07.06.2025

Impuls zu Pfingsten

In der Stille deines Geistes

Wie lange es doch dauert, Herr, bis wir begreifen,

dass wir nur aus Erbarmen geliebt werden können;

und dass deine Wertschätzung, deine Bewunderung,

dein Vertrauen uns gegenüber nur durch dein Erbarmen möglich sind.

 

Es dauert lange: Aber es kommt.

Wie ein blindes und taubes Kind zwischen den Knien seiner Mutter,

eingetaucht in Dunkel und Einsamkeit,

so entdecken wir eines Tages, wie unsere Seele jeder Möglichkeit beraubt ist,

die ewigen Hügel zu sehen, dein Echo aus dem Paradies zu hören.

So entdecken wir unsere Seele zwischen den Knien der Vorsehung.

 

Dann schenkt dein Geist uns neue Kraft: diese Finger an der Rechten des Vaters.

Wie die Hand einer Mutter erhellend, erziehend ihr Kind ins Leben führt.

 

Dein Geist leitet uns durch inneren Antrieb,

er berührt uns und zeigt uns, was ist;

lautlos umhüllt er uns und sät so in unser Herz einen Keim von Worten.

 

Den Worten, die wir in unserer Einsamkeit und in unserem Dunkel sprechen,

antwortet die Stille deines Geistes; eine Stille, die so nah ist,

dass sie uns ganz umhüllt und leitet.

 

Deshalb genügt es zu wissen, dass unsere Augen wahrhaft blind

und unsere Ohren taub sind für alles,

was du bist.

 

Madeleine Delbrêl

 

(Quelle: ‚Madeleine Delbrêl: Du lebtest und ich wusste es nicht – Gebete und poetische Meditationen‘, HG: Annette Schleinzer, Verlag Neue Stadt, S. 122/123)