Impuls der Woche

Hier finden Sie die bisherigen Impulse:
Gott selbst ist am Werk

 

Manche Lebenssituationen und Schicksalsschläge lassen uns manchmal den Glauben verlieren. Dabei wollen wir gar nicht bösartig handeln oder Gott sowie seinen Sohn Jesus Christus bewusst verleugnen – wie es im heutigen Evangelium angedeutet wird.

Und dennoch sitzen der Schock und das Entsetzen manchmal so tief, dass unser Erleben uns an allem zweifeln lassen – auch an unserem Gott und seinem Wirken. Natürlich: das irdische Leben ist brüchig und unvollkommen, aber unser Gott doch nicht! Die tiefe Erschütterung reißt unser Vertrauen ein und droht, uns den Halt zu nehmen. Dabei können wir gar nicht tiefer fallen als in Gottes gütige Hände. Er verspricht Sicherheit und Licht am Ende des Tunnels, den wir durchschreiten müssen.

 

Gott selbst ist am Werk (Joh 3, 21b) und ruft uns zu: „Nicht aufgeben: abgeben.“

 

Es ist eine klare Aufforderung, ALLES bei ihm abzugeben und darauf zu vertrauen, dass er es richten wird. Die Kontrolle loszulassen, ist eine so große Herausforderung für uns Menschen und doch so heilsam. Sicherlich gelingt dies nicht immer aus eigener Kraft und wir brauchen Unterstützung von außen, wie es im folgenden Text heißt:

 

Hoffnungsschimmer

 

Der Nachklang eines guten Weins,

die aufgehende Sonne nach einer wunderbaren Nacht mit Freunden,

der Geruch des Heus im milden Spätsommer

sind ein Hoffnungsleuchten mehr,

dass sich manche Wunde unseres Lebens

schließen möge.

Helmut Bölling

 

Im Blick zu behalten, dass die Sonne immer wieder aufgeht und auch in der dunkelsten Nacht wieder Licht auf uns wartet, ist essenziell und lebenswichtig. Diese Perspektive, nämlich die Perspektive Hoffnung, niemals zu verlieren, darf unser großes Ziel sein.

Bestärkungen und Zeichen dieser Hoffnung mögen uns sicherlich dabei begleiten…

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:   Joh 3, 14–21:

 

Jesus sprach zu dem Pharisäer Nikodemus:

14 Du weißt doch, wie Mose in der Wüste eine Schlange aus Bronze an einem Pfahl aufrichtete, damit jeder, der sie ansah, am Leben blieb. Genauso muss auch der Menschensohn erhöht werden. 15 Jeder, der dann voll Vertrauen zu ihm aufschaut, wird das ewige Leben finden. 16 Denn Gott hat die Menschen so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn für sie hergab. Jeder, der an ihn glaubt, wird das ewiges Leben haben und nicht verloren gehen. 17 Gott hat nämlich seinen Sohn nicht zu den Menschen gesandt, um sie zu verurteilen, sondern um sie zu retten. 18 Wer sich zu ihm bekennt, der wird nicht verurteilt werden. Wer sich aber weigert, an den einzigen Sohn Gottes zu glauben, über den ist das Urteil schon gesprochen; denn der, an den er nicht geglaubt hat, ist Gottes eigener Sohn. 19 Und so vollzieht sich die Entscheidung bei den Menschen, die sie selbst treffen: Das Licht ist zwar in die Welt gekommen, aber die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht; denn was sie tun, ist böse. 20 Wer Böses tut, hasst das Licht und bleibt lieber im Dunkeln, damit das Böse nicht an den Tag kommt. 21 Wer aber tut, was vor Gott bestehen kann, der kommt zum Licht. Es zeigt dann deutlich: In seinem Leben ist Gott selbst am Werk.

(S)ein Blick nach innen

 

Jesus ist wütend! Der Tempel seines Vaters ist zur Räuberhöhle verkommen, weil die Menschen ihn zu einem Kaufhaus umfunktioniert haben. Und dennoch steht am Ende des Evangeliums der folgende Satz: … er (Jesus) wusste, was im Herzen eines jeden Menschen vor sich ging. (Joh 2, 25b) Mich berührt diese Übersetzung sehr, da sie die Gnade Jesu trotz all der Wut und Enttäuschung in den Vordergrund stellt. Die Gnade ist größer als jedes negative Gefühl und jede Verärgerung durch jegliche Sünde. Jesus hat den Blick nach innen gerichtet für jeden Menschen und handelt voller Vergebung.

Es geht aber nicht nur darum, dass Jesus und somit Gott uns vergeben können, sondern auch unser eigener Blick nach innen bzw. in unser persönliches Inneres ist so wichtig für den inneren und äußeren Frieden – auch im Nachhinein für vergangene Taten, Fehler und Versäumnisse. Fulbert Steffensky schrieb dazu folgenden Zeilen:

 

„Mein Wunsch an uns wäre die Fähigkeit, sich mit den Abgründen des eigenen Lebens zu versöhnen, die Fähigkeit, sich mit sich selbst zu versöhnen. Es gibt einen Schmerz, den ich nicht verbannen will, aber der mich nicht bannen soll. Es ist der Schmerz darüber, was man im Leben verraten hat und was man dem Leben schuldig geblieben ist. Ich war Subjekt in meinem Leben, Subjekt meiner Taten und meiner Untaten, das ist meine Würde. Davon lasse ich mich nicht trennen, aber ich lasse mir davon auch nicht den Atem nehmen. Reinheit ist nicht Makellosigkeit, es ist die Fähigkeit, den eigenen Makel zu betrachten und vor den eigenen Abgründen nicht zu fliehen. Das löscht die Heiterkeit des Lebens nicht aus. Gefährlich ist es nur, wo die Reue gewaltiger ist als die Dankbarkeit.

Sich nicht ausweichen, sich ruhig ansehen, ohne zu verzweifeln, und sich annehmen mit dem eigenen Verrat – das wäre Lebensgröße. Aber in schmerzlicher Heiterkeit gesagt: Auch das wird uns Menschen nur halb gelingen. Wir sind Fragment.“

(Impuls zu Aschermittwoch aus Mein Fastenwegweiser 2024 (Verlag Andere Zeiten))

 

Genau dahin zu schauen, wo es schmerzhaft ist und wo ich mich selbst nicht leiden kann, beschreibt er als größte Stärke. Jesus schaut auch dorthin und wünscht sich voller Gnade, dass wir es ihm gleichtun, um versöhnt in den Spiegel blicken zu können.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:   

Joh 2, 13-25: Jesus zeigt sich das erste Mal in Jerusalem

13 Kurz vor dem Paschafest ging Jesus nach Jerusalem. 14 Dort sah er im Tempel viele Händler, die Ochsen, Schafe und Tauben als Opfertiere verkauften. Auch Geldwechsler saßen hinter ihren Tischen. 15 Jesus knüpfte aus Stricken eine Peitsche und jagte sie alle aus dem Tempel hinaus, auch die Schafe und Rinder. Das Geld der Wechsler schleuderte er auf den Boden und ihre Tische warf er um. 16 Den Taubenhändlern befahl er: „Schafft das alles hinaus! Macht das Haus meines Vaters nicht zu einem Kaufhaus!“ 17 Seine Jünger aber mussten an das Wort in der Heiligen Schrift denken: „Der Eifer für dein Haus wird mich verzehren!“

18 Die führenden Männer der Juden stellten ihn daraufhin zur Rede: „Was für Zeichen kannst du uns zeigen, um zu beweisen, dass du im Auftrag Gottes handelst?“ 19 Jesus antwortete ihnen: „Zerstört diesen Tempel! In drei Tagen werde ich ihn wieder aufbauen.“ 20 „Was?“, riefen sie. „Sechsundvierzig Jahre wurde an diesem Tempel gebaut und du willst ihn in drei Tagen aufrichten?“ 21 Mit dem Tempel aber hatte Jesus das Heiligtum seines Leibes gemeint. 22 Als er von den Toten auferstanden war, erinnerten sich seine Jünger an diese Worte. Erst jetzt verstanden sie richtig, was Jesus ihnen gesagt hatte. Und sie glaubten der Heiligen Schrift und dem Wort, das Jesus gesprochen hatte. 23 Während des Paschafestes in Jerusalem erlebten viele Menschen die Zeichen, die Jesus vollbrachte, und glaubten ihm deshalb, dass er der Messias war. 24 Aber Jesus hielt sich ihnen gegenüber zurück, weil er sie alle genau kannte. 25 Ihm brauchte niemand zu sagen, mit wem er es zu tun hatte, denn er wusste, was im Herzen eines jeden Menschen vor sich ging.

Den Anderen zum Vorschein bringen

 

„Christsein ist die Kunst, durch die eigene Anwesenheit den Anderen in seiner Einmaligkeit zum Vorschein zu bringen.“ (Jesuit Christoph Theobald)

 

Dieses Zitat habe ich mir aus meinen letzten Exerzitien mitgenommen und bin inspiriert davon, wie wir Menschen in positiver Weise aufeinander einwirken und „den Anderen in seiner Einmaligkeit zum Vorschein bringen“ können. Durch meine eigene Anwesenheit darf ich mein Gegenüber ganz einmalig wahrnehmen und hervorbringen.

 

Jesus bringt sich in ganz besonderer Weise zum Vorschein und seine Einmaligkeit ist unumstritten. Doch welche Rolle spielen die Jünger in dieser Szene? Vielleicht haben auch sie Einfluss darauf, dass Jesus sich auf diese Weise zeigen kann. Jesus war allen Menschen zugewandt und jedem und jeder authentisch und echt gegenüber. Dennoch standen seine Jünger ihm noch näher und sie begleiteten ihn Tag für Tag, sodass eine Intensität sowie Intimität zwischen ihnen und Jesus entstanden war.

Die Verklärung erleben allein die drei Jünger Petrus, Jakobus und Johannes. Jesus wählte genau sie aus und nahm sie mit auf einen hohen Berg, um sich vor ihnen zu verklären. Nur diesen drei wird das Wunder zuteil, Jesus schon im irdischen Leben in himmlischer Herrlichkeit ganz real zu sehen. Sie dürfen die Begegnung Jesu mit den alten Propheten Elija und Mose erleben und dann sogar noch Gottes Stimme selbst aus der Wolke hören, die Jesus zu Gottes geliebtem Sohn deklariert. Es ist kein Wunder, dass sie nach diesem Ereignis erst einmal verwirrt und überfordert waren. Und dennoch sind Petrus, Jakobus und Johannes nicht einfach teilnahmslos und passiv in dieser Szene – vielleicht war ihre Anwesenheit für Jesus sogar relevant und notwendig. Durch ihre Treue und ihr Vertrauen ihm gegenüber waren sie überhaupt dazu fähig, Jesus nachzufolgen und auch in diesem Moment mit ihm auf den Berg zu steigen. Sie stehen hier im Hintergrund und sind doch so wichtig in dieser Szene.

Die gegebene Situation ließ Jesus durch seine treuen Weggefährten in seiner Einmaligkeit zum Vorschein bringen und stiftete noch mehr Klarheit und Beziehung. Noch waren Petrus, Jakobus und Johannes keine Christen im eigentlichen Sinne, aber genau sie waren es, die uns die Nachfolge Jesu in so wahrhaftiger Weise vorlebten.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mk 9, 2-10: Ausgewählte Jünger erfahren die Herrlichkeit Jesu

 

2 Sechs Tage später ging Jesus mit Petrus, Jakobus und Johannes auf einen hohen Berg. Nur sie allein. Da veränderte sich vor ihren Augen plötzlich sein Aussehen.

3 Seine Kleider wurden strahlend weiß, heller als irgendetwas Vergleichbares auf dieser Erde. 4 Und plötzlich wurden Elija und mit ihm Mose für sie sichtbar und redeten mit Jesus.

5 Petrus sagte zu Jesus: „Rabbi, Meister! Wir wollen drei Zelte aufschlagen, eines für dich, eines für Mose und eines für Elija.“

6 Er wusste nämlich nicht, was er sagen sollte, denn er und die beiden anderen waren vor Schreck völlig verwirrt.

7 Da fiel der Schatten einer Wolke über sie und aus der Wolke hörten sie eine Stimme: „Dies ist mein geliebter Sohn, auf ihn sollt ihr hören!“

8 Als sich die Jünger umsahen, waren sie plötzlich mit Jesus allein.

9 Während sie den Berg hinabstiegen, befahl ihnen Jesus: „Erzählt keinem, was ihr gesehen habt, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden ist!“

10 Diese Worte Jesu beschäftigten die Jünger und sie überlegten gemeinsam, was Jesus wohl damit gemeint hatte, als er von der Auferstehung von den Toten sprach.

Wüstenzeiten im Leben

 

Wüstenerfahrungen sind für viele Menschen sehr anziehende und spannende Erlebnisse, die einige unbedingt mindestens einmal im Leben gemacht haben wollen.

Es erscheint vielleicht nahezu idyllisch und die Menschen erwarten eine überwältigende Naturerfahrung mit einem Blick in die Sand- oder Steinwüste, der kein Ende und keine Begrenzung finden kann.

 

Wüstenerfahrungen sind aber auch Grenzerfahrungen: Es ist emotional sehr herausfordernd, die Wüste zu erleben – die Weite, die Leere und Trockenheit machen uns bewusst, wo es im eigenen Leben trotz der weiten Möglichkeiten Leere und Trockenheit gibt. Sicherheit und Gefahr sind ein schmaler Grat und die dort zu spürende Einsamkeit ist eine besonders intensive, die zuvor noch nicht erlebbar war. Ich habe von Wüstenzeiten gehört, in denen geradezu eine Panik beim Aufenthalt dort entstanden ist. Die Einsamkeit überwältigte im negativen Sinne und die Frage, was Gott damit sagen oder sogar bezwecken möchte, wurde groß.

Vielleicht sind es genau diese Momente, in denen eine Gotteserfahrung möglich wird. In größter Bedrängnis offenbart er sich und eine Freundin entdeckte in solch einer Situation den folgenden Bibelvers, der auch auf dem Foto zu sehen ist:

 

Psalm 121, 8:

Der HERR behütet dein Gehen und dein Kommen von nun an bis in Ewigkeit.

 

Plötzlich wurde wieder alles hell und ein Sicherheitsgefühl stellte sich ein. Aus großer Angst und Verlorenheit kann Gott Geborgenheit und neuen Mut sowie Stabilität entstehen lassen. Was für ein Geschenk!

 

Dies war eine reale Erfahrung, dass Jesus uns begleitet und nie verlässt: Er geht mit Dir an den Ort deiner Schwäche und nimmt dich dort in den Arm und sendet Zeichen.

 

Während solcher Wüstenzeiten im Leben bete ich gerne die folgenden Sätze:

Das ist der Ort, an dem ich gerade stehe, Herr. Bitte hole mich dort ab.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mk 1, 12-15:

 

Die Versuchung Jesu

12 Und sogleich trieb der Geist Jesus in die Wüste.

13 Jesus blieb vierzig Tage in der Wüste und wurde vom Satan in Versuchung geführt. Er lebte bei den wilden Tieren und die Engel dienten ihm.

Die Ansage des Evangeliums

14 Nachdem Johannes ausgeliefert worden war, ging Jesus nach Galiläa; er verkündete das Evangelium Gottes

15 und sprach: Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium!

 

Ein Geheilter kann nicht schweigen

 

Jesus heilt einen Mann, der von Aussatz – einer sehr ansteckenden Krankheit – befallen ist. Nach der Heilung bittet Jesus diesen Mann, niemandem außer den Priestern von diesem Geschehen zu erzählen. Denn die Priester sollten erkennen, dass Jesus im Auftrag Gottes handelt.

Nur diese eine Bitte äußert Jesus im Gegenzug und der Geheilte kann dieser Bitte nicht nachkommen?!

Damit bringt er Jesus in große Gefahr, denn er erfährt immer mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit. Obwohl Jesus sich nur noch in einsamen Gegenden und Dörfern aufhielt, folgten die Menschen seinen Spuren – von überallher kamen sie, um ihn zu sehen. Alle erkannten ihn und so geriet er auch immer stärker ins Visier seiner Feinde.

 

Es ist auch nicht so, dass der Geheilte sich ein- oder zweimal verquatscht und das Geheimnis seines Heilungserlebnisses lüftet, sondern er erzählt es überall und bei jeder Gelegenheit! Ihm scheint absolut nicht bewusst zu sein, in welche Gefahr er Jesus damit bringt und es scheint ihm unmöglich, das Erlebte für sich zu behalten.

 

Aber ist das nicht verständlich? Ein Mensch, der an Aussatz erkrankt ist, wird noch heute aufgrund der Ansteckungsgefahr gemieden und gehört zum Rand der Gesellschaft. Durch die Heilung dieser Krankheit ist ein ganz neues Leben möglich.

 

Mit ungeahnter Leichtigkeit wird der Mann nun durch das Leben gehen und eine neue Perspektive auf sein gesamtes Umfeld entwickeln – Freiheit ist plötzlich real spürbar.

Für ihn bricht Gottes neue Welt an und das Gefühl dieser Erkenntnis muss atemberaubend und wunderschön sein. So kann ich vollkommen nachvollziehen, dass diese Emotionen nach außen dringen wollen und der Geheilte nicht schweigen kann.

 

Überwältigt von der Begegnung mit Jesus und der Heilung durch Jesus strahlt er aus und erzählt der ganzen Welt von diesem Ereignis. Wer könnte es ihm verübeln?

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mk 1, 40-45:

 

Die Heilung eines Aussätzigen

40 Ein Aussätziger kam zu Jesus und bat ihn um Hilfe; er fiel vor ihm auf die Knie und sagte: Wenn du willst, kannst du mich rein machen.

41 Jesus hatte Mitleid mit ihm; er streckte die Hand aus, berührte ihn und sagte: Ich will – werde rein!

42 Sogleich verschwand der Aussatz und der Mann war rein.

43 Jesus schickte ihn weg, wies ihn streng an

44 und sagte zu ihm: Sieh, dass du niemandem etwas sagst, sondern geh, zeig dich dem Priester und bring für deine Reinigung dar, was Mose festgesetzt hat – ihnen zum Zeugnis.

45 Der Mann aber ging weg und verkündete bei jeder Gelegenheit, was geschehen war; er verbreitete die Geschichte, sodass sich Jesus in keiner Stadt mehr zeigen konnte; er hielt sich nur noch an einsamen Orten auf. Dennoch kamen die Leute von überallher zu ihm.

Die Dämonen wussten, wer er war…

 

Beim Lesen des heutigen Evangeliums ist mir der folgende Vers besonders ins Auge gesprungen:

 

Und Jesus verbot den Dämonen zu sagen, dass sie wussten, wer er war. (Mk 1, 34b)

 

Dabei liegt das Augenmerk nicht auf dem Verbot Jesu, sondern darauf, dass die Dämonen wussten, wer er war. Es klingt wie selbstverständlich, dass den bösen Geistern völlig klar war, mit wem sie es zu tun hatten und dass dieser besondere Mensch, der Menschensohn und Sohn Gottes, wahre Macht über sie hat. Ich finde es faszinierend, dass „das Böse“ sofort dazu fähig ist, „das Gute“ zu erkennen.

Wenn ich auf mein eigenes Leben schaue, wird mir bewusst, dass ich negative Erfahrungen und Gefühle häufig sehr viel intensiver erlebe als positive und mich somit leicht erschrecken und vielleicht sogar erschüttern lasse. Ich empfinde Angst und Unsicherheit und fühle mich bedroht – vergleichbar mit dem Mann auf dem Foto.

Manchmal bin ich dann wie gelähmt und es braucht einige Zeit, bis ich mich in die Realität zurückfinde und wieder neue Sicherheit und Geborgenheit verspüren kann. Ein Satz (mit unbekanntem/r Verfasser/in) hat mich erst vor wenigen Tagen sehr tief berührt und mir eine neue Perspektive auf diese Situationen geschenkt:

 

„Sicherheit ist nicht die Abwesenheit von Gefahr, sondern die Anwesenheit Gottes.“

 

Was für eine Zusage, dass egal welche Gefahr in unserem direkten oder indirekten Umfeld droht, die Anwesenheit Gottes uns beschützt und wir dennoch in Sicherheit sind. Im Gebet und im Leben mit ihm verbunden zu sein und zu bleiben, ist sogar mehr als die halbe Miete – es ist die ganze!

 

Den Fokus auf das Gute zu legen und dieses besonders intensiv wahrzunehmen, möchte ich mir vornehmen und mir dabei bewusst vor Augen führen, dass die Dämonen und Geister viel mehr Angst vor Jesus, als wir vor ihnen haben müssen.

Wir haben Jesus an und auf unserer Seite und brauchen uns vor nichts zu fürchten!

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  Mk 1, 29-39

 

Die Heilung der Schwiegermutter des Petrus

29 Sie verließen sogleich die Synagoge und gingen zusammen mit Jakobus und Johannes in das Haus des Simon und Andreas. 30 Die Schwiegermutter des Simon lag mit Fieber im Bett. Sie sprachen sogleich mit Jesus über sie 31 und er ging zu ihr, fasste sie an der Hand und richtete sie auf. Da wich das Fieber von ihr und sie diente ihnen.

Die ganze Stadt vor der Tür

32 Am Abend, als die Sonne untergegangen war, brachte man alle Kranken und Besessenen zu Jesus. 33 Die ganze Stadt war vor der Haustür versammelt 34 und er heilte viele, die an allen möglichen Krankheiten litten, und trieb viele Dämonen aus. Und er verbot den Dämonen zu sagen, dass sie wussten, wer er war.

Der Rückzug Jesu, die Suche der Jünger und der Aufbruch

35 In aller Frühe, als es noch dunkel war, stand er auf und ging an einen einsamen Ort, um zu beten. 36 Simon und seine Begleiter eilten ihm nach, 37 und als sie ihn fanden, sagten sie zu ihm: Alle suchen dich. 38 Er antwortete: Lasst uns anderswohin gehen, in die benachbarten Dörfer, damit ich auch dort verkünde; denn dazu bin ich gekommen. 39 Und er zog durch ganz Galiläa, verkündete in ihren Synagogen und trieb die Dämonen aus.

(Kein) Ruf?

 

Einen guten oder schlechten Ruf zu haben, hat großen Einfluss auf das Leben und das Standing im sozialen Umfeld oder sogar in der Gesamtgesellschaft. Doch wie entsteht mein egal wie gearteter Ruf? Kann ich ihn selbst formen und sozusagen kontrollieren? Leider nein, denn auch wenn wir immer nach bestem Wissen und Gewissen handeln, kann es uns negativ angehängt werden oder völlig grundlos können wir schlechte Beurteilungen bekommen und so ein unschönes Bild abgeben.  Wir haben als Menschen tatsächlich die Macht, den Ruf eines anderen Menschen zu zerstören. Sicherlich gibt es Taten und Handlungen, die zurecht einen schlechten Ruf für die ausführende Person zur Folge haben. Genauso gibt es jedoch den Fall, dass Lügen und Gerüchte über einen Menschen verbreitet werden und dieser völlig hilflos und ausgeliefert, das rollende Unheil über sich herziehen sieht und es nicht mehr aufhalten kann. Dabei fallen mir Situationen ein, in denen Menschen furchtbare Unterstellungen (wie beispielsweise Straftaten) gemacht werden. Alle begeben sich in eine Obacht-Haltung in Bezug auf die beschuldigte Person und auch wenn das Gegenteil bewiesen ist, scheint es beinahe unüberwindbar, diesen erzeugten Ruf wieder loszuwerden.

 

Auch Jesus bekommt im heutigen Evangelium einen Ruf zugeschrieben, der sich im ganzen Gebiet von Galiläa verbreitete (Mk 1, 28b). Erst dieser macht es möglich, dass Jesus letztendlich zum Tode verurteilt wird. Unkontrolliert wird über ihn weitererzählt, ohne dass jede/r Einzelne sich selbst ein Bild von ihm und seinen Taten macht. Die Geschichte Jesu zeigt sehr deutlich, wie gefährlich dies verlaufen kann und welche Konsequenzen ein (schlechter) Ruf haben kann. Wäre kein Ruf nicht viel besser?

 

Interessant finde ich den Ruf zum Professor/ zur Professorin – die Anerkennung der akademischen Qualifikation und inhaltlichen Passgenauigkeit für einen ausgeschriebenen Lehrstuhl. Vielleicht können wir den Begriff des (guten/schlechten) Rufes umdenken und vielmehr mit der Anerkennung ganz individuell beobachtbarer Fähigkeiten verknüpfen. Ich selber würde allerdings dafür plädieren, gar keinen Ruf anzunehmen, sondern jeden Menschen höchstselbst und persönlich kennenzulernen.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mk 1, 21-28: Die neue Lehre in der Synagoge

21 Sie kamen nach Kafarnaum. Am folgenden Sabbat ging er in die Synagoge und lehrte.

22 Und die Menschen waren voll Staunen über seine Lehre; denn er lehrte sie wie einer, der Vollmacht hat, nicht wie die Schriftgelehrten.

23 In ihrer Synagoge war ein Mensch, der von einem unreinen Geist besessen war. Der begann zu schreien:

24 Was haben wir mit dir zu tun, Jesus von Nazaret? Bist du gekommen, um uns ins Verderben zu stürzen? Ich weiß, wer du bist: der Heilige Gottes.

25 Da drohte ihm Jesus: Schweig und verlass ihn!

26 Der unreine Geist zerrte den Mann hin und her und verließ ihn mit lautem Geschrei.

27 Da erschraken alle und einer fragte den andern: Was ist das? Eine neue Lehre mit Vollmacht: Sogar die unreinen Geister gehorchen seinem Befehl.

28 Und sein Ruf verbreitete sich rasch im ganzen Gebiet von Galiläa.

Gottes neue Welt

 

Das Wort Gottes bzw. Gottes Wort in Menschenwort können wir in der Bibel finden – es gibt inzwischen eine Vielzahl an Übersetzungen und es folgen stets neue Ausgaben und sogar ganz neue Formate. Im vergangenen Jahr 2023 erschien Das neue Testament in der Sprache unserer Zeit. Ich habe es durch einen Exerzitienkurs im Bildungshaus St. Bonifatius in Elkeringhausen im Sauerland kennengelernt und war durch die neue und andere Übersetzung gewisser Verse wirklich berührt. Sehr prägend ist mir der folgende Vers aus dem Johannes-Evangelium (Joh 15, 9b) geblieben: So heißt es in der Einheitsübersetzung Bleibt in meiner Liebe! Im neuen Testament in der Sprache unserer Zeit lautet die Übersetzung dagegen Bleibt offen für meine Liebe! Der Vers bekam für mich eine ganz neue und tiefergehende Bedeutung.

 

Ähnlich ging es mir, als ich das heutige Sonntagsevangelium in beiden Übersetzungen las. Der Vers 15 aus dem 1. Kapitel des Markus-Evangeliums wird jeweils wie folgt übersetzt:

 

Jesus spricht:

„Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium!“

(Einheitsübersetzung 2016)

 

„Es ist soweit: Jetzt beginnt Gottes neue Welt! Denkt neu und vertraut auf diese gute Nachricht!“ (Das neue Testament in der Sprache unserer Zeit 2023)

 

Gottes neue Welt hat für mich einen so hoffnungsvollen Klang, dass mich der Vers richtig packt. Neu denken und auf diese gute Nachricht zu vertrauen, spricht ebenso viel tiefer in meine Lebenswirklichkeit – es motiviert mich, meinem Glauben wirklich Gestalt zu geben, meine Glaubensüberzeugungen in die Tat umzusetzen und optimistisch sowie voller Hoffnung in die Zukunft zu blicken. Denn: Es ist soweit!

 

Gott und seine neue Welt haben schon begonnen und wir dürfen daran/-in mitwirken.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  Mk 1, 14-20

 

14 Nachdem Johannes ausgeliefert worden war, ging Jesus nach Galiläa; er verkündete das Evangelium Gottes 15 und sprach: Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium! 16 Als Jesus am See von Galiläa entlangging, sah er Simon und Andreas, den Bruder des Simon, die auf dem See ihre Netze auswarfen; sie waren nämlich Fischer. 17 Da sagte er zu ihnen: Kommt her, mir nach! Ich werde euch zu Menschenfischern machen. 18 Und sogleich ließen sie ihre Netze liegen und folgten ihm nach. 19 Als er ein Stück weiterging, sah er Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und seinen Bruder Johannes; sie waren im Boot und richteten ihre Netze her. 20 Sogleich rief er sie und sie ließen ihren Vater Zebedäus mit seinen Tagelöhnern im Boot zurück und folgten Jesus nach.

Die Auserwählten…?!

 

Andreas und Simon, die ersten Jünger Jesu, sind bei Johannes und hören seine Worte, die sie auf Jesus Christus aufmerksam machen. Sofort ist da ein tiefer Antrieb, diesem Menschen nachzufolgen und auf seinen Wegen zu begleiten.

