Manch eine/r zweifelt heute daran, ob es noch der richtige Weg ist, Christ/in zu sein und dazu noch offiziell einer Kirche anzugehören. Das Evangelium zeigt nun zusätzlich auf, dass sicherlich nicht alle in Gottes Reich kommen werden. Wozu dann Entbehrungen und vielleicht sogar Anfeindungen auf der Erde in Kauf nehmen?!
Karl Rahner hat dazu folgende Gedanken, die ich in diesem Zusammenhang sehr passend finde und im Folgenden zitieren möchte:
Wenn die Situation, in der wir heute weltweit sehr winterlich zu leben haben, uns auferlegt und bleibend ist, dann haben wir, wenn wir gelassen und mutig das Unsere getan haben, das Recht, diese Situation zu erleben als geheimnisvollen Einbruch des Ewigen Geheimnisses Gottes, bei dem wir ankommen können und ankommen müssen. Erfolglosigkeit, Enttäuschung und Untergänge soll sich ein Christ nicht durch seltsame ideologische Versüßungen zu ersparen suchen, die in der Gesellschaft und auch in der Kirche feilgeboten werden. Aber er kann diese Untergänge eben doch glaubend, hoffend, liebend als Aufgang des unbegreiflichen Gottes annehmen, der umso wirklicher kommt, je schrecklicher und hoffnungsloser seine Ankunft zu sein scheint.
(Aus: Utopie und Realität. Christliche Lebensgestaltung zwischen Anspruch und Wirklichkeit – Vortrag vom Februar 1983, erschienen in der Zeitschrift „Geist und Leben“)
Wir müssen uns einfach nüchtern an diese winterliche Zeit gewöhnen, aufhören darüber zu jammern; wir müssen erkennen, dass es sich um eine Situation handelt, die dem Christentum und dem Wesen eines freien personalen Glaubens gar nicht widerspricht, auch wenn diese Situation anderthalb Jahrtausende nicht gegeben gewesen ist. Wir müssen uns an sie gewöhnen; das heißt aber vor allem auch: Wir müssen verstehen lernen, dass man dieser Situation […] ja gar nicht entflieht, indem man Christentum, Kirche oder Ordensleben aufgibt.
(Aus: Die Zukunft der Orden in Welt und Kirche heute – Vortrag vom September 1970, erschienen in der Zeitschrift „Geist und Leben“)
In meiner Überzeugung hat Karl Rahner recht: wir entziehen uns der aktuellen Wirklichkeit keineswegs, indem wir aufhören ChristInnen zu sein. Vielmehr würden wir uns durch das Unterlassen den letzten Halt und die Hoffnung nehmen, die uns dazu befähigt, den gegebenen Herausforderungen standzuhalten.
Denn: „Gerade wenn du schwach bist, wirkt meine Kraft ganz besonders an dir.“ (2. Kor 12,9)
Thale Schmitz
Evangelium:
Lk 13, 22–30: Warum nicht alle in Gottes Reich kommen
22 Auf dem Weg nach Jerusalem zog Jesus predigend durch das Land, von Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorf. 23 Da sprach ihn ein Mann an: „Herr, werden nur wenige Menschen gerettet werden?“ Jesus antwortete ihm: 24 „Setzt alles daran, wenn ihr durch die enge Tür hineinkommen wollt. Viele werden es versuchen, und es wird ihnen nicht gelingen. 25 Wenn sich der Hausherr einmal von der Festtafel erhebt und die Tür verschließt, dann mögt ihr noch so sehr gegen die Tür schlagen und betteln: „Herr, mach uns auf!“ – es ist umsonst! „Was wollt ihr von mir, ich kenne euch nicht!“, wird er euch antworten. 26 „Aber wir haben doch mit dir zusammen gegessen und getrunken! Du hast bei uns gelehrt und wir haben dir zugehört!“ 27 Doch der Herr wird ihnen erwidern: „Ich weiß nicht, woher ihr seid. Geht mir aus den Augen, die ihr Unrecht tut!“ 28 Draußen wird Verzweiflung und Jammern sein, wenn ihr seht, dass Abraham, Isaak, Jakob und alle Propheten in der neuen Welt Gottes sind. 29 Ja, aus der ganzen Welt, aus Ost und West, aus Nord und Süd werden die Menschen zum großen Freudenfest kommen und an Gottes Tisch Platz nehmen. 30 Vergesst nicht: Viele, die jetzt bei den Letzten sind, werden dann die Ersten sein. Aber viele, die gemeint hatten, als Erste beim Fest Gottes dabei zu sein, werden die Allerletzten sein.“
