters starke und gütige Hände.

Wenn ich mir alldem bewusst werde, verlassen mich alle meine Ängste und Sorgen, und ich verstehe, was ich wirklich brauche.
Nun weiß ich, wo und noch viel mehr, bei wem ich mein Glück finden darf und kann.

Wie der blinde Bettler, den du, Jesus, geheilt hast, möchte ich ganz gezielt auf dich zulaufen und dich um deinen Segen bitten.

Ich schäme mich nicht meiner Taten und Vergangenheit – bewusst werfe ich den Mantel und alle Masken ab und möchte ganz dir gehören. Denn du machst mich ganz heil und zeigst mir, dass ich unendlich geliebt bin. Dein JA erweist mir mein vollkommenes Lebensglück und meine Sicht wird langsam schärfer…

Und auch wenn das Glück Pause macht, ist der Sinn noch da!

Thale Schmitz

Impuls vom 16.10.2021, "Wer bin ich?"

Wer bin ich?

 

Wer bin ich? Sie sagen mir oft,

ich träte aus meiner Zelle

gelassen und heiter und fest

wie ein Gutsherr aus seinem Schloss.

 

Wer bin ich? Sie sagen mir oft,

ich spräche mit meinen Bewachern

frei und freundlich und klar,

als hätte ich zu gebieten.

 

Wer bin ich? Sie sagen mir auch,

ich trüge die Tage des Unglücks

gleichmütig, lächelnd und stolz,

wie einer, der Siegen gewohnt ist.

 

Bin ich das wirklich, was andere von mir sagen?

Oder bin ich nur das, was ich selbst von mir weiß?

Unruhig, sehnsüchtig, krank, wie ein Vogel im Käfig,

ringend nach Lebensatem, als würgte mir einer die Kehle,

hungernd nach Farben, nach Blumen, nach Vogelstimmen,

dürstend nach guten Worten, nach menschlicher Nähe,

zitternd vor Zorn über Willkür und kleinlichste Kränkung,

umgetrieben vom Warten auf große Dinge,

ohnmächtig bangend um Freunde in endloser Ferne,

müde und leer zum Beten, zum Denken, zum Schaffen,

matt und bereit, von allem Abschied zu nehmen?

 

Wer bin ich? Der oder jener?

Bin ich denn heute dieser und morgen ein andrer?

Bin ich beides zugleich? Vor Menschen ein Heuchler

und vor mir selbst ein verächtlich wehleidiger Schwächling?

Oder gleicht, was in mir noch ist, dem geschlagenen Heer,

das in Unordnung weicht vor schon gewonnenem Sieg?

 

Wer bin ich? Einsames Fragen treibt mit mir Spott.

Wer ich auch bin, Du kennst mich, Dein bin ich, o Gott!

 

Dietrich Bonhoeffer

 

(aus: ‚Widerstand und Ergebung – Briefe und Aufzeichnungen aus der Haft‘, HG: Eberhard Bethge, Kaiser-Taschenbücher 1997, S. 187)

Impuls vom 09.10.2021, "Welche Sicherheit brauchen wir wirklich?"

Welche Sicherheit brauchen wir wirklich?

Jeder Mensch braucht Sicherheiten in seinem Leben, die ihm ermöglichen, so weit wie möglich unbeschwert den Alltag zu meistern und wirklich lebendig zu sein. Wer sich sicher fühlt, kann unbefangener handeln und sich, mit einem Grundvertrauen ausgestattet, Situationen stellen und sogar in Wagnisse begeben.

Welche Sicherheiten sind das und wie werden sie uns Menschen geschenkt?

Ich denke, dass viele im ersten Moment und in erster Instanz an die finanzielle Sicherheit denken. Sie ermöglicht uns, dass wir für unseren Lebensunterhalt sorgen und somit alles Lebensnotwendige mit eigenen Mitteln aufbringen können. Bei besonders stabiler, finanzieller Sicherheit dürfen wir uns sogar das ein oder andere Luxusgut gönnen, ohne dabei an anderer Stelle Abstriche machen zu müssen.

Geld und Finanzen sind in meinen Ohren Begriffe, die häufig Gänsehaut auslösen. Das Thema Geld spiegelt meiner Meinung nach sehr oft Machtkämpfe zwischen Menschen, Gruppen, Ländern und Nationen (usw.) wider. Das Maß an Geld symbolisiert dabei die Macht, die ein Befehlshaber hat bzw. ausführen kann. Im Kampf um die eigene (finanzielle) Sicherheit werden dabei andere Menschen aus dem Blick verloren oder sogar bewusst benachteiligt. Doch ist diese Sicherheit beständig?

Dann gibt es aber auch jene Menschen, die diese Art der Sicherheit überhaupt nicht benötigen, sondern ihr Leben vielfältig und teilweise sogar unbeständig gestalten – so wie ihnen der Sinn danach steht, auch wenn dadurch keine finanzielle Sicherheit gewährleistet ist. Solche Lebenskünstler – wie ich gerne zu sagen pflege – bewundere ich sehr, denn sie scheinen einen anderen Sicherheitsanker zu haben, der ihnen das Vertrauen schenkt, nicht in eine leere Zukunft zu gelangen. Diese Lebensform zeugt von ungeheurem Vertrauen und bietet den Menschen große Freiheit, denn sie müssen sich nicht an die gesellschaftlichen Vorstellungen einer vermeintlich sicheren Lebensweise anpassen.

Vielleicht ist es das Vertrauen in Gott, dass diesen Menschen die benötigte Sicherheit gibt und das finde ich so erstrebenswert. Denn das Greifen nach Gott ist immer möglich

und wir müssen dafür gar nichts leisten, um seine geschenkte Sicherheit zu erhalten! Wir dürfen uns einfach fallen lassen und im Vertrauen auf ihn in den Himmel blicken: Seht die Vögel unter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. (Mt 6, 26).

Thale Schmitz

Impuls vom 02.10.2021, "Gott ist meine Unterbrechung "

Gott ist meine Unterbrechung

In diesen Tagen nehme ich an Exerzitien im Alltag teil, die als kurze Impulse auf mein Smartphone geschickt werden. Die Exerzitien sollen kurze Oasentage „zwischendrin“ ermöglichen und beschäftigen sich mit dem Sonnengesang des Heiligen Franziskus.

Der Sonnengesang ist das wohl bekannteste Gebet des Franziskus und ist eine Hymne auf die von Gott geschaffene Schöpfung – zugleich gibt der Sonnengesang Anlass zum Lobe Gottes für alles, was er für uns Menschen ins Leben gerufen hat.

Der erste Tag der Exerzitien stand unter dem Leitwort der ersten Strophe des Sonnengesanges:

Höchster, allmächtiger, guter Herr,

dein sind das Lob, die Herrlichkeit und Ehre und jeglicher Segen.

Dir allein, Höchster, gebühren sie,

und kein Mensch ist würdig, dich zu nennen.

(Aus dem Sonnengesang des Franziskus)

Nach einem auditiven Impuls kristallisierte sich die folgende Frage heraus, die über den Tag wirken konnte und zu der die Teilnehmenden in aller Offenheit und Freiheit ihre möglichen Antworten auf einer Online-Plattform (www.menti.com) eintragen konnten:

Wer oder was oder wie ist Gott heute für dich?

Da ich selbst schon häufig mit verschiedenen Menschen(-gruppen) und in unterschiedlichen Kontexten über diese Frage gesprochen habe, vermutete ich, dass die Ergebnisse dieser Umfrage mich nicht besonders wundern bzw. große neue Erkenntnisse für mich bereithalten würden. Doch ich wurde überrascht, denn in der großen Wolke (die Antworten wurden grafisch in dieser Form dargestellt) fiel mir sehr schnell – neben einigen anderen – „Die Unterbrechung“ ins Auge. In dieser im ersten Moment unerwarteten Antwort liegt soviel Wahrheit und sofort hatte ich einige selbsterlebte Situationen im Kopf, in denen Gott mir die wohltuende Unterbrechung war, indem er mir eine Pause schenkte, neue Kraft gab und ich mit frischen Gedanken und Mut weitermachen konnte – wie ein wärmendes Licht, das mir den Weg weist.

Thale Schmitz

Impuls vom 25.09.2021, "Mensch, lasse das Ärgernis nicht zu!"

Mensch, lasse das Ärgernis nicht zu!

Im zweiten Teil des heutigen Evangeliums hören wir in Jesu Rede häufig das Wort Ärgernis. Er spricht von der Hand, dem Fuß und dem Auge, die allesamt ein Ärgernis geben können und dass es besser sei diese Körperteile gewaltsam zu entfernen, als dass wir diese Ärgernisse zulassen.

Ein Ärgernis – dieses Wort klingt in meinen Ohren recht abgeschwächt und nach keiner allzu großen Sache. Jesus hingegen meint mit dem Ausdruck ein Ärgernis geben allerdings, dass jemand einen Menschen um seinen Glauben bringt oder ihn zu etwas Bösem verleitet. Das ist aus meiner Sicht nicht nur ein kleines Ärgernis, sondern viel eher ein riesiger Skandal! Die ursprüngliche Herkunft bzw. Übersetzung bestärkt diesen Eindruck: es wird übersetzt aus dem Griechischen mit dem Wort „skándalon“. Jesu Ausführungen bestätigen dies wiederum, denn in Vers 42 heißt es:

Wer einem von diesen Kleinen, die an mich glauben, Ärgernis gibt, für den wäre es besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer geworfen würde. (Mk 9,42)

Das bedeutet womöglich, dass der Tod und das Ausscheiden aus dem irdischen Leben eine bessere Alternative wären, als in dieser Form zu sündigen. Weiter spricht Jesus außerdem von der Hölle und dem nie erlöschenden Feuer, das uns drohe.

In Anlehnung an das uns allen vermutlich bekannte Spiel „Mensch, ärgere dich nicht!“ denke ich, dass wir uns in Bezug auf das Evangelium heute als Appell zurufen sollten: „Mensch, ärgere dich nicht, sondern handle – lasse das Ärgernis nicht zu!“ Dazu müssen wir uns bewusst machen, dass wir vielleicht auch oft unbewusst handeln und so Situationen erzeugen, die nicht im Sinne Jesu sind und reflektiert werden müssen.

Das Spiel suggeriert in meinen Augen auch, dass die Spielenden sich nicht über Kleinigkeiten ärgern sollen – wie zum Beispiel, wenn ein Mitspieler das eigene Püppchen schlägt und alles wieder von vorne begonnen werden muss. Vielleicht ist es auch keine Kleinigkeit mehr, wenn dies zum x-ten Male passiert, aber in Verbindung mit dem Evangelium und dem Vergleich des Ausmaßes des Ärgernisses, sollten wir uns diese Art von Ärgernis nicht allzu sehr zu Herzen nehmen. Vielmehr dürfen wir es als neue Chance und erfüllende Herausforderung betrachten, nochmal zu beginnen und zu schauen, wohin der Weg uns führt und welches Glück noch auf uns wartet.

Thale Schmitz

Impuls vom 18.09.2021, "Und er stellte ein Kind in ihre Mitte"

Und er stellte ein Kind in ihre Mitte

Das Streben nach größtmöglichem Erfolg und dem vergleichsweise besten Leistungen bestimmt unsere Gesellschaft und unsere persönlichen Ziele vielfach noch heute – auch für die Jünger war es damals schon ein großes Thema und die Reaktion Jesu ist in gewisser Weise verblüffend: Er stellte ein Kind in ihre Mitte (Mk 9, 36).

Nicht weil es unschuldig ist oder dies symbolisieren soll – der Vergleichspunkt ist vielmehr das Vertrauen des Kindes. Denn es vertraut darauf, dass es nichts leisten muss, um die lebensnotwendigen Dinge zu erhalten. Jesus selbst begegnet uns in den Kleinen, Geringen, Schwachen, Machtlosen und Armen; in denen, die sonst wenig ernst genommen werden und auf die sonst keiner hört. Jesus möchte seine Jünger und auch uns darauf aufmerksam machen, dass wir uns nicht über andere erheben müssen, um erfolgreich bzw. viel eher glücklich und zufrieden sein. Dieses Verhalten hat für ihn keinen Wert und soll in seiner Nachfolge auch keinen Platz haben. Seine Botschaft ist eine andere: Wir müssen nichts leisten! Und wir dürfen verstehen, dass wir unseren Selbstwert nicht in Konkurrenz zu anderen erleisten müssen. So können wir darauf verzichten, uns mit aller Kraft nach oben kämpfen zu wollen. Denn wir müssen nicht ständig unsere Stärke und Überlegenheit demonstrieren, um von Jesus umsorgt zu werden.

Das Evangelium ist und bleibt eine Provokation, eine dauernde Anfrage an jede und jeden von uns, wie ernst wir die Worte und Zeichenhandlungen Jesu nehmen und wie weit sie unseren Alltag und unser Leben prägen, als Einzelne, als Glaubensgemeinschaft, als Gemeinde und als Kirche. Nur wenn wir wie ein Kind werden – also offen, unbefangen, vertrauensvoll – wird uns das Reich Gottes zuteil. Es ist ein Geschenk. Gott öffnet uns die Arme und segnet uns und auch wir können unsere Arme und Hände und unser Herz für andere öffnen. Wir können Fürsprecher sein für diejenigen, die keine Aufmerksamkeit und Anerkennung erhalten und von vielen einfach nicht gesehen werden.

Lasst uns wie die Kinder sein und „Nicht müde werden, sondern dem Wunder leise wie einem Vogel die Hand hinhalten“ (Hilde Domin).

Vielleicht fordert uns das Bild noch ein wenig mehr dazu heraus.

Thale Schmitz

Impuls vom 11.09.2021, "Ihr aber, für wen haltet ihr mich?"

„Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“

Das zu diesem Impuls ausgewählte Bild trägt den Titel Grenzen menschlicher Erkenntnis. Es ist sicherlich kein Bild, das mich durch seine Optik oder seine offensichtliche Botschaft und Aussagekraft angesprochen hat – das Interesse wurde durch den gewählten Titel geweckt.

Ja, unsere menschliche Erkenntnis ist begrenzt und sicherlich gibt es Situationen und Themen, die uns in die Ecke drängen – uns einmauern und keinen sichtbaren Ausweg ebnen.