 

In der heutigen Lesung aus dem Alten Testament hört auch Samuel mehrfach eine Stimme in der Nacht, die ihn ruft. Er vermutet, dass der Hohepriester Eli ihn gerufen hat, bei dem Samuel am Heiligtum dient. Eli verneint dies und schickt ihn wieder schlafen – bis er beim dritten Male versteht, dass es der HERR ist, der Samuel ruft. Daraufhin folgt Samuel dem Rat Elis und beim erneuten Ruf des HERRN in der Nacht antwortet er: Rede, denn dein Diener hört. (1 Sam 3, 10b)

 

Eine große Parallele zwischen der Lesung und dem Evangelium an diesem Sonntag: das HÖREN veranlasst zum Handeln und lässt Samuel bzw. Andreas und Simon mit Gott in Resonanz treten. Samuel benötigt die Unterstützung Elis und auch dieser versteht erst nach dreimaligem Rufen, dass es der HERR ist, der das Wort an Samuel richtet. Andreas, Simon und Samuel lassen sich von Gott berufen und ihn in ihrem Leben wirken. Ganz konkret veranlasst die Berufung Andreas und Simon, Jesus nachzufolgen. Sie wollen wissen, wo Jesus wohnt und folgen ihm an jeden Ort – auf Schritt und Tritt.

 

Doch sind diese drei genannten Personen die Auserwählten? Können nur besondere Menschen von Jesus als JüngerInnen berufen werden? Gibt es bestimmte Kriterien?

 

Nein – das glaube ich nicht. Wir alle sind dazu berufen, Jesus nachzufolgen und Gott in unser Leben einzuladen. Dazu müssen wir keine spezifischen Eigenschaften haben oder Kriterien erfüllen. Es ist jedoch wichtig, dass wir HÖREN! Denn wenn wir die Worte nicht ernstnehmen oder aus welchen Gründen auch immer überhören, geht der Ruf an uns vorüber. Dabei dürfen wir auf die Unterstützung durch Andere (Eli) hoffen und uns im Zweifel auch drei- oder mehrmals rufen lassen – Jesus wartet auf uns.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Joh 1, 35-42: Die Berufung der ersten Jünger

35 Am Tag darauf stand Johannes wieder dort und zwei seiner Jünger standen bei ihm. 36 Als Jesus vorüberging, richtete Johannes seinen Blick auf ihn und sagte: Seht, das Lamm Gottes! 37 Die beiden Jünger hörten, was er sagte, und folgten Jesus. 38 Jesus aber wandte sich um, und als er sah, dass sie ihm folgten, sagte er zu ihnen: Was sucht ihr? Sie sagten zu ihm: Rabbi – das heißt übersetzt: Meister -, wo wohnst du? 39 Er sagte zu ihnen: Kommt und seht! Da kamen sie mit und sahen, wo er wohnte, und blieben jenen Tag bei ihm; es war um die zehnte Stunde. 40 Andreas, der Bruder des Simon Petrus, war einer der beiden, die das Wort des Johannes gehört hatten und Jesus gefolgt waren. 41 Dieser traf zuerst seinen Bruder Simon und sagte zu ihm: Wir haben den Messias gefunden – das heißt übersetzt: Christus. 42 Er führte ihn zu Jesus. Jesus blickte ihn an und sagte: Du bist Simon, der Sohn des Johannes, du sollst Kephas heißen, das bedeutet: Petrus, Fels.

GELIEBT.

 

Fang hier an:

Geliebt.

Braucht es irgendein anderes Wort?

Irgendeinen anderen Segen,

der vergleichbar wäre

mit diesem Namen,

diesem Wissen?

Geliebt.

Es trifft heilig

auf das Herz,

das sich danach seht,

neu zu werden.

Es trifft heilend

auf die Seele,

die vorne beginnen will.

Geliebt.

Wiederhole es,

auch wenn es sich

vielleicht zunächst seltsam anhört,

beobachte, wie es ein Teil von dir

wird.

Wie du wirst,

als hättest du dich noch nie selbst

gekannt.

Als wenn du jemals anders hättest

sein können.

Als so:

Geliebt.

Und dann: Gehe weiter, denn das

Leben liegt immer vorne.

 

Jan Richardson

 

 

Evangelium:  

 

Mk 1, 7-11:

 

 

7 Er verkündete: Nach mir kommt einer, der ist stärker als ich; ich bin es nicht wert, mich zu bücken und ihm die Riemen der Sandalen zu lösen.

8 Ich habe euch mit Wasser getauft, er aber wird euch mit dem Heiligen Geist taufen.

9 Und es geschah in jenen Tagen, da kam Jesus aus Nazaret in Galiläa und ließ sich von Johannes im Jordan taufen.

10 Und sogleich, als er aus dem Wasser stieg, sah er, dass der Himmel aufriss und der Geist wie eine Taube auf ihn herabkam.

11 Und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden.

Selig wie Simeon

 

Eine Woche nach Heiligabend begehen wir das Fest der Heiligen Familie. Weihnachten ist längst nicht vorbei und das Weihnachtswunder und somit die Geburt Jesu hält die Menschen weiter in Atem – positiv und voller Hoffnung.

 

Im Evangelium stehen heute zwei hochbetagte Menschen im Fokus: Simeon und Hanna. Sie beide sind zutiefst bewegt von der Begegnung mit dem Christuskind und preisen Gott voller Dankbarkeit und Klarheit über das geschehene von ihm bewirkte Wunder. Sie waren voller Erwartungen in ihrem Herzen und wurden reich belohnt.

 

Im Vers 28 – 32 heißt es: Simeon nahm das Kind in seine Arme und pries Gott mit den Worten: Nun lässt du, Herr, deinen Knecht, wie du gesagt hast, in Frieden scheiden. Denn meine Augen haben das Heil gesehen, das du vor allen Völkern bereitet hast, ein Licht, das die Heiden erleuchtet, und Herrlichkeit für dein Volk Israel. (Lk 2, 28-32)

 

Der alte Simeon ist nicht nur angerührt von einem niedlichen Baby, das er auf die Arme nimmt. Vielmehr werden seine Augen und sein Herz von Gott angerührt und erleuchtet! Und so sieht er in dem Kind sein Heil – er empfängt es und nimmt es an. Dieses durch Jesus ihm zuteil gewordene Heil schenkt ihm Frieden und er kann sich getrost in den Tod und auf den Weg zu Gott begeben. Wenn wir Jesus in unser Herz aufgenommen haben – ganz unabhängig vom Alter und der individuellen Lebenssituation –, können wir tiefen Frieden spüren, der jede Angst hinwegnimmt und uns Gott loben und preisen lässt. Und so heißt es im folgenden Sprichwort sehr passend:

 

Das Staunen an der Krippe kann drei Minuten dauern oder ein ganzes Leben.

 

Simeon und Hanna machen am Ende ihres Lebens eine Erfahrung, die das ganze Leben bestimmt. Sie haben es nicht nur erlebt, sondern in Erwartung auf das Wunder ihr ganzes Leben gestaltet. Diese Erfüllung in ihrer Reinform zu erfahren, ist Geschenk und Seelenheil zugleich. Selig sein wie Simeon durch das Staunen und die Begegnung mit Jesus Christus an der Krippe – das wünsche ich Ihnen und Euch allen von Herzen.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Lk 2, 22-40: Das Zeugnis des Simeon und der Hanna

22 Als sich für sie die Tage der vom Gesetz des Mose vorgeschriebenen Reinigung erfüllt hatten, brachten sie das Kind nach Jerusalem hinauf, um es dem Herrn darzustellen, 23 wie im Gesetz des Herrn geschrieben ist: Jede männliche Erstgeburt soll dem Herrn heilig genannt werden. 24 Auch wollten sie ihr Opfer darbringen, wie es das Gesetz des Herrn vorschreibt: ein Paar Turteltauben oder zwei junge Tauben. 25 Und siehe, in Jerusalem lebte ein Mann namens Simeon. Dieser Mann war gerecht und fromm und wartete auf den Trost Israels und der Heilige Geist ruhte auf ihm. 26 Vom Heiligen Geist war ihm offenbart worden, er werde den Tod nicht schauen, ehe er den Christus des Herrn gesehen habe. 27 Er wurde vom Geist in den Tempel geführt; und als die Eltern das Kind Jesus hereinbrachten, um mit ihm zu tun, was nach dem Gesetz üblich war, 28 nahm Simeon das Kind in seine Arme und pries Gott mit den Worten: 29 Nun lässt du, Herr, deinen Knecht, / wie du gesagt hast, in Frieden scheiden. 30 Denn meine Augen haben das Heil gesehen, / 31 das du vor allen Völkern bereitet hast, 32 ein Licht, das die Heiden erleuchtet, / und Herrlichkeit für dein Volk Israel. 33 Sein Vater und seine Mutter staunten über die Worte, die über Jesus gesagt wurden. 34 Und Simeon segnete sie und sagte zu Maria, der Mutter Jesu: Siehe, dieser ist dazu bestimmt, dass in Israel viele zu Fall kommen und aufgerichtet werden, und er wird ein Zeichen sein, dem widersprochen wird, 35 und deine Seele wird ein Schwert durchdringen. So sollen die Gedanken vieler Herzen offenbar werden. 36 Damals lebte auch Hanna, eine Prophetin, eine Tochter Penuëls, aus dem Stamm Ascher. Sie war schon hochbetagt. Als junges Mädchen hatte sie geheiratet und sieben Jahre mit ihrem Mann gelebt; 37 nun war sie eine Witwe von vierundachtzig Jahren. Sie hielt sich ständig im Tempel auf und diente Gott Tag und Nacht mit Fasten und Beten. 38 Zu derselben Stunde trat sie hinzu, pries Gott und sprach über das Kind zu allen, die auf die Erlösung Jerusalems warteten. 39 Als seine Eltern alles getan hatten, was das Gesetz des Herrn vorschreibt, kehrten sie nach Galiläa in ihre Stadt Nazaret zurück. 40 Das Kind wuchs heran und wurde stark, erfüllt mit Weisheit, und Gottes Gnade ruhte auf ihm.

Vom Schnee

 

Erinnern Sie sich noch an den ersten Schneefall in einem Spätherbst oder Winter Ihrer Kindheit?

Es war wie der Einbruch einer anderen Realität.

Etwas Scheues, Seltenes, das uns besuchen kommt, das sich herabsenkt und die Welt um uns herum verwandelt, ohne unser Zutun, als unerwartetes Geschenk.

Der Schnee ist geradezu die Reinform einer Manifestation des Unverfügbaren:

Wir können ihn nicht herstellen, nicht erzwingen, nicht einmal sicher vorherplanen, jedenfalls nicht über einen längeren Zeitraum hinweg. Und mehr noch:

Wir können des Schnees nicht habhaft werden, ihn uns nicht aneignen:

Wenn wir ihn in die Hand nehmen, zerrinnt er uns zwischen den Fingern,

wenn wir ihn ins Haus holen, fließt er davon,

und wenn wir ihn in die Tiefkühltruhe packen, hört er auf, Schnee zu sein.

Vielleicht sehnen sich deshalb so viele Menschen – nicht nur die Kinder – nach ihm, vor allem vor Weihnachten.

Viele Wochen im Voraus werden die Meteorologen bestürmt und bekniet:

Wird es dieses Jahr weiß? Wie stehen die Chancen?

Und natürlich fehlt es nicht an Versuchen, Schnee verfügbar zu machen.

In unserem Verhältnis zum Schnee spiegelt sich das Drama des modernen Weltverhältnisses wie in einer Kristallkugel:

Das kulturelle Antriebsmoment jener Lebensform, die wir modern nennen,

ist die Vorstellung, der Wunsch und das Begehren, Welt verfügbar zu machen.

Lebendigkeit, Berührung und wirkliche Erfahrung aber entstehen aus

der Begegnung mit dem Unverfügbaren.

 

Hartmut Rosa

 

Evangelium:  

 

Lk 1, 26-38: Die Ankündigung der Geburt Jesu

 

26 Im sechsten Monat wurde der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt in Galiläa namens Nazaret 27 zu einer Jungfrau gesandt. Sie war mit einem Mann namens Josef verlobt, der aus dem Haus David stammte. Der Name der Jungfrau war Maria. 28 Der Engel trat bei ihr ein und sagte: Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir. 29 Sie erschrak über die Anrede und überlegte, was dieser Gruß zu bedeuten habe. 30 Da sagte der Engel zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast Gnade bei Gott gefunden. 31 Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn wirst du gebären; dem sollst du den Namen Jesus geben. 32 Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben. 33 Er wird über das Haus Jakob in Ewigkeit herrschen und seine Herrschaft wird kein Ende haben. 34 Maria sagte zu dem Engel: Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne? 35 Der Engel antwortete ihr: Heiliger Geist wird über dich kommen und Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Deshalb wird auch das Kind heilig und Sohn Gottes genannt werden. 36 Siehe, auch Elisabet, deine Verwandte, hat noch in ihrem Alter einen Sohn empfangen; obwohl sie als unfruchtbar gilt, ist sie schon im sechsten Monat. 37 Denn für Gott ist nichts unmöglich. 38 Da sagte Maria: Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast. Danach verließ sie der Engel.

Wer bist du?

 

Wer bin ich? Diese Frage nach der eigenen Identität stellen sich viele Menschen im Leben und manchmal entsteht daraus sogar eine Sinnkrise. In der Pubertät begeben wir uns notgedrungen auf den Weg der Identitätsbildung und fangen an, das Leben langfristiger und sozusagen im großen Ganzen zu sehen. Was will ich erreichen? Wo will ich hin? Was bietet mir das Leben und was will ich daraus machen? Wer bist Du?

 

Denn natürlich sind wir nicht allein auf dieser Welt! Wir stehen in Beziehung zu vielen anderen Menschen in unserem Umfeld und auch diese haben Einfluss auf uns – sie bereichern uns, fordern uns heraus oder haben sogar eine starke Anziehungskraft.

 

Johannes der Täufer war damals sicherlich so eine Person für die Menschen. Viele fragten ihn, wer er war. Und er antwortete: „Ich bin nicht der Christus.“ (Joh 1, 20b)

Weiter verneint er es, Elija oder der Prophet zu sein. Bei erneuter Nachfrage sagt er:

„Ich bin die Stimme eines Rufers in der Wüste: Ebnet den Weg für den Herrn!“ (Joh 1, 23)

 

Um uns selbst, die Frage zu beantworten, wer wir sind, können wir viel von Johannes dem Täufer lernen. Denn er sagte: „Ich bin nicht Christus!“ Genauso wenig wie wir es sind – wir sind nicht Gott. Mich erleichtert diese Erkenntnis sehr, denn ich bin es nicht, die alles energisch planen muss, sondern darf ihm vertrauen und Kontrolle abgeben.

Wir sind einfach Menschen und Gott nimmt sich unser an. Und so können wir uns selbst auf die Frage, wer wir sind, antworten: „Ich bin ein Mensch.“ Das ist nicht zu allgemein oder unspezifisch – schon gar nicht ausweichend, sondern eine ziemlich große Sache. Gerade und nicht nur, weil Gott selbst in Jesus Mensch geworden ist.

 

„Wer bist du?“

 

Du bist Gottes Sehnsucht – ein Mensch, den er genauso schaffen wollte, wie du bist. Nicht jemand, der etwas Besonderes leisten muss. Wir sind Sünder, aber gleichzeitig auch Engel, die Jesus Christus den Weg bereiten können – gerade jetzt im Advent. Lasst uns einfach Menschen sein, Jesus in unser Leben und vor allem in unser Herz einlassen und ihn freudig an Weihnachten zu seinem Geburtstag bei uns aufnehmen.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  Joh 1, 6-8. 19-28

 

6 Ein Mensch trat auf, von Gott gesandt; sein Name war Johannes. 7 Er kam als Zeuge, um Zeugnis abzulegen für das Licht, damit alle durch ihn zum Glauben kommen. 8 Er war nicht selbst das Licht, er sollte nur Zeugnis ablegen für das Licht.

 

19 Und dies ist das Zeugnis des Johannes, als die Juden von Jerusalem aus Priester und Leviten zu ihm sandten mit der Frage: Wer bist du? 20 Er bekannte und leugnete nicht; er bekannte: Ich bin nicht der Christus. 21 Sie fragten ihn: Was dann? Bist du Elija? Und er sagte: Ich bin es nicht. Bist du der Prophet? Er antwortete: Nein. 22 Da sagten sie zu ihm: Wer bist du? Wir müssen denen, die uns gesandt haben, Antwort geben. Was sagst du über dich selbst? 23 Er sagte: Ich bin die Stimme eines Rufers in der Wüste: Ebnet den Weg für den Herrn! , wie der Prophet Jesaja gesagt hat. 24 Die Abgesandten gehörten zu den Pharisäern. 25 Sie fragten Johannes und sagten zu ihm: Warum taufst du dann, wenn du nicht der Christus bist, nicht Elija und nicht der Prophet? 26 Johannes antwortete ihnen: Ich taufe mit Wasser. Mitten unter euch steht einer, den ihr nicht kennt, 27 der nach mir kommt; ich bin nicht würdig, ihm die Riemen der Sandalen zu lösen. 28 Dies geschah in Betanien, jenseits des Jordan, wo Johannes taufte.

Johannes lehrt uns hoffen

 

Johannes ist wirklich Vorläufer. Er geht voraus, ohne das genau und sicher zu kennen, dem er dient. (Karl Rahner: Advent – Von der tiefen Sehnsucht unseres Lebens. S. 43)

Karl Rahner beschreibt mit diesen wenigen Worten das Wagnis des Johannes – er tritt als Vorläufer für Jesus ein, ohne wirklich zu wissen, was da kommen mag. Er wird es auch nicht mehr erleben und das Heil wird ihm im irdischen Leben nicht mehr zuteil.

 

Er fungiert nicht nur als Vorläufer, sondern auch als Vorbild für die nachfolgenden ChristInnen – er ist Vorbild der Hoffnung und der hoffenden Lebenshaltung ganz konkret. Er traut sich, dem entgegenzugehen, was er gar nicht kennen kann. Er überlässt sich dem geheimen Sinn und folgt seiner Berufung im Vertrauen auf Gott.

 

Um es nochmals mit den Worten Karl Rahners auszudrücken:

 

Johannes der Täufer verkörpert

 

… die Hoffnung, dass das Unsägliche zu uns auch in die Engen und Kerker kommt, aus denen wir selbst nicht mehr auszubrechen vermögen; die Zuversicht, dass alle Endlichkeiten, selbst der Tod, inwendig noch vom unendlichen Gott der Liebe und des Lichtes erfüllt sein können, wenn sie nur hoffend angenommen werden, [und] dass nur der Loslassende ergreift und jeder Untergang der Aufgang des Lebens sein kann; die aus allen Gräbern der Enttäuschungen immer wieder aufsteigende Gewissheit, dass auch das Rufen in der Wüste von einem gehört wird und alles Säen unter Tränen eine Ernte der Freude erbringt, auch wenn sie nur in die Scheuern des ewigen Lebens eingefahren wird; die Willigkeit, zu weiterer Reise aufzubrechen, wo man gehofft hatte, schon endgültig daheim angekommen zu sein.

(Karl Rahner: Advent – Von der tiefen Sehnsucht unseres Lebens. S. 48/49)

 

Es ermutigt mich so sehr, dass auch das Rufen in der Wüste von einem gehört wird. So wie es Johannes tat, dürfen wir hoffend durch unser Leben reisen und der Sehnsucht nach dem Licht folgen, welches uns Ankommen in und bei Gott verheißt.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mk 1, 1-8: Das Auftreten des Täufers

1 Anfang des Evangeliums von Jesus Christus, Gottes Sohn.

2 Wie geschrieben steht beim Propheten Jesaja – Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her, der deinen Weg bahnen wird.

3 Stimme eines Rufers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn! Macht gerade seine Straßen! -,

4 so trat Johannes der Täufer in der Wüste auf und verkündete eine Taufe der Umkehr zur Vergebung der Sünden.

5 Ganz Judäa und alle Einwohner Jerusalems zogen zu ihm hinaus; sie bekannten ihre Sünden und ließen sich im Jordan von ihm taufen.

6 Johannes trug ein Gewand aus Kamelhaaren und einen ledernen Gürtel um seine Hüften und er lebte von Heuschrecken und wildem Honig.

7 Er verkündete: Nach mir kommt einer, der ist stärker als ich; ich bin es nicht wert, mich zu bücken und ihm die Riemen der Sandalen zu lösen.

8 Ich habe euch mit Wasser getauft, er aber wird euch mit dem Heiligen Geist taufen.

 

Wachsam und stets bereit!

 

Das ist ein Lifeguard: wachsam und stets bereit! Wie es auf dem Bild zu sehen ist, blickt die Person als Rettungsschwimmerin sehr aufmerksam umher und ist sozusagen jederzeit zum Absprung bereit, um jemanden aus dem Wasser an Land zu retten.

Allerdings ist ein Lifeguard im wörtlichen Sinne doch vielmehr ein Bewacher des Lebens. Es klingt vielleicht kleinkariert, aber zur Bewachung des Lebens gehört neben dem sofortigen Handeln in einer Notsituation auch das stetige Beobachten des nicht gefährdeten Lebens – das Hüten des Lebens bzw. der Menschen.

 

Im unten zu lesenden Evangelium fordert Jesus uns ebenso dazu auf, wachsam zu sein, und Hüter der Ankunft des Menschensohnes zu sein – sozusagen ein Christguard. Zu jeder Zeit mögen wir Jesus erwarten und ihn in unserem Leben erhoffen. Dabei gelingt dies womöglich durch geringere Anstrengung als im Dienst eines Lifeguards. Unser Herz zu öffnen und Gott in unserem Alltag zu vermuten und seine Anwesenheit zuzulassen, ist schon die halbe Miete. Wir brauchen uns nicht krampfhaft davor zu fürchten, einen bestimmten Zeitpunkt abzupassen, denn Gott zeigt sich häufig sehr unerwartet und auch unverhofft.

Vielleicht steckt in dem letzten Wort die wegweisende Perspektive: Hoffnung!

 

Hoffen auf das, was kommt – ohne genau zu wissen, wie dieses etwas aussieht. Auf das Gute hoffen und darin Gott erkennen. So schreibt es Madeleine Delbrêl überzeugt.

Dieser Gedanke unterscheidet uns als Christguard von einem Lifeguard. Denn irgendwo ist diese/r mit Fokus auf Not und Hilflosigkeit tätig, um Menschen zu retten.

Als Christguard hingegen blicken wir auf Jesus, unsere Hoffnung, und ersehnen bzw. erhoffen das Gute – egal wie es aussehen mag, denn Gott kennt und behütet es.

 

Daher heißt es Ausschau halten – vielleicht gerade jetzt im Advent umso mehr – und stets bereit und wachsam zu sein, um Jesus in den gegebenen Situationen zu entdecken und in seinem Sinne zu handeln.

 

Und auch wenn es der letzte Halt ist – dieser Halt heißt Hoffnung!

 

Thale Schmitz

 

 

Evangelium:  Mk 13, 24-37

 

24 Aber in jenen Tagen, nach jener Drangsal, wird die Sonne verfinstert werden und der Mond wird nicht mehr scheinen; 25 die Sterne werden vom Himmel fallen und die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden. 26 Dann wird man den Menschensohn in Wolken kommen sehen, mit großer Kraft und Herrlichkeit. 27 Und er wird die Engel aussenden und die von ihm Auserwählten aus allen vier Windrichtungen zusammenführen, vom Ende der Erde bis zum Ende des Himmels.

28 Lernt etwas aus dem Vergleich mit dem Feigenbaum! Sobald seine Zweige saftig werden und Blätter treiben, erkennt ihr, dass der Sommer nahe ist. 29 So erkennt auch ihr, wenn ihr das geschehen seht, dass er nahe vor der Tür ist. 30 Amen, ich sage euch: Diese Generation wird nicht vergehen, bis das alles geschieht. 31 Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen. 32 Doch jenen Tag und jene Stunde kennt niemand, auch nicht die Engel im Himmel, nicht einmal der Sohn, sondern nur der Vater.

33 Gebt Acht und bleibt wach! Denn ihr wisst nicht, wann die Zeit da ist. 34 Es ist wie mit einem Mann, der sein Haus verließ, um auf Reisen zu gehen: Er übertrug die Vollmacht seinen Knechten, jedem eine bestimmte Aufgabe; dem Türhüter befahl er, wachsam zu sein. 35 Seid also wachsam! Denn ihr wisst nicht, wann der Hausherr kommt, ob am Abend oder um Mitternacht, ob beim Hahnenschrei oder erst am Morgen. 36 Er soll euch, wenn er plötzlich kommt, nicht schlafend antreffen. 37 Was ich aber euch sage, das sage ich allen: Seid wachsam!

Rettende Gerechtigkeit

Das Gleichnis vom Gericht des Menschensohnes über die Völker, welches uns diesen Sonntag zugemutet wird, klingt hart und ist vielleicht sogar angsteinflößend. Es scheint, dass die Menschengruppe zur Linken Jesu Fehler begangen hat, die unwiderruflich sind und sie in die Hölle verbannen. Ist das unser Gott, der den Menschen zugewandt ist und immer bereit zur Vergebung ist, wenn wir umkehren?

 

Das große Weltgericht, denn es heißt: alle Völker werden vor ihm versammelt werden (Mt 25,32), will Gerechtigkeit herstellen. Vielleicht hilft es, eine Umformulierung bzw. Ergänzung vorzunehmen: Rettende Gerechtigkeit. Natürlich werden wir zur Rede gestellt für unsere Taten und wir müssen selbst dafür die Verantwortung übernehmen.

Was Jesus sich wünscht, ist, dass wir Täter seines Wortes werden. In diesem Kontext und generell sehr selten wird das Wort Täter im positiven Sinne gebraucht. Tätige

Nächstenliebe und Hilfe ohne Hintergedanken (beispielsweise nur vor Gott oder anderen gut da stehen zu wollen) ist gefragt – um der anderen willen. Genau darin dürfen wir Christus begegnen. Das Gleichnis bekräftigt die Selbstverständlichkeit, sich von der Not Anderer anrühren zu lassen und ihnen mitmenschlich und aktiv zu helfen.

 

Etty Hillesum bestärkt diese Perspektive mit folgenden Worten, die sie in Zeiten größter Bedrängnis als Jüdin im Holocaust formulierte:

„Es sind beängstigende Zeiten, mein Gott. Aber eines wird mir immer klarer: dass du uns nicht helfen kannst, sondern dass wir dir helfen müssen, und dadurch helfen wir uns selbst. Und vielleicht können wir auch mithelfen, dich in den geplagten Herzen anderer zu Tage zu fördern.“ (Aus: Ich will die Chronistin dieser Zeit werden. (Hrsg.: Beck))

 

Diese Hoffnung zu leben, um die rettende Gerechtigkeit Gottes so vielen Menschen wie möglich greifbar und spürbar zu machen, ist das Ziel. Täter deines Wortes sein und „ein Nächster dem Geringsten“ (Huub Oosterhuis) – das mutet und traut uns Jesus Christus zu. Die auf dem Foto abgebildete Bank und der Satz auf der Rückenlehne (die tatsächlich und auch symbolisch den Rücken stärkt) enthält diese Zusage Gottes und seiner bedingungslosen Liebe. Doch genau so können wir durch die Welt gehen und unseren Mitmenschen diese Liebe zusprechen und Gott am Satzende ergänzen.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

 

Mt 25, 31-46: Das Gleichnis vom Gericht des Menschensohnes über die Völker

31 Wenn der Menschensohn in seiner Herrlichkeit kommt und alle Engel mit ihm, dann wird er sich auf den Thron seiner Herrlichkeit setzen. 32 Und alle Völker werden vor ihm versammelt werden und er wird sie voneinander scheiden, wie der Hirt die Schafe von den Böcken scheidet. 33 Er wird die Schafe zu seiner Rechten stellen, die Böcke aber zur Linken. 34 Dann wird der König denen zu seiner Rechten sagen: Kommt her, die ihr von meinem Vater gesegnet seid, empfangt das Reich als Erbe, das seit der Erschaffung der Welt für euch bestimmt ist! 35 Denn ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und ihr habt mich aufgenommen; 36 ich war nackt und ihr habt mir Kleidung gegeben; ich war krank und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis und ihr seid zu mir gekommen. 37 Dann werden ihm die Gerechten antworten und sagen: Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und dir zu essen gegeben oder durstig und dir zu trinken gegeben? 38 Und wann haben wir dich fremd gesehen und aufgenommen oder nackt und dir Kleidung gegeben? 39 Und wann haben wir dich krank oder im Gefängnis gesehen und sind zu dir gekommen? 40 Darauf wird der König ihnen antworten: Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan. 41 Dann wird er zu denen auf der Linken sagen: Geht weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das für den Teufel und seine Engel bestimmt ist! 42 Denn ich war hungrig und ihr habt mir nichts zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir nichts zu trinken gegeben; 43 ich war fremd und ihr habt mich nicht aufgenommen; ich war nackt und ihr habt mir keine Kleidung gegeben; ich war krank und im Gefängnis und ihr habt mich nicht besucht. 44 Dann werden auch sie antworten: Herr, wann haben wir dich hungrig oder durstig oder fremd oder nackt oder krank oder im Gefängnis gesehen und haben dir nicht geholfen? 45 Darauf wird er ihnen antworten: Amen, ich sage euch: Was ihr für einen dieser Geringsten nicht getan habt, das habt ihr auch mir nicht getan. 46 Und diese werden weggehen zur ewigen Strafe, die Gerechten aber zum ewigen Leben.

Der/Die Talentierteste gewinnt?!

 

Sicherlich hat sich jeder und jede von uns schon einmal gefragt: Warum ist es denn so ungerecht verteilt mit den Gaben und Talenten? Wieso kann diese oder jener denn bitte so viele Musikinstrumente spielen?! Zusätzlich ist er/sie noch super sportlich und Schule, Ausbildung oder ein Studium fallen auch nicht schwer…

 

Ich glaube, dass es nicht nur darauf ankommt, welche Talente und Begabungen wir besitzen bzw. auch erst einmal entdecken können, sondern auch wie wir sie einsetzen.

