Es fehlt vielleicht uns modernen Menschen nichts so sehr als die echte Erschütterung: wirklich da, wo das Leben fest ist, eine Festigkeit zu spüren, und da, wo es labil ist und unsicher ist und haltlos ist und grundlos ist, das auch zu wissen und das auch auszuhalten. Das ist vielleicht die allerletzte Antwort auf die Frage, warum uns Gott in diese Zeit geschickt hat und warum er diese Wirbel über die Erde gehen lässt und warum er uns so in Chaos hineinhält und ins Aussichtslose und ins Dunkle und warum von all dem kein Ende abzusehen ist: weil wir in einer ganz falschen und unechten Sicherheit auf der Erde gestanden haben. Und jetzt lässt Gott die Erde einmal dröhnen, und jetzt schüttelt er einmal und erschüttert er einmal, nicht um eine falsche Angst hervorzurufen, sondern um uns eines wieder zu lehren: das innerliche Bewegtwerden des Geistes. […]
Wenn wir das Leben noch einmal wandeln wollen und wenn noch einmal wirklich Advent werden soll, Advent der Heimat und Advent der Herzen, und Advent des Volkes und Advent der Völker, und in all dem ein Kommen des Herrn, dann ist das die eine große Advent-Frage für uns, ob wir aus diesen Erschütterungen heraus kommen mit dem Entschluss: Ja, aufstehen! Es ist Zeit, vom Schlafe zu erwachen. Es ist Zeit, dass irgendwie ein Wecken beginnt, und es ist Zeit, dass man die Dinge wieder stellt, wie sie von Gott, dem Herrn, gestellt sind. Und dass nun der einzelne sich daran begibt, mit der Unerschütterlichkeit, mit der der Herr kommen wird, das Leben da, wo es ihm offen liegt, wirklich in diese Ordnung zu fügen, und das Leben da, wo es sein Wort vernimmt, wirklich um die Botschaft nicht zu betrügen, und das Leben, wo es vor den eigenen Augen rebelliert zurechtzuweisen. […]
Advent ist eine Zeit der Erschütterung, in der der Mensch wach werden soll zu sich selbst.
Alfred Delp
Aus: Die erschütternde Wirklichkeit des Advent. (https://www.plough.com/de/themen/ kultur/feiertage/weihnachten/die-erschutternde-wirklichkeit-des-advent (13.12.2025))
Evangelium:
Mt 11, 2–11: Jesus und Johannes der Täufer
2 Johannes der Täufer war zu dieser Zeit im Gefängnis und hörte dort von den Taten Christi. Er schickte seine Jünger mit der Frage zu Jesus: 3 „Bist du der versprochene Retter oder müssen wir auf einen anderen warten?“ 4 Jesus antwortete: „Geht zu Johannes zurück und erzählt ihm, was ihr miterlebt habt: 5 `Blinde sehen, Taube hören, Gelähmte gehen, Aussätzige werden geheilt, Tote werden wieder lebendig und den Armen wird die gute Nachricht verkündet.` 6 Sagt ihm außerdem: `Glücklich zu preisen sind jene, die an mir keinen Anstoß nehmen.`“
7 Als die Jünger des Johannes gegangen waren, sprach Jesus zum Volk über Johannes: „Was wolltet ihr sehen, als ihr zu ihm in die Wüste hinausgegangen seid? Ein Schilfrohr, das vom Wind hin- und herbewegt wird? 8 Oder was sonst? Einen vornehmen Mann in feiner Kleidung? Dazu hättet ihr in die Königspaläste gehen müssen! 9 Oder wolltet ihr einem Propheten begegnen? Ja, das kann ich euch sagen: Ihr habt mehr gesehen als einen Propheten. 10 Johannes ist der Mann, über den geschrieben steht: `Ich sende meinen Boten vor dir her, der dein Kommen ankündigt und die Menschen darauf vorbereitet.` 11 Ja, ich versichere euch: Von allen Menschen, die je geboren wurden, ist keiner bedeutender als Johannes der Täufer. Aber der Geringste in der neuen Welt Gottes ist größer als er.“