Ähnlich erging es vermutlich einigen der Jünger Jesu, als er sie – wie im heutigen Evangelium geschrieben steht – explizit fragt: „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“ (Mk 8, 29a). Vorausgegangen war, dass viele Menschen ganz unterschiedliche Auffassungen über Jesus hatten und ihn unter anderem für Johannes den Täufer oder Elija hielten. Auch die Jünger haben unterschiedliche Meinungen – so antwortet Simon Petrus entschlossen: „Du bist der Christus!“ (Mk 8, 29b). Petrus dagegen beginnt, ihn zurechtzuweisen. Jesus belehrt seine Jünger über die Geschehnisse, die ihm bevorstehen und macht die Notwendigkeit der Kreuzesnachfolge deutlich. Wahrhaftig nachfolgen, kann nur, wer sich selbst verleugnet, das Kreuz auf sich nimmt und um Jesu Willen sein Leben verliert. Nur so kann er oder sie es retten.

Dies sind starke und auch harte Worte, wenn die Jünger und auch wir heute reflektieren, was dies für unser Leben bedeutet – wenn wir es in der Nachfolge Jesu gestalten wollen. Die Investitionen und das geforderte Vertrauen sind enorm hoch. Noch dazu fehlen das vollumfassende Erkennen und Begreifen der Sinnhaftigkeit des angekündigten Leidens Jesu. Die Grenzen menschlicher Erkenntnis werden in diesem Kontext und in dieser Situation besonders deutlich und das vollständige Verstehen ist wohl nur ein Wunsch, der bruchstückhaft bleiben wird.

Und dennoch: Trotz dieser Unsicherheiten und des Wagnisses auf den irdisch beinahe unbegreiflichen Gott zu vertrauen, finden Menschen zu einem festen Glauben. Unsere eigenen Grenzen zu akzeptieren und auch die menschliche Erkenntnis als begrenzt wahrzunehmen, kann uns helfen, unsere Bruchstückhaftigkeit im irdischen Leben anzunehmen. So hoffen wir auf die Vollendung durch Gott in seiner Vollkommenheit – symbolisch ausgedrückt durch den herzförmigen Stein in der Ecke dieses Bildes.

Thale Schmitz

Impuls vom 04.09.2021, "Effata - Öffne dich!"

Effata – Öffne dich!

Diesen Ausruf Jesu hören wir im heutigen Evangelium und er hat meiner Meinung nach auf so vielen Ebenen Bedeutsamkeit und Tiefe. Mich persönlich erinnert das Wort „Effata“ in besonderer Weise an meine ersten Jahre in Münster, in denen ich in der Jugendkirche effata[!] sehr aktiv war und dort meine Heimatgemeinde gefunden hatte. Diese Zeit war geprägt von zahlreichen Möglichkeiten und Ideen, die wir Jugendliche und junge Erwachsene spinnen und umsetzen durften. Wir sind auch dort hinausgegangen zu den Menschen und haben mitten im sozialen Raum Projekte gestartet und sind ganz offen und unvoreingenommen auf die Menschen in der Stadt zugegangen. Einen Zufluchtsort gestalteten wir den Menschen in der Stadt durch die offene Kirche, die wir mit verschiedenen Stationen und Impulsen gestalteten. Diese Angebote sprachen die Menschen sehr an und so konnten wir Menschen aller Altersgruppen bei unseren Veranstaltungen, Gottesdiensten und Projekten begrüßen.

In der Wundererzählung des heutigen Evangeliums hören wir von der Heilung eines taubstummen Mannes. Er konnte zuvor in seinem Leben keine Offenheit, wie sie für uns beinahe selbstverständlich ist, wahrnehmen. Durch sein taubes Gehör konnte er keine akustischen Reize aufnehmen und daher keine Worte hören und verstehen, sodass ihm das Erlernen der Sprache bzw. des Sprechens verwehrt geblieben ist. Durch die Berührung Jesu sind dem betroffenen Mann plötzlich alle diese Zugänge zur Welt eröffnet worden und ein ganz neues, viel reicheres Leben mit einer detaillierteren Wahrnehmung der Welt steht ihm nun bevor. Zudem kann er nun in aktivem Beisein Jesu Worte und die Frohe Botschaft hören, die sein Leben prägen und begleiten werden – sowie zu immer wieder neuen Aufbrüchen motivieren.

Wir können uns nichts Besseres wünschen, als dass Jesus auch in unser Leben tritt, uns heilend berührt und uns das befreiende Wort „Effata – Öffne dich!“ zusagt. Dies gilt nicht nur für physiologische Gegebenheiten wie unserem Gehör oder unserem Sprachrohr, sondern auch unserem Herzen. Jesus kann unser Herz berühren und es für ihn öffnen. Das hat wiederum Einfluss auf unser gesamtes Sein und Handeln. Wir werden offen für viele Menschen und Anliegen in unserem Umfeld.

Uns der Wichtigkeit bewusst zu sein, immer ein offenes Ohr für Jesus und seine Botschaften an uns zu haben, hat das Potenzial ungeahnte Veränderungen in und um uns wahrzunehmen und zu erleben.

Thale Schmitz

Impuls vom 28.08.2021, "Wie geht beten?"

Wie geht beten?

In verschiedenen Kontexten und im Gespräch mit vielen, ganz unterschiedlichen Menschen habe ich schon oft über das Thema „Beten“ gesprochen. Häufig kommt dabei die Frage auf „Wie geht beten eigentlich richtig?“ oder „Wie finde ich überhaupt einen Zugang zum Beten oder den Weg in eine Gebetshaltung?“.

Es scheint der Anspruch erhoben zu werden, dass Beten ein ganz bestimmtes Ritual ist, welches gewissen Anforderungen zu entsprechen habe. Dabei kommt es gar nicht so sehr darauf an, wie wir beten, sondern welcher Wunsch oder welche Sehnsucht dahintersteckt. Menschen, denen das beten schwerfällt, versuche ich gerne mit einem Zitat von Georges Bernanos zu ermutigen: „Schon der Wunsch zu beten ist ein Gebet.

Wir müssen dabei keinen Anforderungen entsprechen oder uns an ein ritualisiertes Verhalten anpassen. Das, was uns bewegt, können wir vor Gott bringen und ihm verbal oder nonverbal mitteilen – Dankbarkeit, Sorgen und Bitten… Auch Worte der Wut und der Klage dürfen ihren Platz finden. Schon das Bedürfnis, mich ihm anzuvertrauen, bringt mich näher zu Gott und ermöglicht Kommunikation und Beziehung zueinander.

Es gibt keine Vorgaben und Grenzen. Daher können wir in uns hineinhorchen und selber spüren, was (zum Beispiel eine Kerze) und welche Gebetsform uns dabei unterstützt, näher in die Gegenwart Gottes zu treten und diese Sehnsucht ein Stück weit zu stillen.

Spirituelle Erfahrungen und prägende Erlebnisse können unsere Gebete sicherlich vertiefen und so kann jeder und jede für sich herausfinden, welche Rituale ihm oder ihr persönlich guttun oder welchen Kontext und welches Umfeld es braucht, um gut beten zu können. Ein fokussiertes Gebet, das nicht durch eventuelle äußere Umstände beeinflusst wird, verspricht meist eine besondere Tiefe, die befreiende Wirkung haben kann und uns auch hilft, Sorgen und Nöte im Gebet und durch das Gebet loszulassen und an Gott abzugeben. Dabei dürfen wir ihm auch Menschen anvertrauen, denen wir gerne helfen würden, dabei allerdings an unsere irdischen Grenzen stoßen.

Denn wie es Martin Luther einst sagte:

Beten heißt: Gott den Sack vor die Füße werfen.

 

Thale Schmitz

Impuls vom 21.08.2021, "Wohin sonst sollten wir gehen?"

Wohin sonst sollten wir gehen?

Die Worte des Simon Petrus am Ende des heutigen Evangeliums, die er in Reaktion auf die sich zurückziehenden, ungläubigen Jünger äußert, lauten:

Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens. Wir sind zum Glauben gekommen und haben erkannt: Du bist der Heilige Gottes. (Joh 6, 68-69)

Viele – vermutlich eine Mehrheit – der Jünger murren über Jesu harte Worte und schenken ihm keinen Glauben mehr. Sie beschließen, ihm nicht mehr nachzufolgen. Daraufhin fragt Jesus die zwölf Jünger, die ihm am nächsten stehen, ob auch sie gehen wollen, worauf Simon Petrus ihm diese starke Antwort gibt. Sie zeugt von großer Glaubenskraft, die nicht durch die Meinungen und das Verhalten anderer irritiert oder ins Wanken gebracht werden kann.

Vielleicht ernten auch wir manchmal Hohn und Spott, wenn wir zu unserem Glauben stehen und unser Christsein bekunden. Viele Menschen in unserer Gesellschaft haben den Bezug zum Glauben verloren oder niemals erfahren und so ist ihnen das Vertrauen in eine übermenschliche Kraft und in einen nicht greifbaren bzw. nicht augenscheinlich sichtbaren Gott einfach fremd. Es kommt ihnen vielleicht sogar mystisch vor; und so kann der Glaube schnell auch lächerlichen Charakter erhalten. Simon Petrus antwortet so gefestigt, dass wir mutmaßen können, dass ihn nichts dergleichen von seinem Glauben an Jesus Christus abbringen könne. In dieser Haltung fällt es schwer zu akzeptieren, dass wir nicht alle unsere Mitmenschen mit der Frohen Botschaft erreichen können. Doch gleichzeitig können wir durch die eigene Standfestigkeit im persönlichen Glauben wachsen und uns Glaubensproben stellen.

Mir kommt beim Lesen der Bibelstelle ein modernes, christliches Lied von Thea Eichholz in den Sinn. Es trägt den Titel „Wohin sonst“ und beinhaltet folgenden Text:

Herr, wohin sonst sollten wir gehen? Wo auf der Welt fänden wir Glück?

Niemand, kein Mensch kann uns so viel geben wie du.

Du führst uns zum Leben zurück – Nur du schenkst uns Lebensglück.

Diese Zeilen greifen die Worte von Simon Petrus noch einmal auf und machen deutlich, dass Jesus Christus uns der richtweisende Kompass sein kann, auf den wir uns verlassen und mit dem wir ihm entgegen gehen dürfen.

Thale Schmitz

Impuls vom 14.08.2021, "Bewegung - Begegnung - Gastfreundschaft - Ermutigung - Freude - Auftanken"

Bewegung – Begegnung – Gastfreundschaft – Ermutigung – Freude – Auftanken

All diese Stichworte aus dem heutigen Evangelium vom Hochfest ‚Mariä Aufnahme in den Himmel‘ ((Lk 1,39-56) passen und erinnern an die gestrige Eröffnung unseres neuen Refugiums, das künftig dienstags bis samstags von 10 – 18 Uhr genau das ermöglichen will: Bewegung – Begegnung – Gastfreundschaft – Ermutigung – Freude – Auftanken.

 

Sehr ähnliche Erfahrungen machen die beiden Frauen: Maria ist schwanger und macht sich auf den Weg zu ihrer ebenfalls schwangeren Cousine Elisabeth.

 

Damals wie heute steht der sehr präsente Christus im Mittelpunkt: buchstäblich verborgen und unsichtbar sowie zugleich lebendig und inspirierend löst er in den beiden schwangeren Frauen große Freude aus.

 

Wie Maria wollen auch wir uns als pastorale GrenzgängerInnen mutig und leidenschaftlich auf den Weg machen. Dabei gilt es, sich wie Maria in Höhen und Tiefen auf Überraschungen und Begegnungen einzulassen. Und wie Elisabeth wollen wir uns in Gastfreundschaft üben und uns zweckfrei, aber nicht sinnlos, niedrigschwellig, aber nicht unterschwellig für unsere Gäste und ihre erfrischenden wie anstrengenden Anliegen öffnen.

 

In neugierig-lustvoller Haltung wollen wir Menschen begrüßen und willkommen heißen! Dabei zählt für uns der einzelne Mensch – egal wie. Diesen Dienst verrichten wir im klaren Bewusstsein um unsere bisweilen engen Grenzen in der geistlichen Haltung, dass Gott in uns allen Menschen begegnen möge!

 

Passend dazu jetzt Gedanken aus der evangelischen Stadtkirche in Monschau, wo KirchenbesucherInnen im Eingangsbereich in Anlehnung an einen Text aus der Kathedrale von Coventry in England mit folgenden Worten begrüßt werden:

 

Überschrift: ‚Deus nostrum Refugium‘‚Gott ist unsere Zuflucht, unser Rückzugsort‘

 

Wir heißen die willkommen,

die allein leben, verheiratet, geschieden, verwitwet, homosexuell, verwirrt, saureich sind,

bequem leben oder bettelarm sind.

 

Wir heißen dich willkommen,

gleichgültig, ob du singen kannst wie Pavarotti oder eher still vor dich hinbrummst.

Egal, ob du nur mal vorbeikommst, gerade erst aufgewacht bist oder direkt aus dem Gefängnis kommst.

Es kümmert uns nicht, ob du noch christlicher bist als der Erzbischof von Canterbury oder das letzte Mal vor zehn Jahren zu Weihnachten in einer Kirche warst.

 

Wir heißen die willkommen,

die älter als 60, aber immer noch nicht erwachsen sind, und die Jugendlichen, die viel zu schnell groß werden.

Sportliche Mütter, Fußballväter, hungernde Künstler, Bäume-Umarmer, Kaffeetrinker, Vegetarier, Junk-Food-Esser.

Die gerade auf Entzug oder immer noch abhängig sind.

 

Wir heißen dich willkommen,

wenn du Probleme hast, so richtig am Boden bist oder ‚organisierte Religion‘ nicht magst (darauf sind wir selbst nicht so scharf).

 

Wir heißen die willkommen,

die meinen, dass die Erde flach ist, die zu hart arbeiten, nicht arbeiten, nicht lesen können

oder die bloß hier sind, weil Oma zu Besuch gekommen ist und diese Kirche besichtigen wollte.

 

Wir heißen die willkommen,

die tätowiert oder gepierct sind, beides zugleich oder nichts davon.

Die gerade jetzt ein Gebet gut gebrauchen könnten, die als Kinder schaufelweise mit Religion abgefüllt wurden,

die sich auf dem Eifelsteig verlaufen und nur aus Versehen hier gelandet sind.

 

Wir heißen Pilger, Touristen, Suchende, Zweifler willkommen und DICH!

Stefan Tausch, Pastor

Impuls vom 07.08.2021, "Lass Gras über die Sache wachsen!"

Lass Gras über die Sache wachsen!

Im heutigen Evangelium murren die Juden gegen Jesus und seine Verkündigung in intensiver Weise. Jesus fordert sie auf, dies zu unterlassen und belehrt sie.