Es gibt Talente, die uns einfach Freude bereiten, sodass wir sie deshalb gerne ausüben – dabei denke ich an Sportarten und künstlerische oder kreative Tätigkeiten. Vielleicht gibt es aber auch Begabungen, die wir toll zeigen können, die uns aber selbst gar nicht gefallen. Diese wiederum können im Dienst für andere Menschen stehen und in einer Gemeinde und Gemeinschaft von großem Nutzen sein. Ein eventuell etwas einfaches Beispiel ist das Kochen. Gut kochen zu können und diese Tätigkeit für andere einzusetzen, ist ein großer Segen und tut vielen Menschen für ihr Wohl und auch ihre Gesundheit gut. Natürlich kann Kochen auch Spaß machen und Hobby sein, aber dennoch gibt es einige Menschen, die zwar gut jedoch ungern für die ganze Familie kochen (müssen).

 

So bleibt die Frage: Welche Talente, und vor allem wie, können wir diese einsetzen?

Ich denke, dass es einem gewissen Ideal entsprechen kann, wenn sich Talent, Freude und der Dienst am Nächsten und somit im Sinne Gottes in einem Bereich treffen.

Wenn es mir zum Beispiel leichtfällt, eine Veranstaltung zu organisieren, die dem Gemeinwohl dient oder einfach für viele Menschen hilfreich und wohltuend ist, und ich dabei sogar Spaß empfinde, kann ich besonders leidenschaftlich und sinnstiftend handeln. Denn Freude, mein Talent und der Dienst sind unter einen Hut gebracht – und alles ist von Gott umgeben.

 

Und so dürfen wir unser vermeintlich unbeschriebenes Blatt selbst füllen und auf neugierige Entdeckungsreise gehen, welche Talente in uns schlummern, was uns besonders Freude bereitet und wie wir diese Erkenntnisse in den Dienst Gottes stellen können.

 

Thale Schmitz

 

 

Evangelium:  

 

Mt 25, 14-15.19-21: Das Gleichnis von den anvertrauten Talenten Silbergeld

 

14 Es ist wie mit einem Mann, der auf Reisen ging. Er rief seine Diener und vertraute ihnen sein Vermögen an.

15 Dem einen gab er fünf Talente Silbergeld, einem anderen zwei, wieder einem anderen eines, jedem nach seinen Fähigkeiten. Dann reiste er ab.

19 Nach langer Zeit kehrte der Herr jener Diener zurück und hielt Abrechnung mit ihnen.

20 Da kam der, der die fünf Talente erhalten hatte, brachte fünf weitere und sagte: Herr, fünf Talente hast du mir gegeben; sieh her, ich habe noch fünf dazugewonnen.

21 Sein Herr sagte zu ihm: Sehr gut, du tüchtiger und treuer Diener. Über Weniges warst du treu, über Vieles werde ich dich setzen. Komm, nimm teil am Freudenfest deines Herrn!

Schicksal oder Zickenalarm?!

 

Das Gleichnis der 10 Jungfrauen irritiert mich immer wieder aufs Neue. Ich ärgere mich über die Einordnung in klug und töricht. Diese Kategorisierung und die Einteilung in zwei Gruppen anhand einer einzigen prägnanten Eigenschaft (klug bzw. töricht) widerspricht meinem Anspruch, jeden Menschen individuell wahrzunehmen und sowieso nicht zu be- geschweige denn zu verurteilen. Ist denn ein Urteil so nötig?

 

Inhaltich ist die Unterscheidung von klug und töricht fast gleichzusetzen mit den Ebenen Glück und Unglück. Es spiegelt die Gesellschaft vielleicht sogar in Bezug auf Ungerechtigkeiten oder Armut und Reichtum wider – hier sogar auch im übertragenden Sinne: arm bzw. reich an Intellekt. Ein weiteres gesellschaftliches Thema wird angestoßen, indem die klugen Jungfrauen den anderen nicht von ihrem Öl abgeben.

 

Bei der Suche nach einem passenden Bild bin ich auf die Darstellungen der 10 Jungfrauen im Magdeburger Dom gestoßen. Die Gesichtsausdrücke der Frauen sind auch innerhalb der zwei Gruppen so unterschiedlich, dass es sich genauer hinzuschauen lohnt. Es ist sehr deutlich, dass die klugen Jungfrauen eine positive und die törichten Jungfrauen eine negative Ausstrahlung haben. Dennoch sind sämtliche Emotionen zu erkennen: unter klugen Jungfrauen sehe ich Freude, Glückseligkeit und Zufriedenheit, aber auch Hochmut und Schadenfreude; die törichten Frauen zeigen aus meiner Sicht tiefe Traurigkeit, Verzweiflung, Niedergeschlagenheit, Resignation und Trotz. Vielleicht entdecken Sie ganz andere bzw. weitere Emotionen in den abgebildeten Gesichtern. Fakt ist, dass sie sehr unterschiedlich und nicht über einen Kamm zu scheren sind.

Es stimmt – die klugen Jungfrauen hatten sich gründlich vorbereitet und ihre Öllampen aufgefüllt, um die Ankunft ihres himmlischen Bräutigams jederzeit zu erwarten. Anders die törichten Frauen – sie hatten ihre Zeit vertan und die Lampen vergessen aufzufüllen. Als es soweit ist, finden sie den rechten Weg nicht, kommen zu spät und werden nicht eingelassen und erhalten auch keine zweite Chance. „ZU SPÄT?!“

Ich glaube, dass alle Emotionen ihre Berechtigung haben und wir in unserem Leben unwiderrufliche Fehler machen (können) und Jesus Christus uns genau dann begleitet.

 

Thale Schmitz

 

 

Evangelium:  

 

Mt 25, 1-13: Das Gleichnis von den klugen und den törichten Jungfrauen

1 Dann wird es mit dem Himmelreich sein wie mit zehn Jungfrauen, die ihre Lampen nahmen und dem Bräutigam entgegengingen. 2 Fünf von ihnen waren töricht und fünf waren klug. 3 Die törichten nahmen ihre Lampen mit, aber kein Öl, 4 die klugen aber nahmen mit ihren Lampen noch Öl in Krügen mit. 5 Als nun der Bräutigam lange nicht kam, wurden sie alle müde und schliefen ein. 6 Mitten in der Nacht aber erscholl der Ruf: Siehe, der Bräutigam! Geht ihm entgegen! 7 Da standen die Jungfrauen alle auf und machten ihre Lampen zurecht. 8 Die törichten aber sagten zu den klugen: Gebt uns von eurem Öl, sonst gehen unsere Lampen aus! 9 Die klugen erwiderten ihnen: Dann reicht es nicht für uns und für euch; geht lieber zu den Händlern und kauft es euch! 10 Während sie noch unterwegs waren, um es zu kaufen, kam der Bräutigam. Die Jungfrauen, die bereit waren, gingen mit ihm in den Hochzeitssaal und die Tür wurde zugeschlossen. 11 Später kamen auch die anderen Jungfrauen und riefen: Herr, Herr, mach uns auf! 12 Er aber antwortete ihnen und sprach: Amen, ich sage euch: Ich kenne euch nicht. 13 Seid also wachsam! Denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde.

„JA sagen“ heißt vertrauen

 

Gott,

 

Du hast über mein Leben ein Wort ausgerufen,
das Du nie wieder zurücknimmst:
das kleine Wort JA,
mit dem Du mich gut heißt, mich und jeden Menschen,
deine ganze Schöpfung.

 

Du willst nicht, dass dieses Wort verhallt, sondern in meinem Leben ein Echo findet. Du wartest auf mein JA zu mir selbst, zu jedem Menschen, zu deiner ganzen Schöpfung, zu Dir.

 

Dein JA fragt unablässig nach meinem JA. So muss das NEIN weichen, dieses Wider-Wort,
das Menschen friedlos macht und die Erde schändet.

 

Gott,
ich ahne das Wagnis …

 

Eines Tages lass mich erkennen:
… Ich habe [wie Du] JA gesagt.

Pater Marian Reke OSB

Prophetische Worte: Allein den Betern kann es noch gelingen…

 

Im Jahr 1936 schrieb der damals 33-jährige Reinhold Schneider das folgende Gedicht:

 

Allein den Betern kann es noch gelingen

Das Schwert ob unsern Häuptern aufzuhalten

Und diese Welt den richtenden Gewalten

Durch ein geheiligt Leben abzuringen.

 

Denn Täter werden nie den Himmel zwingen:

Was sie vereinen, wird sich wieder spalten,

Was sie erneuern, über Nacht veralten,

Und was sie stiften, Not und Unheil bringen.

 

Jetzt ist die Zeit, da sich das Heil verbirgt,

Und Menschenhochmut auf dem Markte feiert,

Indes im Dom die Beter sich verhüllen,

 

Bis Gott aus unsern Opfern Segen wirkt

Und in den Tiefen, die kein Aug‘ entschleiert,

Die trockenen Brunnen sich mit Leben füllen.

 

Bis heute berühren seine Zeilen, weil sie für mein Empfinden bis heute vermitteln, wie tief empfunden Reinhold Schneider hier seine bzw. die Wahrheit beschreibt. Er, der gegen den Faschismus und seinen Größenwahn angeschrieben hat und 1945 wohl auch ein Opfer des Nationalsozialismus geworden wäre.  Reinhold Schneider sollte wegen Hochverrats der Prozess gemacht werden, wenn nicht das Kriegsende ihn vor einem ähnlichen Schicksal wie Dietrich Bonhoeffer bewahrt hätte.

 

In seinem neuesten Buch veröffentliche der Theologe Fulbert Steffensky dazu vor wenigen Monaten folgende zu Reinhold Schneiders Gedicht passende Gedanken:

 

Jeder Stiefel, der mit Gedröhn dahergeht (Jesaja 9,4)

 

Schön wäre es, sagen wir, wenn das Gedröhn der Militärstiefel nicht mehr zu hören wäre. Schön wäre es, wenn nirgends mehr blutige Uniformen zu sehen wären. Aber, so sagen wir, die Welt ist nicht so. Solange das Böse existiert, muss man ihm entgegentreten; man muss die Menschen vor ihm schützen, notfalls mit Gewalt.

Vielleicht ist sogar richtig, was wir sagen. Vielleicht muss es Gewalt gegen die Gewalt geben, damit die Bosheit am Schlimmsten gehindert wird. Das mag wahr sein. Aber es ist eine pessimistische Wahrheit. Gewalt mag gelegentlich notwendig sein, aber sie ändert nichts am Lauf der Dinge. Unendlich ist der Kreislauf: Gewalt erzeugt Gewalt erzeugt Gewalt erzeugt Gewalt…

Es könnte sein, dass der Gedanke der Gewalt als Hilfsmittel uns in Fleisch und Blut übergegangen ist. Wir denken ihn für die Sicherheit unserer Städte, unserer Länder. Schnell denken wir ihn für die Schule und die Erziehung.

Der alte Text, der für das Verbrennen der Soldatenmäntel plädiert, unterbricht diese zwanghafte und pessimistische Gedankenkette. Er lehrt uns zu denken, es könnte einen Zustand geben, in dem die Gewalt nicht mehr als schnelles Mittel gewünscht wird. Er nimmt der Gedanken der Gewalt seine dümmliche Selbstverständlichkeit. Was, wenn wir keine alten Texte mehr kennen? Dann haben wir unsere Lehrer verloren, und wir sind uns selber ausgeliefert.

(Quelle: ‚Schutt und Asche – Streifzüge durch Bibel und Gesangbuch‘, HG: Fulbert Steffensky, Radius-Verlag, S. 113)

 

Allein den Betern kann es noch gelingen… In diesem Sinne: Herzliche Einladung zum etwa zehnminütigen Friedensgebet dienstags bis samstags um ‚fünf vor zwölf‘ im Klostergarten am Propsteihof!

 

Stefan Tausch, Pastor

Friede sei mit euch! (vgl. Joh 20,19.21.26)
Seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine laden wir dienstags bis samstags um ‚fünf vor zwölf‘ zu einem etwa zehnminütigen Friedensgebet in den Klostergarten am Propsteihof ein und sprechen gemeinsam das folgende Gebet:

 

Lasst uns gemeinsam um Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung beten! Ewiger Gott, durch dein machtvolles Wort hast du die Schöpfung ins Sein gerufen und sie uns Menschen anvertraut, damit wir sie gestalten und bewahren.

Wir bitten dich: Schau voll Erbarmen auf unsere Welt; auf die vielen Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen mussten; auf alle Opfer von Terror und Gewalt, von Machtstreben und Hochmut, von Umweltausbeutung und Naturkatastrophen; schau auf unsere Sehnsucht nach Heil und Frieden.

Wir denken besonders an die Menschen und Verantwortlichen in jenen Ländern, deren Entwicklung und Handeln uns mit Sorgen erfüllen und die vor besonderen Herausforderungen stehen: (Ländernamen werden genannt)

Lass uns nicht allein, wenn wir die Konsequenzen menschlichen Tuns nicht tragen können. Sprich dein Wort der Vergebung dort, wo wir selbst schuldig werden.

Mach uns zu einem Werkzeug deines Friedens und befähige uns, in unserem Alltag konkrete Schritte der Solidarität im Beten und Handeln zu tun. Darum bitten wir durch Christus, unseren Erlöser und Herrn. AMEN.

Passend dazu schreibt der Theologe Fulbert Steffensky:
Wir liegen vor dir mit unserem Gebet (Daniel 9,18)

 

Das Gebet ist die dichteste Stelle, an der wir aufhören, etwas für uns selbst vorzubringen – eine Rechtfertigung, eine Entschuldigung, ein Argument, eine vorweisbare Stärke. Es ist der höchste Ort der Passivität, der Ort der Wehrlosigkeit, an dem wir uns selber verlassen und uns unter das Gericht der Güte Gottes stellen.

Im Gebet haben wir keine Argumente mehr, kein Rühmen, nicht einmal ein Verdammungsurteil über uns selbst. Das Gebet ist die eigentliche Form der Selbstentsagung. Man führt sich vor dem Blick Gottes nicht mehr an und auf. Das ist in gar keiner Weise als moralische Haltung zu verstehen, eher ist es die absolute Haltungslosigkeit, die Aufgabe eines jeden Selbststandes; eine Aufgabe, die unsere Freiheit fördert.

Alle Gebete sollen etwas von jenem Schweigen durchscheinen lassen, das das Wesen jener Wehrlosigkeit und Passivität ist. Wachsen im Gebet heißt auch Wachsen ins Schweigen, bis wir vielleicht nur noch drei, vier Worte finden; vielleicht nur noch ein Bild. Vielleicht brauchen wir irgendwann einmal keine Worte und keine Bilder mehr. Sich ergeben ist die Grundgeste des Gebetes.

(Quelle: ‚Schutt und Asche – Streifzüge durch Bibel und Gesangbuch‘, HG: Fulbert Steffensky, Radius-Verlag, S. 166)

In diesem Sinne: Lasset uns beten: Herr, gib uns deinen Frieden!

 

Stefan Tausch, Pastor

Eine synodale Kirche schafft Schauplätze für die Armen.

 

In den vergangenen Tagen wurden in den Arbeitskreisen und den Vollversammlungen immer wieder Themen wie Ökumene und die weltweite Armut thematisiert. Sie sind Schauplätze einer synodalen Kirche. Schauplätze sind Orte der Aktion. Dort, wo etwas geschieht, da finden sich Schauplätze – da kann man Menschen sehen. Wo Stillstand herrscht, sieht man nichts und niemanden.

 

Die Armen dieser Welt sind die Menschen in Bewegung. Sie merken, dass nichts mehr so ist wie es war und nichts mehr so bleiben kann wie es ist. Die Armen dieser Welt setzen sich in Bewegung, besteigen Boote. Sie machen sich auf, ohne zu wissen, ob sie ankommen oder untergehen werden. Sie sind getrieben von der Hoffnung auf das Ende der Armut. Kein Armer will arm bleiben!

 

Wir reichen wollen ungern zu Schauplätzen der Armut werden. Wir haben Angst davor, dann zu viel obszöne Ungleichheit zu sehen.

 

Deswegen wollen wir uns abschotten vor der Armut und vor den Armen. Wir bauen Wälle und Zäune. Wir verschließen mit unseren Grenzen unsere Augen vor den Armen. Dabei ist ihr Leben meist Ergebnis unseres Lebens. Ihr Mangel ist Ergebnis unseres Konsums. Ihre Heimatlosigkeit ist Folge unserer klimagefährdeten Lebensweise. Ihre Abhängigkeit ist Konsequenz unserer Selbstbezogenheit.

 

Eine synodale Kirche weiß darum, dass die Armen keine Objekte unserer Barmherzigkeit sein wollen, sondern dass sie in ihr die Stimme der Gerechtigkeit sind. Die Armen sind der Weckruf des Gewissens, in dem wir die fragende Stimme Gottes hören: Ich war arm – und was habt Ihr getan?

 

Eine synodale Kirche hat die Aufgabe, aus der Erkenntnis der eigenen Bedürftigkeit einen Beitrag zu leisten, dass die Armen dieser Welt eine Chance haben, da sein zu dürfen und ihr Leben wieder in die eigenen Hände zu nehmen und nicht weiter abhängig vom Weh und Willen anderer zu sein.

 

Gerechtigkeit schaffen beginnt bei uns. Nicht nur Koexistenz, nicht nur nebeneinander leben, sondern Proexistenz, füreinander leben, ist die Aufgabe einer synodalen Kirche. Der Kampf gegen die Armut beginnt beim Zuhören auf die Wünsche und Sehnsüchte, im Wahrnehmen der Hoffnungen der Armen. Erst dann können wir sie ermächtigen, ihr Leben selbstbestimmt in die eigenen Hände zu nehmen und gleichberechtigte Kinder Gottes und Bürger dieser Welt zu werden.

 

Prof. Dr. Thomas Schwartz,

Hauptgeschäftsführer des Osteuropa-Hilfswerks Renovabis und Teilnehmer der Weltbischofs-synode zur Synodalität in Rom

 

(Quelle: https://www.katholisch.de/artikel/47576-mut-zur-ehrlichkeit-synodalitaet-ist-keine-einstimmigkeit )

Bewahre uns vor der Macht des Geldes!

 

Das Gleichnis von den Winzern löst viele Irritationen aus. Wie können die Winzer befreit von jeglichem Skrupel und nur ihre Vorteile sehend zu solcher Gewalt und Aggressivität fähig sein? Es lässt die Lesenden erschaudern und vielleicht sogar an weitere schlimme Verbrechen in der Welt heute denken. Die Winzer lassen sich auch nicht davon abhalten, den eigenen Sohn des Gutsbesitzers umzubringen – sie machen keinen Unterschied. Zu groß ist die Profitgier und die Habsucht wird immer größer. Vielleicht ist auch die Hemmschwelle gesunken bzw. sinkt immer weiter, indem die Winzer fortlaufend solche Gewalttaten vollbringen.

Beim zweiten Lesen des Evangeliums ging es mir so, dass ich den Gutsbesitzer und sein Handeln plötzlich im Fokus hatte. Wie kann er nur so viele seiner Mitarbeiter und später sogar seinen Sohn den Winzern ausliefern?! Wie ein Lamm unter die Wölfe schickt er sie und vor allem seinen Sohn, den er alleine zu ihnen sendet, nachdem die Winzer so viele seiner Knechte umgebracht hatten. Sicherlich war er überzeugt – wie es auch geschrieben steht, dass sie es nicht wagen würden, auch ihm etwas anzutun. Dennoch ist es doch ein enormes Risiko, diesen unberechenbaren Männern den eigenen Sohn auszuliefern – nur um an sein Geld für die Pacht zu kommen?!?

 

Das Verhalten der Winzer ist sicherlich nicht schön zu reden und sie handeln definitiv in großem Unrecht. Sie wollen sich nicht nur selbst bereichern, indem sie Abgaben ausstehen lassen, sondern entreißen dem Sohn symbolisch den Ring und ernennen bzw. erhöhen sich selbst zum Gutsherrn. Die Gewalt und Grausamkeit hatten ihnen Macht beschert, die ihnen die Menschlichkeit und Empathie für andere weichen lässt.

 

Doch die Parallelen zum Leben und Leiden Jesu (hier der Sohn) sind deutlich erkennbar. Er wurde – unter Gottes Augen – wie ein Lamm unter die Wölfe geschickt und es musste so geschehen. Viele Fragen blieben und bleiben auch für uns offen.

 

Kürzlich habe ich das Musical Hiob (adonia.de) erleben dürfen. Vielleicht ist es die große Gottesfurcht und das unendliche Vertrauen, dass uns vor schwarzem Geld und der Brutalität der gefallenen Welt nicht ganzheitlich bewahren kann, jedoch bietet Gott uns trotz allem Leid in der Welt und im Leben eine hoffnungsvolle Zukunftsperspektive.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 21, 33-44: Das Gleichnis von den Winzern

33 Hört noch ein anderes Gleichnis: Es war ein Gutsbesitzer, der legte einen Weinberg an, zog ringsherum einen Zaun, hob eine Kelter aus und baute einen Turm. Dann verpachtete er den Weinberg an Winzer und reiste in ein anderes Land. 34 Als nun die Erntezeit kam, schickte er seine Knechte zu den Winzern, um seine Früchte holen zu lassen. 35 Die Winzer aber packten seine Knechte; den einen prügelten sie, den andern brachten sie um, wieder einen anderen steinigten sie. 36 Darauf schickte er andere Knechte, mehr als das erste Mal; mit ihnen machten sie es genauso. 37 Zuletzt sandte er seinen Sohn zu ihnen; denn er dachte: Vor meinem Sohn werden sie Achtung haben. 38 Als die Winzer den Sohn sahen, sagten sie zueinander: Das ist der Erbe. Auf, wir wollen ihn umbringen, damit wir sein Erbe in Besitz nehmen. 39 Und sie packten ihn, warfen ihn aus dem Weinberg hinaus und brachten ihn um. 40 Wenn nun der Herr des Weinbergs kommt: Was wird er mit jenen Winzern tun? 41 Sie sagten zu ihm: Er wird diese bösen Menschen vernichten und den Weinberg an andere Winzer verpachten, die ihm die Früchte abliefern, wenn es Zeit dafür ist. 42 Und Jesus sagte zu ihnen: Habt ihr nie in der Schrift gelesen: Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, / er ist zum Eckstein geworden; / vom Herrn ist das geschehen / und es ist wunderbar in unseren Augen? 43 Darum sage ich euch: Das Reich Gottes wird euch weggenommen und einem Volk gegeben werden, das die Früchte des Reiches Gottes bringt. 44 Und wer auf diesen Stein fällt, wird zerschellen; auf wen der Stein aber fällt, den wird er zermalmen.

Voraussicht ist besser als Nachsicht?!

 

Der Blick zurück hat womöglich in jedem Leben schon Unheilvolles verhindern können. Damit meine ich absolut nicht, dass wir gedanklich in der Vergangenheit verharren sollten, anstatt im Hier und Jetzt zu leben. Jedoch können wir gewisse Entscheidungen oder ein situationsspezifisches Verhalten hinterfragen und vielleicht revidieren. Ich kann mich dazu entschließen, eine Bitte zu erfüllen, die ich ausgeschlagen hatte oder einer Veranstaltung beiwohnen, der ich eigentlich fernbleiben wollte.

Augenscheinlich scheint es der klügste Weg zu sein, jegliche Entscheidungen und Verhaltensweisen gut zu überdenken und so vorauszuplanen, dass es einfach in der Regel die richtigen sind. Die Voraussicht gibt Sicherheit und vermeidet Revidierungen.

 

Doch wie sollen wir als Menschen leben, wenn wir nicht spontan und auch mal im Affekt reagieren können? Stetige Vorausplanungen behindern das Leben im Hier und Jetzt genauso, denn wir denken dabei allzeit an die Zukunft und leben gedanklich schon dort. Daher würde ich persönlich dafür plädieren, das Risiko möglicher Fehlentscheidungen zu wagen und sich selbst gnädig zu sein, indem wir nachsichtig sind und ein Verhalten korrigieren bzw. verändern.

 

Ich denke dabei auch an spezifische Situationen in meiner Kindheit und Jugend. Ein Konflikt zwischen meiner Mutter und mir führte hin und wieder zu einem großen Streit, der auch sehr laut werden konnte. Verbissen wollte ich häufig auf meine eigene Meinung bestehen und blockte alle Gedanken und Sichtweisen meiner Mutter, die sicherlich auch sehr wohlwollend gemeint waren, ab. Unversöhnt gingen wir auseinander und erst als sich die Wut und Emotionen im Allgemeinen reguliert hatten, konnte ich wieder klare Gedanken fassen und das Geschehene inhaltlich reflektieren.

Natürlich gab es auch Meinungsunstimmigkeiten, die zwischen uns blieben und bleiben, doch es war auch häufig der Fall, dass ich im Nachhinein Einsicht hatte und diese auch zeigen konnte. Ich entschuldigte mich bei meiner Mutter und war froh darüber, dass der Konflikt unsere Beziehung sogar stärken konnte.

 

Vielleicht sollten wir Voraussicht und Nachsicht gar nicht gegeneinander aufwägen.

Und beim Autofahren sollten wir sowieso beides tun!

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 21, 28-32:

 

Das Gleichnis vom willigen und vom unwilligen Sohn

28 Was meint ihr? Ein Mann hatte zwei Söhne. Er ging zum ersten und sagte: Mein Kind, geh und arbeite heute im Weinberg!

29 Er antwortete: Ich will nicht. Später aber reute es ihn und er ging hinaus.

30 Da wandte er sich an den zweiten und sagte zu ihm dasselbe. Dieser antwortete: Ja, Herr – und ging nicht hin.

31 Wer von den beiden hat den Willen seines Vaters erfüllt? Sie antworteten: Der erste. Da sagte Jesus zu ihnen: Amen, ich sage euch: Die Zöllner und die Dirnen gelangen eher in das Reich Gottes als ihr.

32 Denn Johannes ist zu euch gekommen auf dem Weg der Gerechtigkeit und ihr habt ihm nicht geglaubt; aber die Zöllner und die Dirnen haben ihm geglaubt. Ihr habt es gesehen und doch habt ihr nicht bereut und ihm nicht geglaubt.

Und doch sind wir zufrieden!

 

Kürzlich kam das Thema Gehalt bei einem Familien- und Freundestreffen zur Sprache. Wir waren eine sehr interessante Runde: ein Malermeister, eine Sonderpädagogin, ein Berufsfeuerwehrmann, eine Biotechnologin, ein Kommissar im Bundeskriminalamt, eine Versicherungsangestellte, ein Ingenieur, Studierende und eben ich als Theologin.

Ich war teilweise sehr verblüfft über die Unterschiede und es irritierte mich, dass gewisse Berufe, die ich sogar als gut vergütet eingestuft hätte, sehr viel geringeres Gehalt einbringen. Die Wichtigkeit und Wertschätzung der spezifischen Tätigkeit spielen leider nicht die entscheidende Rolle. Ich brachte dies zum Ausdruck und hatte gleich ein schlechtes Gewissen, denn ich wollte natürlich nicht für Frust sorgen, geschweige denn das Vergleichen untereinander ankurbeln bzw. initiieren. Zu meiner Überraschung waren die Anderen völlig unbeeindruckt und bestätigten mir, dass dies im Angesicht der Abschlüsse (Ausbildung/Diplom/Bachelor/Master) sehr transparent sei und sich alle bei den angestrebten Berufszielen der Gehaltslage bewusst waren. Besonders schön fand ich es, dass diese Situation auch gar keinen Frust erzeugte, sondern Zufriedenheit zum Ausdruck kam, gerade weil Geld doch nicht alles sei.

Mir wurde schlagartig bewusst, dass es erst der Vergleich untereinander ist, der ggfls. Frust und Unzufriedenheit auslöst. Wie die Arbeiter im Weinberg, die alle ihren Tagessatz erhalten, um ihre Familien zu ernähren und dankbar sind, für den Tag Arbeit gefunden zu haben. Die Unzufriedenheit entsteht erst bei der Auszahlung und dem Stundenvergleich mit den anderen Arbeitern. Doch was ist das eigentlich für ein Vergleichswert zwischen ihnen und auch zwischen uns heute?! Wir haben Arbeit und können uns davon ernähren – doch wie sieht es mit Menschen in Entwicklungsländern und Hungersnöten aus? Egal wie vermeintlich wenig wir verdienen mögen – niemand muss hungern! Welch ein Geschenk und Grund zur Dankbarkeit!

Aber auch sowieso sollte der Maßstab nicht an anderen Menschen gemessen werden. Gott sollte der Maßstab sein – Er ernährt uns und wir müssen uns darum nicht sorgen.