Auch wenn es vielleicht nicht offensichtlich passend ist, kam mir eine Postkarte einer Freundin mit dem folgenden Spruch in den Sinn:

„Das Gras wird gebeten über die Sache zu wachsen – das Gras bitte!“

Gerade wenn ich wirklich verärgert über etwas bin oder sogar richtig wütend, hilft mir dieser Spruch zu realisieren, dass ich Zeit ins Land ziehen lassen sollte, um wieder gelassener zu werden und die Situation ruhiger und mit neuen Augen betrachten zu können. Sicherlich erging es den Juden damals ähnlich – sie waren irritiert und sogar empört über die Aussprachen Jesu, in denen er sich selbst als das Brot des Lebens deklariert und als vom Himmel herabgekommen beschreibt. Dies konnten sie schwer hinnehmen, geschweige denn glauben, und murrten daher über die vermeintliche Überheblichkeit Jesu.
Wie geschrieben steht, gab es zahlreiche Menschen, die sozusagen Gras über die Sache wachsen ließen und die erst durch den von Gott geschenkten Glauben auch Jesus glauben konnten. In dieser Redewendung steckt viel Metaphorik und sie provoziert die Frage, was Gras damit zu tun hat, dass ich Dinge hinter mir lassen soll? Erst einmal ist Gras grün – die Farbe der Hoffnung – und durch die Jahreszeiten hindurch ändert sich diese Eigenschaft auch nicht, egal wie düster der Himmel gerade ist. Es ist somit ein Zeichen, dass alles wieder gut wird, auch wenn es etwas Zeit dazu braucht. Gras braucht tatsächlich auch viel Zeit zum Wachsen – es wächst so langsam, dass wir sein Wachstum kaum bemerken. Doch wenn wir einige Wochen nicht hingeschaut haben, stellen wir fest, dass es viel höher gewachsen ist. Dies lässt sich sehr gut auf die Gefühlsebene übertragen. Denn die positiven Gefühle sind im ersten Moment der Wut gar nicht vorhanden, werden aber unbemerkt immer größer. Wenn dann jedoch die nächste verärgernde Situation kommt, sind die guten Gefühle wieder weg und werden verdrängt. Doch wir brauchen auch die negativen Gefühle als Gegengewicht, um die positiven wiederum besser spüren zu können. Daher müssen wir das Gras auch mähen. Es kann nicht riesengroß werden, denn es würde umknicken und vertrocknen und in sich selbst ersticken.

Also: Lass Gras über die Sache wachsen!

Thale Schmitz

Impuls vom 31.07.2021, "Auf der Suche"

Auf der Suche

Im heutigen Evangelium begeben sich die Menschen auf die Suche nach Jesus. Sie hatten ihn am Ufer des Sees von Galiläa nicht finden können und fuhren mit Booten nach Kafarnaum, um dort weiter nach ihm zu suchen. Sie fühlten aufgrund der Erfahrungen mit ihm eine tiefe Sehnsucht nach seinen Worten und der inspirierenden Aura, die ihn umgab.
Jesus hat in den Menschen etwas entzündet, dass sie dazu antreibt, ihm zu folgen und in Kontakt mit ihm zu stehen. Sie sind und bleiben auf der Suche und wollen ihrem Herrn nahe sein.
Suchende sind auch wir heute auf der Erde und obwohl wir Jesus nicht unmittelbar im irdischen Sinne begegnen können, hat unser Glaube an ihn eine entflammende Wirkung auf uns und für andere. Die lodernde Flamme des Glaubens glüht stets weiter und in uns bleiben die Motivation und der Antrieb erhalten, diesem Jesus nachfolgen zu wollen. Wir müssen meist gar nichts bewusst tun, denn das Streben und die Sehnsucht wächst ganz von allein. Ich finde es faszinierend, wie dieser Mensch durch seine Ausstrahlung, seine Lehre und Lebensweise die Menschen nachhaltig angesteckt hat. Und nicht nur das – er hat uns auch befähigt, diese Botschaft weiterzutragen und uns durch unsere persönlichen Eigenschaften und Begabungen dafür einzusetzen, dass wir auch in Zukunft die Menschen vom Reich Gottes begeistern können.

In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst. (Augustinus)

Dieser Satz von Augustinus ist gerade in Bezug auf den Glauben und seine Vermittlung und Weitergabe mehr als passend. Man kann noch so theoretisch von vermeintlichen Überzeugungen und Werten reden – wenn sie nicht leidenschaftlich gelebt und verkörpert werden und wir nicht für diese Begeisterung brennen, springt der Funke beim Anderen nicht über und entzündet in ihm kein neues Feuer.
In einem Lied heißt es „Pilger sind wir Menschen, suchen Gottes Wort, unerfüllte Sehnsucht treibt uns fort und fort“ (Auf der Suche, 64). Vielleicht vermögen diese Zeilen den Gefühlszustand von einigen von uns zu beschreiben. Ähnlich wie Heißluftballons leben wir und bewegen uns zwischen Himmel und Erde – im Vertrauen auf Jesus Christus, in Begegnung mit ihm und der Heimkehr bei ihm als Ziel.

Thale Schmitz

Impuls vom 24.07.2021, "...und es reichte für alle"

…und es reichte für alle

Die Erfahrung der Jünger und aller Menschen, die das Wunder der Brotvermehrung durch Jesus miterlebt haben, ist in diesen Tagen und vor allem der letzten Woche eine sehr aktuelle. Viele Menschen haben durch die Überschwemmungen alles verloren, was sie besaßen. Komplette Häuser sind zerstört worden – durch die Wassermassen überschwemmt oder sogar durch Stromreaktionen in Flammen aufgegangen. Alles Hab und Gut wurde vernichtet und viele Menschen sind ums Leben gekommen – die konkrete Zahl ist bis heute nicht abschätzbar.
Und doch ist durch diese Katastrophe und das große Unglück für die Betroffenen Hoffnung und Zuversicht spürbar, denn viele Menschen sind bereit zu teilen. Sie spenden finanzielle Mittel, um die Hilfsorganisationen vor Ort zu unterstützen und den Menschen Notunterkünfte einzurichten. Viele sammeln u.a. Kleidung, Decken, Sachspenden jeglicher Art und auch Spielzeuge für all die Kinder, die ihre persönlichen Spielsachen und Kuscheltiere verloren haben. Einige Hotelbetreiber stellen ihre Gästezimmer zur Verfügung und es gibt sogar handwerkliche Betriebe, die ihre eigenen Tätigkeiten ruhen lassen und Aufträge verschieben, um mit dem gesamten Team in den Katastrophengebieten zu helfen und die Aufräumarbeiten schnellstmöglich voranzutreiben, sodass die Menschen – so weit möglich – bald wieder in ihr Zuhause zurückkehren können. Natürlich werden auch Lebensmittel gespendet und bereitgestellt, sodass niemand in diesen Tagen Hunger leiden muss.
Die Menschen teilen im wahrsten Sinne des Wortes das Brot und merken: Es reicht für alle und die Menge der Betroffenen war satt geworden (Joh 6,12). Die Bereitschaft, zu teilen und vom eigenen Besitz abzugeben, hat wundersame Wirkung. Denn sie stiftet Gemeinschaft, lässt Menschen zusammenkommen, um gemeinsam herausfordernde Lebenssituationen und daraus resultierendes Leid durchzustehen – auch wenn es noch so ausweglos erscheint und die Trauer unendlich groß ist. Sicherlich haben sich die Menschen perspektivlos gefühlt oder fühlen sich noch stets so und wussten nicht, wie sie ohne jeglichen Besitz weiterleben sollten – noch dazu die Trauer um unersetzbare Güter und noch viel mehr um die verstorbenen Angehörigen und Mitmenschen. Sie durften in diesen Tagen die Erfahrung machen, dass die Hilfsbereitschaft ihrer Mitmenschen enorm ist und dass ihre Gaben für Alle reichen – auch wenn dies niemand erwartet hätte.

Thale Schmitz

Impuls vom 17.07.2021, "Wo ein Wille ist, ist auch ein Umweg!"

Wo ein Wille ist, ist auch ein Umweg!

Vor kurzem habe ich ein sehr irritierendes Zitat mit unbekanntem Verfasser in einem christlichen Online-Format (365 STEPS) für junge Erwachsene gelesen. Es lautet:

Gott zerstört deine Pläne, bevor sie dich zerstören.

Ich war erstaunt über die Radikalität und das vermeintliche Handeln Gottes, das in diesem Satz mit Zerstörung assoziiert wird. Dennoch brachte es mich zum Nachdenken und in tieferer Auseinandersetzung wurde mir bewusst, dass ich selbst schon häufig in meinem Leben aufgrund meiner Verbissenheit an falschen Plänen festhielt. Wenn ich mir etwas vorgenommen hatte und dies oftmals sehr genau durgeplant umsetzen wollte, fiel und fällt es mir unfassbar schwer, im Falle des Nichtgelingens von diesen Vorhaben abzulassen und neue Wege oder auch Umwege zu gehen. Ich konnte die Gedanken nicht loslassen und hielt zwanghaft an meinen ursprünglichen Plänen fest, auch wenn längst absehbar war, dass sie keine gute Idee waren und mir auch gar nicht gut taten. In diesem Sinne ist das genannte Zitat eine ziemlich befreiende Vorstellung – denn bevor mich meine Verbissenheit und mein Festhalten an falschen Zielen in einer Art Tragödie enden lässt, möchte Gott eingreifen und bewirken, dass ich loslasse und neue Wege gehe – dass ich mich frei mache für neue Möglichkeiten und Perspektiven, die ich aufgrund meines Starrsinns gar nicht mehr sehen konnte. Diese Erfahrung kann ich im Nachhinein in einigen Lebenssituationen herausstellen und erkennen, dass das Eingeständnis einer gescheiterten Planung oder einer falsch eingeschätzten Zielvorstellung mich gar nicht deprimiert hat oder enttäuscht zurückließ, sondern befreiend war.

Die Hoffnung und der Glaube daran, dass Gott uns in all unseren Vorhaben unterstützt und uns mithilfe seiner Kraft zu unseren Zielen verhelfen möchte, ist sicherlich nicht falsch. Doch Gott setzt uns auch Grenzen. Es ist notwendig, dass er uns darauf aufmerksam macht, wenn wir über unsere Ziele hinausschießen oder sogar falsche verfolgen und dabei nicht mehr auf heilsamen Wegen unterwegs sind. Daher ist es eine gute Idee, auch in Prozessen immer wieder zu versuchen, auf Gottes Stimme zu hören und so zu prüfen, ob wir uns auf einem richtigen Pfad befinden oder nicht doch ein Neuweg schon für uns bereitgestellt ist.

Thale Schmitz

 

Impuls vom 10.07.2021, "Was lasse ich mir meinen Glauben an Jesus Christus kosten?"

Was lasse ich mir meinen Glauben an Jesus Christus kosten?

Die Aussendung der Jünger Jesu ist eine beispielhafte Erzählung dafür, was es heißen kann, sich einer Aufgabe oder einem Projekt völlig hinzugeben. Jesus fordert die Zwölf auf, alles – wirklich alles – hinter sich zu lassen und in fremde Gebiete zu ziehen. Kein Essen, keinen Besitz und auch kein Geld sollten sie mitnehmen und ganz im Vertrauen auf Gott losziehen, um den Menschen überall von der Frohen Botschaft zu verkünden.

Ist es nicht erstaunlich, dass die Jünger all dies in Kauf genommen haben? Sie gaben ihr altes Leben auf, verließen ihre Heimat und ihre Familien und gingen das volle Risiko im Vertrauen auf ihren Herrn ein. So folgten sie Jesus unmittelbar nach und widmeten ihr ganzes Leben dieser Nachfolge.

Auch wir sind heute auf dem Weg mit und für Jesus und wollen in seiner Nachfolge stehen. Sicherlich hat dies ganz individuell für uns eine unterschiedliche Bedeutung und Gewichtung im Ausdruck und in der Ausprägung unseres Lebens und Handelns. Daher ist es für jede und jeden von uns spannend, sich die folgende Frage zu stellen:

Was lasse ich mir meinen Glauben an Jesus Christus kosten?

In der persönlichen Ausgestaltung des Lebens und Alltages versuchen Christen und Christinnen im Sinne Jesu zu handeln und seine Werte zu leben. Dies können wir sowohl im Inneren tun, als auch durch deutliches Heraustragen unserer christlichen Überzeugungen nach außen. Doch wie weit sind wir bereit, zu gehen, wenn es um konfrontative Kontexte und Situationen geht und es Konfliktpotenzial geben kann? Bleiben wir dabei standhaft und unserer Haltung treu, auch wenn es sich negativ auf uns auswirken mag?

Häufig kommen wir in Situationen, in denen es einfacher und angenehmer wäre, nur auf sich selbst zu schauen und profitorientiert zu handeln – dazu sind wir sicherlich auch hin und wieder verleitet, aber in Berufung auf Jesus Christus versuchen wir, egoistische Verhaltensmuster abzulegen und uns an der von ihm gelebten Nächstenliebe zu orientieren. In dieser Hingabe und im Vertrauen darauf, dass Gott uns auf diese Weise einen guten (Lebens-)Weg weist, können wir Halt finden und uns so für ihn und stets für ein bisschen mehr Reich Gottes auf Erden einsetzen. Vielleicht können wir uns darauf immer wieder zurückbesinnen und uns hinterfragen, was wir für dieses Ziel – das Reich Gottes auf Erden zu erweitern – einbringen und leisten können.

 

Thale Schmitz

Impuls vom 03.07.2021, „Der Loslassende ergreift“

„Der Loslassende ergreift“

Einer meiner Lieblingsverse aus der Bibel entstammt der 2. Lesung des heutigen Sonntages und lautet: „Meine Gnade ist alles, was du brauchst! Denn gerade wenn du schwach bist, wirkt meine Kraft ganz besonders an dir.“ (2 Kor 12, 9)

Diese Worte richtet der Apostel Paulus in seinem zweiten Brief an die Gemeinde in Korinth mit der Absicht und Ermutigung, sich seiner Schwachheit zu rühmen, damit die Kraft Christi auf uns Menschen herabkomme.

Schwäche und Schwachheit sind sehr negativ geprägte Begriffe in unserer Gesellschaft und werden schnell mit persönlichem Versagen assoziiert, das mit allen Mitteln vermieden werden will. Durch diese Worte des Paulus bekommt die Thematik jedoch eine ganz andere Bedeutung und es schlägt eine Kehrtwende ein. Denn gerade wenn wir schwach sind, dürfen wir die Kraft und ermutigende Energie unseres Herrn ganz besonders spüren – eine Erfahrung, die uns reicher macht und uns Gott näher bringt. Diese Erkenntnis war für mich in einer sehr schweren Zeit unglaublich befreiend und gab mir die Kraft, aufzustehen und weiterzumachen. Neue Motivation stieg in mir auf und der innere Ansporn und die hoffnungs- und vertrauensvolle Haltung erfüllten mich mit der notwendigen Stärke.

Vielen Menschen fällt es schwer, loszulassen und eigenes Scheitern zu akzeptieren. Dabei kann es ungemein befreiend sein, sich von festgefahrenen Plänen zu lösen und vielleicht unerreichbare oder zu große Ziele fallen zu lassen. Außerdem sind Erfahrungen des Scheiterns – wie auch Lebenskrisen und -brüche – niemals als gut oder schlecht vorherbestimmt. Sie helfen uns, zu wachsen im Persönlichen und haben oft ungeahnte positive Folgen für unsere Lebensgestaltung und auch die Tiefe unseres Glaubens. Wir haben es in der Hand, ob Erfahrungen des Scheiterns fruchtbar werden und uns zu neuen Ufern und einem neuen Aufbruch verhelfen. Scheitern ist sogar notwendig, um Entwicklungen voranzutreiben und einen neuen Weg einzuschlagen, der so viel Gutes für uns bereithält. Ich glaube, dass jede Wendung, die Gott in unsere Geschichte schreibt, zielführend sein kann und dass diese Geschichte nicht begrenzt ist – sie hat kein Ende. Jedes neue Kapitel bringt Gottes Zweck und sein Reich voran und wenn wir uns ganz darauf einlassen, werden wir feststellen, dass der Loslassende ergreift.

Thale Schmitz

Impuls vom 26.06.2021, "Deine Geschichte ist der Schlüssel“

„Deine Geschichte ist der Schlüssel“

Vor einigen Wochen habe ich ein Zitat mit dem Titel „Bekenntnis“ gelesen, welches mir durch das heutige Evangelium noch einmal in Erinnerung gerufen wurde:

Deine Geschichte ist der Schlüssel,

der das Gefängnis eines anderen Menschen aufschließen kann.    (Unbekannt)

Dabei beziehe ich mich bei den zwei ineinander geschobenen Wundererzählungen Jesu im heutigen Evangelium auf die Krankenheilung der von Blutfluss geplagten Frau. Diese Frau versuchte bereits seit vielen Jahren mithilfe verschiedenster Ärzte ihr Leiden zu lindern und erfuhr lediglich Verschlimmerung. Überzeugt von Jesu Heilskraft drängte sie sich durch die Menge, um sein Gewand zu berühren. Und sofort versiegte die Quelle des Blutes und sie spürte in ihrem Leib, dass sie von ihrem Leiden geheilt war. (Mk 5, 29) Jesus nahm es ebenfalls unmittelbar wahr, dass eine Kraft von ihm ausströmte und stellte die Menge zur Rede, wer von ihnen sein Gewand berührt hatte. Die Frau stellte sich furchtergriffen, bekannte ihre Tat beschämt und fiel vor Jesus nieder. Dieser erwiderte jedoch: Meine Tochter, dein Glaube hat dich gerettet. Geh in Frieden!  Du sollst von deinem Leiden geheilt sein. (Mk 5, 34)

Ohne Zweifel werden alle Menschen, die dieses Geschehen miterlebt haben, mehr als verblüfft gewesen sein. Wie konnte Jesus diese eine Berührung unter so vielen in besonderer Weise wahrnehmen? Und die betroffene Frau selbst wird gestaunt haben, dass Jesus trotz ihrer vermeintlich unreinen Tat nicht wütend war, sondern sie bestärkte und ihr Mut zusprach, dass sie durch ihren eigenen, festen Glauben gerettet sei und von ihrer Krankheit geheilt sein würde. Was für ein Zuspruch, den die Frau als eigenen Verdienst dank ihres festen Vertrauens in Jesus verstehen darf. Diese Erfahrung ist ein Schlüsselerlebnis – für die Frau, für die umstehenden Menschen und für uns. Ein fester Glaube und die innere, wahre und tiefe Überzeugung, dass Jesus Christus uns erretten kann, führen uns zum Heil und zu einem Leben in Fülle. Diese Erzählung ist ein Schlüssel, der uns aus unseren Bedrängnissen – unserem Gefängnis – befreien kann. Und genauso können wir durch eigene Erlebnisse und Erfahrungen mit Gott anderen Menschen ein Schlüssel sein, indem wir davon berichten und von unserem Glauben erzählen. Als Zeugen der Hoffnung können wir den Menschen Wege zum Vertrauen aufzeigen und ihnen helfen, sich aus ihren Fesseln zu befreien.

Thale Schmitz

Impuls vom 19.06.2021, "Lass mich ganz auf Dich vertrauen!"

Lass mich ganz auf Dich vertrauen!

Im heutigen Evangelium (Mk 4, 35-41) lesen wir von einem der Wunder Jesu. Er befiehlt einem heftigen Wirbelsturm auf offener See, still zu werden. Zuvor hatte er seelenruhig auf einem vom Untergang bedrohten Boot geschlafen. Seine Jünger hatten ihn aufgeweckt und gerufen: „Meister, kümmert es dich nicht, dass wir zugrunde gehen?“

Nachdem Jesus dem Sturmwind Einhalt geboten hatte, waren sie jedoch nicht erleichtert, sondern wurden von großer Angst ergriffen. Sie fürchteten sich vor Jesus, da er solch große Macht besaß, dass ihm sogar der Wind und das Meer gehorchten.

Diese Perikope und Wundererzählung bietet viele Anknüpfungspunkte. Ich persönlich finde es sehr besonders, dass Jesus in dieser Situation schläft – das einzige Mal in der gesamten Bibel. Nur zu gut kenne ich es, dass mich innere Unruhe, aufregende Zeiten und insgesamt viele Lebensumstände um den Schlaf bringen können. In solchen Situationen kann ich kaum zur Ruhe kommen. Und wenn es mir gelingt einzuschlafen, wecken mich kleinste Geräusche auch schon wieder auf.

Ich denke, dass es seinem absoluten Gottvertrauen zu verdanken ist, dass Jesus völlig angstbefreit lebt und schlafen kann. Daher kann er sorgenfrei und tief ruhen, und auch die wilde Unruhe um ihn herum weckt ihn nicht auf. Erst durch das Rufen der Jünger wird er wach und dies schreckt ihn dennoch nicht panisch auf, sondern er bleibt ganz gelassen. Die Jünger reagieren menschlich und werden von Furcht ergriffen – darum ist das gegenteilige Verhalten Jesu eine sehr wichtige Lektion für sie.

Bewundernswert ist das Gottvertrauen Jesu und führt uns Menschen vor Augen, wie erstrebenswert solch tiefer Glaube ist, da er uns Sicherheit bietet und inneren Frieden, der von Angst befreit. Gleichzeitig wird deutlich, dass Jesus in Bezug auf diese Eigenschaft vom vollkommenen Menschsein abweicht. Eine komplette Furchtlosigkeit ist für uns Menschen sehr schwierig und vermutlich nie ganz zu verwirklichen, dennoch können wir uns diesem festen Gottvertrauen annähern und uns immer wieder auf Jesus besinnen – vielleicht sogar auf sein Verhalten in genau dieser Situation des gefährlichen Sturmes. Diese Herausforderung anzunehmen und im Leben umzusetzen, ist mit viel Kraft und Durchhaltevermögen verbunden, doch es lohnt sich immer wieder, neu anzufangen und den unerreichbar erscheinenden Berg zu erklimmen.

Thale Schmitz

Impuls vom 12.06.2021, "Unsere Sehnsucht nach Heimat"

Unsere Sehnsucht nach Heimat

 

Kaum ein Begriff ist für uns Menschen so emotionsgeladen wie das Wort Heimat. Nahezu jeder und jede von uns hat zahlreiche Assoziationen dazu – seien es Orte, Menschen, Gefühle der Sicherheit und Vertrautheit und vieles mehr. Die Familie bedeutet für viele Heimat – sie ist der feste Grund, wo wir unsere Wurzeln haben und sie ist in vielen Fällen ein Ort, an den wir stets zurückkehren und Kraft tanken können. Auch für mich ist der Begriff von hoher Bedeutsamkeit. Ich verbinde ihn mit einem Wohlgefühl und er ruft Bilder einer (Natur-)Idylle in mir hervor. Eine tiefe Verknüpfung sehe ich auch zur Kindheit und dem Heranwachsen in Sicherheit, mit dem Rückhalt meiner Familie, die mir eine feste Basis ist.

Schauen wir auf die Bibel, so wird schnell deutlich, dass Heimat durchweg ein großes Thema ist. Adam und Eva erleben im Paradies erst einmal die perfekte Heimat. Doch ab dem Moment ihrer Vertreibung aus dem Paradies bleibt die Menschheit, das Volkes Gottes nur noch auf der Suche nach Heimat und eine tiefe Sehnsucht umtreibt sie. Durch die Geschichten in der Bibel wird sichtbar, dass Heimat nicht fest verankert und beständig ist – wie wir es vielleicht in unseren Vorstellungen ersehnen –, sondern ganz im Gegenteil: Sie ist vergänglich und wir müssen akzeptieren, dass sie sich verändert und immer im Fluss ist. Daher ist das Thema auch immer wieder von Schmerzen durchzogen, beim Verlassen der Familie, durch den Beginn eines neuen Lebensabschnittes, durch Verletzungen in Beziehungen oder der Gemeinde, durch die Wohnsituation und die Konstellation der Menschen in meinem Umfeld oder sogar durch den Tod von geliebten Menschen. Heimat ist also für keine/n von uns ein durchweg positives Thema, sondern immer auch eine schmerzliche Herausforderung. Dabei sind die Menschen, die wir auch aus irdischer Sicht als Heimatlose bezeichnen würden, noch gar nicht einbezogen. Kinder und Jugendliche, sowie später Erwachsene haben teilweise oder sogar seit ihrer Geburt nicht in einer festen Familienkonstellation leben können und haben nicht die festen Wurzeln, die ihnen Rückhalt und Sicherheit bieten. Ich denke, dass Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe die Rolle der Familie nie ganz ersetzen können und durch das Wechseln der Einrichtungen ist es vermutlich noch schwieriger für die betroffenen Menschen.

Dennoch bin ich überzeugt, dass sie und wir alle niemals als heimatlos gelten müssen. Wir alle können und dürfen bei Jesus ein Zuhause finden, wo wir angenommen sind mit allem, was uns ausmacht; wo wir ein Leben in Sicherheit geschenkt bekommen und wo wir vor allem bedingungslos wertgeschätzt werden. Gottes Antwort auf unsere Sehnsucht nach Heimat lautet: Unsere irdische Heimat ist vergänglich, doch Jesus ist unsere unvergängliche Heimat – er ist der dritte Tempel wie er es selbst in der Bibel sagt. Jesus ist der Ort, an dem wir bedingungslos, beständig und bewusst immer wieder unsere Heimat finden dürfen – überall zu jeder Zeit, wie es auch in der heutigen Lesung im zweiten Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Korinth heißt:

Wir sind immer zuversichtlich, auch wenn wir wissen, dass wir fern vom Herrn in der Fremde leben, solange wir in diesem Leib zu Hause sind (2 Kor 5,6).

Sehr passend sind auch die Songtexte des kanadischen Musikers Danny Plett in seinem Lied „Mein Zuhaus“, wovon der Refrain folgende Zeilen enthält:

Mein Heimatland und mein Zuhaus

Bist du mein Gott, Tag ein, Tag aus

Der Ort, der jede Sehnsucht stillt

Der Ort, der jede Lücke füllt

 

Thale Schmitz

Impuls vom 05.06.2021, "Berufen sein"

Berufen sein

Gleich mehrere Male bin ich in diesen Tagen auf das Thema „Berufung“ gestoßen und stellte mich der Frage, was Berufen sein bedeutet.

Eine Begegnung auf der Rikscha war der erste Impuls in dieser Woche, denn eine junge Sozialarbeiterin fuhr bei mir mit und im gegenseitigen Austausch erzählte sie mir, dass sie sich zu ihrem Job und ihrer Aufgabe berufen fühle und sie das Gefühl habe, auch bei mir eine Berufung zu meiner jetzigen Tätigkeit zu verspüren.

Diese Gedanken bewegten mich sehr und schon am folgenden Tag fiel mir ein Themenheft mit dem Titel „Berufung“ in die Hände.

Berufung klingt in den meisten Ohren nach etwas wirklich Großem! Menschen mit großen Ambitionen – zumeist sogar heiliggesprochene Personen – gelten als (von Gott) Berufene und eine „normale“ Erwerbstätigkeit wird oft nicht als solch eine Besonderheit wahrgenommen.

Ich denke, dass diese Ansicht falsch ist, denn meiner Meinung nach ist jeder Mensch zu etwas und zu verschiedenen Dingen berufen – in seiner Art zu leben, in seinem Beruf und/oder für eine spezielle Aufgabe (u.a.). Wir sind jedoch alle zum Ebenbild Gottes berufen und zu seinem Volk. Wie wir an Pfingsten gehört haben, hat jeder und jede von uns von Gott geschenkte Geistesgaben und Fähigkeiten, die er oder sie in die Welt tragen und einbringen kann. Glücklicherweise erleben wir daher auch solch eine schöne Vielfalt untereinander und können uns gegenseitig helfen, unterstützen und ergänzen. In meiner Vorstellung ist Berufung auch kein spezifischer Punkt, sondern ein Ort oder Platz, auf dem wir uns bewegen können – an dem uns Gott mit unseren Begabungen, unserer Geschichte und unseren Grundwerten am besten gebrauchen kann.

Die eigene Berufung zu erkennen und gefunden zu haben, ist ein unglaubliches Geschenk, das zu einem Leben in Fülle wie es Christus uns verspricht, verhilft.