 

Das größte Glück besteht wohl darin,

in Jesus Christus etwas zu finden,

was einem noch wichtiger wird

als das eigene Glück.                                                          Hans-Joachim Eckstein

 

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 20, 1-16: Das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg

 

1 Denn mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Gutsbesitzer, der früh am Morgen hinausging, um Arbeiter für seinen Weinberg anzuwerben. 2 Er einigte sich mit den Arbeitern auf einen Denar für den Tag und schickte sie in seinen Weinberg. 3 Um die dritte Stunde ging er wieder hinaus und sah andere auf dem Markt stehen, die keine Arbeit hatten. 4 Er sagte zu ihnen: Geht auch ihr in meinen Weinberg! Ich werde euch geben, was recht ist. 5 Und sie gingen. Um die sechste und um die neunte Stunde ging der Gutsherr wieder hinaus und machte es ebenso. 6 Als er um die elfte Stunde noch einmal hinausging, traf er wieder einige, die dort standen. Er sagte zu ihnen: Was steht ihr hier den ganzen Tag untätig? 7 Sie antworteten: Niemand hat uns angeworben. Da sagte er zu ihnen: Geht auch ihr in meinen Weinberg! 8 Als es nun Abend geworden war, sagte der Besitzer des Weinbergs zu seinem Verwalter: Ruf die Arbeiter und zahl ihnen den Lohn aus, angefangen bei den Letzten, bis hin zu den Ersten! 9 Da kamen die Männer, die er um die elfte Stunde angeworben hatte, und jeder erhielt einen Denar. 10 Als dann die Ersten kamen, glaubten sie, mehr zu bekommen. Aber auch sie erhielten einen Denar. 11 Als sie ihn erhielten, murrten sie über den Gutsherrn 12 und sagten: Diese Letzten haben nur eine Stunde gearbeitet und du hast sie uns gleichgestellt. Wir aber haben die Last des Tages und die Hitze ertragen. 13 Da erwiderte er einem von ihnen: Freund, dir geschieht kein Unrecht. Hast du nicht einen Denar mit mir vereinbart? 14 Nimm dein Geld und geh! Ich will dem Letzten ebenso viel geben wie dir. 15 Darf ich mit dem, was mir gehört, nicht tun, was ich will? Oder ist dein Auge böse, weil ich gut bin? 16 So werden die Letzten Erste sein und die Ersten Letzte.

Wie auch wir verzeihen unseren Schuldigern?!

 

Vergebung – ein Wort, das für viele Menschen sofort christlicher Natur und somit ein Kirchenthema ist. Das Ausmaß und die Wirkungsweise und -weite insbesondere ist vielen beinahe unbekannt. Vielleicht fragen sich einige Menschen gar nicht, was es mit ihnen und ihrem Leben sowie Zusammenleben mit anderen Menschen zu tun habe könnte.

Das Wort Verzeihen ist hingegen für den einen oder die andere geläufiger und auch gebräuchlicher im Alltag.

 

Doch worin besteht eigentlich der Unterschied?

 

Bei einer kurzen Internetrecherche bin ich auf die folgenden Definitionen gestoßen:

Vergeben heißt, dass jemand eine Sache getan hat, seine Entschuldigung aber angenommen wird, ohne dass es ihm zukünftig vorgehalten wird. Das Verhältnis ist wie zuvor. Verzeihen hingegen bedeutet, dass ein Verständnis für die Tat besteht.

(https://karrierebibel.de/wp-content/uploads/2019/04/Verzeihen-vergeben-Unterschied-Definition.pdf)

 

Diese Zeilen habe ich gleich mehrfach gelesen und stutzte, da die Begriffe in gewisser Weise doch synonym zu gebrauchen sind. Vielleicht eröffnet sich hier die christliche Ebene des Vergebungsbegriffes – egal, was geschehen ist und egal, ob ich in irgendeiner Weise Verständnis für das Handeln des/der Anderen aufbringen kann, bin ich bereit, Frieden mit der Tat und natürlich mit der Person selber zu schließen. Gestolpert bin ich auch über den Satz „Das Verhältnis ist wie zuvor.“ Dieser Aussage möchte ich widersprechen, denn ich bin überzeugt davon, dass Vergebung auch möglich ist, wenn die Situation sich verändert hat oder verändern wird. Es ist sogar gut möglich, einer Person zu vergeben, die mir vielleicht sogar sehr nahestand, und dennoch folgt ein Beziehungsabbruch. Ganz zentral steht dabei, den inneren Frieden zu finden und den Konflikt, die Situation bzw. das Geschehene friedvoll abzuschließen.

Gewiss sind viele Menschen in ihrem Leben damit konfrontiert, ihre Familiengeschichte aufzuarbeiten, ohne dass im irdischen Leben alles geklärt werden kann. Sei es durch Tod, Krankheit, Demenz…Vergebung ist und bleibt jedoch möglich – Wir geben dabei wortwörtlich! Diese Entscheidung gilt es, allein und für sich persönlich zu treffen. Verzeihen – und wenn möglich Verständnis aufbringen – kann sicherlich nicht schaden, aber Vergebung führt noch einen oder viele Schritte tiefer.

So gesehen erleichtern Vergebung und Verzeihen das Leben und können es sogar  bunter machen!

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 18, 21-35: Über die Pflicht zur Vergebung

21 Da trat Petrus zu ihm und fragte: Herr, wie oft muss ich meinem Bruder vergeben, wenn er gegen mich sündigt? Bis zu siebenmal? 22 Jesus sagte zu ihm: Ich sage dir nicht: Bis zu siebenmal, sondern bis zu siebzigmal siebenmal. 23 Mit dem Himmelreich ist es deshalb wie mit einem König, der beschloss, von seinen Knechten Rechenschaft zu verlangen. 24 Als er nun mit der Abrechnung begann, brachte man einen zu ihm, der ihm zehntausend Talente schuldig war. 25 Weil er aber das Geld nicht zurückzahlen konnte, befahl der Herr, ihn mit Frau und Kindern und allem, was er besaß, zu verkaufen und so die Schuld zu begleichen. 26 Da fiel der Knecht vor ihm auf die Knie und bat: Hab Geduld mit mir! Ich werde dir alles zurückzahlen. 27 Der Herr des Knechtes hatte Mitleid, ließ ihn gehen und schenkte ihm die Schuld. 28 Als nun der Knecht hinausging, traf er einen Mitknecht, der ihm hundert Denare schuldig war. Er packte ihn, würgte ihn und sagte: Bezahl, was du schuldig bist! 29 Da fiel der Mitknecht vor ihm nieder und flehte: Hab Geduld mit mir! Ich werde es dir zurückzahlen. 30 Er aber wollte nicht, sondern ging weg und ließ ihn ins Gefängnis werfen, bis er die Schuld bezahlt habe. 31 Als die Mitknechte das sahen, waren sie sehr betrübt; sie gingen zu ihrem Herrn und berichteten ihm alles, was geschehen war. 32 Da ließ ihn sein Herr rufen und sagte zu ihm: Du elender Knecht! Deine ganze Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich angefleht hast. 33 Hättest nicht auch du mit deinem Mitknecht Erbarmen haben müssen, so wie ich mit dir Erbarmen hatte? 34 Und in seinem Zorn übergab ihn der Herr den Peinigern, bis er die ganze Schuld bezahlt habe. 35 Ebenso wird mein himmlischer Vater euch behandeln, wenn nicht jeder seinem Bruder von Herzen vergibt.

Herausforderung „Gemeinde“

 

Es ist traurige Realität, dass es manchmal genau die kirchliche Gemeinde ist, die zu großen Verwerfungen und Verletzungen zwischen den Menschen führt. Die Gemeinschaft, die den Glauben an Gott stärken und lebhafter machen möge, wird zum Hindernis und zur großen Herausforderung.

Ich möchte jedoch gar nicht schwarzmalerisch unterwegs sein, sondern herausstellen, dass eine Gemeinde im Gegenzug auch Rückhalt bietet und Konflikte zwischen den einzelnen Gemeindemitgliedern auffangen kann. Die gemeinschaftlich beschlossenen Regeln und Werte, die geteilt und gemeinsam gelebt werden wollen, bilden ein Netzwerk, welches in schwierigen Situationen als Auffangnetz fungieren kann. Es bietet Handlungsspielräume und setzt Akzente für den Umgang mit den spezifischen Gegebenheiten.

Bei all diesen Überlegungen und auch dem Agieren in den Strukturen einer Gemeinde finde ich es überaus wichtig zu betonen, dass die Gemeinde jedoch nicht uns Menschen gehört. Sie gehört auch nicht dem Pfarrer oder der Amtskirche, sondern sie ist die Kirche Jesu Christi und er ist es, der uns in diese Gemeinden hinein beruft. Das heißt jedoch nicht, dass wir uns zurücklehnen können und einfach mal abwarten sollen, was Jesus mit der Gemeinde so vorhat. Nein – er beruft uns, nicht nur ein Teil und somit Mitglied seiner Gemeinde zu sein, sondern er fordert nachdrücklich unser Mitwirken in ihr. Wir dürfen die Gemeinde gestalten und sollten bereit sein, auf verschiedenen Ebenen für und in sie zu investieren und uns für sie einzusetzen, sodass das gemeinschaftliche Leben gelingt und auch der Heilige Geist in ihr und uns wirken kann. Dabei spricht Jesus uns keinesfalls ab, dass auch Fehler gemacht und falsche Entscheidungen getroffen werden können. All diese Erfahrungen stärken eine Gemeinde und die gemeinsam angegangenen Herausforderungen führen zu neuen Perspektiven. Oder wie Madeleine Delbrêl es sehr passend in Worte fasst:

Gott braucht zu seiner Ehre keine Leute,

die perfekt sind,

sondern Leute, die ihn lieben. (Madeleine Delbrêl)

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:   

 

Mt 18, 15-20: Die brüderliche Zurechtweisung

15 Wenn dein Bruder gegen dich sündigt, dann geh und weise ihn unter vier Augen zurecht! Hört er auf dich, so hast du deinen Bruder zurückgewonnen.

16 Hört er aber nicht auf dich, dann nimm einen oder zwei mit dir, damit die ganze Sache durch die Aussage von zwei oder drei Zeugen entschieden werde.

17 Hört er auch auf sie nicht, dann sag es der Gemeinde! Hört er aber auch auf die Gemeinde nicht, dann sei er für dich wie ein Heide oder ein Zöllner.

18 Amen, ich sage euch: Alles, was ihr auf Erden binden werdet, das wird auch im Himmel gebunden sein, und alles, was ihr auf Erden lösen werdet, das wird auch im Himmel gelöst sein.

19 Weiter sage ich euch: Was auch immer zwei von euch auf Erden einmütig erbitten, werden sie von meinem himmlischen Vater erhalten.

20 Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.

Was steckt hinter der guten Absicht?

 

Petrus meint es gut – er will Jesus schützen, das Leiden abwenden und spricht: „Das soll Gott verhüten, Herr! Das darf nicht mit dir geschehen!“ (Mt 16, 22b) Petrus bringt so zum Ausdruck, dass er es nicht ertragen könnte, Jesus so leiden zu sehen und ihn nicht mehr in seinem Leben zu wissen. Diese Vorstellung versetzt ihn in Angst und er will es nicht glauben müssen. Doch Jesu harte Worte erschrecken ihn vermutlich beinahe noch mehr, denn Jesus reagiert mit folgenden Worten: „Tritt hinter mich, du Satan! Ein Ärgernis bist du mir, denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen.“ (Mt 16, 23b) Jesus ermahnt Petrus also hart und betitelt ihn als vom Teufel besessen. Die Situation endet an dieser Stelle – wahrscheinlich sind alle Anwesenden erschrocken und in gewisser Weise sprachlos. Wie mag das Erlebte bei den Beteiligten und vor allem bei Petrus nachgewirkt haben? Vielleicht musste er sich eingestehen, dass es stimmte, was Jesus sagte. Er meinte es doch gut, aber es steckten wohl eher eigennützige Beweggründe dahinter. Jesus, der seinen Mitmenschen so guttut, möge doch bei ihnen bleiben und Gott möge eingreifen.

Wie oft meinen wir etwas gut und es geht genau nach hinten los? Allzu gut kenne ich Konfliktsituationen in der Familie oder auch im Team oder Freundeskreis, in denen ich oder der/die Andere etwas mit einer guten Absicht gesagt oder getan hat und die Reaktion darauf ganz anders war als erwartet. Die gute Absicht entpuppt sich als denkbar schlechte Idee und der Adressat ist verärgert oder sogar verletzt. Dies führt häufig zum Streit, denn der oder die Andere hätte sich vielmehr Dankbarkeit oder Wertschätzung erhofft. Doch jedes Verhalten hat einen guten Grund! Womöglich war meine gute Absicht auch egoistisch motiviert oder ich habe die andere Person bzw. ihre Bedürfnisse ganz falsch eingeschätzt. Tut meine gute Absicht wirklich gut? Diese Frage sollten wir uns stets stellen, um unangenehme Reaktionen oder Verletzungen zu vermeiden. Eine gute Reflexion ist notwendig, aber am hilfreichsten ist definitiv die transparente Kommunikation miteinander. Selbst wenn eine augenscheinlich gute Absicht mal total nach hinten losgeht, können wir im Gespräch darüber bleiben, um es beim nächsten Mal besser zu wissen. Wenn wir uns dabei selbst entlarven und die eigene Maske erkennen, ist dies sicherlich hilfreich, um ehrlich mit sich selbst zu sein.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 16, 21-27:

 

Die erste Ankündigung von Leiden und Auferstehung Jesu

21 Von da an begann Jesus, seinen Jüngern zu erklären: Er müsse nach Jerusalem gehen und von den Ältesten und Hohepriestern und Schriftgelehrten vieles erleiden, er müsse getötet und am dritten Tag auferweckt werden. 22 Da nahm ihn Petrus beiseite und begann, ihn zurechtzuweisen, und sagte: Das soll Gott verhüten, Herr! Das darf nicht mit dir geschehen! 23 Jesus aber wandte sich um und sagte zu Petrus: Tritt hinter mich, du Satan! Ein Ärgernis bist du mir, denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen.

 

Nachfolge und Selbstverleugnung

24 Darauf sagte Jesus zu seinen Jüngern: Wenn einer hinter mir hergehen will, verleugne er sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. 25 Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, wird es finden. 26 Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sein Leben einbüßt? Um welchen Preis kann ein Mensch sein Leben zurückkaufen? 27 Der Menschensohn wird mit seinen Engeln in der Herrlichkeit seines Vaters kommen und dann wird er jedem nach seinen Taten vergelten.

Wem würde ich meinen Schlüssel anvertrauen?

 

Jemanden in meine Wohnung zu lassen, während ich nicht zuhause bin, ist für mich häufig mit einem unangenehmen Gefühl verbunden. Die eigene Wohnung ist wie ein eigenes „Reich“, welches ich nicht gerne Fremden überlassen möchte. Dennoch haben mir vertraute Menschen einen Ersatzschlüssel für meine Wohnung und sie sind so in der Lage im Notfall oder wenn ich sie darum bitte, jemandem Einlass zu gewähren oder nach dem Rechten zu sehen. Diesen Menschen – sei es meine Schwester/ein Familienmitglied, ein guter Freund oder eine Nachbarin – vertraue ich somit meinen Schlüssel an und gleichzeitig traue ich ihnen zu, dass sie verantwortlich mit ihm umgehen. Die übertragene Verantwortung ist damit jedoch nicht in trockenen Tüchern – ich habe den Schlüssel ihm/ihr überlassen und verliere die Kontrolle.

Jesus erwählt Petrus mit folgenden Worten: Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das wird im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird im Himmel gelöst sein. (Mt 16,18-19)

Jesus übergibt Petrus diese Verantwortung voll Vertrauen und mutet und traut ihm diese große Aufgabe auch zu. Er überträgt ihm die Kontrolle über die irdische Kirche und ihre Entwicklung, aber spricht auch von der Verbindung zum Himmelreich, zu dem er Petrus die Schlüssel geben wird.

 

Obwohl Petrus schon kurze Zeit später viele Taten der Enttäuschung und Ungeduld vollbringt und Jesus sogar dreimal verleugnet, wird er dennoch auserwählt der Fels zu sein, auf den Jesus seine Kirche bauen wird. Eine unüberlegte Entscheidung Jesu? Keinesfalls!

Jesus ist voll und ganz bewusst, dass kein Mensch fehlerfrei und zeitlebens mutig und unbeirrbar gradlinig sein Leben gestalten kann. Es gibt immer wieder Herausforderungen im Leben, die zu Umwegen aber auch Irrwegen führen können. Niemand ist davon befreit, auch mal eine falsche Entscheidung zu treffen und sich – auch in seinem Glauben – untreu zu werden. Doch was zeigt uns Jesus durch die Erwählung des Petrus? – Jesus erwählt uns alle!

Keine und keiner ist ihm zu niedrig und er ist stets bereit, uns unsere Sünden zu vergeben. Frohen Mutes und voller Entschlossenheit können wir ihm nachfolgen, um sein Reich hier auf Erden anbrechen zu lassen und aufzuschließen – er hat uns die Schlüssel längst anvertraut!

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 16, 13-20: Das Christusbekenntnis des Petrus und die Zusage Jesu

13 Als Jesus in das Gebiet von Cäsarea Philippi kam, fragte er seine Jünger und sprach: Für wen halten die Menschen den Menschensohn? 14 Sie sagten: Die einen für Johannes den Täufer, andere für Elija, wieder andere für Jeremia oder sonst einen Propheten. 15 Da sagte er zu ihnen: Ihr aber, für wen haltet ihr mich? 16 Simon Petrus antwortete und sprach: Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes! 17 Jesus antwortete und sagte zu ihm: Selig bist du, Simon Barjona; denn nicht Fleisch und Blut haben dir das offenbart, sondern mein Vater im Himmel. 18 Ich aber sage dir: Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. 19 Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das wird im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird im Himmel gelöst sein. 20 Dann befahl er den Jüngern, niemandem zu sagen, dass er der Christus sei.

„O amor é um presente para todos!“ (Papa Francisco)

 

„Liebe ist ein Geschenk für alle!“ – dies ist ein Zitat von Papst Franziskus aus einer Ansprache auf dem Weltjugendtag in Lissabon vor zwei Wochen. Sie wurde mir direkt in Erinnerung gerufen, als ich das heutige Evangelium gelesen habe. Bei der weiteren Recherche und dem Nachlesen der Predigten von Papst Franziskus fand ich jedoch eine noch viel passendere Stelle. Vor Ort in Lissabon wurden die Ansprachen leider nicht übersetzt bzw. ich hatte nicht die Möglichkeit, simultan über mein Handy eine deutsche Version anzuhören. Sehr wohl ist mir aber im Rahmen der Willkommenszeremonie am 3. August 2023 im Parque Eduardo VII in Lissabon in Erinnerung geblieben, wie der Papst mehrfach die folgenden Worte wiederholte: „Todos, todos, todos!“ (dt.: Alle, alle, alle!). Diese Ansprache bzw. den betreffenden Absatz möchte ich hier in deutscher Übersetzung einmal mit Ihnen und Euch teilen:

Liebe Freunde, ich möchte klar zu euch sein, die ihr allergisch auf Unwahrheiten und leere Worte seid: In der Kirche gibt es Platz für alle. Für alle. In der Kirche ist niemand überflüssig. Keiner ist überflüssig. Es ist Platz für alle. So wie wir sind. Alle. Und Jesus macht das deutlich. Als er die Apostel aussendet, um zum Festmahl jenes Mannes einzuladen, der es vorbereitet hatte, sagt er: „Geht und bringt alle mit, Junge und Alte, Gesunde, Kranke, Gerechte und Sünder. Alle, alle, alle!“ In der Kirche gibt es Platz für alle. „Vater, aber ich bin ein Unglücklicher, ich bin eine Unglückliche, ist da Platz für mich?“ Da ist Platz für alle! Alle zusammen, jeder in seiner eigenen Sprache, sprecht mir nach: Alle, alle, alle! Man kann es nicht hören, noch einmal! Alle, alle, alle! Und das ist die Kirche, die Mutter von allen. Da ist Platz für alle. Der Herr zeigt nicht mit seinem Finger, sondern öffnet seine Arme. Das ist schon merkwürdig: Der Herr kann dies nicht tun [zeigt mit seinem Finger], aber er kann dies tun [macht die Geste der Umarmung]. Er umarmt uns alle. Er zeigt uns Jesus am Kreuz, der seine Arme so weit geöffnet hat, um gekreuzigt zu werden und für uns zu sterben. Jesus verschließt niemals die Tür, niemals, sondern lädt dich ein einzutreten; „komm und sieh“. Jesus empfängt, Jesus heißt willkommen. In diesen Tagen möge ein jeder von uns die Sprache der Liebe Jesu weitergeben: „Gott liebt dich, Gott ruft dich“. Wie schön dies ist! Gott liebt mich, Gott ruft mich. Er will, dass ich ihm nahe bin.

(https://www.vatican.va/content/francesco/de/speeches/2023/august/documents/20230803-portogallo-cerimonia-accoglienza.html)

 

In Verbindung mit dem Evangelium bekräftigen die Worte von Papst Franziskus meine Überzeugung noch einmal mehr, dass Jesus keine Ausnahmen macht oder Sortierungen vornimmt. Er ist für alle da und steht mit ausgebreiteten Armen bereit, denn „Jesus Christus spricht: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.“ (Joh. 6,37) Der „Christus Salvator“ in der St. Moritzkirche in Augsburg geht allen sogar aktiv und mit offenen Armen entgegen.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 15, 21-28: Der Glaube der heidnischen Frau

21 Jesus ging weg von dort und zog sich in das Gebiet von Tyrus und Sidon zurück. 22 Und siehe, eine kanaanäische Frau aus jener Gegend kam zu ihm und rief: Hab Erbarmen mit mir, Herr, du Sohn Davids! Meine Tochter wird von einem Dämon gequält. 23 Jesus aber gab ihr keine Antwort. Da traten seine Jünger zu ihm und baten: Schick sie fort, denn sie schreit hinter uns her! 24 Er antwortete: Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt. 25 Doch sie kam, fiel vor ihm nieder und sagte: Herr, hilf mir! 26 Er erwiderte: Es ist nicht recht, das Brot den Kindern wegzunehmen und den kleinen Hunden vorzuwerfen. 27 Da entgegnete sie: Ja, Herr! Aber selbst die kleinen Hunde essen von den Brotkrumen, die vom Tisch ihrer Herren fallen. 28 Darauf antwortete ihr Jesus: Frau, dein Glaube ist groß. Es soll dir geschehen, wie du willst. Und von dieser Stunde an war ihre Tochter geheilt.

Mut zur Kirche

 

Petrus beweist im Evangelium Mut zur Kirche – einer Kirche im stetigen Aufbruch, damals wie heute:

 

„AUFBRECHEN findet da statt, wo ein Bisheriges veraltet ist und zurückbleiben muß… Die alte, die mittlere, die neue und die heutige Kirchengeschichte ist fortlaufend eine offene oder verborgene Geschichte solcher Aufbrüche.

 

Das nicht genug zu beleuchtende und zu bedenkende Modell:

der Auszug Israels aus Ägypten in das ihm verheißene Land.

Aufbrechen vollzieht sich also in einer Krisis.

 

Entschlossener Abschied wird da genommen von etwas Bekanntem, jetzt noch sehr Nahem, das vielleicht (etwa in Gestalt der berühmten Fleischtöpfe Ägyptens) auch seine Vorteile hatte.

Und entschlossene Zuwendung findet da statt zu etwas noch Fernem, in Hoffnung Bejahtem, das immerhin den Nachteil hat, in seiner herrlichen Gestalt noch reichlich unbekannt zu sein.

 

Indem die Kirche aufbricht, hat sie gewählt, sich entschieden.

Sie hat sich das Heimweh nach dem, was sie hinter sich läßt, im voraus verboten.

Sie begrüßt und liebt schon, was vor ihr liegt.

Sie ist noch hier und doch nicht mehr hier, noch nicht dort und doch schon dort.

Sie hat eine weite Wanderschaft vor sich – auch Kämpfe, auch Leiden, auch Hunger und Durst.

 

Nicht zu verkennen: sie seufzt.

Aber noch weniger zu verkennen: sie freut sich.

Dementsprechend denkt, redet, handelt sie.

In dieser Krisis besteht das Aufbrechen der Kirche:

das noch gefangene, schon befreite Volk Gottes.“

 

Karl Barth

 

Aus: Schott – Messbuch für die Wochentage Teil II, S. 91f. Herder Verlag 1986.

 

Evangelium:  

 

Mt 14, 22-33: Die Offenbarung des Gottessohnes auf dem Wasser

22 Gleich darauf drängte er die Jünger, ins Boot zu steigen und an das andere Ufer vorauszufahren. Inzwischen wollte er die Leute nach Hause schicken. 23 Nachdem er sie weggeschickt hatte, stieg er auf einen Berg, um für sich allein zu beten. Als es Abend wurde, war er allein dort. 24 Das Boot aber war schon viele Stadien vom Land entfernt und wurde von den Wellen hin und her geworfen; denn sie hatten Gegenwind. 25 In der vierten Nachtwache kam er zu ihnen; er ging auf dem See. 26 Als ihn die Jünger über den See kommen sahen, erschraken sie, weil sie meinten, es sei ein Gespenst, und sie schrien vor Angst. 27 Doch sogleich sprach Jesus zu ihnen und sagte: Habt Vertrauen, ich bin es; fürchtet euch nicht! 28 Petrus erwiderte ihm und sagte: Herr, wenn du es bist, so befiehl, dass ich auf dem Wasser zu dir komme! 29 Jesus sagte: Komm! Da stieg Petrus aus dem Boot und kam über das Wasser zu Jesus. 30 Als er aber den heftigen Wind bemerkte, bekam er Angst. Und als er begann unterzugehen, schrie er: Herr, rette mich! 31 Jesus streckte sofort die Hand aus, ergriff ihn und sagte zu ihm: Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt? 32 Und als sie ins Boot gestiegen waren, legte sich der Wind. 33 Die Jünger im Boot aber fielen vor Jesus nieder und sagten: Wahrhaftig, Gottes Sohn bist du.

Jesus strahlt aus!

Wie überwältigend ist die Vorstellung, die Verklärung Jesu selbst miterleben und seine ungeheure Ausstrahlung auf diese besondere Weise erfahren zu dürfen. Das leibhaftige Erleben Jesu war für die Menschen seiner Zeit bereits tiefgreifend, aber hier in der Verklärungserzählung strahlt er nochmals unvergleichlich aus.

Trotz aller Sorgen und dem Leid in der Welt und im persönlichen Leben, dürfen auch wir die Hoffnung und Perspektive Jesu ausstrahlen. Er will uns sagen: Es lohnt sich zu leben, auch wenn das Leben von Not und Grenzerfahrungen geprüft wird.

 

Dabei muss ich an ein Zitat des Philosophen Friedrich Nietzsche denken:

»Die Christen müssten mir erlöster aussehen.«

 

Sicherlich auch eine provokative Aussage, jedoch regt es mich eher an als auf, denn es stimmt: Wenn wir Jesus ganz in die Mitte unseres Lebens setzen und auf ihn vertrauen – egal wie verrückt die Welt um uns herum spielt –, erblicken wir hinter dem Leid immer wieder Hoffnung. Wir bleiben mit ihm in Verbindung und halten an ihm fest, denn kein anderer kann uns tragen wie er, kein anderer kann uns Mut machen in unseren Sorgen wie er und kein anderer kann uns solche Hoffnung, solche Erfüllung geben wie er. Er geht mit uns seinen Weg. Dies ganzheitlich zu leben und wahrhaftig zu spüren, könnte doch zur Folge haben, dass wir erlöst aussehen und diese Hoffnung ausstrahlen und in die Welt strahlen lassen – oder nicht?

Wir sollen die Probleme und die vielen Schicksalsschläge, die es in unserer Nähe oder auch bei uns selbst gibt, nicht verdrängen. Um aber leben zu können, ist es wichtig, den Blick auf den verklärten Herrn zu richten.

Die Kreuzesnachfolge ist nicht nur ein Weg durch bunte Blumenwiesen, sondern auch durch Dornen. Aber Nachfolge bedeutet auch, einen Herrn zu haben, der die Fülle des Lebens besitzt, der alle Schönheit und Güte ausstrahlt, an der wir teilhaben dürfen.

 

Viel zusätzliche Hoffnung schenkt mir grade auch das Buch „Blick in die Ewigkeit“ von Dr. Eben Alexander, in dem er als Neurochirurg von seiner faszinierenden Nahtoderfahrung berichtet, die ihn in so großer Bedrängnis erst zum Glauben führte.

Gott kommt uns auf Erden vielfältig nah und strahlt durch viele Poren aus!

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 17, 1-9: Die Verklärung Jesu

1 Sechs Tage danach nahm Jesus Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg.

2 Und er wurde vor ihnen verwandelt; sein Gesicht leuchtete wie die Sonne und seine Kleider wurden weiß wie das Licht.

3 Und siehe, es erschienen ihnen Mose und Elija und redeten mit Jesus.

4 Und Petrus antwortete und sagte zu Jesus: Herr, es ist gut, dass wir hier sind. Wenn du willst, werde ich hier drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija.

5 Noch während er redete, siehe, eine leuchtende Wolke überschattete sie und siehe, eine Stimme erscholl aus der Wolke: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören.

6 Als die Jünger das hörten, warfen sie sich mit dem Gesicht zu Boden und fürchteten sich sehr.

7 Da trat Jesus zu ihnen, fasste sie an und sagte: Steht auf und fürchtet euch nicht!

8 Und als sie aufblickten, sahen sie niemanden außer Jesus allein.

9 Während sie den Berg hinabstiegen, gebot ihnen Jesus: Erzählt niemandem von dem, was ihr gesehen habt, bis der Menschensohn von den Toten auferweckt ist!

Das Wunder der Perle

 

Wie entsteht eine Perle?

Aus einem Sandkorn in einer Auster.