Wie die zahlreichen Berufungsgeschichten in der Bibel zeigen, war es für die Menschen stets eine Herausforderung, den Ruf Gottes zu hören, ihn einzuordnen und zu verstehen sowie ihm nachzugehen. Es gehört jedes Mal Mut dazu, den Weg mit Gott zu beschreiten und vor allem Pläne zu ändern und Risiken einzugehen. Wir müssen dabei aber nicht warten, bis wir einen hörbaren Ruf empfangen, denn der Neustart bei Gott steht uns immer offen. Es ist ein Lebensstil, in dem wir uns ganz für ihn öffnen, in seine Gegenwart treten und somit bekräftigen, dass wir bereit sind, seinen Willen zu tun. Wenn wir realisieren, dass Gottes Wille in jedem Moment alles trägt, beginnt das Leben der Nachfolge. Und daraus erwächst die unglaubliche Freude und Schönheit des christlichen Lebens.

„Mut steht am Anfang und die Belohnung am Ende“ – diesen Spruch lese ich mehrmals täglich an meinem Schreibtisch. Er macht mir bewusst, dass sich das Risiko lohnt; dass Gott ein gutes Ende für uns vorgesehen hat und dass wir ihm vertrauen dürfen. Darum können wir alle ermutigt unsere Lebenswege mit ihm gehen und in Gemeinschaft und Vertrauen auf ihn voranschreiten – geleitet vom Heiligen Geist, der uns unsere Berufungen zeigen will und uns zur Nachfolge im Hier und Jetzt aufruft.

„Es gehört zu deiner Berufung, das Evangelium von den Dächern zu rufen,

nicht nur durch das Wort, sondern durch dein Leben.“ (Charles de Foucauld)

 

Thale Schmitz

Impuls vom 29.05.2021, "Pfingsten nachklingen lassen"

Pfingsten nachklingen lassen

An Pfingsten haben wir uns begeistern lassen, haben uns vielleicht begeisternde Eindrücke und Begegnungen vergegenwärtigt und konnten geistbewegt nach vorne blicken und die nächsten Schritte in unserem Leben gehen oder uns sogar besonderen Herausforderungen stellen.

Im Nachklang an das Pfingstfest habe ich die Pfingstsequenz[1] meditiert und auf mich wirken lassen. Sie beschreibt in 10 Strophen bildhaft und zugleich deutlich die Wirkkraft des Heiligen Geistes mitten in der Welt, mitten im Leben, mitten im Alltag.

Am meisten hat mich dabei die 5. Strophe angesprochen:

Komm, o du glückselig Licht,

fülle Herz und Angesicht,

dring bis auf der Seele Grund.

 

Im Gebet zum Heiligen Geist fühle ich, dass er mich tröstet, mir Halt gibt und mir nahe sein will. Dennoch verspüre ich häufig die Sehnsucht, dass er noch tiefer in mir wirkt – bis auf der Seele Grund. Die Erfahrung, dass er mein Herz und Angesicht erfüllt und mich für etwas brennen lässt – vor allem für ihn selbst – ist mir jedoch sicherlich nicht unbekannt. Ganz nach der Redensart „Wovon das Herz voll ist, geht der Mund über“ konnte ich erfahren, wie ich durch Worte und Ausstrahlung andere Menschen berühren und gewissermaßen „begeistern“ durfte.

Wie jemand gestimmt ist, sieht man ihm oder ihr in der Regel auch an. Dies einzuschätzen ist zurzeit durch das Tragen des Mundschutzes leider erschwert, denn Worte ohne Mimik zu interpretieren ist oft gar nicht so einfach. So stellt sich noch mehr die Frage, was mein Gegenüber gerade im Herzen bewegt und ob sich dies in seinem Angesicht wiederspiegelt. Dennoch ist der Heilige Geist gerade im Zwischenmenschlichen allgegenwärtig und kann unsere Herzen bewegen. Zum Beispiel wenn sich jemand im Streit öffnet und zur Klärung bereit ist und so Versöhnung möglich wird. Sehr häufig kann so über Ereignisse und positive Wendungen gestaunt werden – bei uns selbst und auch bei Anderen. Zu gut kenne ich die Situation, dass ich vom Schlimmsten ausgehe und dann verläuft ein Gespräch bzw. vermeintlicher Konflikt viel harmonischer und ruhiger als erwartet. Der Heilige Geist greift oft sehr überraschend ein und führt Lösungen herbei, die ich selbst nicht bewirken konnte und auch nicht gesehen habe. Das Tolle ist, dass er meist auf unser Bitten hin erscheint und wirkt, aber manchmal auch einfach so zu uns kommt, ohne dass wir ihn bewusst darum gebeten haben. Und vielleicht – das wünsche ich uns allen – ist er uns ein stetiger Wegbegleiter, der nur zu unterschiedlichen Zeitpunkten in verschiedener Intensität für uns spürbar wird. Der Heilige Geist sieht es, wenn wir traurig sind und weiß, was wir brauchen – darauf dürfen wir hoffen.

 

Thale Schmitz

[1] Die Pfingstsequenz „Veni Sancte Spiritus“ wurde im 13. Jahrhundert verfasst und wird traditionell an Pfingstsonntag vor dem Evangelium (im direkten Anschluss an das Halleluja) hymnenartig gesungen.

Impuls vom 22.05.2021, "Wie kann ich den Heiligen Geist empfangen?"

„Wie kann ich den Heiligen Geist empfangen?“

Der Heilige Geist wird häufig in Form einer weißen Taube dargestellt, die auf uns Menschen herabkommt, zu uns tritt und viel symbolische Verwendung findet. Mich erinnert diese Metaphorik sehr an einige Veranstaltungen in meinem Studium – vor allem an Seminare und Vorlesungen im Bereich der Geisttheologie und Gnadenlehre. Die Dozentin gab mehrfach Zeugnis davon, wie sie in Zeiten schwerer Krankheit in ihrer Jugend durch eine hineinflatternde Taube ihre Berufung erfuhr und aus dieser Geisterfahrung heraus ihre Studienwahl traf und die Hochschulkarriere anstrebte.

Solche Erzählungen gehen sehr nahe und lassen den Heiligen Geist in gewisser Weise spürbar werden. Doch oft stellt sich die Frage: Wie kann ich mich dem Heiligen Geist Gottes nähern, seine Stimme hören und verstehen, was er mir sagen will? Gerade in Entscheidungsprozessen ist es für viele besonders wichtig, den Heiligen Geist einzubeziehen und nach seiner Stimme zu lauschen. Dies gelingt durch Kontemplation (Hinhören und Beobachten) und Meditation (Nachsinnen) – natürlich in völlig individueller und situationsspezifischer Weise –, doch ein Vers aus der Bibel erwies sich für mich darüber hinaus als besonders erkenntnisreich:

11Und wenn sie euch hinführen und überantworten werden, so sorgt euch nicht vorher, was ihr reden sollt; sondern was euch in jener Stunde gegeben wird, das redet. Denn ihr seid’s nicht, die da reden, sondern der Heilige Geist. (Mk 13, 11)

Diese Zeilen zeigten mir auf, dass ich gerade durch meine eigenen Worte und meine eigene Stimme dem Heiligen Geist am nächsten komme. Wir dürfen darauf vertrauen, dass wir in unserer persönlichen Nähe zu Gott den Heiligen Geist geschickt bekommen und in seinem Sinne reden werden. Dabei denke ich vor allem an Situationen und Herausforderungen, in denen die Wortwahl und die Formulierungen eine große Rolle spielen und die womöglich mit großer Nervosität verbunden sind. Im Gebet um den Heiligen Geist für solche Momente habe ich schon mehrfach erfahren können, dass Gott mir Ruhe schenkt und seinen Heiligen Geist durch mich sprechen lässt.

Es wäre natürlich viel einfacher, wenn wir einfach einem Schild direkt Richtung „Geist“ folgen oder eine Heiliger-Geist-Taste betätigen könnten, lohnt es sich stets geduldig nach ihm Ausschau zu halten und nachzuhorchen oder auch um ein Zeichen zu bitten. Es übt uns darin – besonders am heutigen Pfingstfest – dankbar dafür zu sein, dass Gott uns durch ihn begegnet und ihn uns (aus-)schenkt – immer wieder neu!

„Gott spricht heute zu jedem von uns und zu uns als Gemeinschaft der Kirche durch die Zeichen der Zeit. Sie zu erkennen, Gottes Geist wirken zu lassen und sich mutig zu seinem Glauben zu bekennen, das ist Pfingsten!“ (Gertrud Brem)

Thale Schmitz

Impuls vom 15.05.2021, „… damit auch sie in der Wahrheit geheiligt sind“

„… damit auch sie in der Wahrheit geheiligt sind“

Mit den Worten „Und ich heilige mich für sie, damit auch sie in der Wahrheit geheiligt sind“ (Joh 17, 19) beendet Jesus das heutige Evangelium. Geheiligt sein ist bereits ein wahnsinnig großer Begriff, doch auch noch in der Wahrheit!

Was ist Wahrheit überhaupt und was bedeutet sie für uns Menschen? Dieser Frage möchte ich nachgehen und versuchen, mögliche Antworten zu finden.

Geht man dem Begriff etymologisch auf die Spur, scheint „Wahrheit“ ein Beziehungsbegriff zu sein und stammt aus dem Begriffsfeld Vertrauen und Treue. Sie steht für Zuverlässigkeit, Beständigkeit und Vertrauenswürdigkeit. Oft hören wir – auch in theologischen Bezügen – den Satz „Die Wahrheit soll ans Licht kommen“. Dieser entspricht sehr gut der Haltung der Theologie. Der Maßstab dieser Haltung ist für uns Christinnen und Christen die Bibel und somit das Wort Gottes, welches für Befreiung und Erlösung sowie Rechtschaffenheit steht.

Doch welchen Maßstab haben wir Menschen ganz individuell und persönlich, um der Wahrheit nachzugehen? Worauf hören wir bei der Suche nach Wahrheit?

Ich vermute, dass die Stimme des Herzens ein großes Kriterium und uns der größte Wegweiser ist. Diese Stimme folgt einer eigenen Logik und Sprache und meist können rationale Gedanken und Argumente dabei wenig ausmachen.

Dabei gilt es sich aber auch bewusst zu machen, dass Wahrheit kein durchweg positiver Begriff ist. Wahre Worte können wehtun oder sogar schaden. Dabei denke ich an Situationen, in denen man jemandem auf sein schlechtes/ungesundes Aussehen aufmerksam macht. Es gibt aber auch die Momente, in denen man die Wahrheit nicht hören will, aber glücklicherweise von einem Freund auf falsches Verhalten hingewiesen wird und so neuen Antrieb für Veränderung und Handeln erhält.

Wahrheit kann also quälen oder ermutigen, sie kann Mut machen oder das Herz erschweren. Und dennoch erleichtern Ehrlichkeit und Klarheit unser tägliches Miteinander und unsere Beziehungen enorm. Ein Appell von Benjamin Ferencz (US-amerikanischer Jurist und einer der Chefankläger im Rahmen der Nürnberger Prozesse) schreibt und ermutigt uns in seinem Buch „Sag immer Deine Wahrheit. Was mich 100 Jahre Leben gelehrt haben.“ mit den Worten: Sprich sie aus, auch wenn niemand zuhört.

Thale Schmitz

Impuls vom 09.05.2021, "Vom Warum? zum sinnstiftenden Wozu?"

„Vom Warum? zum sinnstiftenden Wozu?

Vermutlich hat jeder und jede im persönlichen Leben schon Momente erlebt, in denen der vertrauensvolle Glaube an Gott infrage gestellt wurde. Wie konnte das passieren? Warum muss ich solches Leid ertragen und gab es keine anderen Möglichkeiten und Optionen für IHN, um das Unheil abzuwenden?

Diese Fragen sind gerade in existenziellen Nöten und bei schwerwiegenden Grenzerfahrungen völlig verständlich und nachvollziehbar, doch helfen sie uns in den meisten Fällen leider nicht weiter und lassen uns womöglich noch mehr die Hoffnung und infolgedessen den Glauben verlieren. Das Vertrauen auf Jesus Christus ist eine große Herausforderung und letzten Endes ein anhaltendes Risiko, doch lohnt es sich, daran festzuhalten. Denn gerade im Leiden und in der Dunkelheit, wenn wir uns kraftlos und vielleicht sogar aussichtslos gefangen fühlen, ist die Möglichkeit, Gott und seine bestärkende Kraft zu spüren, ganz nah. Dabei denke ich auch an meinen Lieblingsvers aus der Bibel: „Aber er hat zu mir gesagt: »Meine Gnade ist alles, was du brauchst! Denn gerade wenn du schwach bist, wirkt meine Kraft ganz besonders an dir.«“ (2 Kor 12,9).

Es wäre fatal sich einzureden, dass hinter jedem Unglück eine Sinnhaftigkeit stehen müsse und dass Gott sich dabei schon etwas gedacht haben wird. Dennoch kann es uns helfen, aus dem verzweifelten „Warum?“, das nach den Gründen und Ursprüngen fragt, ein hoffnungsvoll in die Zukunft blickendes „Wozu?“ werden zu lassen: Wozu kann ich diesen Leidensprozess nutzen? Wozu habe ich diese Erfahrungen gemacht?

Aus negativen Erlebnissen und Dingen, die uns wiederfahren, das Beste draus zu machen, ist sicherlich eine tolle Eigenschaft und hilft uns, durch die schweren Zeiten hindurchzugehen. Den Ereignissen dadurch Sinnhaftigkeit zu schenken, eröffnet uns die Chance, dem Sinn des eigenen Lebens näher zu kommen und uns dafür in Bewegung zu setzen. In einem Gebetstext von Jana Vanik bin ich an folgenden Zeilen hängengeblieben: „Ein Blick auf deine Füße und ich kann weiter gehen.“ Dieser hoffnungsvolle Blick auf Jesus, der uns ermutigt weiterzumachen und nicht aufzugeben, löst bereits neue Kraft in uns aus und beinhaltet zudem die unglaublich schöne Aufforderung, in seinem Namen und in seiner Nachfolge auf dieser Erde weiter zu wirken und für ihn weiterzugehen – Schritt für Schritt.

Thale Schmitz

Impuls vom 02.05.2021, "Du kannst die Welt nicht retten!“

„Du kannst die Welt nicht retten!“

In meiner Jugend begann ich recht früh damit, die Dinge in der Welt sehr kritisch zu hinterfragen. Ich war schockiert über gewisse Zustände in unserer Gesellschaft und nahm mir fest vor, durch mein Auftreten und Handeln, aber auch durch meinen späteren Beruf einen Unterschied zu machen. Traurig und ernüchternd war es für mich, dass teilweise selbst enge Freundinnen und Freunde mich ausbremsen wollten und auf meine Vorhaben mit Aussagen wie „Thale, du kannst die Welt nicht retten!“ reagierten. Dies ärgerte mich und ich war enttäuscht über die Tatenlosigkeit der anderen und die fehlende Motivation sowie den fehlenden Mut zur Veränderung. „Aber wenn doch alle oder zumindest die Mehrheit anders denken würden?!“, diese Gedanken beschäftigten mich zu Beginn sehr und trugen eher zur Entmutigung bei.

In der 1. Lesung am heutigen 5. Sonntag der Osterzeit lesen wir in der Apostelgeschichte (Apg 9,26-31) von der Fürsprache des Barnabas für Saulus. Saulus – nun auch Nachfolger Jesu – kehrt zurück und die Gemeinde sowie die Apostel sind ihm gegenüber misstrauisch. Barnabas setzt sich für ihn ein, schenkt Ermutigung für beide Seiten und führt die Menschen zusammen. Er hat den Mut, um auf Saulus zuzugehen, ihm Vertrauen zu schenken und auch vor den anderen für ihn Fürsprache zu halten – auch wenn dies womöglich mit Risiken verbunden ist.

Ich glaube, dass diese Bibelstelle bzw. die biblische Person des Barnabas sehr gut beschreiben, welche persönliche Vision ich letztendlich entwickelt habe – ich möchte zur Ermutigerin werden! Aus dieser Eigenschaft heraus erhielt Barnabas, der eigentlich Josef heißt, auch seinen Spitznamen mit der Bedeutung „Der, der andere ermutigt“. Scheinbar hat er so viele Menschen durch seine Ermutigung positiv geprägt, dass sie ihn nur noch Barnabas nannten – welch ein Kompliment und eine starke Aussage über ihn! Vielleicht können einige Impulsfragen helfen, noch weiter und vor allem tiefer über unsere eigene Persönlichkeit nachzudenken: Was macht mich aus? Wie kann ich jemand sein, der so einen starken positiven Einfluss hat wie Barnabas? Welchen Namen würden mir die Menschen in meinem Umfeld geben?

In jedem Fall sollten wir uns nicht über andere ärgern oder uns durch sie entmutigen lassen. Wir können viel besser zum Ermutiger werden und es wagen, groß zu träumen und Chancen der Veränderung in der Welt zu sehen. Dabei gibt es nichts zu verlieren.

Wir können die Steine auf unserem Lebensweg selber legen und sind eingeladen, sie stets neu anzuordnen.

Thale Schmitz

Impuls vom 25.04.2021, "Den Glauben teilen: Herausforderung und Chance zugleich?!"

„Den Glauben teilen: Herausforderung und Chance zugleich?!“

Wie wir uns vielleicht manchmal im Supermarkt fragen, ob in einem bestimmten Produkt oder Lebensmittel wirklich das drin ist, was draufsteht, können wir uns auch in Bezug auf unseren Glauben hinterfragen: „Was ist meine persönliche Botschaft? Ist bei mir drin, was draufsteht?“ Dahinter steckt auch eine gewisse Erwartungshaltung. Wir gehen davon aus, dass die Angaben, die ein Produzent uns macht, stimmen und wir wollen ihnen vertrauen und Glauben schenken können. Als Christen und Christinnen für unser Umfeld und unsere Mitmenschen authentisch und glaubwürdig zu sein und unseren Glauben überhaupt zu zeigen und ins Gespräch zu bringen, ist vermutlich die größere Herausforderung.

Denn der persönliche Glaube ist kein Zustand – er ist vielmehr ein Auf und Ab und ein stetig fortschreitender Weg inklusive anhaltendem Suchen und zahlreichen Fragen. Gleichzeitig ist er aber keineswegs eine übermenschliche Sache, sondern ein Geschenk Gottes an uns, das wir in aller Offenheit und Freiheit annehmen dürfen.

Den eigenen Glauben zu bekennen, ins Wort zu bringen und Glaubenszeuge zu sein, erfordert Mut und ist für manche Menschen sogar je nach Kontext und Gegenüber mit einer gewissen Scham verbunden und sehr herausfordernd. Es kommt erschwerend hinzu, dass der Glaube inzwischen kein Teil der herrschenden Kultur mehr ist. Doch gerade darin liegt die große Chance – wir können deutlich zeigen, was in ihm steckt! Jeder und jede einzelne Christin kann seine christliche Identität bezeugen und über den persönlichen Glauben Auskunft geben – wir können zeigen, wer wir sind und wofür wir brennen: Für Jesus Christus, unseren guten Hirten, der jeden einzelnen Menschen kennt, immer für uns da ist und sein Leben für uns hingegeben hat. Wie er es uns selbst im heutigen Evangelium nach Johannes (Kapitel 10) zusagt:

14Ich bin der gute Hirt;

ich kenne die Meinen und die Meinen kennen mich,

15wie mich der Vater kennt

und ich den Vater kenne;

und ich gebe mein Leben hin für die Schafe.

 

Diese Zusicherung kann uns die nötige Kraft geben, um uns zu öffnen und aus dem eigenen Leben und Glauben kein Rätsel zu machen. Ergreifen wir diese herausfordernde Chance und nehmen uns stützend an der Hand, um das Reich Gottes jeden Tag ein Stückchen mehr auf Erden zu verwirklichen.

 

Thale Schmitz

Impuls vom 18.04.2021, „Auf hoffnungsvollen Wegen…“

„Auf hoffnungsvollen Wegen…“

 

Ostern ist die Geburtsstunde der Hoffnung und gerade in dieser österlichen Zeit ist diese Hoffnung womöglich besonders spürbar und wir können uns auf hoffnungsvolle Wege begeben. Einige Worte und Bilder von Kardinal Raniero Cantalamessa – Kapuzinerpater und Fastenprediger des Päpstlichen Hauses – stießen mir dabei ins Auge und können helfen, dieser Hoffnung auf die Spur zu kommen: Er beschreibt die drei theologischen Tugenden mit drei Schwestern – zwei große und ein kleines Mädchen. Die kleine Schwester von ihnen zieht die anderen beiden händchenhaltend voran (nicht wie vielleicht andersherum vermutet). Sie steht für die Hoffnung und zieht ihre großen Schwestern – den Glauben und die Nächstenliebe – mit sich mit. Ich empfinde diese Metaphorik als sehr passend. Sie beschreibt sehr gut, wie Menschen sich fühlen, die die Perspektive verloren haben und durch neue Hoffnung wiederbelebt werden, zurück zum Glauben finden und den Dienst am Nächsten wieder wahrnehmen können, auch indem die Hoffnung weiter geschenkt wird. Pater Raniero Cantalamessa bringt es wie folgt auf den Punkt: „Jedes Mal, wenn ein Keim der Hoffnung im Herzen eines Menschen wiederauflebt, ist es wie ein Wunder: Alles wird anders, auch wenn sich nichts verändert hat“ (In: Christ in der Gegenwart Nr. 14/2021, S. 4).

Doch wie kann dieser Weg zur Hoffnung ganz praktisch aussehen? Wie kann ich mich bewusst auf den Weg machen zu ihr?

4 Schritte auf dem Weg zur Hoffnung können uns ein Wegweiser sein:

Der erste Schritt ist ein geistliches Ritual – Beten oder ein Gottesdienst zum Beispiel. Dabei Hören (2. Schritt) wir auf Gottes Wort oder nehmen Aspekte aus der Lesung mit, die uns weiter beschäftigen und die uns anleiten zu Erinnern (3. Schritt). Denn Hoffnung braucht ihre Zeit und wird ganz beispielhaft durch die Kar- und Ostertage durchlebt und neu entfacht. Auch in den Wochen darauf verstärkt sich die Erinnerung und das Herz kommt in Bewegung (4. Schritt). Die Geschichte der Emmaus-Jünger zeigt uns, dass auch sie diese Schritte gegangen sind und gehen mussten, um wieder Hoffnung zu schöpfen. Nach erster Abwehr bzw. des Nicht-Glauben-Könnens der Auferstehung Jesu klingt das Gehörte, Erlebte und Gesehene nach und die Hoffnung kehrt zurück, sodass sie auch anderen davon erzählen können. Sie sind auch nicht sofort in der Lage, pure Freude zu empfinden, sondern Verwunderung tritt ein. Erst Schritt für Schritt erinnern sie sich an die Worte Jesu und was geschehen ist, und die Hoffnung setzt sich langsam zusammen. Der Funke wird größer und plötzlich macht alles Sinn. Die Auferstehung Jesu als unser Licht ist der beste Grund zur Hoffnung, denn Jesus ist uns vorausgegangen, um die himmlische Welt vorzubereiten.

Auch wenn die Jünger vor und nach seiner Auferstehung eine schwere Zeit durchleben, können sie – wie auch wir heute – sicher sein, dass sein Licht in unser Leben hineinstrahlt, sowohl in die Vergangenheit als auch in die Gegenwart und Zukunft.

Wir Emmaus-Jünger heute dürfen diese Botschaft weitertragen und können Großes bewirken, wie es Papst Franziskus in seinem Apostolischen Schreiben „Misericordia et misera“ (zum Abschluss des Außerordentlichen Heiligen Jahres der Barmherzigkeit) schreibt: Die tiefe Leere so vieler kann durch die Hoffnung, die wir im Herzen tragen, und durch die Freude, die daraus hervorgeht, aufgefüllt werden.

Thale Schmitz

Impuls vom 10.04.2021, „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist“

Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist

 

Am Weißen Sonntag, dem 2. Sonntag der Osterzeit, feiert die Kirche seit dem Jahre 2000 auch das Fest der Barmherzigkeit Gottes. Papst Johannes Paul II. legte es vor 21 Jahren bei der Heiligsprechung von Sr. Faustyna Kowalska fest. Sie war eine polnische Mystikerin und gehörte den Schwestern der Muttergottes der Barmherzigkeit an. Im Zuge dessen war sie weltweit als Verkünderin der Barmherzigkeit Gottes bekannt.

Barmherzigkeit ist ein großes Wort, das in Bezug auf Religion und Glaube vielfach gebraucht wird – nicht zuletzt ist es in diesem Jahr zentraler Aspekt der Jahreslosung[1]: „Jesus Christus spricht: Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist“(Lk 6,36).

Doch was bedeutet Barmherzigkeit eigentlich und wie können wir Menschen uns dieser Barmherzigkeit Gottes annähern?

Ein erster Gedanke wird die meisten an das Gleichnis vom barmherzigen Samariter führen und es entsteht schnell eine Vorstellung von diesem Begriff: sich hingeben für einen anderen, sei er noch so fremd und für ihn sorgen – ein beispielhafter Akt der tätigen Nächstenliebe und ein ganz selbstloses Handeln. Die Definition von Barmherzigkeit bedeutet also im Zwischenmenschlichen, jemandem in der Not zu helfen. Im Kontext des Glaubens und der Beziehung zwischen Gott und den Menschen könnte Barmherzigkeit so verstanden werden, dass wir Gläubigen um die Vergebung der Sünden und die Wohlgesonnenheit unseres Gottes bitten – auch wenn wir sie nicht verdient haben. Da Gott barmherzig ist, vergibt er uns Menschen. Aus diesem Glauben dürfen wir leben und dieses große Glück stets neu wahrnehmen in Hinwendung zu Gott. Die Jahreslosung motiviert uns dieses Geschenk auch an anderen offenbar werden zu lassen, indem wir es aktiv weitergeben und selbst im Umgang miteinander praktizieren. Damit ist gewiss auch die Barmherzigkeit uns selbst gegenüber gemeint. Wir dürfen uns selbst vergeben – ich glaube dies ist ein großes Anliegen unseres Gottes und seiner bedingungslosen, lebensverändernden Barmherzigkeit.

Thale Schmitz

[1] Die Jahreslosung wird von der Ökumenischen Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen ausgewählt. Der Bibelvers gilt vielen Christinnen und Christen vor allem im deutschsprachigen Raum als Leitgedanke für das Jahr.

Impuls vom 03.04.2021 (Ostersonntag), "Und dann war da Glanz und dann war da Licht"

„Und dann war da Glanz und dann war da Licht“

Ostern hat für mich eine tiefgreifende Bedeutung, die ich jedes Jahr neu erleben darf. Es ist beinahe unbeschreiblich, wie durch intensives Durchleben der Kar- und Ostertage das Leiden Jesu nachspürbar wird und wie aus Fassungslosigkeit neue Hoffnung entsteht.

Ahnungslos und sprachlos stehen wir wie die Jünger damals vor dem Kreuz und trotz des nahenden Osterereignisses ist die Bestürzung unbeschreiblich groß. Einen Kreuzweg zu laufen und die durchlebten Stationen Jesu nachzugehen, lösen auch heute noch tiefe Emotionen von Trauer, Mitgefühl und Entsetzen über das Geschehene aus und lassen uns eingehen in die Leidensgeschichte Jesu. Obwohl das Osterfest uns rational bekannt ist und wir den Verlauf kennen, bedarf es doch jedes Jahr aufs Neue eines Prozesses des Begreifens. Dies braucht Zeit und bestimmt auch Gespräche und Austausch, um sich dem Geheimnis des christlichen Glaubens zu nähern und zu vergegenwärtigen. Die Karwoche schenkt uns diese Gelegenheit, um im persönlichen Glauben zu wachsen und daraus Kraft zu schöpfen. Wir können so unsere Seele und unseren Geist auf das Nahende vorbereiten, so dass sich Traurigkeit in wahre Freude wandelt.

Denn mit der Feier der Osternacht beginnt das Unfassbare: die Fesseln werden gesprengt und in die tiefste Dunkelheit hinein strahlt das allerhellste Licht. Nach einer Zeit der Totenstille wird die 1. Kerze entzündet und Jesu Auferstehung verändert die Welt. Ein Lichtermeer voll Glanz gleicht diesem Empfinden purer Freude und Befreiung, denn die Erlösung ist nicht nur nahe – sie ist da!