Manchmal ist es Sand, manchmal aber auch ein Parasit oder ein anderer Fremdkörper.

Anfangs versucht die Auster, den Störenfried loszuwerden.

Aber wenn ihr das nicht gelingt, dann bildet sie eine Kapsel um ihn herum.

Diese wird nach und nach mit Perlmutt überzogen –

derselben Substanz, aus der die Innenseite ihrer Schale besteht.

Im Lauf ihres Lebens fügt die Auster Schicht um Schicht hinzu.

Aus: Sharon Garlough Brown: Unterwegs mit dir, S. 78.

Perlenketten und Perlenschmuck im Allgemeinen sind für uns sehr wertvolle Schätze und werden mit Wohlhabenheit und vielleicht sogar Reinheit assoziiert. Mit Blick auf den obigen Text ist es bemerkenswert, dass Perlen jedoch aus einem störenden Fremdkörper wie einem Sandkorn oder sogar einem Parasiten entstehen!

Wenn die betroffene Auster den Eindringling nicht loswerden kann, bildet sie nach und nach Schichten aus Perlmutt. Sie akzeptiert gewissermaßen, dass der Störenfried nun zu ihr gehört und formt etwas Wunderschönes daraus – aus ihren eigenen Ressourcen.

Wenn Sie also das nächste Mal eine Perlenkette anschauen, denken Sie daran, dass die Perlen Grabstätten für Parasiten waren und etwas Wunderschönes daraus entstanden ist. Vielleicht ändert dieser Gedanke unseren Blickwinkel auf unser Leben.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 13, 44-46:

 

Die Gleichnisse vom Schatz und von der Perle

44 Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Schatz, der in einem Acker vergraben war. Ein Mann entdeckte ihn und grub ihn wieder ein. Und in seiner Freude ging er hin, verkaufte alles, was er besaß, und kaufte den Acker.

 

45 Auch ist es mit dem Himmelreich wie mit einem Kaufmann, der schöne Perlen suchte.

46 Als er eine besonders wertvolle Perle fand, ging er hin, verkaufte alles, was er besaß, und kaufte sie.

Nie krank ist auch nicht gesund

 

Hugo Enomiya Lassalle erzählte mir einmal, ein Mitbruder hätte bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit gesagt: „Hauptsache gesund.“ Lassalle pflegte zu antworten: „Dafür bin ich nicht in den Orden eingetreten.“

 

Hauptsache gesund. Diese zwei Worte gehen uns wie selbstverständlich über die Lippen. Kein Grund, sie zu hinterfragen. Gesundheit ist uns teuer, buchstäblich. Die entsprechenden Kosten steigen, und die Diskussion, wie sie einzudämmen sind, nimmt kein Ende. Gesundheit ist so etwas wie ein goldenes Kalb, um das wir tanzen und dem wir gesellschaftlich und privat viel zu opfern bereit sind. Hauptsache gesund! Stimmt das? Ist dieser Spruch, genauer besehen, nicht lebensfeindlich und ist die Haltung, die dahintersteckt, nicht ungesund? Ich wage jedenfalls die Behauptung: Nie krank ist auch nicht gesund.

 

„Es tut weh, es lebt!“ so rief kürzlich mein Zahnarzt schon fast begeistert, nachdem er meinen Zahn abgeklopft und ich das Gesicht verzogen hatte. Schmerzen und Krankheit gehören zum Leben. Mehr noch: Sie sind Zeichen des Lebens. Angefangen von den Kinderkrankheiten über schmerzvolle Wachstumskrisen bis zu den Altersbeschwerden. Nicht Gesundheit und Schmerzfreiheit sind das höchste Gut, sondern ein sinnvolles, erfülltes Leben. Ignatius von Loyola, der Gründer des Jesuitenordens, sagt es so: Um zu seinem Lebensziel zu gelangen und also glücklich zu werden, sei es notwendig, sich allen Dingen gegenüber gleichmütig zu verhalten und Gesundheit nicht mehr zu verlangen als Krankheit, langes Leben nicht mehr als kurzes … Dabei wusste Ignatius, dass dies ohne Übung nicht geht. Und darum schrieb er die „Geistlichen Übungen“, bekannt als Exerzitien. In der Schule des Ignatius (und für mich auch in der Schule des Zen) lerne ich mehr und mehr, dass es zum Glück nicht die Erfüllung aller Wünsche braucht, dass ich glücklich sein kann auch dann, wenn ich Schweres erlebe, wenn ich zum Beispiel liebe Menschen verliere oder eben krank bin.

 

Vor mir liegt der Brief einer Frau, die eine schwere seelische Krankheit durchgemacht hatte. Sie schreibt: „Durch die Krankheit bin ich ein anderer Mensch geworden, toleranter, gelassener und zufriedener. Ich möchte nicht mehr so sein wie vor der Krankheit.“ Mit anderen Worten: Krankheit kann ein Segen sein.

 

Gesund ist, wenn auch nicht das höchste, so doch ein hohes Gut. Darum empfehle ich: Tun Sie etwas für die Gesundheit und gegen krankmachenden Stress. Für mich sind regelmäßige Auszeiten das probate Mittel. Rechtzeitig trage ich „Freizeiten“ in meine Agenda ein. Eine Auszeit zur rechten Zeit wirkt Wunder – wenn nur dabei der Stille genügend Raum gegeben wird.

Kluge Ärzt*innen verschreiben gehetzten Menschen Ruhe. Damit beherzigen sie den Rat Sören Kirkegaards: „Wenn ich Arzt wäre und man mich fragte: Was rätst du? Ich würde antworten: schaffe Stille.“

Ruhe heilt. In der Ruhe können die Selbstregulations- und Selbstheilungskräfte ihre lebenserhaltende Wirkung entfalten. Wenn wir achtsam mit uns umgehen, können wir auch ohne Arzt zu dieser Einsicht kommen, dass Ruhe gesund hält, so wie eine gewisse Art von Stress krank macht.

Also denn: Stille statt Pille!

 

Niklaus Brantschen SJ

 

(Quelle: JESUITEN, Informationen der Jesuiten in Zentraleuropa an unsere Freunde und Förderer, 74. Jahrgang2023/1, S. 22f)

 

Evangelium:  

 

Mt 13, 24-30:  Das Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen

24 Jesus legte ihnen ein anderes Gleichnis vor: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Mann, der guten Samen auf seinen Acker säte. 25 Während nun die Menschen schliefen, kam sein Feind, säte Unkraut unter den Weizen und ging weg. 26 Als die Saat aufging und sich die Ähren bildeten, kam auch das Unkraut zum Vorschein. 27 Da gingen die Knechte zu dem Gutsherrn und sagten: Herr, hast du nicht guten Samen auf deinen Acker gesät? Woher kommt dann das Unkraut? 28 Er antwortete: Das hat ein Feind getan. Da sagten die Knechte zu ihm: Sollen wir gehen und es ausreißen? 29 Er entgegnete: Nein, damit ihr nicht zusammen mit dem Unkraut den Weizen ausreißt. 30 Lasst beides wachsen bis zur Ernte und zur Zeit der Ernte werde ich den Schnittern sagen: Sammelt zuerst das Unkraut und bindet es in Bündel, um es zu verbrennen; den Weizen aber bringt in meine Scheune!

Als ich mit Jesus auf dem Balkon sitze

 

„Ich bin glücklich.“

Die Sonne ist gerade hinter den Häusern verschwunden.

Du hast die Füße auf die Brüstung gelegt und balancierst auf deinem Bein ein Bitter Lemon.

„Überrascht dich das?“, fragst du.

„Ich weiß nicht. Glück ist so ein großes Wort. Muss man sich das nicht für die wirklich großen Momente aufsparen?“

Du lachst.

„Hast du Angst, dass es sich abnutzt?“

Was weißt du schon vom Glück, frage ich mich stumm, um dich nicht zu verletzen.

Du hörst es trotzdem.

„Du denkst, ich habe mein Glück geopfert. Für etwas Größeres. Aber so ist es nicht. Jetzt zum Beispiel möchte ich nichts lieber tun, als hier mit dir zu sitzen.“

Ich bin ein bisschen verlegen, weil ich mich freue.

„Ich kaufe Brot“, fährst du fort. „Ich helfe einem Gelähmten auf die Beine. Wenn es einen Dämon zu vertreiben gibt, vertreibe ich ihn. Ich bete. Ich wasche meine Füße. Ich kämpfe für so etwas Großes wie Gerechtigkeit. Aber ich denke nicht darüber nach, ob ich lieber etwas anderes täte. Oder woanders sein wollte.“

„Wirklich nie?“

Du schüttelst langsam den Kopf.

Deshalb also fühle ich mich so wohl bei dir.

 

Susanne Niemeyer

Autorin und Bloggerin

 

Evangelium:  

 

Mt 13, 1-9: Das Gleichnis vom Sämann

1 An jenem Tag verließ Jesus das Haus und setzte sich an das Ufer des Sees.

2 Da versammelte sich eine große Menschenmenge um ihn. Er stieg deshalb in ein Boot und setzte sich. Und alle Menschen standen am Ufer.

3 Und er sprach lange zu ihnen in Gleichnissen. Er sagte: Siehe, ein Sämann ging hinaus, um zu säen.

4 Als er säte, fiel ein Teil auf den Weg und die Vögel kamen und fraßen es.

5 Ein anderer Teil fiel auf felsigen Boden, wo es nur wenig Erde gab, und ging sofort auf, weil das Erdreich nicht tief war;

6 als aber die Sonne hochstieg, wurde die Saat versengt und verdorrte, weil sie keine Wurzeln hatte.

7 Wieder ein anderer Teil fiel in die Dornen und die Dornen wuchsen und erstickten die Saat. 8 Ein anderer Teil aber fiel auf guten Boden und brachte Frucht, teils hundertfach, teils sechzigfach, teils dreißigfach.

9 Wer Ohren hat, der höre!

Ist seine Last wirklich leicht?!

 

Wenn ich an die Leidens- und Passionsgeschichte Jesu denke, verbinde ich diese auch im zweiten Moment nicht mit einer leichten Last und einem sanften Joch (Vgl. Mt 11, 30). Es klingt erst einmal irritierend, dass Jesus diese Worte im Angesicht seines bevorstehenden Weges wählt. Doch es ist sein Weg und für uns ebnet er auf diese Weise den Pfad in ein erlöstes Leben – Freiheit und Erfüllung dürfen dieses Leben bestimmen. Das bedeutet nicht, dass wir in unserem Leben kein Leid erfahren oder erblicken werden. Und auch nicht, dass wir das Joch mal etwas mehr auf den Schultern spüren und die Last uns herausfordert und spürbar wird oder sogar bleibt. Sicherlich empfindet der Mann auf dem Bild sein Joch als Last, die je nach Gewicht und Befüllung schwerer oder etwas leichter wiegt. Und doch ist diese Last lebens- wenn nicht sogar überlebenswichtig. Denn er trägt mit Hilfe seines Joches und den Gefäßen das für ihn und seine Familie lebensnotwendige Wasser vom Brunnen zurück bis nach Hause.  Diese Last und dieses Joch Jesu anzunehmen, ist eine sozusagen lebensnotwendige Tugend. Das Bild des Mannes auf dem Foto ist eine gute Metaphorik, die uns das Anliegen Jesu für unser Leben näherbringt. Womöglich unterstützt auch der nachfolgende Text aus einem Buch über die Klosterkirche in Dinklage – herausgegeben von den Benediktinerinnen der Abtei Burg Dinklage – diese Vorstellung:

 

Die Welt hält uns ihre blutigen Wunden hin.

Wir weichen ihnen nicht aus.

Wir nehmen sie an.

Wir tragen sie mit.

Unser „Auferstandener“ sendet uns.

 

(Aus: Lasst euch vom Geist entflammen. 60 Jahre Scheunenkirche auf Burg Dinklage, S. 90.)

 

Wir können das Joch als Botschaft Jesu annehmen, sodass das Leben mit all seinen Höhen und Tiefen vor allem in dunklen Zeiten nicht zu schwer, sondern mit den Perspektiven Hoffnung und Ewigkeit sanft und leicht wird.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 11, 25-30:  Der Lobpreis Jesu

25 In jener Zeit sprach Jesus: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du das vor den Weisen und Klugen verborgen und es den Unmündigen offenbart hast.

26 Ja, Vater, so hat es dir gefallen.

27 Alles ist mir von meinem Vater übergeben worden; niemand kennt den Sohn, nur der Vater, und niemand kennt den Vater, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will.

28 Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch erquicken.

29 Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; und ihr werdet Ruhe finden für eure Seele.

30 Denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht.

Ganz oder gar nicht!

 

Die Entscheidung, sich in den Dienst Gottes zu stellen und sein Leben mit Jesus als treuen Begleiter zu gestalten, ist eine ganzheitliche! Keine halbe Sache, denn ich kann mich gar nicht nur so halb für Jesus entscheiden oder so halb ihm und den Menschen dienen. Die Sache Jesu braucht Begeisterte heißt der Titel eines Liedes von Alois Albrecht und diese Begeisterung braucht Vollkommenheit – sonst ist es womöglich gar keine wahrhaftige Begeisterung. Den Geist und somit Gott und Jesus Christus in uns wirken zu lassen, braucht Bewusstsein für den Glauben und das gewisse Mitgehen. Damit möchte ich absolut nicht verleugnen, dass Phasen des Zweifelns, des Nicht-Glaubens und auch des Auf-der-Suche-Seins und des Annäherns dazugehören und im Leben existent sowie wichtig und richtig sind. Wer jedoch einmal die große Entscheidung für Jesus getroffen hat und somit sein/ihr Leben als Christ/in gestalten will, hat durch die feste Entschlossenheit dennoch häufig Ressourcen, um Phasen des Haderns zu überstehen – durchaus auch unabhängig von offizieller Kirchenmitgliedschaft.

 

Im Leben generell ist es doch oft so, dass fest getroffene Entscheidungen eine große Erleichterung und Befreiung mit sich bringen. Zumeist ist klar und deutlich, dass die Entscheidung nicht mehr revidiert wird und der Prozess der Entscheidungsfindung ausreichend durchlaufen wurde, sodass wir hinter dem Entschluss stehen und standhaft bleiben können. Vage Entscheidungen dagegen, die qua Definition schon gar nicht wirklich beschlossen wurden, erschweren das Leben eher. Immer wieder wird der vermeintliche Entschluss überdacht und nimmt in gewisser Weise gefangen, da das Gedankenkreisen nicht endet.

 

Viel freier macht es, sich ganz und wahrhaftig für eine Sache zu entscheiden und entschlossen einen Weg einzuschlagen – voll Froh- und Wagemut geht es dann voran und vielleicht sogar hoch hinaus. Dies meine ich nicht im Sinne von Karriereleitern, sondern vielmehr in Bezug auf innere Freiheit und auch um im Glauben immer höher hinaus bzw. näher zu Jesus zu finden. Die vollkommene und feste Entscheidung für Jesus und ein Leben mit ihm und in seinem Dienst wird uns befreien und ganz machen.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 10, 37-42:

 

37 Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert, und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert.

38 Und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und mir nachfolgt, ist meiner nicht wert.

39 Wer das Leben findet, wird es verlieren; wer aber das Leben um meinetwillen verliert, wird es finden.

40 Wer euch aufnimmt, der nimmt mich auf, und wer mich aufnimmt, nimmt den auf, der mich gesandt hat.

41 Wer einen Propheten aufnimmt, weil es ein Prophet ist, wird den Lohn eines Propheten erhalten. Wer einen Gerechten aufnimmt, weil es ein Gerechter ist, wird den Lohn eines Gerechten erhalten.

42 Und wer einem von diesen Kleinen auch nur einen Becher frisches Wasser zu trinken gibt, weil es ein Jünger ist – Amen, ich sage euch: Er wird gewiss nicht um seinen Lohn kommen.

Sprechen mit Gott – aber über Ihn?!

 

Eine persönliche Gottesbeziehung zu führen, in den Alltag zu integrieren und auszufüllen, ist sehr wertvoll und kostbar. Ganz individuell kann ich sie für mich gestalten und brauche dabei keine Scheu oder Zurückhaltung zeigen.

Mit Gott zu sprechen ist das eine, aber über Ihn zu sprechen, scheint eine weitaus größere Herausforderung zu sein. Es sind die Kontexte und Situationen, die verschiedene Möglichkeiten bzw. mehr oder weniger Raum dazu eröffnen.

Auch privater oder dienstlicher Rahmen spielen eine Rolle. Für mich ist es beruflich natürlich einfach – ich würde vermuten, dass von mir sogar qua Profession erwartet wird, dass ich über Gott spreche. Die Anliegen der Menschen in meiner seelsorglichen Tätigkeit bedürfen häufig – sicherlich nicht immer – einer Ermutigung Gottes oder eines passenden Bibelverses, aber manchmal kommt Gott, Jesus und/oder der Heilige Geist auch ganz unbemerkt und/oder unverhofft zu Wort. Etwas Anderes ist es im privaten Bereich: Mein Umfeld weiß um meine Arbeit als Theologin und Seelsorgerin, aber deshalb ist es natürlich nicht Gesprächsthema Nummer Eins. Daher ist dort die Hemmschwelle manchmal höher und es ist schwierig, Gott ins Gespräch zu bringen. Sowieso möchte ich dies nicht aufzwingen, aber es gibt doch die ein oder andere Situation, in der ich von einer persönlichen Erfahrung berichten möchte oder es einfach als passend empfinde, Ihn ins Wort oder sogar zu Wort kommen zu lassen. Ja, es ist schwieriger, aber oftmals umso überraschender! Ich erlebe unerwartete Gleichgesinnung, manchmal auch großen Respekt für den gelebten Glauben und die Tiefe der Religiosität und Gottesbeziehung. Natürlich habe ich auch schon häufig Empörung und Frust oder starke Ablehnung entgegengebracht bekommen, doch auch diese oder vielleicht gerade diese Gespräche haben sehr viele Erkenntnisse und gegenseitige Bereicherung geschenkt. Teilweise gelingt es durch die offene und ehrliche Aussprache, die Empörung sogar gewissermaßen zu verwandeln. Vielleicht verschwinden die negativen Einstellungen dadurch nicht, doch die Wut und der Ärger lassen ein wenig nach und die Kraft kann anders und positiver investiert werden.

Nicht selten braucht es „nur“ einen mutigen Eisbrecher im Gespräch – damit meine ich, dass wir als Christen und Christinnen Gott bewusst ins Wort bringen und uns so vor den Menschen zu Gott bekennen. So wird auch Jesus sich zu uns bekennen und wir brauchen keine Verleugnung fürchten.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 10, 26-33:

 

26 Darum fürchtet euch nicht vor ihnen! Denn nichts ist verhüllt, was nicht enthüllt wird, und nichts ist verborgen, was nicht bekannt wird.

27 Was ich euch im Dunkeln sage, davon redet im Licht, und was man euch ins Ohr flüstert, das verkündet auf den Dächern!

28 Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können, sondern fürchtet euch eher vor dem, der Seele und Leib in der Hölle verderben kann!

29 Verkauft man nicht zwei Spatzen für einen Pfennig? Und doch fällt keiner von ihnen zur Erde ohne den Willen eures Vaters.

30 Bei euch aber sind sogar die Haare auf dem Kopf alle gezählt.

31 Fürchtet euch also nicht! Ihr seid mehr wert als viele Spatzen.

32 Jeder, der sich vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem werde auch ich mich vor meinem Vater im Himmel bekennen.

33 Wer mich aber vor den Menschen verleugnet, den werde auch ich vor meinem Vater im Himmel verleugnen.

… und er gab ihnen die Vollmacht!

 

Vollmacht – welch ein großes und vor allem mächtiges Wort! Es ist auch in unserer Gesellschaft ein keineswegs selten gebrauchter Begriff. Dabei denke ich an die Pflege- und Vorsorgevollmacht, die jeder Mensch in einem gewissen Alter ausgestellt haben mag. Die Angehörigen bzw. eine vertraute Person sollen im Falle des Falles befähigt sein, Entscheidungen in Bezug auf Pflege bzw. Vorsorge für den/die Betroffene zu fällen. Diese Vollmacht kann daher lebenserhaltend und existenziell wichtig sein.

 

Auch Jesus spricht im heutigen Evangelium von einer Vollmacht: er gab ihnen die Vollmacht, die unreinen Geister auszutreiben und alle Krankheiten und Leiden zu heilen. (Mt 10, 1b) Doch diese Vollmacht tritt nicht nur im Falle des Falles ein, sondern IMMER! Die übertragene Aufgabe – die auch eine Gabe ist – ist so groß und wertvoll, dass die Jünger mit dieser Vollmacht Heil und Segen für die Menschen auf der Erde bringen können. Die Jünger dürfen Jesu Wirken so in direkter Nachfolge weiterleben und weitergeben – eine große Berufung, die ihnen zugemutet aber auch zugetraut wird. Sicherlich war es für den einen oder die andere eine große Herausforderung!

 

Jesus fordert auch uns auf: Heilt Kranke, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt Dämonen aus! (Mt 10, 8a) Im Maße unserer Möglichkeiten können auch wir dafür sorgen, dass die Welt zu einem besseren Ort wird und einen wertschätzenden und fürsorglichen Umgang mit unseren Mitmenschen pflegen. Dies tun wir auch, indem wir die Pflege- und/oder Vorsorgevollmacht für eine Person übernehmen. Jedoch ist zwischenmenschlich und ganzheitlich noch mehr drin – wie ich es formulieren würde.

Mit Nachdruck dürfen wir auch den zweiten Teil des Verses verstehen: Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben. (Mt 10, 8b) Sich darauf zurückzubesinnen, dass wir Beschenkte durch Christus sind und uns zudem die Gnade zuteilwird, dieses Geschenk weitergeben zu dürfen, wird uns dabei helfen, diese Aufgabe immer wieder anzunehmen. Diese als Gabe zu begreifen, ist eine ungemeine Motivation und verspricht Erfüllung und Sinnstiftung in unserem ganz persönlichen Leben und darüber hinaus. Die verliehene Vollmacht zu leben und ohne mächtig sein zu wollen, liebevoll zu füllen und zu gebrauchen, wird der Welt und unseren Mitmenschen ein Segen sein.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 9, 36 – 10, 8:

 

9

36 Als er die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen; denn sie waren müde und erschöpft wie Schafe, die keinen Hirten haben.

37 Da sagte er zu seinen Jüngern: Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter.

38 Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden!

 

10

1 Dann rief er seine zwölf Jünger zu sich und gab ihnen die Vollmacht, die unreinen Geister auszutreiben und alle Krankheiten und Leiden zu heilen.

2 Die Namen der zwölf Apostel sind: an erster Stelle Simon, genannt Petrus, und sein Bruder Andreas, dann Jakobus, der Sohn des Zebedäus, und sein Bruder Johannes,

3 Philippus und Bartholomäus, Thomas und Matthäus, der Zöllner, Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Thaddäus,

4 Simon Kananäus und Judas Iskariot, der ihn ausgeliefert hat.

5 Diese Zwölf sandte Jesus aus und gebot ihnen: Geht nicht den Weg zu den Heiden und betretet keine Stadt der Samariter,

6 sondern geht zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel!

7 Geht und verkündet: Das Himmelreich ist nahe!

8 Heilt Kranke, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt Dämonen aus! Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben.

Format Jesus

 

Das Evangelium über den Zöllner Matthäus berichtet über Irritationen der außenstehenden Pharisäer. Jesus isst abermals mit Sündern und entgegnet den kritischen Stimmen, dass er nicht die Gerechten, sondern die Sünder ruft und so Barmherzigkeit in die Welt bringen möchte. Diese Auffassung widerspricht den damaligen Haltungen und bricht eingeprägte Vorstellungen in der Gesellschaft auf. Was Jesus lebt und predigt, ist kaum greifbar, weil es so neuartig ist und bleibt wohl für viele damals bruchstückhaft, da sie es nicht wirklich fassen und begreifen können.

 

Heute kennen wir Jesu Maßstäbe und möchten als Christinnen und Christen nach ihnen leben. Und doch bleibt es immer eine Herausforderung, denn es ist kein geschlossener Rahmen – wie es das Bild auch andeutet. Dabei denke ich auch an die konsequente Inkonsequenz Jesu, die wir in einigen Erzählungen der Bibel hören. Das Format Jesus ist nicht perfekt abgesteckt und auf alle Lebenssituationen übertragbar, dennoch können wir mit seiner Hilfe immer wieder auf Gottes Wort hören und uns hineinbegeben in seine Vorstellungen. Was würde Jesus dazu sagen? Diese Frage kann helfen, in gewissen Situationen im Alltag – aber auch in Grenzerfahrungen und Ausnahmesituationen – nachzuspüren, wie wir in Christi Nachfolge reagieren mögen.

 

„Hilf uns, dass wir Christus nicht dem Format der Welt anpassen, sondern die Welt auf das Format Jesu Christi erhöhen.“

Madeleine Delbrêl

 

Madeleine Delbrêl bringt die Gratwanderung gut auf den Punkt, auf die wir uns in der Welt und dem voranschreitenden Zeitalter begeben. In theologischen Diskursen und Diskussionen ist es immer wieder gefragt, die Moderne mit hineinzunehmen und zu schauen, was die Menschen heute bewegt. Allerdings darf es niemals geschehen, dass wir das Format Jesu Christi verändern oder, wie sie schreibt, „dem Format der Welt anpassen.“ Jesus bleibt der Gleiche und bewegt sich mit uns durch die Zeit und Zukunft. Seine Werte und Rahmenvorstellungen einer guten und gerechteren Welt verändern sich dadurch jedoch nicht. Das Format Jesus vermag uns immer begleiten.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Mt 9, 9-13: Nachfolge und Mahl

9 Als Jesus weiterging, sah er einen Mann namens Matthäus am Zoll sitzen und sagte zu ihm: Folge mir nach! Und Matthäus stand auf und folgte ihm nach. 10 Und als Jesus in seinem Haus bei Tisch war, siehe, viele Zöllner und Sünder kamen und aßen zusammen mit ihm und seinen Jüngern. 11 Als die Pharisäer das sahen, sagten sie zu seinen Jüngern: Wie kann euer Meister zusammen mit Zöllnern und Sündern essen? 12 Er hörte es und sagte: Nicht die Gesunden bedürfen des Arztes, sondern die Kranken. 13 Geht und lernt, was es heißt: Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer! Denn ich bin nicht gekommen, um Gerechte zu rufen, sondern Sünder.

Lebendig bleiben

 

Es ist hart, anderen zu begegnen und sich dabei in sich selbst verschlossen zu fühlen. Um ihnen dennoch begegnen zu können, sucht man nach künstlichen Brücken.

Man denkt sich Rezepte aus. Man stellt sich eine Sprache vor, die nicht mehr unsere eigene wäre, die sie aber vielleicht verstehen würden.

Wenn wir spüren, wie anders sie sind, ganz anders als wir, sind wir versucht, ein Geschäft aufzusuchen, in dem es Uniformen gibt, und Kleider zu kaufen, in denen wir so aussehen wie sie. Wir setzen dann auf Technik und kommen vom Leben ab.

Das äußere Leben entfernt uns von dem Leben, das in uns sprudelt.

Das äußere Leben lässt uns daran zweifeln, dass es im Innersten unserer selbst das einzig Notwendige gibt, das es uns unfehlbar ermöglichen würde, uns jeder Begegnung mühelos anzupassen, wo immer sich Wege kreuzen, jeder Liebe.

 

Eine kleine Geschichte aus der Welt der Fische kann uns als Gleichnis dienen, wie wir uns diesem Leben überlassen können, das allein geeignet ist, uns die Liebe zu lehren.

 

In einer unterirdischen Höhle, in die kein Licht drang, gab es einmal blinde Fische.

Ein Wissenschaftler nahm einige von ihnen und setzte sie in ein dunkles Aquarium.

Schritt für Schritt ließ er Licht hineindringen, bis das ganze Wasser erhellt war.

Unter der Lichteinwirkung veränderte sich ganz allmählich diese Art der Fische.

Nach und nach bildeten sich Augen. Die blinden Fische wurden zu sehenden Fischen. Das Leben hatte sie an die Dunkelheit angepasst. Dasselbe Leben passte sie an das Licht an. Für diese Metamorphose hatte es genügt, dass sie lebendig waren.

 

So auch bei uns. In den Stunden unserer Tage und Jahre durschreiten wir unzählige Welten. Manchmal sind wir unter den Blinden, manchmal unter den Hellsichtigen, manchmal unter den Sehenden.

Wir sind unterwegs mit denen, die sich freuen, und am nächsten Tage mit denen, die leiden. Wir begegnen dem Lachen, wir begegnen den Tränen.

Doch mitten unter allen bleiben wir lebendig, und als Lebendige tragen wir in uns den Keim für alle Verwandlungen, die notwendig sind.

 

Von dem blinden Fisch wurde nicht anderes verlangt, als im Wasser lebendig zu bleiben, und sein Leben schenkte ihm Augen, als das Wasser immer heller wurde.

 

Von uns ist nichts anderes verlangt, als im überquellenden Leben Gottes zu bleiben.

Er ist es, der uns Augen schenkt.

Er ist es, der uns ein Herz schenkt.

Er ist es, der uns die Liebe schenkt.

 

Madeleine Delbrêl

 

Aus: Annette Schleinzer (Hrsg.): Du lebtest, und ich wusste es nicht, S.105-107.

 

Evangelium:  

 

Joh 3, 16-18:

 

16 Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat.

17 Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird.