Die Vergegenwärtigung dieses Ereignisses und die damit verbundenen Emotionen können mit einer durchschlagenen Mauer symbolisiert werden. Denn menschliche Grenzen sind nicht Gottes Grenzen und die Auferstehung Jesu zeigt uns, dass grenzenloses Leben und das Erleben von Grenzenlosigkeit durch ihn und mit ihm möglich sind. Möge uns diese Zuversicht auch durch unsere persönlichen Lebenssituationen und Herausforderungen begleiten und hoffnungsvoll in die Zukunft blicken lassen. Denn: „Wer Ostern kennt, kann nicht verzweifeln.“ (Dietrich Bonhoeffer)

Thale Schmitz

Impuls vom 01.04.2021 (Gründonnerstag), "Je tiefer - desto weiter"

JE TIEFER – DESTO WEITER

In der Eucharistie geht es nicht um die Eucharistie. Sie ist Sakrament, eine im Zeichen verdichtete Wirklichkeit. Sie führt uns über uns hinaus: auf den zuvorkommenden, sich uns hingebenden und mit uns kommunizierenden Gott des Lebens hin. In diesem Sinne geht es der Eucharistie nicht um sich selbst. Es geht in der Eucharistie ums Ganze des Lebens, vom Persönlichen zum Politischen, vom Kleinsten bis ins Universale. Es geht in ihr um die wirkliche Kommunion von Gott, Schöpfung und Mensch(heit). Auch wenn wir die Eucharistie in goldenen Gefäßen aufbewahren, ehren und sichern – als Sakrament ist die Eucharistie nicht zu fassen. Sie will ausstrahlen – bis in unser Niedrigstes und bis in unser Höchstes. In ihr erfahren wir einerseits leibhaftig, wie Gott sich in Christus klein macht bis ins Brot für unseren Lebenshunger, bis in unsere Hand, in unseren Mund, in unsern Leib hinein. Er kommuniziert mit der Ganzheit unseres geistigen, seelischen, leiblichen Lebens. Ja, er erniedrigt sich und inkarniert sich ‚bis in die tiefsten Fasern unseres Fleisches hinein‘ (Madeleine Delbrêl). Andererseits bewegt er uns, die Fixierung auf uns selbst und auf die Kirche zu überschreiten, zu transzendieren.

So lädt die Eucharistie uns ein, uns zu transzendieren ins Innerste: Gott in uns. Und zugleich lädt sie uns ein, uns zu transzendieren ins Äußerste: wir und alle und alles in Gott. So lebte der, der uns die Eucharistie als sein Testament hinterließ: Christus, im Innersten Gott verbunden und zugleich im Äußersten den Abgründen und der Armut der Menschen verbunden. ‚Tut dies! Lebt so!‘ Sagte Jesus nach den Einsetzungsworten und sagen wir heute noch.

Viele Jahre lud ich zu Einführungskursen ins kontemplative Beten ein. ‚Einführung ins Schweigegebet‘ nannten wir es, weil hierzulande kontemplativ zum Fremdwort selbst in der Kirche (!) wurde. ‚Ich bin keine Kirchgängerin‘, dachte die lebensfrohe und krisengeschüttelte Marita, als sie die Ankündigung las, ‚aber schweigen und Orientierung finden – das hab‘ ich nötig.‘ So entschied sich die alleinerziehende und schwerkranke Textilarbeiterin teilzunehmen. Im täglichen Üben des Schweigens begann sie dann Achterbahn zu fahren. Verletzungen und dunkle Erfahrungen, beginnend in der Kindheit, kamen ins Licht des Bewusstseins. Mit dieser Lebenswahrheit hielt sie sich tapfer ins Licht der göttlichen Gegenwart. Sie litt. Sie kämpfte. Begleitende Gespräche halfen in der sich offenbarenden, Jahrzehnte lang verdrängten Not. Und eines Tages platzt es aus ihr heraus: ‚Jetzt verstehe ich, wie der Weg geht: je tiefer – desto weiter!‘

Diese mystische Spur kann uns zu einem tieferen und weiteren Verständnis des Mysteriums der Eucharistiefeier führen. Mich selbst will ich bereiten, Christus in mich hineinzulassen bis in mir verborgene Tiefen. Aus dieser Tiefe will ich mich von ihm weiten lassen in die Welt hinein.

Vor jeder Eucharistiefeier will ich nicht nur etwas, sondern vor allem mich selbst vorbereiten, um real präsent und empfänglich zu werden für die Realpräsenz Christi in Wort, Sakrament, Gemeinde und Welt. Denn je tiefer mein Glaube sich gründet, desto tiefer wird er hinausgehen!

 

Georg Lauscher

 

(Quelle: ‘Pastoralblatt für die Diözesen Aachen, Berlin Hildesheim, Köln und Osnabrück‘, März 3/2021, 73. Jahrgang, S. 66)

Impuls vom 27.03.2021, "Die Zeit der leeren Kirchen"

Die Zeit der leeren Kirchen – von der Krise zur Vertiefung des Glaubens

 

Tomas Halik, Professor für Soziologie und Pfarrer der Akademischen Gemeinde Prag, veröffentlichte vor wenigen Wochen in seinem neuesten Buch Die Zeit der leeren Kirchen – von der Krise zur Vertiefung des Glaubens meinem Eindruck nach auch bzw. vielleicht sogar erst recht ein Jahr später lesens- und bedenkenswerte Erinnerungen an das Frühjahr 2020, als die uns bis heute umtreibende Corona-Pandemie mit ihren massiven daraus resultierenden Konsequenzen ausbrach. Aufgrund der aktuellen Corona-Schutzmaßnahmen zitiere ich zu Beginn der Karwoche 2021 im heutigen Impuls, wenngleich sich einige der damals gültigen Umstände hier und heute anders darstellen – der Kern seiner Gedanken aber gilt heute genauso oder vielleicht sogar noch mehr als vor zwölf Monaten:

 

Unsere Kirchen – genauso wie die Gebetshäuser anderer Kirchen und Religionen auf einem großen Teil unseres Planten – sind geschlossen. Es gilt ein vernünftiges Verbot von öffentlichen Gottesdiensten. …

Manche Pfarrgemeinen haben sofort eine Zwischenlösung angeboten: Es ist nichts passiert, man kann die Messen bequem online aus der eigenen Wohnung verfolgen, die Eucharistie durch einen ‚geistlichen Empfang‘ ersetzen. Unsere Pfarrgemeinde wird diesen Weg nicht gehen. Die ungewöhnliche Form des diesjährigen Fastens – auch des Fastens von dem gemeinsamen Feiern der Eucharistie – hat einen Sinn, über den wir nachdenken müssen.

Ich bin davon überzeugt, dass wir die Gewohnheit des Sonntagsgottesdienstes nicht so leicht mit dem Konsum einer Messe am Bildschirm ersetzen sollten und anstatt vor dem Altar vor dem Fernsehgerät oder vor dem Computer zu knien. Vielleicht für eine lange, nicht für eine kurze Zeit sollen wir neue Quellen und Formen des Erlebens und des Feierns des Geheimnisses unsers Glaubens schöpferisch entdecken.

Vielleicht sind die leeren und geschlossenen Kirchen ein prophetisches Warnzeichen: Wenn unsere Kirche und unsere Frömmigkeit nicht eine Reform durchgehen, eine Umkehr, eine Vertiefung, werden bald viele Kirchen gänzlich leer und geschlossen sein. Haben wir denn nicht schon seit geraumer Zeit in vielen Ländern … den langjährigen Trend der Entleerung, des Schließens und des Verkaufs von Kirchengebäuden, Klöstern und Priesterseminaren beobachten müssen?

Als der Tempel von Jerusalem zerstört wurde, musste das Judentum eine große Reform durchmachen: Die Ordnung der Opfer im Tempel wurde von der Ordnung der individuellen Gebete, von Familien- und Gruppengebeten ersetzt, der Altar des Tempels wurde vom Tisch der jüdischen Familie ersetzt, auf viele Ritualvorschriften musste verzichtet, viele Bibelstellen ganz neu begriffen werden. Der Nachdruck auf das Glaubensleben wurde auf das Studium der Schrift, auf das Gebet und auf das Verrichten guter Taten verlagert. Geschieht mit dem Christentum heute nicht etwas Ähnliches?

Vielleicht zeigen die geschlossenen Kirchen während der Pandemie eine nahe Zukunft, in der eine Form des Christentums untergehen wird, so wie der Tempel und die Heilige Stadt untergegangen sind, und unser Glaube wird sich mehr an jene eschatologische Zukunft annähern, in der es gemäß der Apokalypse des Johannes keinen Tempel mehr geben wird. Was wird die bisherige Form der Kirche ersetzen? (Quelle: Die Zeit der leeren Kirchen – von der Krise zur Vertiefung des Glaubens, HG: Tomas Halik, Herder, S. 59ff)

 

Ja, was wird die bisherige Form der Kirche ersetzen? Lange vor dem tschechischen Theologen Tomas Halik beschäftigte sich der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer mit dieser Frage und schrieb dazu bereits im Jahr 1944 u.a. folgendes: Unsere Kirche, die in diesen Jahren nur um ihre Selbsterhaltung gekämpft hat, als wäre sie ein Selbstzweck, ist unfähig, Träger des versöhnenden und erlösenden Wortes für die Menschen und für die Welt zu sein. Darum müssen die früheren Worte kraftlos werden und verstummen, und unser Christsein wird heute nur in zweierlei bestehen: im Beten und im Tun des Gerechten unter den Menschen. Alles Denken, Reden und Organisieren in den Dingen des Christentums muss neugeboren werden aus diesem Beten und diesem Tun. … Es ist nicht unsere Sache, den Tag vorauszusagen – aber der Tag wird kommen -, an dem wieder Menschen berufen werden, das Wort Gottes so auszusprechen, dass sich die Welt darunter verändert und erneuert. Es wird eine neue Sprache sein, vielleicht ganz unreligiös, aber befreiend und erlösend, wie die Sprache Jesu, dass sich die Menschen über sie entsetzen und doch von ihrer Gewalt überwunden werden, die Sprache einer neuen Gerechtigkeit und Wahrheit, die Sprache, die den Frieden Gottes mit den Menschen und das Nahen seines Reiches verkündigt. (Quelle: Dietrich Bonhoeffer Widerstand und Ergebung, Gütersloher Verlagshaus, S. 156f)

 

Ja, was wird die bisherige Form der Kirche ersetzen? Eine von vielen möglichen Antworthilfen entdecke ich im folgenden Schriftwort: ‚Prüfet alles <!> und behaltet das Gute!‘ (1 Thess 5,21)

Stefan Tausch, Pastor

Impuls vom 20.03.2021, "Gibt es bewährte Tipps aus Spiritualität und Psychologie für das Bestehen der Corona-Krise?"

Gibt es bewährte Tipps aus Spiritualität und Psychologie für das Bestehen der Corona-Krise?

Heute für Sie einige ganz geerdete Wegweiser.

Verändern Sie keine wichtigen Entscheidungen und bleiben Sie bei einem guten Tagesrhythmus! In Krisenzeiten passieren Fehler, bewegen sich in uns dunkle Gedanken und negative Gefühle. Darum rät der heilige Ignatius, keine wichtigen Entscheidungen aus guten Zeiten zu verändern. Das beginnt mit dem Tagesrhythmus: Aufstehen, Hygiene, sinnvolle Tätigkeiten, regelmäßige Essenszeiten, usw. Es schafft Boden unter den Füßen, Struktur in den Alltag zu bringen und „sich nicht gehen zu lassen“.

Gehen Sie hinaus und pflegen Sie gute Kontakte! Sofa, Computer, Smartphone, Fernseher, den Homeoffice-Platz verlassen und hinausgehen. Spazierengehen in der Natur und im Wald, das hilft und ist gesund. Gute soziale Kontakte gehören in solchen Tagen besonders gepflegt. Aber meiden Sie Corona-Leugner, Masken-Verweigerer und die Jammerer auf hohem Niveau!

Bleiben Sie in Bewegung und tun Sie Einfaches oder auch ganz Neues! Gehen Sie, machen Sie Sport, bleiben Sie mit Leib und Geist in Bewegung! Üben Sie zum Beispiel (wieder) zu lachen! Es braucht gerade jetzt Aktivierung für das Gehirn. Auch einfache Tätigkeiten, die ablenken können, oder ganz neue Aufgaben (Hobby, Sprachen, Kochen lernen…), die Aufmerksamkeit verlangen, sind hilfreich.

Besonders wichtig: Gehen Sie mit Gott, der alles trägt, und pflegen Sie auch die Muße! Es ist heilsam, über die Krise hinauszuschauen. Es braucht eine neue Perspektive: Nicht die Krise bestimmt mich, sondern ich gehe mit der Krise um. Und dankbar sein für das, was mir (immer noch) möglich ist. Vor allem aber den Blickkontakt mit Christus suchen. Das ist die Beziehung, die trägt. Gewiss hilft auch die Muße: Sich etwas Gutes tun, ein Bad nehmen, Musik hören, ein Buch lesen. Und vergessen Sie nicht den guten Humor! Er ist ein besonderes Geschenk Gottes.

Mögen Sie so krisenfest werden!

Ihr P. Josef Maureder SJ (Wien)

 

(Quelle: 20. Februar 2021 IGNATIANISCHE NACHBARSCHAFTSHILFE)

Impuls vom 13.03.2021, "Durch uns zieh sie zu dir hin"

Impuls „Durch uns zieh sie zu dir hin“

(4. Fastensonntag B Eph 2,4-10 und Joh 3,14-21)

Aus Gnade sind wir gerettet (Eph 2,5). So sagt es die heutige Lesung und weiter steht dort: Er [Gott] hat uns mit Christus auferweckt […] (Eph 2,6). Der Glaube an diesen Jesus den Christus, der uns in seiner Liebe lebendig machen will (Eph 2,4), hat anscheinend Auswirkungen auf die Lebendigkeit unseres jetzigen und zukünftigen Lebens. Der Glaube, so die Schrift, weckt auf.

Diesen Gedanken greift auch das Evangelium auf. Das Evangelium weist zudem mit dem Bild der „Schlange in der Wüste“ darauf hin, dass dieser Lebenswunsch Gottes für seine Kinder schon immer größte Bedeutung im gesamten Wirken Gottes an seinem Volk hatte und nun in Jesus Christus seinen Höhepunkt erhält.

Denn wenn Jesus zu Nikodemus sagt, dass der Menschensohn wie einst die Schlange in der Wüste erhöht werden muss, damit der Mensch gerettet wird und er die Liebe des Vaters erkennt, dann sieht er das Wirken Gottes in ihm in der Kontinuität der gesamten Verkündigung.

Zur Erinnerung: Als Giftschlangen das Leben des murrenden Volkes Israel in der Wüste bedrohten, baten die Israeliten Mose um sein Gebet. Gott gab Moses die Anweisung, eine Kupferschlange an einem Stab zu befestigen. Wer von einer Schlange gebissen wird und die Kupferschlange ansieht, der wird überleben.