18 Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er nicht an den Namen des einzigen Sohnes Gottes geglaubt hat.

Komm und störe mich, Heiliger Geist!

 

Das Pfingstevangelium erinnert uns heute an das Osterereignis. Die Geistsendung, die wir an Pfingsten feiern, gehört ganz deutlich zum Ostergeschehen dazu und verbindet die beiden Hochfeste. Und nicht nur das – der Heilige Geist verbindet die Jünger für immer mit dem auferstandenen Herrn und somit auch uns alle als Christi NachfolgerInnen.

Doch was bedeutet es, den Heiligen Geist ganz in mein Leben hineinwirken zu lassen? Ich glaube, dass ich ihn durch das sogenannte Bauchgefühl erspüren kann und vor allem in Entscheidungssituationen zu Rate ziehen darf. Ein ungutes Bauchgefühl hilft mir auch dabei, innezuhalten und in gewissen Situationen mein Handeln zu hinterfragen und eventuell einen anderen Weg einzuschlagen. Diese Warnzeichen schätze ich sehr und bin sehr dankbar dafür, dass der Heilige Geist einschreitet. Sicherlich fühlt sich dieses Einschreiten nicht immer angenehm an und es gibt definitiv Situationen, in denen ich es lieber ignoriert und einfach weitergemacht habe – was sich allerdings erfahrungsgemäß immer als nachteilig für mich erwiesen hat…

Um den Heiligen Geist zu beten und ihn zu bitten, in mein Leben zu kommen, hat also automatisch eine zweite Facette zur Folge: „Komm und störe mich, Heiliger Geist!“ Diese Bitte auszusprechen, muss ich bereit sein, um das Wirken des Geistes vollumfänglich in meinem Leben zuzulassen. Ich eröffne ihm so Gelegenheit, falls nötig, auch ganz plötzlich und unerwartet die Notbremse zu ziehen und mich wieder auf das richtige Gleis zu verweisen. Dieser Handgriff soll allerdings nur bei wirklicher Gefahr gezogen werden – so wie es auch auf dem Warnschild heißt.

Und weiter heißt es: Jeder Mißbrauch wird bestraft! Eingebungen des Heiligen Geistes zu verfälschen oder ihn selbst als Machtinstrument zu missbrauchen, sei uns fern! Wie von den Begrifflichkeiten abzuleiten ist, handelt es sich dabei um Geistlichen Missbrauch, der unendlich viel Leid und Schaden anrichtet. Die Verbindung zum Heiligen Geist ist eine ganz persönliche Beziehung, die durch Geistliche Begleitung unterstützt und vertieft werden kann – jedoch niemals durch eine andere Person dominiert werden darf! Diese sinnstiftende Begleitung im Glauben und in der Christus- sowie Gottesbeziehung unter Einbeziehung des Heiligen Geistes ist auch eines unserer Anliegen im Katholischen Forum in unserer Tätigkeit als SeelsorgerInnen.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Joh 20, 19-23: Die Erscheinung Jesu vor allen Jüngern am Osterabend

19 Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden bei verschlossenen Türen beisammen waren, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch!

20 Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, als sie den Herrn sahen.

21 Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.

22 Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sagte zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist!

23 Denen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; denen ihr sie behaltet, sind sie behalten.

Gott ist nicht unser Problemlöser!

 

Nur allzu gut kenne ich Gespräche, in denen die Wirkkraft Gottes infrage gestellt wird. Es gibt die Vorstellung, dass Gott immer hilfsbereit und als Problemlöser parat stehen muss. Macht der Glaube denn Sinn, wenn nicht sichergestellt ist, dass jedes Gebet erhört wird und Gott in jeder Notlage einschreitet und uns rettet?

Natürlich glauben wir daran, dass unser Gott Wunder bewirken kann und uns in der Bedrängnis nahe ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass auf jedes Stoßgebet eine Antwort oder eine Rettungsaktion mit sofortiger Wirkung folgt!

 

Dazu fällt mir folgende Geschichte ein:

 

Als ich in der Früh im Bett lag und nicht mehr schlafen konnte

und die Uhr einsam tickte, da stellte ich mir einen Engel vor.

Er kam direkt zur Tür herein und setzte sich auf meine Bettkante.

Da war ich nicht mehr allein.

„Mach, dass alles wieder gut ist“, sagte ich.

Der Engel schüttelte bedauernd den Kopf.

„Das kann ich nicht. Ich bin kein Zauberer.“

Ich war enttäuscht. „Was kannst du dann?“

„Ich kann bei dir sein, bis es wieder gut ist.“

Susanne Niemeyer

 

Auch Gott ist kein Zauberer! Er kann gewisse Situationen und Lebenswege nicht hinwegnehmen, doch er hilft uns durch das Leid hindurch.

 

Wie Jesus in seiner Abschiedsrede auch seinen Jüngern verkündet, schenkt Gott uns darüber hinaus das ewige Leben – das größte Geschenk, das wir uns vorstellen können.

Gott wird in unserer Welt sichtbar und schlägt Wurzeln in unserem Leben, die uns tragen und gedeihen lassen. Mit seiner Hilfe und Kraft können wir blühen und erfüllt leben.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Joh 17, 1-11: Das Gebet des scheidenden Jesus

1 Dies sprach Jesus. Und er erhob seine Augen zum Himmel und sagte: Vater, die Stunde ist gekommen. Verherrliche deinen Sohn, damit der Sohn dich verherrlicht! 2 Denn du hast ihm Macht über alle Menschen gegeben, damit er allen, die du ihm gegeben hast, ewiges Leben schenkt. 3 Das aber ist das ewige Leben: dass sie dich, den einzigen wahren Gott, erkennen und den du gesandt hast, Jesus Christus. 4 Ich habe dich auf der Erde verherrlicht und das Werk zu Ende geführt, das du mir aufgetragen hast. 5 Jetzt verherrliche du mich, Vater, bei dir mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, bevor die Welt war! 6 Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Sie gehörten dir und du hast sie mir gegeben und sie haben dein Wort bewahrt. 7 Sie haben jetzt erkannt, dass alles, was du mir gegeben hast, von dir ist. 8 Denn die Worte, die du mir gabst, habe ich ihnen gegeben und sie haben sie angenommen. Sie haben wahrhaftig erkannt, dass ich von dir ausgegangen bin, und sie sind zu dem Glauben gekommen, dass du mich gesandt hast. 9 Für sie bitte ich; nicht für die Welt bitte ich, sondern für alle, die du mir gegeben hast; denn sie gehören dir. 10 Alles, was mein ist, ist dein, und was dein ist, ist mein; in ihnen bin ich verherrlicht. 11 Ich bin nicht mehr in der Welt, aber sie sind in der Welt und ich komme zu dir.

Eine Zelle der Liebe bewirkt mehr als eine ganze Armee!

 

Wir Christen und Christinnen sind dazu aufgerufen, unseren Glauben und die Liebe Gottes in die Welt zu tragen. Für die einen ist dies eine erfüllende Aufgabe, die ihrem Leben Sinn gibt – für die anderen aber eine auferlegte Pflicht, die sie unter Druck setzt.

Die Liebe, von der Jesus spricht, ist jedoch weitaus mehr als nur Erfüllung von Pflichten durch uns. Er verheißt uns den Heiligen Geist als Beistand: die Liebe Gottes in Person, die Freude Gottes, die Kraft Gottes. Wir glaubenden und liebenden Menschen werden zu Gott kommen und bei ihm wohnen. Göttliche Weite und Fülle wird uns geschenkt, wenn wir bereit sind, die Gabe Gottes anzunehmen.

Auch wenn Jesus als Person heute nicht mehr bei uns ist, lässt er uns nicht mit leeren Händen zurück. Indem wir sein Wort und seine Weisung mitnehmen in unseren Alltag, dürfen wir darauf vertrauen, dass der Heilige Geist uns als Beistand begleitet und wir mit der Liebe Gottes beschenkt werden.

 

Und dennoch bleibt für viele die Frage so groß, ob es sich denn wirklich lohnt und die Taten effektiv genug sind, um unsere Mitmenschen zu erreichen und das Reich Gottes weiter zu bauen auf Erden. Darauf möchte ich mit einem Zitat von Madeleine Delbrêl eingehen: „Seien Sie eine kleine Zelle der Liebe da, wo Sie sind, und Sie werden für die Sache Gottes mehr bewirken als eine ganze Armee […].“

Diese kleine Zelle stelle ich mir bildlich wie eine biologische Zelle mit vielen Synapsen vor, die weitaus mehr Menschen erreichen, als wir uns vielleicht vorstellen können.

 

Um diesem Geheimnis noch näher zu kommen, begeben wir uns in der kommenden Woche auf die Spuren der französischen Sozialarbeiterin und dürfen ihrem Wirken in Ivry, einer Vorstadt von Paris, hautnah nachspüren. Madeleine Delbrêl gilt uns als Vorbild und ‚Schutzpatronin‘, und so ist es nun an der Zeit, sich konkret auf den Weg nach Frankreich ‚vorwärts zu ihren Wurzeln‘ zu machen.

 

Wir werden nicht die ganze Welt verändern. Aber vielleicht können wir als „Zelle“ an unserem kleinen Ort, in unserer begrenzten Zeit sinnvoll etwas zum großen Ganzen beitragen, damit es Hoffnung auf der Erde gibt.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

 

Joh 14, 15-21:

 

15 Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten. 16 Und ich werde den Vater bitten und er wird euch einen anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll, 17 den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht sieht und nicht kennt. Ihr aber kennt ihn, weil er bei euch bleibt und in euch sein wird. 18 Ich werde euch nicht als Waisen zurücklassen, ich komme zu euch. 19 Nur noch kurze Zeit und die Welt sieht mich nicht mehr; ihr aber seht mich, weil ich lebe und auch ihr leben werdet. 20 An jenem Tag werdet ihr erkennen: Ich bin in meinem Vater, ihr seid in mir und ich bin in euch. 21 Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt; wer mich aber liebt, wird von meinem Vater geliebt werden und auch ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren.

Jesus bereitet uns die ewige Wohnung

 

Das Gefühl der Heimat und des Zuhauses ist für viele ein so wohliges und wichtiges Empfinden. Eine eigene Familie gründen, gemeinsam wohnen und vielleicht sogar ein Eigenheim besitzen, das lebenslang als Zuhause gelten kann – das ist das Lebensziel.

 

Aber ist Heimat durch einen festen Ort schon ausgefüllt? Heimat ist kein Ort, Heimat ist ein Gefühl heißt es auch in Herbert Grönemeyers Lied „Heimat“. Und weiter heißt es in einer Strophe:

Wer zieht zuerst am gleichen Strang

Wer glaubt an die gleiche Idee

Wer lebt den halben Traum vom Ziel

Wer traut sich zuerst über’n See

 

Diese Zeilen suggerieren, dass es auch die Mitmenschen sind, die uns das Gefühl von Heimat vermitteln oder zumindest näherbringen können. Es sind die Menschen, die mit mir am gleichen Strang ziehen und die ähnliche Ziele verfolgen. Gemeinsam träumen und Wagnisse eingehen, schweißt zusammen, erzeugt Bindung und gibt Halt.

 

Doch was geschieht, wenn wir dieses Gefühl im irdischen Leben nicht ausfüllen können oder nicht einmal erahnen dürfen? Vielleicht haben wir Heimat in unserem Leben erfahren, doch dann ist eine Beziehung in die Brüche gegangen und wir haben das Gefühl wieder verloren. Ist es dann eine für immer vertane Chance gewesen?

 

NEIN.

 

Jesus spricht uns zu, dass er im ewigen Leben einen Platz für uns vorbereiten wird. Die vielen Wohnungen im Hause Gottes warten darauf, von uns bewohnt zu werden und stehen bereit. Auch hier sind das Haus und die Wohnungen darin symbolisch zu verstehen, denn das Heimatgefühl füllt Gott auf vielfältige Weise und vor allem in Vollkommenheit aus.

Ja, bei Gott, dem Höchsten, hast du Heimat gefunden. (Psalm 91, 9b).

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  

Joh 14, 1-12:

1 Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott und glaubt an mich! 2 Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, hätte ich euch dann gesagt: Ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten? 3 Wenn ich gegangen bin und einen Platz für euch vorbereitet habe, komme ich wieder und werde euch zu mir holen, damit auch ihr dort seid, wo ich bin. 4 Und wohin ich gehe – den Weg dorthin kennt ihr. 5 Thomas sagte zu ihm: Herr, wir wissen nicht, wohin du gehst. Wie können wir dann den Weg kennen? 6 Jesus sagte zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich. 7 Wenn ihr mich erkannt habt, werdet ihr auch meinen Vater erkennen. Schon jetzt kennt ihr ihn und habt ihn gesehen. 8 Philippus sagte zu ihm: Herr, zeig uns den Vater; das genügt uns. 9 Jesus sagte zu ihm: Schon so lange bin ich bei euch und du hast mich nicht erkannt, Philippus? Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen. Wie kannst du sagen: Zeig uns den Vater? 10 Glaubst du nicht, dass ich im Vater bin und dass der Vater in mir ist? Die Worte, die ich zu euch sage, habe ich nicht aus mir selbst. Der Vater, der in mir bleibt, vollbringt seine Werke. 11 Glaubt mir doch, dass ich im Vater bin und dass der Vater in mir ist; wenn nicht, dann glaubt aufgrund eben dieser Werke! 12 Amen, amen, ich sage euch: Wer an mich glaubt, wird die Werke, die ich vollbringe, auch vollbringen und er wird noch größere als diese vollbringen, denn ich gehe zum Vater.

Der richtigen Stimme folgen…

 

Die Unterscheidung der Geister ist für viele eine bekannte theologische Thematik sowie alltägliche Herausforderung für viele Gläubige. Ähnliche Gedanken löste das Evangelium in mir aus. Denn es appelliert, die Stimme Jesu zu erkennen bzw. seine Stimme von der eines Fremden zu unterscheiden.

Dabei ist auch nur im übertragenen Sinne eine Stimme gemeint, die akustisch wahrzunehmen ist und klare Aussagen äußert. Jesu Stimme hören wir zumeist in der Stille, aber auch da müssen wir ganz genau hinhören. Denn je nach Situation und Anliegen kommt es doch häufig vor, dass sich alte Gefühle oder auch Wünsche aus der Kindheit einschleichen und diese gar nicht dem Kontext entsprechen geschweige denn angemessen sind.

So braucht es Geduld und vor allem ein gutes Selbstbewusstsein – und zwar im eigentlichen Sinne: sich selbst bewusst sein und das Innere wahrnehmen.

Auf Jesu Stimme hören und seiner Spur folgen: darauf kommt es an. – Den Alltag zu unterbrechen, mich neu auszurichten an dem, was meinem Leben Sinn und Tiefe gibt.

Die Ruhelosigkeit der Menschen ist ein sehr spürbares Phänomen geworden und doch können viele gar nicht genau sagen, was sie so ruhelos macht. Es ist schwer geworden, Gefühle zu identifizieren und diese richtig einzuordnen.

In der Stille und der inneren Ruhe können wir uns wieder sammeln und vielleicht dort die ersehnten Antworten finden für den weiteren (Lebens-)Weg.

Neben der Geduld und Ruhe braucht es allerdings auch einen großen Willen, Jesu Botschaften zu empfangen und zu verstehen. Im Evangelium heißt es, dass die Pharisäer den Sinn nicht verstanden, aber wollten sie es denn auch zutiefst verstehen?

 

Diese Nachfrage meine ich absolut nicht wertend, denn auch jene, die Jesus am besten gekannt haben, erkennen ihn nach seiner Auferstehung nicht sofort und verstehen ihn nicht unmittelbar.

Maria Magdalena erkannte ihn zum Beispiel an seiner Stimme! Diese zu entdecken, richtig hinzuhören und Jesus durch seine Tür zu folgen, möge unser Ziel sein. Er ruft uns alle beim Namen und führt uns in die Freiheit und das Leben in Fülle hinaus! Wenn wir uns auf Jesus einlassen können und seine Worte hören, werden wir Rettung finden.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

 

Joh 10, 1-10

 

Der gute Hirt

1 Amen, amen, ich sage euch: Wer in den Schafstall nicht durch die Tür hineingeht, sondern anderswo einsteigt, der ist ein Dieb und ein Räuber. 2 Wer aber durch die Tür hineingeht, ist der Hirt der Schafe. 3 Ihm öffnet der Türhüter und die Schafe hören auf seine Stimme; er ruft die Schafe, die ihm gehören, einzeln beim Namen und führt sie hinaus. 4 Wenn er alle seine Schafe hinausgetrieben hat, geht er ihnen voraus und die Schafe folgen ihm; denn sie kennen seine Stimme. 5 Einem Fremden aber werden sie nicht folgen, sondern sie werden vor ihm fliehen, weil sie die Stimme der Fremden nicht kennen. 6 Dieses Gleichnis erzählte ihnen Jesus; aber sie verstanden nicht den Sinn dessen, was er ihnen gesagt hatte. 7 Weiter sagte Jesus zu ihnen: Amen, amen, ich sage euch: Ich bin die Tür zu den Schafen. 8 Alle, die vor mir kamen, sind Diebe und Räuber; aber die Schafe haben nicht auf sie gehört. 9 Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden; er wird ein- und ausgehen und Weide finden. 10 Der Dieb kommt nur, um zu stehlen, zu schlachten und zu vernichten; ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.

„Auf dein Wort will ich die Netze auswerfen“ (Lk 5,5)

 

Aller guten Dinge sind 3 – so lautet ein bekanntes Sprichwort. Jesus offenbart sich den Jüngern im heutigen Evangelium bereits zum dritten Male. Er erscheint ihnen beim bisweilen erfolglosen Fischen und ermutigt sie, das Netz auf der rechten Seite auszuwerfen (es bleibt zu vermuten, dass sie es zuvor zur linken Seite getan hatten).

Sie tun es und fangen so viele Fische, dass sie das Netz nicht mehr einholen können. Daraufhin erkennen sie den Herrn und Simon Petrus ist so erschrocken, dass er ins Wasser springt und erst am Ufer wieder unter die Jünger und Jesus tritt, um das Netz an Land zu ziehen. Es sind 153 Fische, die sie gefangen haben – auch hier kam mir eine vielleicht etwas weit hergeholte Verbindung zur Zahl 3, denn die Quersumme (1+5+3 = 9) ist wiederum durch 3 teilbar.

„…und obwohl es so viele waren, zerriss das Netz nicht.“ (Joh 21,11b) Dies ist eine tolle Symbolik Jesu, denn auch er ist uns ein sicheres Netz. Den Jüngern gegenüber hält er sein Versprechen, dass sie zu essen finden werden und er sie sicher an Land bringen werde.

Obwohl Simon Petrus im ersten Augenblick sehr erschrocken ist und sich abrupt der Situation entzieht, vertraut er Jesus und nutzt die nächste Chance, um am Ufer das Netz voller Fische an Land zu ziehen. Er ist so überwältigt von der Erscheinung Jesu, dass er mutig ins Wasser springt. Er hat keinen Zweifel, dass Jesu Worte wahr sind.

 

Dass wir dieses sichere Netz immer unter den Füßen haben und nicht tiefer als in Gottes Hand fallen können, mögen wir uns immer wieder vergegenwärtigen. Und auch wenn uns gewisse Situationen überwältigen und wir erst einmal fliehen, können wir jederzeit zu Jesus zurückkehren – sein Versprechen bleibt bestehen!

 

Auch wenn die Fülle des Netzes auf dem Foto nicht so deutlich sichtbar wird, dürfen wir darauf vertrauen: Gott hat für uns ein Leben in Fülle vorgesehen – eine Fülle, die nicht materiell messbar ist, sondern die Seele erfüllt.

 

Es bleibt das Staunen über das, was Jesus in uns und unter uns wirkt. Und die Dankbarkeit für das Geschenk, ihm begegnen zu dürfen – auch über die 3 Male hinaus!

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

Joh 21, 1-14: Die Erscheinung Jesu am See von Tiberias

1 Danach offenbarte sich Jesus den Jüngern noch einmal, am See von Tiberias, und er offenbarte sich in folgender Weise. 2 Simon Petrus, Thomas, genannt Didymus, Natanaël aus Kana in Galiläa, die Söhne des Zebedäus und zwei andere von seinen Jüngern waren zusammen. 3 Simon Petrus sagte zu ihnen: Ich gehe fischen. Sie sagten zu ihm: Wir kommen auch mit. Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot. Aber in dieser Nacht fingen sie nichts. 4 Als es schon Morgen wurde, stand Jesus am Ufer. Doch die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war. 5 Jesus sagte zu ihnen: Meine Kinder, habt ihr keinen Fisch zu essen? Sie antworteten ihm: Nein. 6 Er aber sagte zu ihnen: Werft das Netz auf der rechten Seite des Bootes aus und ihr werdet etwas finden. Sie warfen das Netz aus und konnten es nicht wieder einholen, so voller Fische war es. 7 Da sagte der Jünger, den Jesus liebte, zu Petrus: Es ist der Herr! Als Simon Petrus hörte, dass es der Herr sei, gürtete er sich das Obergewand um, weil er nackt war, und sprang in den See. 8 Dann kamen die anderen Jünger mit dem Boot – sie waren nämlich nicht weit vom Land entfernt, nur etwa zweihundert Ellen – und zogen das Netz mit den Fischen hinter sich her. 9 Als sie an Land gingen, sahen sie am Boden ein Kohlenfeuer und darauf Fisch und Brot liegen. 10 Jesus sagte zu ihnen: Bringt von den Fischen, die ihr gerade gefangen habt! 11 Da stieg Simon Petrus ans Ufer und zog das Netz an Land. Es war mit hundertdreiundfünfzig großen Fischen gefüllt, und obwohl es so viele waren, zerriss das Netz nicht. 12 Jesus sagte zu ihnen: Kommt her und esst! Keiner von den Jüngern wagte ihn zu befragen: Wer bist du? Denn sie wussten, dass es der Herr war. 13 Jesus trat heran, nahm das Brot und gab es ihnen, ebenso den Fisch. 14 Dies war schon das dritte Mal, dass Jesus sich den Jüngern offenbarte, seit er von den Toten auferstanden war.

Hab Mut zum Unglauben!

 

Der ungläubige Zweifler Thomas ist vielen als einer der Jünger Jesu bekannt und auch die biblische Geschichte dahinter, in welcher Thomas Jesus den Finger in die Wunde halten durfte. Er ist eine umstrittene Figur und doch so zentral und wichtig für den christlichen Glauben, der doch auf natürliche Weise von Zweifeln und Zeiten des Unglaubens geprägt ist.

Thomas zeigt uns, dass wir Ansichten und Gegebenheiten nicht einfach hinzunehmen und sogar anzunehmen brauchen, sondern dass das Nachfragen sich lohnt und den eigenen Glauben stark vertiefen kann. Doch für dieses Erleben muss Thomas viel Geduld aufbringen – 8 Tage muss er auf die persönliche Begegnung mit seinem Herrn warten, nachdem die anderen Jünger ihm von der ersten Erscheinung berichtet haben.

Ich kann es gut nachvollziehen, dass Thomas mit dieser Situation haderte. Er fragt sich vermutlich, wieso er nicht dabei sein durfte und fühlt sich ausgeschlossen. Denn Jesus kommt nicht gleich. Eine Woche dauert es, eine Woche voller Warten-müssen, Aushalten-müssen, Ringen-müssen. Eine lange Zeit, in der einiges geschehen kann und auch geschieht. Dabei hat doch auch Thomas – genau wie die anderen Jünger – im gleichen Maße an Jesu Wirken teilgehabt und unter seinem Tod gelitten. Wieso wird nicht auch er mit der Begegnung des Auferstandenen aufgebaut und mit neuer Hoffnung erfüllt? Er ist sicherlich enttäuscht und frustriert oder fühlt sich sogar minderwertig – 8 Tage lang!

 

Warten können und sich in Geduld üben scheint ein fester Bestandteil des Weges zu sein. Jesus begegnet Thomas nach dieser Zeit nicht im stillen Kämmerlein, er tritt durch die verschlossene Tür mitten in die Gemeinschaft der Jünger, die gemeinsam ausharren und sich tragen. Vielleicht ist dies eine Weisung oder ein Appell an uns alle:

Verliere nur nicht so schnell die Geduld und suche die Gemeinschaft von Menschen, die Jesus begegnet sind und höre auf ihre Erfahrungen – dann kannst du damit rechnen, dass Jesus auch durch deine verschlossenen Türen kommt.

 

Glaube und Zweifel werden wohl immer zusammengehören. Gerade deswegen aber ist die Geschichte von Thomas so bedeutsam, weil sie das Versprechen gibt, dass wir trotz aller Zweifel mit Jesus rechnen dürfen.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium: Joh 20, 19-31

 

19 Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden bei verschlossenen Türen beisammen waren, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! 20 Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, als sie den Herrn sahen. 21 Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. 22 Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sagte zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! 23 Denen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; denen ihr sie behaltet, sind sie behalten.

24 Thomas, der Didymus genannt wurde, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. 25 Die anderen Jünger sagten zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er entgegnete ihnen: Wenn ich nicht das Mal der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in das Mal der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht. 26 Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder drinnen versammelt und Thomas war dabei. Da kam Jesus bei verschlossenen Türen, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch! 27 Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger hierher aus und sieh meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! 28 Thomas antwortete und sagte zu ihm: Mein Herr und mein Gott! 29 Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.

30 Noch viele andere Zeichen hat Jesus vor den Augen seiner Jünger getan, die in diesem Buch nicht aufgeschrieben sind. 31 Diese aber sind aufgeschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben Leben habt in seinem Namen.

Ein Engel, der dir deinen Weg weist…

 

Ein Engel Gottes führe dich aus der Enge in die Weite,

aus der Angst ins Vertrauen.

Ein Engel, der Türen öffnet, damit du heraustrittst

aus deinen inneren Zwängen und Mut findest,

du selbst zu sein.

Ein Engel, dem du folgst auf dem Weg in die Freiheit,

für das zu leben, was dich im Herzen bewegt.

Dorthin, wovon du nicht zu träumen wagst.

 

E rhört

N icht allein

G eborgen

E rleuchtend

L ebensretter

 

Ein Engel, der dir richtig zuhört

Der das verjagt, was dich nachts in deiner Ruh‘ stört

Ein Engel, der dich mal im Arm hält

Und der im Winter deine Heizung auf warm stellt

Ein Engel, der dir einen Brief schreibt

Der mit dir wach bleibt, wenn die Angst dich umtreibt

Und der sich für dich den Kopf zerbricht

Du sagst: „diesen Engel gibt es nicht“

 

Doch dieser Engel ist da

Um dich zu schützen und zu halten

Dieser Engel ist da

Jeden Tag in verschiedenen Gestalten

Er lässt dich nie im Regen stehen

Er lässt dich nie allein

Doch er ist leicht zu übersehen

Denn er kann überall sein                                                (WISE GUYS: „Ein Engel“)

 

Evangelium:

 

Mt 28, 1-10: Die Frauen am leeren Grab

1 Nach dem Sabbat, beim Anbruch des ersten Tages der Woche, kamen Maria aus Magdala und die andere Maria, um nach dem Grab zu sehen. 2 Und siehe, es geschah ein gewaltiges Erdbeben; denn ein Engel des Herrn kam vom Himmel herab, trat an das Grab, wälzte den Stein weg und setzte sich darauf. 3 Sein Aussehen war wie ein Blitz und sein Gewand weiß wie Schnee. 4 Aus Furcht vor ihm erbebten die Wächter und waren wie tot. 5 Der Engel aber sagte zu den Frauen: Fürchtet euch nicht! Ich weiß, ihr sucht Jesus, den Gekreuzigten. 6 Er ist nicht hier; denn er ist auferstanden, wie er gesagt hat. Kommt her und seht euch den Ort an, wo er lag! 7 Dann geht schnell zu seinen Jüngern und sagt ihnen: Er ist von den Toten auferstanden und siehe, er geht euch voraus nach Galiläa, dort werdet ihr ihn sehen. Siehe, ich habe es euch gesagt. 8 Sogleich verließen sie das Grab voll Furcht und großer Freude und sie eilten zu seinen Jüngern, um ihnen die Botschaft zu verkünden.

 

9 Und siehe, Jesus kam ihnen entgegen und sagte: Seid gegrüßt! Sie gingen auf ihn zu, warfen sich vor ihm nieder und umfassten seine Füße. 10 Da sagte Jesus zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Geht und sagt meinen Brüdern, sie sollen nach Galiläa gehen und dort werden sie mich sehen.

Als Minderheiten-Christentum sollten wir mutiger und frecher sein

 

Großbritannien und Deutschland haben im letzten Jahr bemerkt, dass inzwischen weniger als die Hälfte der Bevölkerung den christlichen Glauben teilen. Im Blick auf den Missionsauftrag ‚Macht alle Menschen zu meinen Jüngern‘ ist das ein Rückschlag.

 

Man kann darauf mit Selbstmitleid reagieren, was allerdings eine der unproduktivsten Regungen der Seele ist. Oder man kann versuchen, es sich in dem zu groß gewordenen Haus der Volkskirche doch noch irgendwie einzurichten. Im Stil etwas zurückhaltender vielleicht, aber immer noch recht bequem: Ressourcen sind ja durchaus noch vorhanden. So ähnlich wie die einstigen Herrscherhäuser nach 1918, die dann doch noch eine ganze Weile recht komfortabel über die Runden gekommen sind.