Das Buch der Weisheit greift diese Erzählung aus dem Buch Exodus auf und deutet diese. Dort wird die Kupferschlange als Rettungszeichen verstanden. Die Kupferschlange steht für das rettende Wirken Gottes, welches durch das Zeichen der Schlange oder durch sein Gesetz in der Tora repräsentiert wird. Jeder, der sich an das Gesetz Gottes hält, wird durch Gott selbst, den Retter aller, der durch diese Zeichen wirkt, gerettet. (Vgl.: Weish 16,5-14)

Und in der Tat, dieser Gott und sein Gesetz kann den Glaubenden retten und Leben verheißen, nicht erst durch Jesus Christus.

Ein gutes Beispiel ist das Talionsgesetz (Ex 21,23-25), das durch den Ausspruch „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ allgemein bekannt ist. Ein uraltes Gesetz der Tora. Jetzt werden viele fragen, was hat das denn mit liebevoller Rettung und der Lebendigkeit Gottes zu tun?

Die Antwort: Dieses Gesetz war nicht weniger als eine kulturelle Revolution und hat Menschen das Leben gerettet. Es war nämlich das erste Gesetz, das die Gewaltspiralen durchbrach und Gleiches maximal mit Gleichem vergalt. Statt: „Ich klaue dir ein Schaf, du klaust mir meine Schafsherde, ich verschleppe im Gegenzug sodann deine Tochter, du tötest darauf einen meiner Söhne, sodass ich mich gezwungen sehe, deine Sippe auszulöschen“, würde diese Gewaltspirale einfach mit „Schaf gegen Schaf“ enden.

Die Menschen erkannten, dass dies doch wesentlich besser sei als Mord und Totschlag und verbanden diese Erfahrung eines Leben schützenden Gesetzes mit ihrem Gott, der das Leben will, nicht den Mord.

Und so wie schon im Alten Testament die Entwicklung zu Vergebung, Milde und Barmherzigkeit ging, zeigt uns Gott in unüberbietbarer Weise in Jesus Christus, wie das Gesetz gänzlich richtig gelebt wird. In Jesus konnten die Menschen erfahren, was es heißt „Du sollst deinen Gott und deinen Nächsten lieben, wie dich selbst.“ (Dtn 6,4f. und Lev 19,18) Beides Gesetze aus der Tora, die im menschlichem Leben Jesu neu vorgelebt wurden.

Und mit diesem Jesus von Nazareth können wir eine Erfahrung machen, die uns retten und erlösen kann, hier und jetzt. Denn so wie die Menschen vor 3000 Jahren gemerkt haben, dass es Erlösung von Gewalt und Leben rettend ist, nur Gleiches mit Gleichem zu vergelten, so wie die Israeliten in der Wüste merkten, dass das Gesetz Gottes ihnen Heil schenken will, nicht Unheil, so merkten die Menschen im Umfeld Jesu, wie sehr Gott weiterhin plant, den Menschen aufzuzeigen, wie Leben miteinander und füreinander aussehen kann, das Frieden und Leben für alle garantiert.

Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat. (Joh 3,16). Das ist die Erlösungsbotschaft Gottes. Er will in Jesus den Menschen noch mehr zeigen, wie und was er ist, damit alle, die noch unentschieden sind, ihn erfahren und neu das Leben wählen können. Denn eine Wahl für oder wider Gott kann ich ja nur letztgültig treffen, wenn ich die Optionen kenne. Gott hat sich immer weiter offenbart, damit alle, die ihn noch nicht recht erkannt haben, wieder neu über ihre Optionen aufgeklärt werden und neu wählen können. Das Erlösungshandeln Gottes in Jesus ist vielleicht diese unüberbietbare Selbstoffenbarung Gottes. Durch Jesus Christus konnten die damaligen Menschen und wir heute wieder neu entscheiden, die Botschaft dieses Gottes anzunehmen oder nicht.

Sie konnten sich nach Leben, Tod und Auferstehung Jesu neu entscheiden: Möchte ich ein Leben mit der Angst vor dem Tod oder ein Leben aus der Gewissheit eines Ewigen Lebens wagen, was zwar nicht die gesamte Angst beseitigt, aber die Perspektive auf Tod und Leben ändert. Ich konnte nach der Erfahrung Jesu neu wählen, ob ich meine größte Erfüllung im Leben in mir und meinem Reichtum sehen, inklusive der steten Angst, mein Reichtum verlieren zu können, oder ob ich vielleicht die größere Freude im sich verschenken und im Teilen erwarten kann. Ich konnte neu wählen zwischen einem Leben, dass nur auf sich selbst schaut, oder einem Leben, in dem ich an meine Berufung durch Gott für diese Welt und für die Menschen glaube. Das eine, so glaube ich, kann lähmen, dass andere kann lebendig machen.

Der Glaube an diesen Jesus rettet. Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, um die Welt zu richten, sondern damit wir gerettet werden (Joh 3,17). Glauben wir, so sind wir gerettet, und ich bin fest überzeugt, dass der Glaube schon hier eine neue Lebendigkeit schenkt.

Zumindest glaube ich diesen lebendigmachenden Glauben und sein rettendes Wirken in dem unzähligen Engagement so vieler Menschen erkennen zu können, die sich für andere einsetzen. Wenn ich allein hier an das Forum denke, fallen mir so viele Beispiele ein: Der Freundeskreis mit seiner Unterstützung für die Straßenkinder in Südafrika. Die Aktion Katharinen-Treppen, die ehrenamtlichen im Jordan-Treff oder im Nothilfezelt am U, die freundschaftlichen Banden der gegenseitigen Unterstützung, die seelsorgliche Arbeit und geistliche Begleitung.

Madeleine Delbrêl, die französische Mystikerin, würde in diesen Diensten beten: „Durch uns [,Gott,] zieh sie [,die Menschen,] zu dir hin, damit sie dir in uns begegnen.“ (Madeleine Delbrêl, Liturgie der Außenseiter).

Das rettende und erlösende Wirken Jesu Christi kann also auch durch Gott in uns und durch uns an den Menschen passieren. Durch unsere liebevolle Hinwendung an die Menschen aus dem Glauben an Jesus Christus heraus, können die Menschen eventuell Gott selbst durch uns erspüren und damit neu entscheiden, sich diesem Gott des Lebens zuzuwenden. Erlösungshandeln Gott durch uns, Begegnung des Gekreuzigten und seiner Botschaft in uns.

Die Möglichkeit, dass Gott durch uns erlösend wirkt, die Menschen in uns, den Erhöhten begegnen, ist ein bedenkenswerter Gedanke von Madeleine Delbrêl.

Als Katholiken glauben wir, dass Gott in dieser Welt durch die Sakramente wirkt. Wenn Gott durch uns wirkt, werden wir quasi zum Sakrament Gottes und jener Mensch, der mit und/oder durch uns eine Erfahrung mit dem Gott des Lebens macht, wird neu in die Lage versetzt, diesem Gott zu folgen und sich für ihn zu entscheiden.

Stefan Kaiser

Impuls vom 06.03.2020, "In der Krise hilft immer…"

In der Krise hilft immer…

 

Ökologie oder Kapitalismus, mehr Europa oder mehr Digitalisierung: Corona bestätigt jeden in dem, was ihm vorher schon das Liebste war

 

Nichts bestätigt die eigenen Lieblingsideen so zuversichtlich wie ein welterschütternder Einbruch des unvorhersehbar Neuen. Das klingt zunächst überraschend, ist aber der klare Befund, wenn man die politische und geistige Verarbeitung der Covid-19-Krise betrachtet. Es wird zwar ständig davon geredet, was für eine tiefe Zäsur Corona darstelle und dass jetzt fundamentales Umdenken nötig sei. Doch sind es in der Regel nur die anderen, die umdenken müssen, während man selbst offenbar die Lektionen der Pandemie schon gelernt hatte und längst auf dem richtigen Weg war, bevor die Krankheit sich überhaupt bemerkbar machte.

 

Papst Franziskus etwa ruft in seiner jüngsten Enzyklika mit dem Titel Fratelli tutti über die soziale Geschwisterlichkeit zu einem weitreichenden Mentalitätswandel auf: „Der Schmerz, die Unsicherheit und das Bewusstsein der eigenen Grenzen, welche die Pandemie hervorgerufen haben, appellieren an uns, unsere Lebensstile, unsere Beziehungen, die Organisation unserer Gesellschaft und vor allem den Sinn unserer Existenz zu überdenken.“ Dann macht das Kirchenoberhaupt klar, was es aus seiner Sicht in Zukunft zu meiden gilt: „Ist die Gesundheitskrise einmal überstanden, wäre es die schlimmste Reaktion, noch mehr in einen fieberhaften Konsumismus und in neue Formen der egoistischen Selbsterhaltung zu verfallen.“ Vor Kaufrausch und Eigennutz hat Franziskus natürlich auch vor Corona bereits ständig gewarnt. Die Kritik des entfesselten Kapitalismus ist sein Markenzeichen. Wie immer man die Qualität seiner Diagnose einschätzt: Die angeblich grundstürzende Viruskrise hat den Papst gerade nicht (wie behauptet) irritiert, sondern im Gegenteil in seiner vertrauten Sicht der Dinge bestärkt.

 

Genauso mit sich im Reinen, freilich im komplett entgegengesetzten Sinne, zeigt sich ein Organ von vergleichbarer lehramtlicher Autorität in einer konkurrierenden Glaubensgemeinschaft, der Kirche der Marktwirtschaft und Unternehmerfreiheit. „Der Kapitalismus rettet uns“, lautete am vergangenen Wochenende die ganzseitige Schlagzeile auf Seite eins der Neuen Zürcher Zeitung, des traditionsreichsten wirtschaftsliberalen Blattes im deutschen Sprachraum. Für die Zeitung ist Corona nicht (wie für den Papst) ein Argument gegen die individualistische Wettbewerbsgesellschaft, sondern vielmehr eines dafür: Die schnelle Entwicklung der Impfstoffe zeige, zu welchen Großtaten gewinnorientierte Privatfirmen fähig seien (auch wenn sie dabei, na ja, ein bisschen vom Staat unterstützt werden). Nur war die überragende Leistung gewinnorientierter Privatfirmen schon lange vor der Pandemie eine unerschütterliche Überzeugung der NZZ. Die Krise, in der sie die Rettung von anderswoher als von den segensreichen Marktkräften erhofft hätte, wurde noch nicht gefunden. Die Redaktion hat ihre Kapitalismushymne ebenso fertig aus der Schublade gezogen wie Papst Franziskus seine Kapitalismuskritik.

 

So steht es durchgängig mit dem vermeintlichen Lernen aus der Pandemie. Ökologen sehen die Vorzüge der Selbstbeschränkung und Entschleunigung bewiesen, weil exzessives Herumreisen das Virus verbreitet; sie waren aber bekanntlich schon vor, aus Klimagründen, gegen das exzessive Herumreisen. Ökologieskeptiker finden, dass Wachstum jetzt unbedingt Vorrang vor Umweltschutz haben müsse, um die ökonomischen Lockdown-Schäden zu beheben – als ob sie jemals Vorrang für den Umweltschutz gefordert hätten. Die Europäische Kommission will gegen Corona mehr Europäisierung, also das, was sie immer will. Brexiteers erkennen im europäischen Impfversagen die endgültige Rechtfertigung für den britischen Austritt aus der EU, an dem sie auch davor nicht gezweifelt haben. Chinafeinde haben dank der Ausbrütung der Seuche auf chinesischen Tiermärkten einen frischen Grund zur Chinafeindschaft, die seit Jahren ihr Weltbild beherrscht. Asienfreunde stellen mit Genugtuung fest, dass Corona die Machtverschiebung nach Fernost beschleunigt, über die sie bereits Dutzende von Leitartikeln verfasst haben. Und ist uns nicht auch vor der homeofficegetriebenen Karriere des virtuellen Meetings schon einmal zu Ohren gekommen, dass der Digitalisierung die Zukunft gehört?

 

Alle diese Analysen mögen jeweils falsch oder richtig sein; einige werden sich gewiss bestätigen. Nur kann man schwerlich so tun, als seien sie das Produkt von Überraschung, Neugier und Lernbereitschaft. Sie sind vielmehr Ausdruck fröhlicher Rechthaberei. Das gilt übrigens, was nicht verheimlicht werden soll, auch für diesen Artikel. Seinen Verfasser hat ebenfalls keineswegs erst die Corona-Debatte auf die Idee gebracht, dass der Mensch ideologisch träge ist und sich im Kopf gemeinhin nicht viel Aufregendes tut, wenn Wendepunkte, Neuaufbrüche und Paradigmenwechsel verkündet werden. Den Verdacht hegte er vielmehr schon lange, und auch ihm liefert die Pandemiediskussion bloß das willkommene Belegmaterial.

 

Gut möglich, dass dieser Rückfall in ausgefahrene Denkbahnen nicht unsere spezielle Schwäche, sondern vollkommen normal, womöglich sogar unvermeidlich ist. Es gibt zahlreiche historische Beispiele für den Reflex. Wenn in früheren Seuchenzeiten die damaligen Vordenker und Sinndeuter, also die Prediger auf der Kanzel und auf dem Marktplatz, ihre Katastropheninterpretationen vorlegten, waren sie auch nicht sonderlich originell. Unzucht und Völlerei, hieß es dann, allgemeiner Sittenverfall und mangelnde Frömmigkeit hätten den Zorn Gottes heraufbeschworen und die pestilenzialische Heimsuchung verschuldet. Genau diese Sünden hatte die Priesterschaft aber natürlich bereits vorher ausgiebig angeprangert; nur dass keiner auf sie hören wollte. Jetzt, in der Stunde der Not, witterte die Geistlichkeit die Chance, mit der bislang vergebens geschwungenen Bußkeule endlich einen Volltreffer zu landen.

 

Wahrscheinlich ist es einfach zu viel verlangt, ausgerechnet im dramatischen, zugespitzten Ausnahmezustand frische Ideen zu erwarten. Wenn das Gebälk des Lebens kracht, hat man schlicht die innere Freiheit nicht, sich richtig kühne Gedanken zu machen. Die akute Krise ist der passende Augenblick, um sich an Einsichten zu erinnern, die vielleicht noch nicht umgesetzt, aber im Prinzip längst akzeptiert sind; das Vorantreiben der Digitalisierung ist ein typisches Beispiel. Um auf das wirklich Neue zu kommen, braucht man dagegen – Ruhe.

 

Jan Ross

 (Quelle: DIE ZEIT Nr. 7, 11. Februar 2021, S. 5)

Impuls vom 27.02.2021, "Auferstehung im Leben"