Besser nehmen wir das allerdings als Anlass zur Rückbesinnung. Der christliche Glaube ist ja nicht als Staatsreligion auf die Welt gekommen. Vor der konstantinischen Wende war er Minderheit, Diaspora; nicht Volkskirche, sondern Salz der Erde und Sauerteig.

Wenn es wieder so wird, dann muss das Minderheiten-Christentum auch nicht mehr so staatstragend sein. ‚Nicht staatstragend‘, das heißt: nicht mehr unbedingt konsensorientiert und breitenkompatibel. Das entspricht dem Evangelium, wo es ein paar Handlungsempfehlungen gibt, die nicht ins bürgerliche Weltbild oder zum Kategorischen Imperativ passen: die Empfehlung der Ehelosigkeit kommt einem in den Sinn, oder der Rat: ‚Geh und verkaufe alles, was du hast, und gib das Geld den Armen.‘ Oder: ‚Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt.‘

Gerade bei diesen sperrigen Sätzen erhaschen wir etwas vom Göttlichen. Das Evangelium ist immer wieder paradox. Diese Paradoxien haben das System einer christlichen Welt- und Gesellschaftsethik immer schon angebohrt und etwas göttliche Frischluft eindringen lassen. Wenn dieser Wind jetzt stärker wehen darf, wird das nachkonstantinische Christentum mutiger und frecher. Gott helfe, dass uns dabei so viel Weltläufigkeit erhalten bleibt, dass es ohne Engstirnigkeit und Sektierertum abgeht.

 

Jeremias Schröder, Abtprimas der Benediktinerkongregation von St. Ottilien

 

(Quelle: STANDPUNKT auf ‚Katholisch.de‘ – veröffentlicht am 15.03.2023 um 00:01 Uhr)

 

 

Evangelium:

 

Mt 21, 1-11: Der Einzug in Jerusalem

 

1 Als sie sich Jerusalem näherten und nach Betfage am Ölberg kamen, schickte Jesus zwei Jünger aus 2 und sagte zu ihnen: Geht in das Dorf, das vor euch liegt; dort werdet ihr eine Eselin angebunden finden und ein Fohlen bei ihr. Bindet sie los und bringt sie zu mir! 3 Und wenn euch jemand zur Rede stellt, dann sagt: Der Herr braucht sie, er lässt sie aber bald zurückbringen. 4 Das ist geschehen, damit sich erfüllte, was durch den Propheten gesagt worden ist: 5 Sagt der Tochter Zion: / Siehe, dein König kommt zu dir. / Er ist sanftmütig / und er reitet auf einer Eselin / und auf einem Fohlen, / dem Jungen eines Lasttiers. 6 Die Jünger gingen und taten, wie Jesus ihnen aufgetragen hatte. 7 Sie brachten die Eselin und das Fohlen, legten ihre Kleider auf sie und er setzte sich darauf. 8 Viele Menschen breiteten ihre Kleider auf dem Weg aus, andere schnitten Zweige von den Bäumen und streuten sie auf den Weg. 9 Die Leute aber, die vor ihm hergingen und die ihm nachfolgten, riefen: Hosanna dem Sohn Davids! / Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn. / Hosanna in der Höhe! 10 Als er in Jerusalem einzog, erbebte die ganze Stadt und man fragte: Wer ist dieser? 11 Die Leute sagten: Das ist der Prophet Jesus von Nazaret in Galiläa.

Jesus weint…

 

Wie wohltuend ist es, bei Kummer und Schmerz einfach die Tränen laufen und die Traurigkeit aus der Seele fließen zu lassen! Auch wenn viele Menschen sich dafür schämen, weinend gesehen zu werden, bin ich überzeugt davon, dass es ein großes Glück ist, die Fähigkeit zum Weinen zu besitzen. Ich bin sogar dankbar darüber, dass wir teilweise sogar die Kontrolle verlieren und die Tränen gar nicht mehr zurückhalten können. Denn auch hier gilt der allzu wahre Satz von Petrus Ceelen:

Deine Schwächen machen dich erst zu dem Menschen, für den andere eine Schwäche haben. (Petrus Ceelen: Was ich Euch noch sagen wollte, S. 48.)

 

Im heutigen Evangelium zeigt auch Jesus Tränen und gibt mit ihnen seiner großen Traurigkeit Ausdruck. Es tut ihm weh, dass die Schwestern von Lazarus so sehr leiden und ihren Bruder vermissen. Sie hingegen trauern nicht nur um den Verlust, sondern auch darum, dass Jesus nicht zur Stelle gewesen war und den Tod hätte verhindern können. Die Betroffenen stellen sich vermutlich viele Fragen, warum dies so gewesen ist. Lazarus wird letztlich von den Toten auferweckt, aber warum musste es so weit kommen?

Wenn Gott nicht sofort hilft, heißt das nicht, dass es ihm egal ist. Gottes Wege sind häufig unergründlich für uns Menschen und unterscheiden sich von unseren Plänen und Vorstellungen. Und obwohl Gott einen herrlichen Plan für Lazarus hatte, obwohl Jesus wusste, dass Lazarus in Kürze das Wunder der Auferstehung zuteil wird, weint Jesus. Der menschgewordene Sohn tritt mit den Emotionen der anderen in Resonanz und es überkommen ihn selbst Tränen. Denn Jesus weint mit ihnen und mit uns, weil Jesus leidet, wenn wir leiden – obwohl er den guten großen Plan für uns kennt. Gott steht uns so nahe, dass er diese tiefen Emotionen nicht zurückhalten kann. (Seine) Tränen stiften Beziehung und machen uns deutlich, dass auch jede zwischenmenschliche Beziehung daran wächst und sich intensiviert, wenn wir Weinen zulassen können. Auch gemeinsames Weinen lässt das geteilte Leid lindern.

Und so dürfen wir auf die Worte Petri vertrauen, die von der wohltuenden Erfahrung überstandenen Leids sprechen und zugleich ihre Notwendigkeit nicht verleugnen:

„Nachdem ihr eine Weile gelitten habt, wird er euch aufbauen, stärken und kräftigen; und er wird euch auf festen Grund stellen.“ (1. Petrus Kapitel 5, Vers 10)

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

 

Joh 11, 1–45: Die Auferweckung des Lazarus

1 Ein Mann war krank, Lazarus aus Betanien, dem Dorf der Maria und ihrer Schwester Marta. 2 Maria war jene, die den Herrn mit Öl gesalbt und seine Füße mit ihren Haaren abgetrocknet hatte; deren Bruder Lazarus war krank. 3 Daher sandten die Schwestern Jesus die Nachricht: Herr, sieh: Der, den du liebst, er ist krank. 4 Als Jesus das hörte, sagte er: Diese Krankheit führt nicht zum Tod, sondern dient der Verherrlichung Gottes. Durch sie soll der Sohn Gottes verherrlicht werden. 5 Jesus liebte aber Marta, ihre Schwester und Lazarus. 6 Als er hörte, dass Lazarus krank war, blieb er noch zwei Tage an dem Ort, wo er sich aufhielt. 7 Danach sagte er zu den Jüngern: Lasst uns wieder nach Judäa gehen. 8 Die Jünger sagten zu ihm: Rabbi, eben noch suchten dich die Juden zu steinigen und du gehst wieder dorthin? 9 Jesus antwortete: Hat der Tag nicht zwölf Stunden? Wenn jemand am Tag umhergeht, stößt er nicht an, weil er das Licht dieser Welt sieht; 10 wenn aber jemand in der Nacht umhergeht, stößt er an, weil das Licht nicht in ihm ist. 11 So sprach er. Dann sagte er zu ihnen: Lazarus, unser Freund, schläft; aber ich gehe hin, um ihn aufzuwecken. 12 Da sagten die Jünger zu ihm: Herr, wenn er schläft, dann wird er gesund werden. 13 Jesus hatte aber von seinem Tod gesprochen, während sie meinten, er spreche von dem gewöhnlichen Schlaf. 14 Darauf sagte ihnen Jesus unverhüllt: Lazarus ist gestorben. 15 Und ich freue mich für euch, dass ich nicht dort war; denn ich will, dass ihr glaubt. Doch wir wollen zu ihm gehen. 16 Da sagte Thomas, genannt Didymus, zu den anderen Jüngern: Lasst uns mit ihm gehen, um mit ihm zu sterben! 17 Als Jesus ankam, fand er Lazarus schon vier Tage im Grab liegen. 18 Betanien war nahe bei Jerusalem, etwa fünfzehn Stadien entfernt. 19 Viele Juden waren zu Marta und Maria gekommen, um sie wegen ihres Bruders zu trösten. 20 Als Marta hörte, dass Jesus komme, ging sie ihm entgegen, Maria aber blieb im Haus sitzen. 21 Marta sagte zu Jesus: Herr, wärst du hier gewesen, dann wäre mein Bruder nicht gestorben. 22 Aber auch jetzt weiß ich: Alles, worum du Gott bittest, wird Gott dir geben. 23 Jesus sagte zu ihr: Dein Bruder wird auferstehen. 24 Marta sagte zu ihm: Ich weiß, dass er auferstehen wird bei der Auferstehung am Jüngsten Tag. 25 Jesus sagte zu ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, 26 und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben. Glaubst du das? 27 Marta sagte zu ihm: Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommen soll. 28 Nach diesen Worten ging sie weg, rief heimlich ihre Schwester Maria und sagte zu ihr: Der Meister ist da und lässt dich rufen. 29 Als Maria das hörte, stand sie sofort auf und ging zu ihm. 30 Denn Jesus war noch nicht in das Dorf gekommen; er war noch dort, wo ihn Marta getroffen hatte. 31 Die Juden, die bei Maria im Haus waren und sie trösteten, sahen, dass sie plötzlich aufstand und hinausging. Da folgten sie ihr, weil sie meinten, sie gehe zum Grab, um dort zu weinen. 32 Als Maria dorthin kam, wo Jesus war, und ihn sah, fiel sie ihm zu Füßen und sagte zu ihm: Herr, wärst du hier gewesen, dann wäre mein Bruder nicht gestorben. 33 Als Jesus sah, wie sie weinte und wie auch die Juden weinten, die mit ihr gekommen waren, war er im Innersten erregt und erschüttert. 34 Er sagte: Wo habt ihr ihn bestattet? Sie sagten zu ihm: Herr, komm und sieh! 35 Da weinte Jesus. 36 Die Juden sagten: Seht, wie lieb er ihn hatte! 37 Einige aber sagten: Wenn er dem Blinden die Augen geöffnet hat, hätte er dann nicht auch verhindern können, dass dieser hier starb? 38 Da wurde Jesus wiederum innerlich erregt und er ging zum Grab. Es war eine Höhle, die mit einem Stein verschlossen war. 39 Jesus sagte: Nehmt den Stein weg! Marta, die Schwester des Verstorbenen, sagte zu ihm: Herr, er riecht aber schon, denn es ist bereits der vierte Tag. 40 Jesus sagte zu ihr: Habe ich dir nicht gesagt: Wenn du glaubst, wirst du die Herrlichkeit Gottes sehen? 41 Da nahmen sie den Stein weg. Jesus aber erhob seine Augen und sprach: Vater, ich danke dir, dass du mich erhört hast. 42 Ich wusste, dass du mich immer erhörst; aber wegen der Menge, die um mich herumsteht, habe ich es gesagt, damit sie glauben, dass du mich gesandt hast. 43 Nachdem er dies gesagt hatte, rief er mit lauter Stimme: Lazarus, komm heraus! 44 Da kam der Verstorbene heraus; seine Füße und Hände waren mit Binden umwickelt und sein Gesicht war mit einem Schweißtuch verhüllt. Jesus sagte zu ihnen: Löst ihm die Binden und lasst ihn weggehen! 45 Viele der Juden, die zu Maria gekommen waren und gesehen hatten, was Jesus getan hatte, kamen zum Glauben an ihn.

Alles eine Frage der Sünde?!

 

Das heutige Evangelium zeigt sehr deutlich, dass in der Gesellschaft auch noch heute der Schuld-Ergehen-Zusammenhang eine zentrale Rolle im Denken der Menschen spielt. Die Sünde ist das Kriterium und das Maß zur Beurteilung von Geschehnissen und Ereignissen, die uns ereilen und über uns hineinbrechen. Die Warum-Frage ist riesengroß und die Menschen begeben sich schnell in eine Opferrolle, statt nach dem Wozu und den Chancen zu fragen.

Erstaunlich ist es auch, dass die Menschen unbedingt wissen möchten, was geschehen ist und über das Geschehene richten wollen. Die gewisse Neugier bei solch einem Wunder ist allzu menschlich und doch frage ich mich, welche Motivationen noch dahinter stecken. Möchten die kritischen Stimmen jemanden verurteilen oder steckt vielleicht auch ein gewisser Neid dahinter? Natürlich wird das gesamte Denken auf den Kopf gestellt. Denn einem vermeintlichen Sünder, der aufgrund seiner angeborenen Blindheit in diesem Verständnis sündhaft sein muss, wird solch ein Glück zuteil. Ein Schlüsselmoment, das den Umherstehenden dennoch nicht schlüssig zu sein scheint, sodass sie immer wieder nachfragen und auch bei den Eltern des Geheilten Nachforschungen anstellen. Die Ungläubigkeit über die Aussagen bringen sie zum Zorn und sie stoßen den Mann hinaus. So tief überzeugt sind sie von ihren Ansichten und ihrem Schuld- und Sündenverständnis, dass sie ihm keinen Glauben schenken können.

 

Schließlich kommt Jesus selbst zu Wort – auch den Pharisäern gegenüber – und obwohl es keine genaue Beschreibung ihrer Reaktion gibt, lässt sich vermuten, dass die Worte Jesu sie zum starken Nachdenken angeregt haben. Die Begegnung mit dem Christus ist für sie notwendig, um gegebenenfalls umzudenken und ihre Blindheit in Bezug auf ihn und die Wunderheilung zu reflektieren.

 

Es ist gar nicht der Anspruch, dass wir immer direkt erkennen, was Jesus und somit Gott von uns möchte. Das muss nicht gelingen und doch ist die Geschichte des geheilten Blindgeborenen ein Ansporn, immer wieder nach dem Willen Gottes zu fragen und ihn zu suchen. Es lohnt sich!

 

Thale Schmitz

 

Evangelium: 

 

Joh 9, 1-41: Die Heilung des Blindgeborenen

1 Unterwegs sah Jesus einen Mann, der seit seiner Geburt blind war. 2 Da fragten ihn seine Jünger: Rabbi, wer hat gesündigt? Er selbst oder seine Eltern, sodass er blind geboren wurde? 3 Jesus antwortete: Weder er noch seine Eltern haben gesündigt, sondern die Werke Gottes sollen an ihm offenbar werden. 4 Wir müssen, solange es Tag ist, die Werke dessen vollbringen, der mich gesandt hat; es kommt die Nacht, in der niemand mehr wirken kann. 5 Solange ich in der Welt bin, bin ich das Licht der Welt. 6 Als er dies gesagt hatte, spuckte er auf die Erde; dann machte er mit dem Speichel einen Teig, strich ihn dem Blinden auf die Augen 7 und sagte zu ihm: Geh und wasch dich in dem Teich Schiloach! Das heißt übersetzt: der Gesandte. Der Mann ging fort und wusch sich. Und als er zurückkam, konnte er sehen. 8 Die Nachbarn und jene, die ihn früher als Bettler gesehen hatten, sagten: Ist das nicht der Mann, der dasaß und bettelte? 9 Einige sagten: Er ist es. Andere sagten: Nein, er sieht ihm nur ähnlich. Er selbst aber sagte: Ich bin es. 10 Da fragten sie ihn: Wie sind deine Augen geöffnet worden? 11 Er antwortete: Der Mann, der Jesus heißt, machte einen Teig, bestrich damit meine Augen und sagte zu mir: Geh zum Schiloach und wasch dich! Ich ging hin, wusch mich und konnte sehen. 12 Sie fragten ihn: Wo ist er? Er sagte: Ich weiß es nicht. 13 Da brachten sie den Mann, der blind gewesen war, zu den Pharisäern. 14 Es war aber Sabbat an dem Tag, als Jesus den Teig gemacht und ihm die Augen geöffnet hatte. 15 Auch die Pharisäer fragten ihn, wie er sehend geworden sei. Er antwortete ihnen: Er legte mir einen Teig auf die Augen und ich wusch mich und jetzt sehe ich. 16 Einige der Pharisäer sagten: Dieser Mensch ist nicht von Gott, weil er den Sabbat nicht hält. Andere aber sagten: Wie kann ein sündiger Mensch solche Zeichen tun? So entstand eine Spaltung unter ihnen. 17 Da fragten sie den Blinden noch einmal: Was sagst du selbst über ihn? Er hat doch deine Augen geöffnet. Der Mann sagte: Er ist ein Prophet. 18 Die Juden aber wollten nicht glauben, dass er blind gewesen und sehend geworden war. Daher riefen sie die Eltern des von der Blindheit Geheilten 19 und fragten sie: Ist das euer Sohn, von dem ihr sagt, dass er blind geboren wurde? Wie kommt es, dass er jetzt sieht? 20 Seine Eltern antworteten: Wir wissen, dass er unser Sohn ist und dass er blind geboren wurde. 21 Wie es kommt, dass er jetzt sieht, das wissen wir nicht. Und wer seine Augen geöffnet hat, das wissen wir auch nicht. Fragt doch ihn selbst, er ist alt genug und kann selbst für sich sprechen! 22 Das sagten seine Eltern, weil sie sich vor den Juden fürchteten; denn die Juden hatten schon beschlossen, jeden, der ihn als den Christus bekenne, aus der Synagoge auszustoßen. 23 Deswegen sagten seine Eltern: Er ist alt genug, fragt ihn selbst! 24 Da riefen die Pharisäer den Mann, der blind gewesen war, zum zweiten Mal und sagten zu ihm: Gib Gott die Ehre! Wir wissen, dass dieser Mensch ein Sünder ist. 25 Er antwortete: Ob er ein Sünder ist, weiß ich nicht. Nur das eine weiß ich, dass ich blind war und jetzt sehe. 26 Sie fragten ihn: Was hat er mit dir gemacht? Wie hat er deine Augen geöffnet? 27 Er antwortete ihnen: Ich habe es euch bereits gesagt, aber ihr habt nicht gehört. Warum wollt ihr es noch einmal hören? Wollt etwa auch ihr seine Jünger werden? 28 Da beschimpften sie ihn: Du bist ein Jünger dieses Menschen; wir aber sind Jünger des Mose. 29 Wir wissen, dass zu Mose Gott gesprochen hat; aber von dem da wissen wir nicht, woher er kommt. 30 Der Mensch antwortete ihnen: Darin liegt ja das Erstaunliche, dass ihr nicht wisst, woher er kommt; dabei hat er doch meine Augen geöffnet. 31 Wir wissen, dass Gott Sünder nicht erhört; wer aber Gott fürchtet und seinen Willen tut, den erhört er. 32 Noch nie hat man gehört, dass jemand die Augen eines Blindgeborenen geöffnet hat. 33 Wenn dieser nicht von Gott wäre, dann hätte er gewiss nichts ausrichten können. 34 Sie entgegneten ihm: Du bist ganz und gar in Sünden geboren und du willst uns belehren? Und sie stießen ihn hinaus. 35 Jesus hörte, dass sie ihn hinausgestoßen hatten, und als er ihn traf, sagte er zu ihm: Glaubst du an den Menschensohn? 36 Da antwortete jener und sagte: Wer ist das, Herr, damit ich an ihn glaube? 37 Jesus sagte zu ihm: Du hast ihn bereits gesehen; er, der mit dir redet, ist es. 38 Er aber sagte: Ich glaube, Herr! Und er warf sich vor ihm nieder. 39 Da sprach Jesus: Um zu richten, bin ich in diese Welt gekommen: damit die nicht Sehenden sehen und die Sehenden blind werden. 40 Einige Pharisäer, die bei ihm waren, hörten dies. Und sie fragten ihn: Sind etwa auch wir blind? 41 Jesus sagte zu ihnen: Wenn ihr blind wärt, hättet ihr keine Sünde. Jetzt aber sagt ihr: Wir sehen. Darum bleibt eure Sünde.

Gib uns vom Wasser des Lebens – vorurteilsfrei!

 

Bei meiner täglichen Arbeit im Refugium ist es mir ein großes Anliegen, den Menschen und unseren Gästen unvoreingenommen zu begegnen – ihnen keine Schablonen aufzudrücken, sie nicht nach ihrer Optik zu bewerten oder überhaupt zu be- geschweige denn zu verurteilen. Vorurteile ganz abzubauen und gar nicht erst entstehen zu lassen, ist eine große Aufgabe und vielleicht psychologisch gar nicht möglich, aber ich darf in meinem Lernfeld Refugium immer wieder erfahren, dass sich diese Angewohnheiten ändern lassen. Die Gedanken tauchen in gewissen Situationen auf, aber es kann gelingen, sie kurz wahrzunehmen und dann wieder ziehen zu lassen.

Wir blicken in das Evangelium: Eine Frau, die hautnah erlebt, dass Jesus sie nicht verurteilt, findet zum Glauben.

Jesus ist müde und durstig. Daher bittet er die Frau, ihm zu trinken zu geben, und bringt so das Gespräch in Gang. Mit seiner Bitte um Hilfe sprechen die beiden gleichsam auf gleicher Augenhöhe miteinander. Das ist sehr ungewöhnlich in damaliger Zeit und jegliche Hierarchie ist damit aufgebrochen. Und dann lenkt Jesus ihre Aufmerksamkeit auf das, was Gott geben will, nämlich „lebendiges Wasser“, und gibt sich als Messias zu erkennen. Damit beschreibt Jesus kein fließendes Wasser aus einem Fluss, sondern nutzt die Metaphorik: Er vergleicht das „lebendige Wasser“ mit dem Geschenk Gottes, im Glauben an ihn von aller Schuld befreit zu werden.

Die mutige Samariterin tut den entscheidenden Schritt zum Glauben, als sie merkt, dass Jesus sie nicht verurteilt. In diesem Moment weiß sie sich befreit von all ihrer Schuld und kann anfangen, neu zu leben.

Sicherlich können wir diese tiefe Glaubenserfahrung nicht all unseren Gästen weitergeben, vermitteln oder in ihnen auslösen. Und doch stärkt mich das Evangelium, an der beurteilungsfreien Haltung festzuhalten und im Rahmen meiner Möglichkeiten vollkommen zu leben. Vielleicht ist diese Art von Begegnung ein erster Schritt und eine wohltuende Erfahrung, die den Glauben und das Wirken Jesu möglich machen.

Auf unserer Suche nach Sinn und Erfüllung im Leben werden wir immer wieder feststellen, dass wir sein lebendiges Wasser brauchen! Möge es durch unsere pastorale und seelsorgliche Arbeit fließen und bei vielen Menschen überschwappen.

Das vielleicht irritierende Bild ist mir unter dem Suchbegriff „Verurteilung“ begegnet.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium: 

Joh 4, 5-42:

 

5 So kam er zu einer Stadt in Samarien, die Sychar hieß und nahe bei dem Grundstück lag, das Jakob seinem Sohn Josef vermacht hatte. 6 Dort befand sich der Jakobsbrunnen. Jesus war müde von der Reise und setzte sich daher an den Brunnen; es war um die sechste Stunde. 7 Da kam eine Frau aus Samarien, um Wasser zu schöpfen. Jesus sagte zu ihr: Gib mir zu trinken! 8 Seine Jünger waren nämlich in die Stadt gegangen, um etwas zum Essen zu kaufen. 9 Die Samariterin sagte zu ihm: Wie kannst du als Jude mich, eine Samariterin, um etwas zu trinken bitten? Die Juden verkehren nämlich nicht mit den Samaritern. 10 Jesus antwortete ihr: Wenn du wüsstest, worin die Gabe Gottes besteht und wer es ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken!, dann hättest du ihn gebeten und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben. 11 Sie sagte zu ihm: Herr, du hast kein Schöpfgefäß und der Brunnen ist tief; woher hast du also das lebendige Wasser? 12 Bist du etwa größer als unser Vater Jakob, der uns den Brunnen gegeben und selbst daraus getrunken hat, wie seine Söhne und seine Herden? 13 Jesus antwortete ihr: Wer von diesem Wasser trinkt, wird wieder Durst bekommen; 14 wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird niemals mehr Durst haben; vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe, in ihm zu einer Quelle werden, deren Wasser ins ewige Leben fließt. 15 Da sagte die Frau zu ihm: Herr, gib mir dieses Wasser, damit ich keinen Durst mehr habe und nicht mehr hierherkommen muss, um Wasser zu schöpfen! 16 Er sagte zu ihr: Geh, ruf deinen Mann und komm wieder her! 17 Die Frau antwortete: Ich habe keinen Mann. Jesus sagte zu ihr: Du hast richtig gesagt: Ich habe keinen Mann. 18 Denn fünf Männer hast du gehabt und der, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann. Damit hast du die Wahrheit gesagt. 19 Die Frau sagte zu ihm: Herr, ich sehe, dass du ein Prophet bist. 20 Unsere Väter haben auf diesem Berg Gott angebetet; ihr aber sagt, in Jerusalem sei die Stätte, wo man anbeten muss. 21 Jesus sprach zu ihr: Glaube mir, Frau, die Stunde kommt, zu der ihr weder auf diesem Berg noch in Jerusalem den Vater anbeten werdet. 22 Ihr betet an, was ihr nicht kennt, wir beten an, was wir kennen; denn das Heil kommt von den Juden. 23 Aber die Stunde kommt und sie ist schon da, zu der die wahren Beter den Vater anbeten werden im Geist und in der Wahrheit; denn so will der Vater angebetet werden. 24 Gott ist Geist und alle, die ihn anbeten, müssen im Geist und in der Wahrheit anbeten. 25 Die Frau sagte zu ihm: Ich weiß, dass der Messias kommt, der Christus heißt. Wenn er kommt, wird er uns alles verkünden. 26 Da sagte Jesus zu ihr: Ich bin es, der mit dir spricht. 27 Inzwischen waren seine Jünger zurückgekommen. Sie wunderten sich, dass er mit einer Frau sprach, doch keiner sagte: Was suchst du? oder: Was redest du mit ihr? 28 Die Frau ließ ihren Wasserkrug stehen, kehrte zurück in die Stadt und sagte zu den Leuten: 29 Kommt her, seht, da ist ein Mensch, der mir alles gesagt hat, was ich getan habe: Ist er vielleicht der Christus? 30 Da gingen sie aus der Stadt heraus und kamen zu ihm. 31 Währenddessen baten ihn seine Jünger: Rabbi, iss! 32 Er aber sagte zu ihnen: Ich habe eine Speise zu essen, die ihr nicht kennt. 33 Da sagten die Jünger zueinander: Hat ihm jemand etwas zu essen gebracht? 34 Jesus sprach zu ihnen: Meine Speise ist es, den Willen dessen zu tun, der mich gesandt hat, und sein Werk zu vollenden. 35 Sagt ihr nicht: Noch vier Monate dauert es bis zur Ernte? Sieh, ich sage euch: Erhebt eure Augen und seht, dass die Felder schon weiß sind zur Ernte! 36 Schon empfängt der Schnitter seinen Lohn und sammelt Frucht für das ewige Leben, sodass sich der Sämann und der Schnitter gemeinsam freuen. 37 Denn hier hat das Sprichwort recht: Einer sät und ein anderer erntet. 38 Ich habe euch gesandt zu ernten, wofür ihr euch nicht abgemüht habt; andere haben sich abgemüht und euch ist ihre Mühe zugutegekommen. 39 Aus jener Stadt kamen viele Samariter zum Glauben an Jesus auf das Wort der Frau hin, die bezeugt hatte: Er hat mir alles gesagt, was ich getan habe. 40 Als die Samariter zu ihm kamen, baten sie ihn, bei ihnen zu bleiben; und er blieb dort zwei Tage. 41 Und noch viel mehr Leute kamen zum Glauben an ihn aufgrund seiner eigenen Worte. 42 Und zu der Frau sagten sie: Nicht mehr aufgrund deiner Rede glauben wir, denn wir haben selbst gehört und wissen: Er ist wirklich der Retter der Welt.

Was (v)erklärt Jesus?!

 

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber wenn ich das Wort Verklärung höre, muss ich im ersten Moment an ein Klärwerk denken. Obwohl ein Klärwerk sehr sinnvolle Reinigungsvorgänge für uns vollzieht, ist der Begriff – vermutlich aufgrund der Geruchs- und auch der optischen Assoziationen – sehr stark negativ konnotiert. Daher habe ich mich an dem Wort Verklärung erst einmal gestoßen.

 

Jesus verklärt sich vor den drei Jüngern Petrus, Jakobus und Johannes, das heißt er offenbart sich ihnen als Sohn Gottes, indem er sich vor ihnen leuchtend verwandelt. Als Bestätigung spricht sogar Gott selbst aus einer leuchtenden Wolke zu ihnen: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören. (Mt 17, 5b) Bei all den überwältigenden Eindrücken treten zudem noch Mose und Elija hinzu, die den Jüngern aus dem Alten Testament bekannt sind. Die Ereignisse überschlagen sich und sie reagieren mit Furcht auf diese Gotteserfahrung.

 

Schon zu Lebzeiten dürfen die drei Jünger bereits die himmlische Herrlichkeit Jesu Christi spüren und wahrhaftig sehen. Die Proklamation Jesu zu Gottes geliebtem Sohn (durch Gott selbst!) vermag ihnen Kraft und Bestätigung im Glauben zu geben, um dem Kommenden mit weniger Furcht entgegen zu gehen. Sie brauchen Kraft für das Bevorstehende und doch reagieren sie mit großer Angst. Die Erschrockenheit der Jünger liegt in der tiefen, besonders überraschenden Gotteserfahrung begründet. Die unmittelbare Nähe zu Gott löst bei den Menschen im ersten Moment Furcht aus und das Vermögen, die göttliche Herrlichkeit zu fassen, scheint so überraschend nicht jedem/r möglich zu sein. In Bezug auf die Verklärungserzählung erschließt sich auch, warum Menschen auf einem Berg eine besondere Gottesnähe vermuten und erwarten. Das klare Leuchten lässt Gott durch Jesus hindurch in unsere Welt scheinen – der Glanz ist so blendend, dass die Menschen ihn kaum erfassen können.

 

Die Verklärung Jesu hat somit ähnliche wenn auch nicht vergleichbare, bereinigende, klärende Wirkung wie ein Klärwerk: sie klärt unseren Blick und lässt uns ein Leben in Reinheit hoffnungsvoll erwarten. Dies dürfen wir uns immer wieder vor Augen führen.

 

Thale Schmitz

 

 

Evangelium: 

 

Mt 17, 1-9: Die Verklärung Jesu

1 Sechs Tage danach nahm Jesus Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg. 2 Und er wurde vor ihnen verwandelt; sein Gesicht leuchtete wie die Sonne und seine Kleider wurden weiß wie das Licht. 3 Und siehe, es erschienen ihnen Mose und Elija und redeten mit Jesus. 4 Und Petrus antwortete und sagte zu Jesus: Herr, es ist gut, dass wir hier sind. Wenn du willst, werde ich hier drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija. 5 Noch während er redete, siehe, eine leuchtende Wolke überschattete sie und siehe, eine Stimme erscholl aus der Wolke: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören. 6 Als die Jünger das hörten, warfen sie sich mit dem Gesicht zu Boden und fürchteten sich sehr. 7 Da trat Jesus zu ihnen, fasste sie an und sagte: Steht auf und fürchtet euch nicht! 8 Und als sie aufblickten, sahen sie niemanden außer Jesus allein. 9 Während sie den Berg hinabstiegen, gebot ihnen Jesus: Erzählt niemandem von dem, was ihr gesehen habt, bis der Menschensohn von den Toten auferweckt ist!

GUT FÜR DIE SEELE

 

Seit fast 30 Jahren beten die Schwestern auf Burg Dinklage täglich fünf Minuten ausdrücklich um Frieden, benennen die aktuellen Krisenherde und proklamieren ihre Bereitschaft, selbst Friedensstifterinnen in ihrem Alltag zu werden.

Ist die Welt dadurch friedlicher geworden? Gibt es weniger Krieg, Tyrannei und Katastrophen im Großen und weniger Konflikte, mehr Liebe und Fürsorge im Kleinen? Es sieht nicht danach aus und lässt sich nicht empirisch ermitteln.

Aber sie glauben daran, dass in einer jeden von ihnen Mut, Wachsamkeit für Unrecht und die Bereitschaft, friedensstiftend zu handeln gewachsen ist; klein, leise, zaghaft und zugleich nachhaltig und zäh. Ja, sie glauben daran, dass ihr Gebet eine Dynamik entwickelt, die nicht zu unterschätzen ist! Die vielen einzelnen ‚Ich‘ gehen verwandelt aus dem Gebet hervor und lösen eine Kettenreaktion der Wandlung aus.

Der amerikanische Theologe Walter Wink fasst es so zusammen: „Die Geschichte gehört den Fürbittenden, die durch ihren Glauben die Zukunft heraufführen. Durch unsere Fürbitten werfen wir wahrhaft Feuer auf die Erde und posaunen die Zukunft ins Dasein.“

(Quelle: „Lasst euch vom Geist entflammen – Benediktinerinnen Burg Dinklage“ in ‚… die Hand hinhalten – WEGE KLÖSTERLICHER WEISHEIT‘, S. 37)

 

HERZLICHE EINLADUNG, WEITERHIN MIT UNS DIENSTAGS BIS SAMSTAGS UM „5 VOR 12“ IM PROPSTEIHOF DIESES FRIEDENSGEBET GEMEINSAM ZU BETEN!

Vollkommen – mit sich – sein!

 

Auch wenn der Rosenmontag noch vor uns liegt, können wir den Vorausblick wagen und auf das schauen, was nach den Karnevalstagen auf uns wartet: die Fastenzeit.

Ich kann mir gut vorstellen, dass der eine oder die andere diese Zeit ganz unterschiedlich im Leben und in den verschiedenen Lebensabschnitten wahrgenommen hat. In der Jugend ist es vielleicht eine eher negativ konnotierte Zeit – es wird versucht, zu verzichten und doch fällt es schwer, denn der Verzicht bezieht sich auf leckere Süßigkeiten oder den Konsum von digitalen Medien in der Freizeit.

Gerne möchte ich die Gedanken in eine andere Richtung lenken und überlegen, wie die Fastenzeit eine Zeit der Fülle und Vollkommenheit werden und uns bereichern kann. Die klassische Idee, mehr Gutes zu tun als auf weniger Gutes zu verzichten, kann dabei ein Wegweiser oder Startgedanke sein.

 

Im Evangelium fordert uns Jesus dazu auf, bei erlebter Gewalt und erlittenem Unrecht keine Gegenwehr zu leisten, sondern sich im Vertrauen auf Gott, der der wahre Richter über uns Menschen ist, zurückzuhalten. Wer zu Unrecht von uns fordert oder uns zwingt, möge überrascht sein, dass wir sogar mehr abgeben oder leisten und für unsere Feinde beten und sie lieben.

Das heißt mit anderen Worten: Lasst uns Unerwartetes tun und die Menschen mit der Güte Gottes überraschen! Dabei machen wir keine Unterschiede zwischen uns nahestehenden Menschen und jenen, die wir vielleicht gar nicht mögen bzw. leiden können. Unser Verhalten sei nicht kontext- und personengebunden, sodass wir uns im Reinen mit uns fühlen können und danach handeln. Da spielt auch hinein, dass wir Vorurteile und Kategorisierungen oder Schubladendenken ablegen mögen und die Vollkommenheit Jesu Christi im Christsein ausleben und erfahrbar zu machen versuchen. Inmitten der jecken Tage klingt das Evangelium sehr radikal und lässt einige vermutlich zweifeln an der Wirkmächtigkeit dieses Handelns – doch Mahatma Gandhi bringt die Kraft und Wahrheit dahinter sehr stark ins Wort und auf den Punkt:

„Jesus hat sein Leben am Kreuz verloren, und der Römer Pilatus hat gesiegt. Hat er wirklich? Nein. Jesus war der Sieger, wie die Weltgeschichte reichlich beweist.“

 

Thale Schmitz

 

Evangelium: 

 

Mt 5, 38-48:

 

38 Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Auge für Auge und Zahn für Zahn. 39 Ich aber sage euch: Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin! 40 Und wenn dich einer vor Gericht bringen will, um dir das Hemd wegzunehmen, dann lass ihm auch den Mantel! 41 Und wenn dich einer zwingen will, eine Meile mit ihm zu gehen, dann geh zwei mit ihm! 42 Wer dich bittet, dem gib, und wer von dir borgen will, den weise nicht ab! 43 Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. 44 Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, 45 damit ihr Kinder eures Vaters im Himmel werdet; denn er lässt seine Sonne aufgehen über Bösen und Guten und er lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. 46 Wenn ihr nämlich nur die liebt, die euch lieben, welchen Lohn könnt ihr dafür erwarten? Tun das nicht auch die Zöllner? 47 Und wenn ihr nur eure Brüder grüßt, was tut ihr damit Besonderes? Tun das nicht auch die Heiden? 48 Seid also vollkommen, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist!

„Ich schwöre!?“

 

Was bedeutet Schwören eigentlich? – Im DUDEN stehen folgende Einträge:

  • einen Eid, Schwur leisten, ablegen / in einem Eid, Schwur versichern oder geloben
  • nachdrücklich [unter Verwendung von Beteuerungsformeln] versichern; beteuern / geloben; [unter Verwendung von Beteuerungsformeln] feierlich versprechen
  • sich etwas ganz fest vornehmen
  • jemanden, etwas (für einen bestimmten Zweck) für am besten geeignet halten („auf etwas schwören“)

(siehe: https://www.duden.de/rechtschreibung/schwoeren)

Die Bedeutungen und Facetten des Schwörens sind sehr vielfältig und erstrecken sich auf Bereiche, in denen Druck von außen und durch andere entsteht bis zur eigenen Person, die sich selbst etwas ganz fest vornimmt oder Aussagen über etwas trifft.

 

Ohne dass ich mir zuvor größere Gedanken zu diesem Begriff gemacht habe, ist das Wort Schwören sehr negativ besetzt. Meine ersten Assoziationen waren Konfliktsituationen, in denen sich Sätze oder Androhungen wie „Ich schwöre Dir, dass das die falsche Entscheidung war.“ Oder „Ich schwöre Dir, dass du das bereuen wirst.“ Schwören bringt tatsächlich mit sich, dass etwas – ein Entschluss oder ein Versprechen – nicht mehr ruckgängig gemacht werden kann. Doch ist das eine Form der Lebensgestaltung im Sinne Jesu? Die Umkehr und das Umdenken auch im Kleinen dürfen doch stets möglich sein!

Noch unheilvoller wird es, wenn beim Namen oder sogar im Namen Gottes geschworen wird – ein Missbrauch seines Wortes geschieht. Davor möchte Jesus uns bewahren und bringt sehr deutlich ins Wort, dass wir überhaupt nicht schwören sollen. Vielmehr mögen wir entschlossen ein Ja oder Nein äußern und diesem Wort treu bleiben – ohne dies darstellend und nachdrücklich beteuern oder versichern zu müssen. In der Umsetzung und der konkreten Tat heißt dies dennoch, dass wir uns gewisse Dinge ganz fest vornehmen. Jedoch verzichten wir darauf, dies in besonderer Weise bekunden oder ausdrücken zu müssen und sehen davon ab, auf irdische Güter zu schwören und diese im Vergleich zu anderen Menschen oder Dingen zu erhöhen.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium: 

 

Mt 5, 20–22a.27–28.33–34a.37:

 

Das Wort Gottes

 

Darum sage ich euch: Wenn eure Gerechtigkeit nicht weit größer ist als die der Schriftgelehrten und der Pharisäer, werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen. Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt worden ist: Du sollst nicht töten; wer aber jemand tötet, soll dem Gericht verfallen sein. Ich aber sage euch: Jeder, der seinem Bruder auch nur zürnt, soll dem Gericht verfallen sein; und wer zu seinem Bruder sagt: Du Dummkopf!, soll dem Spruch des Hohen Rates verfallen sein; wer aber zu ihm sagt: Du (gottloser) Narr!, soll dem Feuer der Hölle verfallen sein. Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst nicht die Ehe brechen. Ich aber sage euch: Wer eine Frau auch nur lüstern ansieht, hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen. Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt worden ist: Du sollst keinen Meineid schwören, und: Du sollst halten, was du dem Herrn geschworen hast. Ich aber sage euch: Schwört überhaupt nicht, weder beim Himmel, denn er ist Gottes Thron. Euer Ja sei ein Ja, euer Nein ein Nein; alles andere stammt vom Bösen.

Das Salz sei unser Zucker!

 

Wenn ich an Salz denke und es mir bildlich vor Augen ausmale, kann ich nicht anders, als gleichzeitig auch an Zucker zu denken. Die beiden Lebensmittel sehen doch identisch aus und gerade Hagelzucker bzw. grobe Salzkörner sind sich doch zum Verwechseln ähnlich. Beide Nahrungsmittel sind in großen Mengen sehr ungesund für den Körper, doch wesentlich häufiger ist es der Zucker, der uns zu hohem Konsum verführt. Ich würde behaupten, dass es allgemein schneller passiert, dass ein Gericht versalzen ist, als dass zu viel Zucker im Kuchen, Dessert oder Plätzchen zu finden ist.

Die „süße Verführung“ ist größer oder sogar gefährlicher als die salzige Alternative.

 

Und nun dürfen wir Menschen doch das Salz der Erde sein – so steht es im heutigen Evangelium: „Ihr seid das Salz der Erde.“ (Mt 5, 13a)

Vielleicht lassen sich einige Gedanken aus dem Salz-Zucker-Vergleich bzw. der sehr ähnlichen Struktur und Optik ableiten. Salz gibt Geschmack – jedes ungewürzte Essen schmeckt fade und es gibt kein neues Geschmackserlebnis bzw. keine neuen Impulse. Als Salz der Erde vermögen wir der Welt und unserer Umgebung stetig wandelnde Anreize zu geben und auch im Gegenzug zu empfangen. Den Geschmack und das gewisse Etwas sollen wir dabei nie verlieren und auch versuchen, ihn nicht verblassen zu lassen. Wichtig ist auch, dass wir das vermeintliche Salz gewissermaßen prüfen – ist es wirklich Salz bzw. ein ertragreiches Tun und Handeln? Ist es auch in angemessener Dosis erkannt und von uns eingesetzt worden? Sehr leicht ist es mit verführerischem Zucker zu verwechseln – welcher uns anzieht im Genuss und womöglich weitere Reflexion über eventuell egoistische Handlungsmotive verschleiert.

Ein Gericht oder eine Mahlzeit als herzhaft zu bezeichnen, finde ich dabei auch eine sehr passende Beschreibung. Eine Handlung, die am Herzen haftet – von Herzen bewusst und liebevoll getan wird, ohne egoistische Hintergründe und Selbstbeweihräucherung. So mögen wir unser Salz einsetzen: nicht bewusst darstellend oder offensichtlich, sondern versteckt. Die Salzkörner sind wichtig für das Gelingen des Gerichtes, denn sie verleihen dem Brot oder der Suppe den Geschmack und doch gehen sie ganz darin auf.

So dürfen auch wir ganz im Reich Gottes als Salz der Erde aufgehen und in ihm wirken.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium: 

 

Mt 5, 13-16: Das Doppelbildwort vom Salz und vom Licht

13 Ihr seid das Salz der Erde. Wenn das Salz seinen Geschmack verliert, womit kann man es wieder salzig machen? Es taugt zu nichts mehr, außer weggeworfen und von den Leuten zertreten zu werden. 14 Ihr seid das Licht der Welt. Eine Stadt, die auf einem Berg liegt, kann nicht verborgen bleiben. 15 Man zündet auch nicht eine Leuchte an und stellt sie unter den Scheffel, sondern auf den Leuchter; dann leuchtet sie allen im Haus. 16 So soll euer Licht vor den Menschen leuchten, damit sie eure guten Taten sehen und euren Vater im Himmel preisen.

Selig werden…

 

Die Seligpreisungen sind ein Leitfaden zur Errichtung der Welt Gottes, die sich stark von unserer irdischen Welt unterscheidet. Durch die einzelnen oder auch alle Verse insgesamt fühlen sich viele Gläubige unter Druck gesetzt, da sie der Inhalt zu scheinbar unmöglichen Taten und Verhaltensweisen auffordert. Womöglich würde durch die Umsetzung die gesamte bisherige Lebensgestaltung auf den Kopf gestellt. Eine andere Perspektive auf die Worte Jesu in der Bergpredigt ist jedoch viel fruchtbarer und geradezu wohltuend. Denn die Seligpreisungen appellieren an unsere innere Freiwilligkeit. Der Großmut des Herzens soll hervorgebracht und die persönliche Verantwortungsbereitschaft stark gemacht werden. Die eigene Selbstwirksamkeit zu spüren und mit uns und unserem Handeln im Reinen zu sein, lässt uns wachsen. Verantwortung zu übernehmen – im Kleinen wie im Großen; im eigenen Leben wie für andere – spricht von persönlicher Größe im Sinne Jesu sowie vom Anbruch des Reiches Gottes hier auf Erden. Die Seligpreisungen ziehen uns daher keine Zwangsjacke an, sondern zeigen uns in Freiheit einen Weg, um selig zu werden. Nicht für die Außenwirkung, sondern in uns selbst mögen wir selig werden, um so auch an anderen selig zu handeln.

Entscheidend ist dabei das Anfangen – genau dort, wo ich stehe. Wichtig ist es, weiterzugehen und das Beste zu geben. Entscheidend ist das Verstehen des inneren Sinns einer Handlung und nicht der äußere Erfolg.

Sicherlich spricht nicht jeder Vers gleich tief in die individuelle Lebensgeschichte, doch

vielleicht trifft eine Seligpreisung besonders ins Herz und in den Glauben: weil es die aktuelle Lebenssituation betrifft; weil ein einschneidendes Ereignis stattgefunden hat; weil Unrecht erlebt und/oder nicht verhindert wurde;… – das Leben ist so vielfältig und facettenreich!

Ich wünsche uns, dass die Seligpreisungen uns tief im Herzen berühren und etwas bewirken, denn dafür hat Christus sie bestimmt. Gott will uns durch Jesus Christus die Augen für eine andere Sichtweise öffnen und in seine Welt einladen. Denn: Unser Glück ist Jesu Herzensanliegen. Dies bringt er in den Seligpreisungen auf den Punkt.

Ein tiefes Empfinden vom Beseelt Sein wünsche ich uns allen und vielleicht kann das gewählte Foto einen Eindruck oder Vorgeschmack von diesem Gefühl wiedergeben.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:

 

Mt 5, 1-12a: Die Seligpreisungen

 

1 Als Jesus die vielen Menschen sah, stieg er auf den Berg. Er setzte sich und seine Jünger traten zu ihm. 2 Und er öffnete seinen Mund, er lehrte sie und sprach:

3 Selig, die arm sind vor Gott; / denn ihnen gehört das Himmelreich. 4 Selig die Trauernden; / denn sie werden getröstet werden. 5 Selig die Sanftmütigen; / denn sie werden das Land erben. 6 Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; / denn sie werden gesättigt werden. 7 Selig die Barmherzigen; / denn sie werden Erbarmen finden. 8 Selig, die rein sind im Herzen; / denn sie werden Gott schauen. 9 Selig, die Frieden stiften; / denn sie werden Kinder Gottes genannt werden. 10 Selig, die verfolgt werden um der Gerechtigkeit willen; / denn ihnen gehört das Himmelreich. 11 Selig seid ihr, wenn man euch schmäht und verfolgt und alles Böse über euch redet um meinetwillen. 12 Freut euch und jubelt: Denn euer Lohn wird groß sein im Himmel.

Jesus – das Licht der Welt – leitet uns den Weg

 

Jesus strahlt solch eine Kraft und Faszination aus, dass die ersten Jünger ihm ohne zu zögern folgen. Sie lassen ihre Arbeit, ihre Familien, ihre Heimat, ihr ganzes Leben zurück und lassen sich von Jesu Worten und seinem Licht leiten. Die Situation erinnert mich an den Stern zu Jesu Geburt, der die Magier bzw. die heiligen drei Könige dazu aufruft, ihm zu folgen, um an der Krippe die Erfüllung zu sehen. Auch sie zögern nicht und ziehen sofort los, ohne wirklich zu wissen, was sie erwartet.

 

Auch die Brüder im heutigen Evangelium hören den Ruf und verstehen ihn mit dem Herzen, noch ehe sie mit dem Verstand wissen, wie die Nachfolge ihr Leben verändern wird. Sie sind so gebannt und überzeugt von Jesus, dass sie die Entscheidung, ihm nachzufolgen, keineswegs infrage stellen und sofort losziehen. Es scheint selbst die Vermutung berechtigt, dass die Brüder keinen einzigen Moment darüber nachdenken mussten, sondern sich einfach von der Erscheinung Jesu und seiner faszinierenden Ausstrahlung leiten ließen.

Dies klingt in Ansätzen für den einen oder die andere vielleicht sogar irritierend, dass jemand auf der Erde zu solchem Einfluss fähig ist. Die Wirkung auf die Menschen, die Jesus begegnen, ist beinah manipulativ und sie scheinen nicht mehr Herr ihrer eigenen Sinne zu sein. Doch es bleibt ein Angebot Jesu, dem sich niemand verpflichten muss. In Freiheit dürfen wir uns für ihn entscheiden und somit die Richtung unseres Lebens bestimmen. Dieses Festlegen kann zunächst freiheitseinschränkend wirken, doch vermögen wir die erlösende Erfüllung schon bald zu spüren. Jesus nachzufolgen, gibt unserem Leben ein Ziel und einen bedeutenden Sinn – womöglich können wir durch diese Nachfolge den Sinn des Lebens begreifen.

 

Und so wird es auch die Erfahrung der Brüder gewesen sein. Die Wirkung Jesu auf sie war keineswegs manipulativ oder angsteinflößend, sondern vielmehr von einem guten Gefühl geprägt, welches sie dazu veranlasste, auf der Stelle alles stehen und liegen zu lassen und ihm nachzugehen. Vielleicht lässt sich diese Redewendung sogar auf diese Bibelstelle zurückführen. Und das Schöne an diesem Angebot Jesu ist: THE SAME FOR EVERYONE. Uns allen wird dieses Geschenk in gleichem Maße zuteil.

 

Thale Schmitz

 

Evangelium:  Mt 4, 12-23: Jesus – Licht für die Menschen

 

12 Als Jesus hörte, dass Johannes ausgeliefert worden war, kehrte er nach Galiläa zurück. 13 Er verließ Nazaret, um in Kafarnaum zu wohnen, das am See liegt, im Gebiet von Sebulon und Naftali. 14 Denn es sollte sich erfüllen, was durch den Propheten Jesaja gesagt worden ist: 15 Das Land Sebulon und das Land Naftali, / die Straße am Meer, das Gebiet jenseits des Jordan, / das heidnische Galiläa: 16 Das Volk, das im Dunkel saß, / hat ein helles Licht gesehen; / denen, die im Schattenreich des Todes wohnten, / ist ein Licht erschienen.

17 Von da an begann Jesus zu verkünden: Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe. 18 Als Jesus am See von Galiläa entlangging, sah er zwei Brüder, Simon, genannt Petrus, und seinen Bruder Andreas; sie warfen gerade ihr Netz in den See, denn sie waren Fischer. 19 Da sagte er zu ihnen: Kommt her, mir nach! Ich werde euch zu Menschenfischern machen. 20 Sofort ließen sie ihre Netze liegen und folgten ihm nach. 21 Als er weiterging, sah er zwei andere Brüder, Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und seinen Bruder Johannes; sie waren mit ihrem Vater Zebedäus im Boot und richteten ihre Netze her. Er rief sie 22 und sogleich verließen sie das Boot und ihren Vater und folgten Jesus nach.

23 Er zog in ganz Galiläa umher, lehrte in den Synagogen, verkündete das Evangelium vom Reich und heilte im Volk alle Krankheiten und Leiden.

Wasser folgt Geist…

 

Johannes der Täufer bezeugt im heutigen Evangelium, dass Jesus der wahre Gesandte ist – derjenige, welcher mit dem Heiligen Geist tauft. Johannes als sein Vorläufer taufte zuvor mit Wasser, um Jesus zu erkennen zu geben und auch, um ihn selbst als den gesandten Sohn Gottes identifizieren zu können.

 

Durch die Taufe mit dem Heiligen Geist werden wir von oben neu geboren. Er kommt auf uns von Gott gesandt herab und zeigt uns den Weg zu einem freien, erfüllten Leben in und mit ihm. Wir dürfen ausbrechen aus irdischen Zwängen und in hoffnungsvoller Zuversicht leben und das Kommen unseres Erlösers erwarten.

Auch wenn Johannes „nur“ mit Wasser taufte, wies er vielen Menschen bereits den Weg und die Richtung zu Jesus und zum Glauben hin. So ist es ein schöner Brauch, auch heute mit Wasser zu taufen, denn Wasser bedeutet Leben. Im Vertrauen darauf durch die Taufe in die Gemeinschaft Gottes aufgenommen zu sein und Jesus an unserer Seite zu wissen, dürfen wir in das vorläufig irdische Leben starten und uns getragen fühlen – langfristig und ohne Unterbrechungen.

 

Wir können unser Leben von unten auf der Erde gestalten – doch brauchen wir dies nicht alleine zu tun. Denn von oben kommt uns Hilfe: der Heilige Geist, mit dem Jesus die Menschen tauft, verspricht, unsere Wege zu begleiten und für uns hörbar zu sein. Aus einer für uns neuen Perspektive blickt er auf unser Leben und die Erde und vermag Blickwinkel und Türen zu öffnen, die wir selbst nicht sehen oder wahrnehmen.

Er lockt uns in eine neue Sichtweise – die Sichtweise Gottes – auf unser Leben und bestärkt uns, mit Mut und Zuversicht voran zu schreiten und auch ungewisse Wege zu wagen.

Ich glaube, dass das sogenannte Bauchgefühl uns durch den Heiligen Geist geschenkt ist und wir uns an diesem orientieren dürfen, um Entscheidungen zu treffen und das Leben zu gestalten. Auch wenn dies nicht immer gelingt, bekommen wir eine neue Chance und Jesus hilft uns durch die Verarbeitungsphasen, die auch Gewissenskonflikte beinhalten können, hindurch. Wir dürfen aus diesen Erfahrungen lernen und es beim nächsten Mal besser machen. Initial entzündet durch die Taufe!

 

Thale Schmitz

 

Evangelium: 

 

Joh 1, 29–34:

29 Am Tag darauf sah er Jesus auf sich zukommen und sagte: Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt! 30 Er ist es, von dem ich gesagt habe: Nach mir kommt ein Mann, der mir voraus ist, weil er vor mir war. 31 Auch ich kannte ihn nicht; aber ich bin gekommen und taufe mit Wasser, damit er Israel offenbart wird. 32 Und Johannes bezeugte: Ich sah, dass der Geist vom Himmel herabkam wie eine Taube und auf ihm blieb. 33 Auch ich kannte ihn nicht; aber er, der mich gesandt hat, mit Wasser zu taufen, er hat mir gesagt: Auf wen du den Geist herabkommen und auf ihm bleiben siehst, der ist es, der mit dem Heiligen Geist tauft. 34 Und ich habe es gesehen und bezeugt: Dieser ist der Sohn Gottes.

Sind wir denn nicht alle Vorläufer?

 

Das heutige Evangelium über die Taufe Jesu ist recht kurz und enthält dennoch so viele spannende und erkenntnisreiche Aspekte:

Jesus ist Gottes Sohn und doch begegnet er uns auf Augenhöhe! Von Johannes – seinem Vorläufer – lässt er sich taufen und wird von Gott in genau diesem Moment zu seinem geliebten Sohn deklariert. Jesus lässt sich wie jede/r andere als Sünder taufen.

Johannes glaubt ohne feste Gewissheit, dass Jesus der Auserwählte, der Angekündigte ist! Er geht ihm voraus und bereitet den Weg, ohne genau und sicher zu wissen, wem er dient. Es ist beeindruckend, wie er sein Lebenswerk dieser Aufgabe widmet, denn seine eigene Bedeutung nimmt in dem Maße ab, wie das Kommende aufgeht. Er war also bereit abzunehmen, damit der Kommende wachsen konnte und hat sich selbst – seine Person und seine Relevanz – bewusst zurückgestellt bzw. zurückstellen lassen. Dieses Handeln und diese Denkweise spiegeln sich auch in seiner Reaktion auf die Anfrage Jesu wider, dass er ihn taufen möge: Ich müsste von dir getauft werden und du kommst zu mir? (Mt 3, 14b)
Jesus spricht daraufhin von der Gerechtigkeit, die durch diese Taufe erfüllt werde und bricht so konstruierte und erwartete Hierarchien auf.

Wir selbst leben in Vorläuferschaft – auch uns geht immer etwas voran und voraus. Natürlich geht Jesus uns voran und wir dürfen ihm folgen – doch immer liegt er uns voraus und im irdischen Leben werden wir ihn wohl nie ganz einholen können und auch nicht müssen. Das Gleiche gilt für viele weitere Elemente in unserem Leben. Es gibt keine bleibende Stätte; nach jedem Ende kommt ein neuer Anfang und auch jede Antwort verwandelt sich in eine neue Frage. Das Leben bedeutet eine anhaltende Dynamik, die auch dunkle Zeiten zu meistern hat. Jedoch und auch im Bilde bzw. in der Symbolik der Taufe gesprochen kann jeder Untergang (jedes Untertauchen) der Aufgang des Lebens sein.
So lasst uns die adventliche Reise nachweihnachtlich auch in diesem Jahr weiterführen, bis wir im ewigen Licht und im ewigen Leben ankommen mögen.

Thale Schmitz

 

Evangelium:

 

Mt 3, 13-17: Die Taufe Jesu

13 Zu dieser Zeit kam Jesus von Galiläa an den Jordan zu Johannes, um sich von ihm taufen zu lassen.
14 Johannes aber wollte es nicht zulassen und sagte zu ihm: Ich müsste von dir getauft werden und du kommst zu mir?
15 Jesus antwortete ihm: Lass es nur zu! Denn so können wir die Gerechtigkeit ganz erfüllen. Da gab Johannes nach.
16 Als Jesus getauft war, stieg er sogleich aus dem Wasser herauf. Und siehe, da öffnete sich der Himmel und er sah den Geist Gottes wie eine Taube auf sich herabkommen.
17 Und siehe, eine Stimme aus dem Himmel sprach: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe.